denn es gibt Leute in diesem Land, die brauchen diese Hilfe, die brauchen eine erhöhte Hilfe gegenüber anderen Bürgern.
Und wenn wir den niedrigsten Lebensstandard haben, dann ist es für mich völlig klar, dass die Leute, die sich am wenigsten helfen können, die höchste Hilfe brauchen in der Bundesrepublik. Das erscheint mir logisch.
Und wenn Sie eine andere Logik haben, dann kann ich nur sagen, ich erinnere mich an die alten Vorlesungen aus der DDR-Staats- und Rechtsgeschichte. Da hieß es bekanntlich: Juristen sind böse Christen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Da wir als Fraktion nicht wussten, ob das Nachteilsausgleichsgesetz wirklich in dieser Landtagssitzung auf die Tagesordnung kommt, hatten wir vorsorglich diesen Antrag aufgeschrieben.
Und auch wenn Sie jetzt hier stehen und sagen, es ist alles gesagt, ich kann ihn zurücknehmen, dann sage ich Ihnen klipp und klar: Bei den vielen Briefen, die jeder einzelne Abgeordnete auf seinen Tisch bekommen hat, angefangen von Mitgliedern des Blinden- und Sehbehindertenverbandes, weitergegangen über Oberbürgermeister, Bürgermeister, Stadtpräsidenten,
denn Sie hätten im Vorfeld das Gesetz zurückgenommen, weil dort Wort für Wort, Satz für Satz überall aus den verschiedensten gesellschaftlichen Stellungen dargestellt wurde, was Sie hier machen wollen, ist falsch.
Falsch ist das Gesetz an sich auch noch an anderen Stellen. Gucken Sie sich einmal den Paragrafen 5 an. Dort wollen Sie, wenn ein blinder Mensch keine Arbeit annimmt, die ihm zugewiesen wird, das Landesblindengeld kürzen. Alles, was Ihnen bisher erklärt worden ist, hat ausgesagt, dass das Landesblindengeld ein behindertenspezifischer Nachteilsausgleich ist, ein behindertenspezifischer, also blindenspezifischer Nachteilsausgleich. Nun frage ich mich ganz besorgt: Wird denn ein blinder oder hochgradig sehbehinderter Mensch, wenn er eine Arbeitsstelle oder eine Weiterbildungsstelle abschlägt, plötzlich sehend? Genau das ist es, was Ihnen in diesen vielen Briefen klargemacht werden sollte, was unten bei der Demonstration klargemacht werden sollte, was in den vielen Worten, die hier schon gefallen sind, klargemacht werden sollte: So ist es nicht. Landesblindengeld hat mit Sanktionen Richtung Arbeitsamt überhaupt nichts zu tun – völlig falsch, völlig daneben und am Leben vorbei. Ich kenne überhaupt keinen blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen – und wie Sie bemerkt haben, sind wir alle sehr eng miteinander bekannt –, der jemals eine Arbeitsstelle ausgeschlagen hätte. Da müsste einmal einer des Weges kommen und überhaupt Arbeitsstellen anbieten
Sie sind vom Leben entfernt, das ist ja nicht mehr zu glauben. Halt! Eine Person kenne ich, die einmal eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme ausgeschlagen hat, die hat hier am Mittwoch auch hinten gesessen. Ihr hat die Arbeitsagentur, damals war es noch das Arbeitsamt, in Malchow eine ABM-Stelle angeboten bei einer Grünanlagenfirma. Sie sollte Bäume ausästen – vollblind!
Sie hat diese Arbeitsstelle ausgeschlagen. Ich denke, Sie verstehen auch, warum – einmal der Bäume wegen und einmal um ihrer selbst willen.
(Heiterkeit bei Sebastian Ratjen, FDP – Udo Pastörs, NPD: Was es da wohl zu lachen gibt?! – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Ich wüsste nicht, was es da zu lachen gibt!)
Noch ein Fehler ist im Gesetz beziehungsweise eine Unklarheit, die mehr als merkwürdig dasteht, nämlich dieser Härtefonds. Ich hatte schon in meiner Rede am Mittwoch darauf hingewiesen: Härtefonds wofür, für
wen, in welcher Lebenslage? Sie haben alle immer die Blindenhilfe im Visier und stellen dar, auf welche Art und Weise sie gegeben wird. Also folgende Rechnung: 8 Millionen aus dem Topf raus, 500.000 wieder rein – als Alibifunktion – und, was dann das Perverse dabei ist, für ungefähr 150.000 behinderte Menschen hier im Lande Mecklenburg-Vorpommern, falls es Härtefälle sind. Was ist der Härtefall? Noch hinterhältiger: Der IFR, der Integrationsförderrat, soll mitberaten, wer dann diesen Härtefonds in Anspruch nehmen darf.
Meine Damen und Herren, ich glaube, es sitzen etliche hier im Gremium, die genau wissen, was das Integrationsförderratsgesetz ist, was der Integrationsförderrat ist. Und der hat mitnichten, in keiner Art und Weise die Aufgabe, sich irgendwie als Gremium darzustellen, um Finanzen zu verteilen. Das ist ein beratendes Gremium für die Landesregierung, um diskriminierende Bestandteile in der Gesetzgebung zu verhindern,
zu ändern beziehungsweise auch Gesetzesinitiativen auszulösen, damit solche Dinge gar nicht erst vorkommen. Was soll das?
Wir wissen auch, dass die Rechnung von 6,5 auf 8 Millionen nicht aufgeht. Ich halte es schon für demagogisch und ich bin es gestern auch gefragt worden beziehungsweise mir ist gestern gesagt worden von einem sehr bekannten Gewerkschafter hier aus dem Land Mecklenburg-Vorpommern: Das ist aber ein Glück, dass ihr die Demagogie erkannt habt. Ich halte es schon für demagogisch, obwohl man weiß, dass natürlich ein Aufschrei hier durchs Land gehen wird, erst mal mit 40 Prozent reinzugehen in die Debatte, um dann mit 20 Prozent rauszukommen. Auf diese Art und Weise werden hier in Mecklenburg-Vorpommern, denke ich mir, keine Helden geboren. Das wissen wir und das wissen viele Menschen.
Und ich sage Ihnen klipp und klar, Frau Polzin, das war hier kein Schlagabtausch. Ich hatte gehofft, wir hören uns gegenseitig zu, um noch mal nachzudenken,
offen nachzudenken, nur so. Ich sage Ihnen auch heute, ich habe um dreiviertel neun noch mal in der Landesgeschäftsstelle beim Blinden- und Sehbehindertenverein angerufen, wir haben eine vierwöchige Unterschriftensammlung gestaltet. Diese Unterschriften werden Ihnen hier noch alle übergeben werden. Wir haben in vier Wochen mit dem gestrigen Abend 28.807 Unterschriften gesammelt.
... da wurden noch nicht die ganzen Unterschriften gezählt, die heute Morgen schon wieder im Postfach waren.
Sie wissen alle, wie viele Unterschriften gebraucht werden, um ein Bürgerbegehren zu gestalten. Wir sind bereit. – Danke.
Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1779 zur federführenden Beratung an den Sozialausschuss sowie zur Mitberatung an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der Fraktionen der SPD, CDU, FDP, NPD, einer Gegenstimme aus der Fraktion der SPD und Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE angenommen.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 32: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Theater- und Orchesterfinanzierung in Mecklenburg-Vorpommern, auf Drucksache 5/1776, in Verbindung mit der Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Die Theater und Orchester des Landes Mecklenburg-Vorpommern in ihrer Vielfalt und Eigenständigkeit erhalten, auf Drucksache 5/1783.
Antrag der Fraktion der FDP: Theater- und Orchesterfinanzierung in Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/1776 –
Antrag der Fraktion DIE LINKE: Die Theater und Orchester des Landes Mecklenburg-Vorpommern in ihrer Vielfalt und Eigenständigkeit erhalten – Drucksache 5/1783 –
Das Wort zur Begründung des Antrags der Fraktion der FDP erhält der Abgeordnete und Vizepräsident Herr Kreher. Bitte schön, Herr Vizepräsident.