Unfreiheit, das war es, was das System der DDR schier unerträglich machte. Dieses System wählte nicht die Besten und Fähigsten in ihre Leitungsfunktionen. Dieses System ließ nur das zu, was seiner Meinung nach der richtigen sozialen Auswahl entsprach und systemkon
form war. Einige Beispiele dazu: In diesem System konnten nur die studieren, die strengsten Vorgaben genügten. Handwerker- und Akademikerkinder und Kinder von Geistlichen waren vom Studium nahezu ausgeschlossen.
Männer, die studieren wollten, mussten zunächst drei Jahre zur Armee gehen, um anschließend einen Studienplatz zu bekommen.
Wer nach einem erfolgreichen Studium eine herausragende Tätigkeit in der Gesellschaft übernehmen wollte, musste in der staatstragenden SED Mitglied werden, dieser SED, deren politischer Nachfolger, und das muss hier auch deutlich und klar ausgesprochen werden, die heutige Partei DIE LINKE ist.
Es ist daher absurd, dass ausgerechnet die LINKEN heute so tun, als seien sie ein Hüter des freien Zugangs zur Bildung.
Gerade Sie sortierten allein aus dem Grund sozialer Herkunft aus und machten Ihre eigene Systematik fest.
Meine Damen und Herren, das Volk selbst war es, das die größte Leistung bei der Überwindung der Teilung vollbrachte. Die Art des friedlichen Protestes und die mutige Ausdauer, die die Bevölkerung der DDR dabei an den Tag legte, ohne sich von den potenziellen vorhandenen Repressalien beeindrucken zu lassen, ist eine historische Leistung, die wir gar nicht oft genug zu würdigen haben.
Der real existierende Sozialismus behauptet von sich gerne, dass er für die Menschen da war. Ein Blick in das Gesundheitssystem der damaligen DDR lässt uns heute noch erschaudern.
So wurden Leute, ältere Menschen, die nach einer medizinischen Betreuung suchten, lassen Sie es mich am Beispiel einer künstlichen Hüfte verdeutlichen, oftmals damit abgefertigt und abgespeist, sie seien zu alt dafür. Und in unserem eigenen Familienunternehmen habe ich selber verzweifelte Rollstuhlfahrer gesehen, die einfach nur einen Reifen für ihren Rollstuhl haben wollten. Das war der real existierende Sozialismus.
Ich wiederhole es an dieser Stelle gerne noch einmal: Heutige Aussagen linker Politiker sind von der historischen Fehlleistung des real existierenden Sozialismus völlig absurd. Männer wie Lafontaine stellten sich seinerzeit sogar offen gegen die Überwindung der Teilung Deutschlands hin.
(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist so, ja. – Gino Leonhard, FDP: Genau. – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)
Herr Professor Methling, wenn Sie heute von einer maßvollen Rede von Herrn Dr. Jäger sprechen, denke ich, dass Herr Dr. Jäger sich vielleicht im Nachhinein ein wenig darüber ärgert, dass er nicht etwas deutlicher geworden ist.
Es hat für uns Liberale keinen Beitritt gegeben, es hat für uns die Wiedervereinigung des deutschen Volkes gegeben.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Hans Kreher, FDP: Ganz genau. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Lesen Sie mal den Einheitsvertrag!)
Ich will mich nun der Frage zuwenden, was die Wiedervereinigung für die Menschen bedeutet. Familien, die durch die Zwangsherrschaft der DDR getrennt waren, kamen zusammen, Freundschaften von Familien entwickelten sich neu. Die Euphorie einer gemeinsamen Zukunft hatte uns alle erfasst. Hätte jemand zu fragen gewagt, ob uns so viel Glück tatsächlich zusteht? Für den Augenblick zählte das alles nicht. Eine große neue vereinte Zukunft mit großen neuen Chancen stand uns gemeinsam bevor. Erst viel später erkannten wir, dass es sich bei der Überwindung der deutschen Teilung um einen historischen Glücksfall, also um eine Laune der Geschichte handelte.
Das stärkt die Leistung – und darüber sollten wir hier heute sprechen, auch über solche herausragenden Politiker wie Michael Gorbatschow, Helmut Kohl und HansDietrich Genscher –, übrigens eine Leistung, die in der modernen Diskussion über Politik unserer Meinung nach viel zu wenig gewürdigt wird.
Ich möchte mich aber auch an die Menschen wenden und den Menschen im Land zurufen, diese Chance, die uns die Wiedervereinigung gebracht hat, aktiv und gemeinsam zu nutzen.
Lassen Sie uns – und ich komme zum Schluss – all die Geschehnisse dieser turbulenten Zeit in lebendiger Erinnerung behalten! Sorgen wir gemeinsam dafür, dass die Demokratie gestärkt wird! Wir stehen zur freiheitlichen Demokratie. Wir Liberalen lehnen jeder Art von sozialistischen Experimenten ab. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Hans Kreher, FDP: Jawohl. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das war richtig liberal. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Absolut liberal, absolut liberal.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fest steht, dass vor nunmehr 20 Jahren die größte Möglichkeit verspielt worden ist, für das deutsche Volk eine Verfassung zu erarbeiten. Statt Volkssouveränität wurde das teilwiedervereinigte Deutschland umso fester an das XXL-Monstrum EU angekettet. Die Anbindung an Washington und die NATO stürzte Deutschland in ein Kriegsabenteuer, weitere Kosten und natürlich menschliches Leid und machte uns Russland und andere sogenannte Schurkenstaaten zum Feind.
Währenddessen war ein behutsamer Umbau der DDRWirtschaftsstrukturen nicht gewollt. Der dies vorhatte, der erste westdeutsche Treuhandvorsitzende Detlev Karsten Rohwedder, starb am 1. April 1991 durch einen Anschlag der Roten Armee Fraktion. So jedenfalls die offizielle Lesart. Nachfolgerin Birgit Breuel, zuvor in Niedersachsen als Finanzministerin abgewählt, handelte gemäß dem Motto „Privatisierung vor Sanierung“.
Eine Zeit der Glücksritter begann: fürstliche Beraterleistungen, Kauf von Betrieben zum symbolischen Preis von 1 Mark, Zahlungen von großzügigen Investitionsbeihilfen, Verlustausgleichszahlungen und natürlich immer wieder Skandale.
Auch Mecklenburg-Vorpommern war vom schlampig geführten Verkaufsbüro der Frau Breuel betroffen. Erinnert sei an die Zahlung der Treuhand von 3,5 Milliarden D-Mark an den Bremer Vulkan Werftenverbund. Rund 1 Milliarde davon war für die mitteldeutschen Werften bestimmt, geflossen sind sie jedoch gen Westen. Von West nach Ost flossen hingegen die Warenströme. Eine Verpflichtung für die neuen Supermarktketten, einen bestimmten Anteil an mitteldeutschen Produkten zu listen, gab es nicht. Kritiker wurden mit dem Verweis auf das marode DDR-System und auf die Staatspleite mundtot gemacht.
Doch war dies wirklich so? 1995 erklärte der Chefredakteur der „WirtschaftsWoche“ Engels, Zitat: „Die alte DDR war zumindest in einer Beziehung ein grundsolider Staat: das Staatsvermögen machte ein Mehrfaches der Staatsverschuldung aus.“ Zitatende. Rund die Hälfte von etwa 217 Milliarden DM Schulden waren Altschulden, Verpflichtungen der Betriebe gegenüber der DDRStaatsbank. Diese wurden vom Bund übernommen und mussten durch die Übernahme in die Erblastentilgungsfonds bis heute vom Steuerzahler beglichen werden. Die Altschulden hätten übrigens nicht anerkannt werden müssen.
Auch hatte die DDR von Beginn an mit objektiven Problemen zu kämpfen. Das Verhältnis DDR–BRD bei den Reparationsleistungen betrug sage und schreibe 98:2. Einen Aufbauplan gab es hier nicht, stattdessen Demontage und einen Namen aus den laufenden Fertigungen. Und dennoch wurde auch Positives aufgebaut: Kindervorsorge, Familienberatungen, körperliche Ertüchtigungen, Bildungswesen, kultureller Bereich. Vorbildhaft auch die Ausländerpolitik,
Hatte die BRD 1990 6 Millionen Ausländer, waren es in der DDR einschließlich der polnischen Berufspendler etwa 70.000.
Gewiss, der überzeugende repressive Überwachungs- und Spitzelapparat, das Funktionärs- und Bonzenunwesen, das Missverhältnis zwischen Wohnungsbauprogramm und Konsumgütersektor und die Vernichtung des Mittelstandes zählten zu den negativen Bilanzen der DDR.
Und heute? Heute sind wir in einer Phase angelangt, die stark an die Notverordnungen der Weimarer Republik erinnert: Bankenhilfen auf Steuerzahlerkosten in Höhe von 400 Milliarden Euro, Grundgesetzänderungen zugunsten militärischer Einsätze im Inneren.
Offensichtlich treibt die Herrschenden die Angst vor Unruhen zu solchen Taten an. Hier ein wachsendes Heer von Hartz-IV-Beziehern,