Protocol of the Session on September 25, 2008

Meine Damen und Herren, grundsätzlich will ich sagen, ich habe natürlich Verständnis dafür, wenn sich Unternehmen im Wettbewerb wie auch immer neu positionieren müssen. Allerdings – und darauf wurde eben hingewiesen – hat die Deutsche Telekom, bei der sogar der Bund 31,7 Prozent der Aktien hält, also KfW und Bundesregierung zusammen …

(Zurufe von Andreas Bluhm, DIE LINKE, und Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Ja.

Also die Telekom hat damit ganz klar eine strukturelle Verantwortung

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

in Deutschland und auch in Mecklenburg-Vorpommern und ich denke, dass gerade ein Flächenland diese strukturelle Verantwortung einklagen muss. Die Deutsche Post beabsichtigt, ebenfalls eine Veränderung einzu führen. Darauf gehe ich aber dann noch ein.

Um es ganz klar zu sagen: Beide angekündigten Entscheidungen, sowohl die der Deutschen Telekom als auch der Deutschen Post, konterkarieren natürlich unsere im Wesentlichen gute positive wirtschaftliche Entwicklung und das können wir so nicht hinnehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Ich meine, wo hat es so etwas gegeben, dass wir uns in einem Dynamikranking in der „WirtschaftsWoche“ mit Hamburg auf einem zweiten Platz – also nach Hamburg, müssen wir richtigerweise sagen – wiederfinden? Das sind gute Nachrichten. Die Wirtschaft wächst nach wie vor im Lande, die Arbeitslosigkeit sinkt, es entstehen Arbeitsplätze. Und das Ganze gerade durch Unternehmen mit Staatsbeteiligung hier in Mecklenburg-Vorpommern zu konterkarieren, das ist natürlich bitter, und das können wir, wie gesagt, nicht akzeptieren.

Meine Damen und Herren, die Telekomentscheidung ist für meine Begriffe auch in zwei Punkten absolut unverständlich:

Erstens. Die Telekom führt betriebswirtschaftliche Gründe für ihre Entscheidung an, also Effizienzgewinne, Verbesserung des Kundenservice. Das soll erreicht werden, um ein einheitliches Erscheinungsbild und räumliches Gesamtkonzept zu schaffen. Übrigens weist man 70 Millionen Euro Investitionsbedarf aus, bauliche und technische Ausstattung, was es auch immer dann sein soll, und man will Standortgrößen erreichen von 700 Mitarbeitern, da es im Marktvergleich angeblich zu viele kleine Standorte gibt. Schwerin soll, so die Aussage, mit Lübeck nach Hamburg migrieren, weil Hamburg die besseren Rahmenbedingungen bietet.

Diese Gründe sind meines Erachtens in keiner Weise überhaupt stichhaltig, das muss man ganz klar be nennen, denn es können nicht die richtigen Gründe sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE)

Zum Zweiten will ich ganz klar sagen, Mecklenburg-Vorpommern hat sich zu einem der erfolgreichsten Servicecenterstandorte in Deutschland entwickelt, weil wir zum Beispiel über eine leistungsstarke Infrastruktur verfügen, weil wir geeignetes Personal bei uns im Lande haben und zugleich – da bin ich wirklich ganz sicher – die besseren Rahmenbedingungen als Hamburg, wenn man sich auf dieses Segment Servicecenter oder Callcenter mal fokussiert.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Kosten, Immobilien, Löhne, was wir ja zum Teil beklagen, da kann ein Unternehmen weiß Gott nicht sagen, dass hier die höheren Kosten in Mecklenburg-Vorpommern entstehen. Das wäre wider jede wirtschaftliche Vernunft, man würde so argumentieren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist es.)

Ich will auch erwähnen, es gibt den Branchenverband Telemarketinginitiative, der hier im Lande als Interessenvertreter agiert, der Dienstleistungen erbringt wie Image werbung, Mitarbeiterwerbung, Auftragsvermittlung, Weiter bildung, Beratung der Servicecenter und so weiter und so fort. Also das kann man alles hier ins Feld führen. Und es kommt nicht von ungefähr, dass sich genau diese Branche, die Servicecenterbranche in den letzten Jahren sehr stabil entwickelt hat. Es gibt derzeit 110 Servicecenter mit fast 15.000 Mitarbeitern bei uns im Lande. Allein von 2007 bis heute sind noch einmal 5 Servicecenter dazugekommen, rund 4.000 Mitarbeiter mehr, die in diesem Lande ihren Job machen.

Ich will an dieser Stelle sagen, dass wir erhebliche Leistungen des Landes, des Steuerzahlers zu ver buchen haben, das muss man dann auch erwähnen. Es sind immerhin über 92,5 Millionen Euro, darunter ungefähr 30 Millionen Euro seit 2007 als Fördergelder bereitgestellt worden. Also wir haben hier wirklich, wie man so sagt, die roten Teppiche ausgerollt und diese vergoldet, um es noch einmal deutlich zu sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig, so ist es. Das ist der Dank.)

Das wollen wir auch, dass hier Arbeitsplätze entstehen.

Meine Damen und Herren, die quantitative Entwicklung der Callcenter ist mit wesentlichen quantitativen Veränderungen einhergegangen. Ich glaube, dass man wirklich sagen muss, das will ich auch deutlich hervorheben, dass ein ganz wichtiger Einfluss von der Telemarketinginitiative e. V. ausgeht. Ich denke nur daran, dass zum Beispiel zwei Berufsbilder entwickelt wurden. Auch das ist wichtig zu nennen. Da sind wir aus Mecklenburg-Vorpommern führend, gerade was diesen Bereich betrifft. Es sind Projekte initiiert worden, Beratungsangebote, und deswegen ist es für mich ein Leichtes zu sagen, dass wir diese Telemarketinginitiative gern unterstützen, um diese Arbeit auch zukünftig zu ermöglichen. Übrigens ist die Telekom über ihre Tochter VCS auch Mitglied in dieser Telemarketinginitiative und kann also deren Dienstleistungen in Anspruch nehmen.

Was ich auch sagen muss, um da die Fakten klarzulegen, eine direkte Förderung an die Telekom ist nicht ergangen. Man könnte nur sagen, mit der Telemarketinginitiative ist uns das natürlich auch entgegengekommen. Aber wie gesagt, das ist dann eine mittelbare Geschichte. Also direkt an die Telekom sind keine Förderungen ausgesprochen worden.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Es gibt viele Wege.)

Meine Damen und Herren, ich will noch einmal sagen, was wir bisher getan haben. Ich habe das auch auf der Betriebsversammlung deutlich gemacht. Zunächst einmal, nachdem wir die Information erhalten haben – das war so Anfang August, den Tag kann ich nicht mehr ganz genau bestimmen –, haben wir uns unmittelbar in einem Brief vom 12.08.2008 an den Vorstand der Deutschen Telekom AG gewandt und genau die Argumente, die ich auch jetzt versuchte deutlich zu machen, aufgeführt. Wir haben natürlich auch hingewiesen auf die geringe Industriedichte des Landes, die Strukturprobleme, die wir haben, die wir auch nicht verheimlichen können. Wir haben besonders hervorgehoben und deutlich gemacht, dass die Planung hinsichtlich des Standortes Schwerin nicht akzeptabel ist und seitens des Landes Mecklenburg-Vorpommern entschieden abgelehnt werden muss. Ich habe dringend um Korrektur der Planung gebeten. Wir haben dann auch eine Briefkopie an alle Abgeordneten des Bundestages gesandt. Ich muss auch da sagen, es ist schön, alle durch die Bank, alle sind diesbezüglich aktiv geworden und haben sich deutlich gegenüber der Telekom artikuliert. Das ist uns sogar von der Telekom dann noch einmal bestätigt worden.

(Udo Pastörs, NPD: Hilft das?)

Zweitens. Infolge des Schreibens an die Deutsche Telekom AG hat es dann ein Staatssekretärsgespräch bei

uns im Hause gegeben mit den Bevollmächtigten der Deutschen Telekom AG. Es sind die Argumente noch einmal ausgetauscht worden, weitere Gespräche wurden vereinbart.

Wir haben drittens natürlich im Kabinett informiert, am 19.08.

Und ich bin auch dankbar, dass viertens am 26.08. der Ministerpräsident mit dem Telekom-Vorstand Herrn Höttges noch einmal ganz klar auch über die Dinge ge sprochen hat, die Haltung des Landes klargemacht hat.

Ich war selbst auf der Betriebsversammlung, habe dort versichert, dass wir uns weiterhin intensiv für den Erhalt des Standortes einsetzen werden. Wir haben am gleichen Tage, weil ich auch noch mal die Argumente der Betriebsversammlung mit aufnehmen wollte, ein Schreiben an alle Aufsichtsratsmitglieder der Telekom AG gerichtet mit der Bitte um Unterstützung zum Erhalt des Standortes Schwerin. Das geschah eben auch deshalb, weil die Telekom in ihrer Antwort auf unseren Brief deutlich gemacht hat, dass sie in der Fläche über das ganze Bundesgebiet verteilt bleiben will. Dann muss sie es auch tun!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Ja, genau.)

Insofern haben wir das besonders herausgestellt.

Ich will auch deutlich erwähnen, hier gibt es gleichermaßen Aktivitäten der Stadt Schwerin. Auch der amtierende Oberbürgermeister hat sich mit einem Schreiben an die Telekom gewandt.

Zu dem zweiten Problem, was ich ansprechen möchte, was ja auch im Antrag eine Rolle spielt: die Deutsche Post. Die Deutsche Post beschäftigt derzeit in Mecklenburg-Vorpommern 3.000 Mitarbeiter. Einem Bericht in den Medien vom 8. September war zu entnehmen, dass die Deutsche Post neben anderen Standorten auch den IT-Service-Standort in Stralsund schließen will zum ersten Halbjahr 2009. Hier ist die Situation so, dass in Deutschland 450 Mitarbeiter betroffen sind, darunter 36 in Stralsund, denen man Angebote gemacht hat, nach Bonn beziehungsweise Darmstadt umzuziehen.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Klasse, ja.)

Man kann nicht verhehlen, auch Abfindungen sind angeboten worden. Da in Stralsund qualifizierte IT-Spezialisten angestellt sind, könnte man ja vielleicht meinen, sie sind ja gar nicht betroffen, wenn sie denn um ziehen müssten. Aber das ist schon mal vorhin ganz deutlich erklärt worden, dass man – wie ich finde – so nicht mit Umzügen argumentieren kann, wie das dort gemacht wird.

Die Mitarbeiter sind übrigens am 04.09. über diese Planungen informiert worden. Die Deutsche Post betont, dass die Planungen für diese Umstrukturierung und die Gespräche der Sozialpartner gerade erst begonnen haben. Also können wir ja daraus schlussfolgern, dass wir gerade richtig kommen, uns in die Gespräche auch entsprechend einzumischen.

Offizielle Gründe der Deutschen Post lauten: Deutschland gilt als wichtiger Standort innerhalb der europäischen IT-Service-Organisation. Er soll durch hochwertige IT-Dienstleistungen weiter gestärkt werden.

Deshalb will man, so die Deutsche Post, IT-Service-Aktivitäten in Deutschland auf die starken Standorte Bonn und Darmstadt konzentrieren. Das sei aus Sicht der Post die größere Nähe zu den Entscheidungsträgern der Kunden. Man will auch eine Reduzierung der Overheadkosten erreichen. Insgesamt soll natürlich auch hier wieder die Wettbewerbsfähigkeit erhöht werden.

Meine Damen und Herren, wir führen auch hier den Kampf um die Erhaltung des Standortes mit dem Verweis auf die Potenziale, auf die Fähigkeiten des Landes Mecklenburg-Vorpommern, das immerhin mit 600 ITUnternehmen und fast 15.000 Mitarbeitern durchaus als Standort in diesem Bereich spannend und interessant ist. Die Unternehmen erbringen ihre IT-Dienstleistungen überwiegend überregional, deutschlandweit. Und jetzt zu sagen, man muss an einen Standort x gehen, ist, finde ich, in dem Bereich nun wirklich nicht sehr überzeugend, denn das ist bisher immer genau andersherum argumentiert worden, dass man eben dort standort unabhängig ist und durchaus Leistungen an ganz anderen Standorten erbringen kann. Wenn ich mal daran denke, was da alles, mit Indien zum Beispiel, gemacht wird, dann ist das ja nur einer der Beweise, die hier ins Feld geführt werden können. Wir werden der Post entsprechend weiter argumentieren.

Übrigens muss man natürlich an dieser Stelle sagen, das habe ich gerade eben gehört: Es gibt schon viele Unternehmen, die sozusagen ihre Ansprüche schon anmelden, weil die IT-Initiative in Mecklenburg-Vorpommern uns signalisiert hat, dass mehr als 200 IT-Spezialisten gesucht werden, weil die Post also hier sagt, sie bietet Umzüge an. Dann würde ich dem mal entgegenhalten, wer so leichtfertig mit Spezialisten in seinem Bereich umgeht,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das muss ich auch sagen. – Reinhard Dankert, SPD: Sie scheinen die nicht zu brauchen.)

und das angesichts der nun wirklich inzwischen allseits bekannten demografischen Entwicklung, wenn ich daran denke, dass wir gestern in Hamburg wieder über das Thema auf der SMM gesprochen haben, kann man den Unternehmen eigentlich nur eins sagen: Leute, wenn ihr schon vielleicht gehaltlich hier und da nicht mithalten könnt, was man ja fairerweise auch manchem Unternehmen zugestehen muss, dann müsst ihr aber auf anderem Wege versuchen, Bindungen an euer Unternehmen zu erreichen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: So ist das.)

Wie gesagt, ich habe die Rede leider nicht gehört – oder vielleicht auch Gott sei Dank, was weiß ich –, aber wenn dann jemand so argumentiert, wie es geschildert wurde,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Es war katastrophal.)

dann ist das natürlich das genaue Gegenteil von dem, was man nur jedem Management heute angesichts der demografischen Situation raten kann. Und wenn ich höre, dass in Mecklenburg-Vorpommern 50-MannBetriebe oder -Frauen-Betriebe, wie auch immer, darüber nachdenken, zum Beispiel betriebliche Kindergärten einzurichten, dann zeigt das, wie wirklich nachgedacht wird.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, Gott sei Dank!)

Insofern, glaube ich, sind die Aktivitäten hier nicht zu akzeptieren.

Wir werden also weiterhin die Gespräche mit der Telekom und mit der Deutschen Post führen. Ich werde mich weiterhin mit der Bundesregierung diesbezüglich bei allen Gelegenheiten – ich glaube, am Sonnabend habe ich wieder eine Möglichkeit – ins Gespräch begeben, mit einem Ziel: den Standort hier in Schwerin zu sichern und auch in Stralsund dafür zu sorgen, dass genau das, was die Deutsche Post dort vorhat, so nicht stattfindet. Ich bedanke mich auch für die Unterstützung. – Vielen Dank.