Wir werden also weiterhin die Gespräche mit der Telekom und mit der Deutschen Post führen. Ich werde mich weiterhin mit der Bundesregierung diesbezüglich bei allen Gelegenheiten – ich glaube, am Sonnabend habe ich wieder eine Möglichkeit – ins Gespräch begeben, mit einem Ziel: den Standort hier in Schwerin zu sichern und auch in Stralsund dafür zu sorgen, dass genau das, was die Deutsche Post dort vorhat, so nicht stattfindet. Ich bedanke mich auch für die Unterstützung. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht, und wir haben das eben gehört, ganz klar um eine Sache: dass das Land – gemeinsam mit den demokratischen Fraktionen dieses Hauses und der Landesregierung – und die betroffenen Kommunen gegen die Standortzerschlagung vorgehen und die Proteste der Beschäftigten, des Betriebsrates, der Gewerkschaften sowie der Städte, die betroffen sind, unterstützen.
Wir haben es gehört, die Deutsche Telekom wird mehr als zwei Drittel ihrer Callcenter schließen und insgesamt sind 8.000 Kolleginnen und Kollegen betroffen. Durch die geplante Zusammenlegung der Callcenter müssen sie entweder enorm weite Anfahrtswege in Kauf nehmen oder ihre Kündigung einreichen. Der Hinweis der Telekom – Herr Dr. Jäger hat darauf verwiesen –, Wegezeiten für eine Strecke von zwei Stunden seien zumutbar, ist schlichtweg eine Verhöhnung der Mitarbeiterinnen und der Mitarbeiter.
Und ein solcher Umgang ist auch ein Schlag in das Gesicht der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Gerade Teilzeitkräfte können solche Wegezeiten nicht bewältigen, und das nicht nur wegen der Gehaltsfrage.
Gleiches gilt auch für Menschen mit Beeinträchtigungen. Vor allem in den Callcenterbereichen arbeiten aber Teilzeitbeschäftigte und Menschen mit Beeinträchtigungen.
Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie kann man unter solchen Bedingungen eigentlich vergessen. Betroffene werden durch Inkaufnahme langer Wege zum Arbeitsort nicht nur zeitlich, sondern auch finanziell extrem belastet. Auch wenn die Telekom ankündigt, dass insgesamt keine Arbeitsplätze wegfallen sollen, bin ich davon überzeugt, dass für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Standortwechsel mit dem Verlust des Arbeitsplatzes gleichzusetzen ist,
da diese aus vielfältigen Gründen ihren Lebensmittelpunkt in der Region behalten müssen und keine langen Pendlerzeiten in Kauf nehmen können.
Bei den Beschäftigten handelt es sich auch größtenteils um Frauen, junge wie ältere: über 60 Prozent, circa 30 Prozent insgesamt der Teilzeitbeschäftigten und ganze 10 Prozent von Menschen mit Schwerbehinderungen. Insofern hat das Angebot der Telekom für Ersatzarbeitsplätze schlichtweg eine Alibifunktion.
Die Männer und die Frauen werden von allein kündigen müssen, da sie sich dem zeitlichen Druck und den erschwerten Bedingungen auf Dauer nicht aussetzen können. Ist das soziale Verantwortung? – Ich sage, das ist es nicht. Aber das scheint so gewollt, denn die Konsequenz wäre: Neuanstellung an den neuen Standorten und dann zu Dumpinglöhnen.
Fakt ist: Diese Strukturveränderungen werden auf dem Rücken der Beschäftigten mit Arbeitsplatzabbau betrieben.
Sie werden verstehen, ein Wort zum Standort Schwerin. In Schwerin sind 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Schließung bedroht. Dabei hat sich der Callcenterstandort Schwerin in der Branche – der Minister hat das insgesamt für das Land vorhin bewiesen – seit Jahren bewährt. Viele Fakten sprechen für den Erhalt des Standortes:
dass es endlich einen Ausbildungsberuf für junge Leute gibt, die Schwerinerinnen und Schweriner bilden aus.
Aber solche Fakten sind der Telekom offensichtlich egal. In der Antwort auf das Schreiben an alle OB-Kandidaten, die sich ebenfalls an die Telekom gewandt haben, heißt es lapidar: „Schwerin ist als Zukunftsstandort zu klein.“
Wissenschaftliche Untersuchungen sagen aber, dass gerade kleine Callcenter sich im Wettbewerb bewähren.
Die Gründe, die Herr Berlemann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Telekom Kundenservice GmbH, in dem besagten Antwortschreiben lang und breit anführt, sind einfach nur beliebig. Ich kann keinen stichhaltigen Grund wie Sie, Herr Dr. Jäger, erkennen, warum ausgerechnet der jetzige Standort in Meck
In der Präsentation des Unternehmens wurden insbesondere Aspekte genannt wie: strukturschwache Regionen stärken, kein Rückzug aus der Fläche et cetera.
Nach den Konzepten der Marketingabteilung der Telekom hätte der Standort Schwerin nicht geschlossen werden können.
Worum geht es wirklich? Ich weiß, dass viele von Ihnen das jetzt nicht sehen können, Sie haben aber die Präsentation alle bekommen. Die Region Nordost sah 2006 neun Callcenter vor, allein in Mecklenburg-Vorpommern drei. Die Region Nordost wird nach der neuen Reform für den Nordosten ein einziges Callcenter vorsehen, in Frankfurt/Oder. Das Angebot ist ein Angebot zum Rückzug aus der Fläche und letztendlich aus dem Osten von Deutschland.
Genau da müssen wir sagen, die Schließungspläne für die betroffenen Kommunen und Regionen bedeuten doch eines völlig klar: Es führt zu arbeitsmarkt politischen Rückschlägen und zu weiteren Kaufkraftverlusten. Und dies hat natürlich Auswirkungen auf weitaus mehr Menschen, als „nur“ die Beschäftigten der Deutschen Telekom.
Ja, der Bund besitzt noch mehr als 30 Prozent. Und genau genommen ist es dann auch die Aufgabe der Bundesregierung, nicht nur zu versprechen, sondern zu handeln und im Aufsichtsrat der Deutschen Telekom auf den Tisch zu hauen. Diese Stellung der Bundes regierung muss genutzt werden, um weiteren Arbeitsplatz abbau und eine deutliche Verschlechterung der Arbeitsbedingungen gerade für die Standorte in Ostdeutschland zu verhindern.
Ich erinnere auch an die Auseinandersetzungen im letzten Jahr, wo es ja um Tarife und andere Fragen ging. Bisher lässt das Engagement der Bundes regierung sehr zu wünschen übrig. Sie sieht eher tatenlos zu, wie Beschäftigung – gerade auch in strukturschwachen Regionen – Stück für Stück kaputtgemacht wird. Von der Post hat der Minister eben gesprochen. Immer wieder erfolgen Umbau- und Konzentrationsprozesse, besonders zulasten der ostdeutschen Länder. Das wird sehr deutlich, wenn man sich die entsprechenden Übersichten – ich habe sie gerade hochgehalten – mal anschaut. Und wir meinen – gemeinsam, so hoffe ich –, das ist nicht hinnehmbar.
Die Konzentration der Standorte geschieht aus unserer Sicht ohne Not, mehr noch: Die von der Telekom betriebene Zentralisierung ist überhaupt nicht zeitgemäß, denn ein qualitativ hochwertiger Kundenservice – und dazu gehören besonders auch motivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – wird mit der neuen Struktur ad absurdum geführt. Außerdem ist es völlig unverständlich, dass ein Unternehmen, das technische Lösungen für de zentrale Arbeiten anbietet, diese selbst gar nicht nutzen will.
Callcenter lassen sich heute technisch zusammenlegen, ohne dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür stundenlange Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben in den letzten Tagen und Wochen viele Gespräche mit den Betroffenen und Protestierenden hier in Schwerin geführt. Sie sind wütend, sie sind besorgt, sie haben große Zukunftsängste. Die Kolleginnen und Kollegen erwarten, dass sich die Politik einmischt, sie erwarten Unterstützung, sie erwarten Solidarität – parteiübergreifend. Und deshalb finde ich diesen gemeinsamen Antrag völlig in Ordnung.