Protocol of the Session on September 25, 2008

(Harry Glawe, CDU: Im Jahr.)

Im Jahr, Entschuldigung. Danke, Herr Glawe. 800 Euro im Jahr an Mehraufwand.

Und jetzt gehen wir noch mal in die Struktur in Mecklenburg-Vorpommern rein und erkennen, dass wir in etwa eine Beschäftigungszahl von 20 Mitarbeitern in diesen Unternehmen haben. Das heißt, Sie/wir belasten, wenn dieser Gesundheitsfonds in dieser Art und Weise eingeführt wird, diese kleinen und mittelständischen Unternehmen mit einer Summe von 16.000 Euro pro Jahr. Das möge sich bitte jeder einmal vor Augen führen.

Und was ist das Ergebnis? Bekommen wir dafür auch nur ein Stückchen bessere medizinische Betreuung? Ich sage klar und deutlich Nein. Und auch dazu wird Herr Grabow Ihnen nachher einiges ausführen: Genau das, was man den Menschen suggeriert – damit wird die medizinische Betreuung besser –, genau das wird nämlich auch nicht entstehen.

Wir haben ein weiteres Problem mit der Einführung des Gesundheitsfonds, und das ist das Mehr an Bürokratie, was wir bekommen. Ich weiß nicht, inwieweit Sie sich damit auseinandergesetzt haben. Die Arbeitgeber müssen ab nächstem Jahr nicht nur in den Fonds die Beiträge abführen, sondern zusätzlich auch noch die Beiträge abführen bei den einzelnen Kassen, die ihren einzelnen, individuellen Beitragssatz haben. Das heißt, doppelte Belastung – ja, Herr Glawe, Sie können den Kopf schütteln –, doppelte Belastung für die Unternehmen in dem Augenblick, in dem sie in der Situation sind, dass sie sowohl als einen Ansprechpartner des Geldtransfers den Fonds haben und als einen Ansprechpartner des Geldtransfers...

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Die Kassen ziehen ein. Lieber Herr Glawe!

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Lieber Herr Glawe, noch entscheidet ein Unternehmer über sein Konto, ob eingezogen wird oder nicht. Wenn Sie auch das mittlerweile vorschreiben wollen, dass die Unternehmer einzuziehen haben,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Zuruf von Harry Glawe, CDU)

herzlich willkommen im Sozialismus! Ich dachte, Sie sind immer noch Mitglied der CDU.

(Harry Glawe, CDU: Sie wollen ja immer nur Bahnhof verstehen.)

Und jetzt können wir in der Rechnung nämlich noch einen Schritt weiter machen: mehr Bürokratie, weniger Nettoeinkommen – und jetzt kommt der Eigenanteil, den die Versicherten auch in ihrer Krankenkasse dann noch leisten müssen, 0,2, 0,3, 0,4 Prozent, den leisten sie dann auch noch –, noch weniger verfügbares Einkommen. Und das, das ist das, was der Gesundheitsfonds …

(Jörg Heydorn, SPD: Sind Sie Hellseher? Sind Sie Hellseher?)

Ja, ich bin Hellseher, ich sehe die Realität, Herr Heydorn.

(Jörg Heydorn, SPD: Können Sie hellsehen?)

Ich sehe die Realität dieses chaotischen Vorhabens, was den Leuten mehr gesundheitliche Betreuung suggeriert und nichts anderes macht, als ihnen blank in die Tasche zu greifen, das Geld wegzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Und unseriös ist es von Sozialdemokraten, an der Stelle von Mindestlohn zu reden, acht Prozent mehr Lohn zu fordern, obwohl sie wissen, dass die Arbeit deutlich teurer wird im nächsten Jahr. Das ist unseriös.

(Jörg Heydorn, SPD: Unseriös ist es, so allgemein von Dingen zu reden, die gar nicht feststehen.)

Dann kommt es noch weiterhin zu einem Problem, dass wir durch die Einführung des Gesundheitsfonds Wettbewerb verlieren. Wir verlieren Wettbewerb unter den Kassen.

(Harry Glawe, CDU: Ach so?)

Wir werden zu einer blinden Fusionsarie kommen,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

dass Kassen miteinander fusionieren und wir immer weniger Wettbewerb in den Kassen und bei den Kassen und im System haben werden. Die erste Fusion haben wir bereits mitbekommen, den Zusammenschluss der Techniker Krankenkasse und der IKK-Direkt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wir werden bald nur noch eine Kasse haben.)

Herr Methling, das hatten wir schon. Das war gut, das machen wir wieder, oder wie?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ein weiter Weg dahin. Das werden wir nie erreichen.)

Und der wird steinig sein. Gott sei dank ist das ein weiter Weg dahin.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie tun immer so, als wenn wir da schon sind.)

Dann haben wir noch einen Bereich, in dem auch viele Märchen erzählt werden, und das ist der Bereich der Mehreinnahmen, die angeblich für Mecklenburg-Vorpommern dabei herauskommen. Aber seien Sie ganz entspannt, auch da wird der Kollege Grabow Ihnen nachher einiges zu diesen Märchen erzählen können.

Was will die FDP? Die FDP will, dass man sich in der Landesregierung Gedanken darüber macht, sich den Realitäten stellt – den Realitäten stellt, dass hier in diesem Land der Kostenfaktor Arbeit sich ab dem 01.01.2009 um mindestens zwei Prozent erhöhen wird, dass die Menschen weniger verfügbares Einkommen haben, dass sie für dieses weniger verfügbare Einkommen weniger medizinische Betreuung haben, und das kann nicht im Sinne des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern sein. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke, Herr Roolf.

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart.

Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Um das Wort hat zunächst gebeten der Sozialminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Sellering. Herr Sellering, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, bei dem ein Bestandteil die Einrichtung des Gesundheitsfonds ist, ist die erste Reform seit vielen Jahren, die aus Kostendämpfungsgründen keine Zuzahlungserhöhungen und keine Leistungs kürzungen vorsieht. Vielmehr werden dort, wo es notwendig ist, bestehende Lücken in der medizinischen Versorgung geschlossen und Leistungen zielgerecht erweitert. Dazu gehören insbesondere der Ausbau der Palliativmedizin, die Verbesserung der Hospizversorgung, die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Kinderhospize, die Erweiterung der häuslichen Krankenpflege sowie die Umwandlung von bisher freiwilligen Leistungen in Pflichtleistungen wie beispielsweise Leistungen der medizinischen Rehabilitation, medizinisch erforderliche Impfungen, Mutter-Kind-Kuren beziehungsweise VaterKind-Kuren.

Mit der Einrichtung des Gesundheitsfonds wird der Wettbewerb um qualitativ hochwertige und effiziente Versorgungsangebote gefördert. Gleichzeitig erhalten die Krankenkassen deutlich mehr Möglichkeiten zur Gestaltung eines auf ihre Versicherten ausgerichteten – jetzt muss ich hier schwer blättern – Versorgungsangebots. Hierzu gehören insbesondere Einzelverträge mit Ärztin nen, Ärzten und Apothekern, zu Ausschreibungen für Arznei- und Hilfsmittel, dazu haben wir heute Morgen schon bei der Fragestellung etwas gehört, Rabatt verträge mit pharma zeutischen Unternehmen und die Möglichkeit, besondere Tarife für besondere Versorgungsformen anzubieten.

Die Bundesregierung zieht gut ein Jahr nach dem Inkrafttreten der Gesundheitsreform die Bilanz, dass der Wettbewerb um eine am Bedarf der Patientinnen und Patienten ausgerichtete medizinische Versorgung bereits jetzt Früchte trägt. Dieser Wettbewerb wird sich nach Ansicht der Bundesregierung weiterhin verstärken. Mit dem Inkrafttreten der weiteren Reformschritte in der Finanzierungsstruktur der gesetzlichen Krankenversicherung wie auch durch die Verbesserung der Wechselmöglichkeiten in der privaten Krankenversicherung wird dieser Wettbewerb noch deutlich an Fahrt gewinnen. Die genauen Auswirkungen des Gesundheitsfonds, die der FDP-Fraktion so viel Sorge bereiten, sind wegen der vielfältigen Systemänderungen zum jetzigen Zeitpunkt sicherlich nur schwer konkret im Einzelnen vorhersehbar.

Durch den Gesundheitsfonds werden nach Maßgabe des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes ab dem 1. Januar 2009 die Finanzmittel der gesetzlichen Krankenversicherung neu verteilt. Die Landesregierung erwartet, dass insbesondere der mit dem Gesundheitsfonds verbundene morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich, das heißt der Finanzausgleich zwischen den Krankenkassen des Bundes, der künftig speziell die Erkrankungen der einzelnen Versicherungen mehr berücksichtigen soll, ab dem Jahre 2009 zu einer besseren Finanzausstattung der gesetzlichen Krankenkassen in Mecklenburg-Vorpommern führen wird. Wegen der demografischen Entwicklung in unserem Land wird es in Zukunft mehr ältere und auch mehr kranke Men

schen geben. Deshalb muss bei der Verteilung der Finanzen innerhalb der GKV unbedingt darauf geachtet werden, dass das Geld auch tatsächlich dort ankommt, wo es gebraucht wird.

Der jetzt durch das GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz eingeschlagene Weg geht in die richtige Richtung. Nach einem dem Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages am 4. Juli 2008 vorgelegten Gutachten von Wasem, Buchner und Wille wird zu den Effekten der Einführung des Gesundheitsfonds unter anderem ausgeführt, dass in den Bundesländern mit bislang überdurchschnittlichen Ausgaben, dazu gehören wir, und wegen überdurchschnittlichen Beitragssätzen durch den Fonds die Beitragsbelastung sinken werde. Nach einer Modellrechnung der Gutachter zur Ermittlung des Differenzbetrages …

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Die AOK hat die höchsten Beitragssätze. – Irene Müller, DIE LINKE: Man kann das nicht mit der Realität vergleichen.)

Einfach mal das Gutachten lesen!

… aus Be- und Entlastungen würde sich für das Land Mecklenburg-Vorpommern ein positives Finanzsaldo von 14 Millionen Euro ergeben. Bei dieser Rechnung ist allerdings nochmals ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich um Modellrechnungen auf der Basis von plau siblen Annahmen und mathematischen Sys temen handelt, die aufgrund der bisher noch nicht vorliegenden Erkenntnisse natürlich noch nicht in der Realität vollzogen und damit noch nicht gesichert sind.

Ab dem Jahre 2009 wird durch die neuen gesetzlichen Regelungen ein bundeseinheitlicher Beitragssatz gelten, wobei unterschiedliche Einkommenshöhen der Versicherten zwischen den Krankenkassen anders als bisher vollständig ausgeglichen werden. Krankenkassen mit vielen kranken beziehungsweise alten Mitgliedern erhalten für diese Versicherten mehr Geld als bisher. Das ist der Kern der Reform. Das ist der Kern, der der FDP offenbar nicht gefällt. In diesem Zusammenhang geht die Landesregierung nicht von steigenden Beitragsbelastungen für alle GKV-Mitglieder in Mecklenburg-Vorpommern aus, sondern vielmehr von einer nach der derzeitigen Kassenmitgliedschaft zu differenzierenden Mehr- oder Minderbelastung.

Im Klartext heißt das, dass die bisher bei günstigen Direkt- oder Betriebskrankenkassen versicherten Mitglieder mit höheren Beiträgen zu rechnen haben werden. Die AOK Mecklenburg-Vorpommern, bei der über ein Drittel der Menschen im Lande krankenversichert sind und die aufgrund ihrer Versichertenstruktur jetzt billigen Direktversicherungen in ihrem Beitragssatz unterlegen ist und deshalb nicht konkurrenzfähig ist, wird voraussichtlich ihren Beitragssatz senken können. Durch den künftig einheitlichen Beitragssatz in der gesetzlichen Kranken versicherung wird – ich finde das sehr gerecht – dem Solidargedanken der Krankenversicherungen, der ja seit jeher ein Pfeiler unseres Sozialversicherungs systems ist, in ganz besonderem Maße Rechnung getragen.

Vielleicht muss man an dieser Stelle die Fragen wiederholen, die Herr Roolf eben gestellt hat: Was will die FDP? Worauf zielt die FDP ab? Ich denke, genau an diesem Punkt unterscheiden wir uns offenbar. Wir haben eine unterschiedliche Auffassung zur Solidarität. Ich sage Ja zu der Solidarität, denn sie wird dazu führen, dass die Jungen und Gesunden künftig mehr zahlen müs

sen, um das mitzufinanzieren, was wir bei den Älteren, den chronisch Kranken oder den länger Erkrankten ausgeben müssen. Das halte ich für solidarisch und auch für gerecht. Sie befürchten, dass es zu mehr Bürokratie führt, aber das sehe ich nicht. Es wird möglicherweise weniger Kassen geben und das ist vielleicht etwas, was der FDP nicht so gefällt.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die hätten gern 500 Kassen wahrscheinlich.)