Protocol of the Session on September 24, 2008

Die im Paragrafen 113 Absatz 5 enthaltene Möglichkeit der anteiligen Kostenbeteiligung der Eltern oder volljährigen Schüler – also damit dann doch der Eltern – an den Beförderungskosten für die Klassen 11 bis 13 führt in ihrem Ziel, die Eltern auch in diesem Bereich zu entlasten, ad absurdum. Bei der finanziellen Lage der Landkreise werden viele Landkreise, wenn nicht sogar alle, die Eltern natürlich beteiligen. Die neue Aufgabenfülle der Schulleiter, der Schulleitungen und auch der Lehr

kräfte ist, folgt man den Zielen der Eigenverantwortlichkeit der Schule, sicher in vielen Fällen notwendig. Was aber völlig ausgeblendet wird, sind Anreizsysteme vor allem für die Erfüllung der administrativen Aufgaben. Es stellt sich schon die Frage, wie Sie die Lehrkräfte dazu motivieren wollen, sich zu engagieren. Das haben die allermeisten bisher schon aus ihrem beruflichen Ethos heraus getan. Die Anforderungen allerdings, die mit diesem Gesetz fixiert werden, erreichen eine neue Dimension. Und nur mit ESF-Stunden ist das aus Sicht meiner Fraktion nicht zu wuppen.

13 Aufgaben, die sich noch in Unteraufgaben aufteilen lassen, sieht der Paragraf 101 für Schulleiter vor. Er oder sie müssen zwar nur noch wegen des Lehrerpersonalkonzeptes und anderer Dinge minimal eine Stunde pro Woche Unterricht erteilen, aber bei der Aufgabenfülle ist eine 40-Stunden-Woche schon fast eine Illusion. Dabei ist die Übertragung von Aufgaben an andere Lehrkräfte stark von der Größe der Schule abhängig. Bei Gymnasien der Größe eines Carolinums gibt es mit Sicherheit andere Spielräume als an Schulen, die sich hart an der Existenzgrenze bewegen. Mit Skepsis sehen wir als Fraktion DIE LINKE die Übertragung einiger Aufgaben der Schulkonferenz an die Schulleitungen sowie die neue Rolle der Personalräte. Die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit der Einzelschule darf aus unserer Sicht eben nicht mit einem Verlust an demokratischer Mitbestimmung einhergehen.

Und, meine Damen und Herren, nicht zuletzt auch bei den Sportgymnasien haben wir unsere Befürchtungen. Die Streichung im Paragrafen 19 Absatz 2 Satz 2 und die Regelung zur schülerbezogenen Stundenzuweisung an den Sportgymnasien, falls es keine Ausnahmeregelungen gibt, führen zu einem Rückschritt der Entwicklung von Sporteliteschulen. Wenn ich Ihren Koalitionsvertrag richtig lese, sollte eigentlich eine andere Entwicklung vollzogen werden.

(Norbert Baunach, SPD: So ist es, Herr Bluhm.)

Auf zwei Punkte möchte ich noch etwas näher eingehen, erstens auf die schülerbezogene Stundenzuweisung, die ja ein Wesensmerkmal der sich vollziehenden Veränderungen ab dem nächsten Schuljahr sein soll:

Ohne Frage, dieses Modell gibt es bereits in Thüringen, die Erfahrungen damit sind positiv. Die grundlegenden Probleme bestehen ja nicht in der Aufhebung der Vorgaben von Klassengrößen und Klassenteilern, sondern in der Höhe der konkreten Zuweisung auf der Grundlage der Schülerzahlen, von Zusatzbedarfen und Anrechnungsstunden. Diese werden nach wie vor vom Bildungsministerium festgelegt und unterliegen dem Haushaltsvorbehalt, sind also abhängig von den Finanzmitteln, die im Landeshaushalt dafür bereitgestellt werden, und somit von der jeweils aktuellen Finanzlage des Landes.

Dieses findet man in Nummer 11 des Paragrafen 69, der einen Teil der Verordnungsermächtigung des Bildungsministeriums regelt und der, mit Verlaub, schon jetzt seine Auswirkungen auf die Situation an den Berufsschulen in diesem Jahr hatte. Dort gibt es ja ein ähnliches Verfahren, bei dem es schwierig war, Vollzeitbildungsgänge einzurichten. Nur dann, wenn die entsprechende Lehrerstundenzuweisung überhaupt erfolgt ist, war dies möglich. Damit entstanden Bedarfslücken und Schülerinnen und Schüler mussten abgewiesen werden.

Nun wird es wieder Stimmen geben, die mich in Bezug auf die schülerbezogene Stundenzuweisung zu einem

Bedenkenträger stempeln. Ich will mich ja gerne eines Besseren belehren lassen. Dass der Landesregierung die Bildung das wert ist, was sie leistet, dafür bin ich immer noch zu haben und auch optimistisch in meiner Grundeinschätzung. Aber ich konnte bisher nicht erkennen, dass wenigstens die demografische Rendite im System verbleibt. Der geplante Paradigmenwechsel von der Klassenbemessung hin zu einer schülerbezogenen Bemessung wird allerdings nur funktionieren, wenn dieser finanziell ausreichend ausgestaltet wird. Wenn die schülerbezogene Stundenzuweisung an kleinen Schulen es ermöglicht, die Stundentafel und alle sonstigen Aufgaben zu erfüllen, dann ist an der schülerbezogenen Stundenzuweisung nichts zu deuteln. Aber nur dann, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Für das neue Schuljahr 2009/2010, zu dem das Gesetz in Kraft treten soll, sind die schülerbezogenen Stundenzuweisungen aus unserer Berechnung heraus lediglich so hingerechnet worden, dass sie zu den verfügbaren Finanzmitteln passen. Wir werden die Ausschussberatungen nutzen, um darüber Aufklärung durch das Haus zu bekommen. Also warten wir es ab, was das Schuljahr 2010/2011 bringt.

Die Nagelprobe, meine Damen und Herren von der Koalition, kommt erst noch. Schon jetzt steht fest, dass kleine Schulen erhebliche Probleme mit einer schülerbezogenen Stundenzuweisung haben. Das ist rein mathematisch nachvollziehbar. Man kann das am Beispiel der Berechnungen für die Ganztagsschule nachvollziehen, denn dort gibt es für jeden teilnehmenden Schüler 0,1 Stunden. Das ergibt bei 40 Schülern vier Stunden und bei 400 Schülern 40 Stunden. Bei kleinen Schulen könnten also für die ganze Woche nur für vier Stunden Angebote gemacht werden. Wie damit die vom Schulgesetz favorisiert gebundenen Ganztagsschulen im ländlichen Raum funktionieren sollen, das ist noch nicht ansatzweise, jedenfalls nicht aus unserer Sicht, geklärt,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

mit unbezahlter Mehrarbeit von Lehrkräften wohl kaum. Und dazu muss man wissen, dass schon heute für eine zugewiesene Lehrerstunde zwei Zeitstunden gearbeitet werden müssen.

Ein weiterer Aspekt ist die zielgenauere Zuweisung der Lehrerstunden. Wir kommen jetzt zu den sogenannten Nasensätzen. Bisher wurden die Stunden nach Klassen zugewiesen. Wie viele Schülerinnen und Schüler in einer Klasse waren, spielte nur eine untergeordnete Rolle. Jetzt bestimmt allerdings die Summe der Nasensätze über die Klassengröße. Habe ich viele Schüler an einer Schule, kann ich kleine Klassen bilden, habe ich wenige, muss ich unter Umständen große Klassen einrichten. Die bisherigen Spielräume gehen weitgehend verloren, Gleiches gilt für die Möglichkeiten der individuellen Förderung, Gruppenarbeit und so weiter.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein zweites Problem ist die Konnexität. Ich bin schon gespannt, was die Landkreise zu den sich auch in diesem Gesetzentwurf befindlichen Berechnungen der Schülerbeförderungskosten sagen. Sie deklarieren Wohltaten mit der Ausweitung der Schülerbeförderung und bitten gleichzeitig die Eltern und die Landkreise zur Kasse. Das ist aus unserer Sicht eine ausgesprochen unsoziale Politik. Statt

die Mittel im Finanzausgleichsgesetz den zusätzlich von Ihnen übertragenen Aufgagen anzupassen, bürden Sie diese Ausgaben anderen auf. Eine familien- und kinderfreundliche Politik, für die Sie sich einsetzen wollen, sieht ja wohl anders aus. Das hat nichts damit zu tun, dass wir nicht begrüßen, dass wir in dem Gesetzentwurf auch die Regelung finden, dass die Schülerbeförderung durch die Landkreise als Träger der Schülerbeförderung auch für die gymnasiale Oberstufe vorzuhalten ist. Aber wenn ich diese Aufgabe sozusagen gesetzlich regele, dann gehört nach der Landesverfassung und dem geltenden Konnexitätsprinzip eine wirklich fundierte Berechnung dazu. Diese sehen wir an dieser Stelle, mit Verlaub, trotz der beiden netten Tafeln im Gesetzentwurf nicht.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wir werden sicherlich – Frau Polzin hat es ja angekündigt – eine sehr intensive und umfassende Diskussion in der entsprechenden Ausschussbefassung haben, eine große öffentliche Anhörung und sicherlich das eine oder andere an Detailgesprächen. Das ist auch nötig, weil dieser Gesetzentwurf natürlich weitreichende Konsequenzen in der Zukunft für die Bildung unseres Landes hat. Es gibt in ihm unheimlich viele Chancen. Mir liegt am Schluss meiner Rede viel daran, selbst wenn jetzt der zweite Teil doch heftig kritisch war, noch einmal Folgendes zu sagen: Es gibt viele Chancen in diesem Gesetzentwurf, die unheimlich positiv für die Weiterentwicklung von Schule sind, aber es gibt eben, meine Damen und Herren, auch Risiken. Vielleicht gelingt es uns ja gemeinsam, die Chancen zu erweitern und die Risiken zu minimieren. Darüber wollen wir gemeinsam mit Ihnen in den entsprechenden Ausschüssen reden. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU, und Jörg Vierkant, CDU: Punktlandung.)

Danke schön, Herr Bluhm.

(Jörg Vierkant, CDU: Das war ja eine Punktlandung, Herr Bluhm. – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Er ist nun mal gut. – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zurufe von Heike Polzin, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich zitiere: „Wir dachten immer, wenn wir Eins kennen, dann kennen wir auch Zwei, denn Eins und Eins sind Zwei. Jetzt kommen wir langsam darauf, dass wir noch eine ganze Menge mehr über ,und‘ lernen müssen.“

Sehr geehrte Damen und Herren, ich stelle dieses Zitat von Sir Arthur Stanley Eddington an den Beginn meiner Ausführungen, weil genau dieses Und nach wie vor der Knackpunkt unserer Bildungsdebatte ist. Dieses Und fordert uns alle dazu heraus, die Frage nach der Substanz von Bildung und Erziehung zu stellen und endlich die Stellvertreterdiskussion über Strukturen und Geld zu unterlassen. Diese Frage tut weh, ebenso wie die Testergebnisse und Studien in den letzten Jahren wehgetan haben, denn es ist nicht mehr viel Substanz geblieben im einstigen Land der Dichter und Denker. Am meisten aber schmerzt es, dass sich folgerichtig jeder Einzelne

von uns, jeder, der die deutschen Bildungs institutionen auf dem einen oder anderen Weg durchlaufen hat, fragen muss, wie es denn um die Substanz der eigenen Person bestellt ist, ob im Bildungssystem der BRD oder der DDR aufgewachsen. Ja, Herr Bluhm, es war ein Fehler, die Wende für Bildungsfragen nicht derart zu nutzen, dass aus beiden Systemen das Beste zusammengefasst wurde.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Darüber können wir noch lange lamentieren. Wir können, wie Einzelne es tun, auch weiterdiskutieren, wer denn jetzt das bessere Bildungssystem hatte, nur bringen wird es uns gar nichts.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Das habe ich doch gar nicht gemacht.)

Denn eines ist offensichtlich: Weder die vermeintlich gut, mittelmäßig oder schlecht – je nachdem, wie wir es betrachten möchten – gebildeten Menschen der alten Bundesrepublik und der ehemaligen DDR haben in den letzten 18 Jahren den Nachweis erbringen können, dass wir in Gesamtdeutschland in der Vergangenheit ein Bildungsniveau erreicht hätten, das internationalen Standards und dem globalen Wettbewerb genügen würde. Genau das müssen wir aber für jene erreichen, die jetzt am Anfang oder in der Mitte ihrer persönlichen Bildungsbiografie stehen.

Einen Beitrag, den die Politik dazu leisten kann, haben wir heute auf dem Tisch liegen, einen Gesetzentwurf. Die CDU-Fraktion hat sich an der Erarbeitung dieses Entwurfs beteiligt und wir stehen Empfehlungen und konstruktiven Vorschlägen im nun anstehenden parlamentarischen Verfahren offen gegenüber. Eines aber steht für uns fest: Im Mittelpunkt unserer Überlegungen stand und steht die Frage nach der Qualitätsverbesserung in den Schulen. Die Strukturfrage hat sich längst selbst überholt.

Meine Damen und Herren, ich habe hier in einem anderen Zusammenhang schon sehr oft gesagt, dass ein System nur so gut sein kann, wie die Menschen, die es ausfüllen, gebildet sind. Und ich werde nicht müde, diesen Satz in jeder Bildungsdebatte immer und immer wieder zu wiederholen. Ich möchte ihn aber um den Aspekt der Erziehung erweitern. Denn wenn wir uns gemeinsam darauf einlassen, mehr über das Und zu lernen, und uns ehrlich die Frage nach der Substanz von Bildung und Erziehung beantworten wollen, dann müssen wir als Allererstes ganz nüchtern feststellen, dass wir den Bildungsbegriff überfrachtet und die Erziehungswirklichkeit unterschätzt haben. Deshalb sollten wir zunächst die Begriffe „Bildung“ und „Erziehung“ in ihren Bedeutungskontext stellen.

Während Bildung die Entwicklung des Menschen im Hinblick auf seine geistigen, seelischen, kulturellen und sozialen Fähigkeiten bezeichnet, steht Erziehung für die Förderung und Unterstützung, die ein junger Mensch in seiner geistigen und charakterlichen Entwicklung auf dem Weg zum selbstständigen, sozialen und eigenverantwortlichen Handeln erfährt. Vor diesem Hintergrund war es uns sehr wichtig, auch den Erziehungsbegriff in das Schulgesetz aufzunehmen.

Natürlich sehen wir gemäß Artikel 6 Grundgesetz auch weiterhin die Eltern in erster Linie für die Erziehung ihrer

Kinder zuständig. Das ist und bleibt ihr Recht, aber auch ihre Pflicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Harry Glawe, CDU: Sehr richtig.)

Dennoch ist auch die Schule für die Persönlichkeits- und Charakterbildung der ihr anvertrauten Kinder zuständig. Wie sollte es auch anders sein, wenn wir die Wortbedeutung von Bildung und Erziehung wirklich ernst nehmen. Bildung und Erziehung sind untrennbar miteinander verbunden, und zwar gerade dort, wo Eltern dieser Aufgabe nicht oder nicht ausreichend nachkommen können oder wollen. Es ist aber ganz ausdrücklich nicht unsere Absicht, die alleinige Erziehungsverantwortung an die Schule abzuwälzen. Nein, wir wollen mit der Neufassung des Paragrafen 49 im Schulgesetz die Pflichten der Erziehungsberechtigten ganz deutlich und nachdrücklich in den Vordergrund rücken. Und in diesen Zusammenhang gehört ganz selbstverständlich auch die Bewertung des Arbeits- und Sozialverhaltens von Schülerinnen und Schülern.

Meine Damen und Herren, wir diskutieren immer wieder über Mindestlöhne, Existenzminima und Armutsgrenzen und streiten bisweilen heftig über Zahlen und vermeintliche Abhilfen. Wäre es nicht an der Zeit, auch hier mehr über das Und zu lernen? Sprechen wir doch ehrlich und deutlich an, worum es eigentlich geht, und zwar um Bildungsarmut, Bildungsarmut, die sich ganz klar daran zeigt, dass natürlich die Arbeitslosenquote in einem Land mit Schulabschlüssen korreliert, dass die Schulabschlüsse in einem Land mit offenen Stellen korrelieren, dass der Bildungsstand der Eltern einen erheblichen Einfluss auf Bildung und Erziehung der Kinder hat und materielle Armut nicht zuletzt durch geistige Armut entsteht.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE)

Wollen wir die Bildungsarmut …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Manch Reiche sind geistig ganz schön arm. – Zurufe von Heike Polzin, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Wollen wir die Bildungsarmut langfristig beseitigen, dann müssen wir bei den Kindern ansetzen, die einen schlechteren sozialen und wirtschaftlichen Hintergrund haben. Gleichzeitig müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass es immer einen Teil geben wird, der aufgrund seiner Anlage und Fähigkeit nur schwerlich eine höhere Bildungsqualifikation erreichen kann. Hier müssen wir überlegen, wie trotz geringer Qualifikation die Teilhabe am wirtschaftlichen Erfolg, am gesellschaftlichen Leben und an der Demokratie stattfinden kann. Und schließlich müssen wir auch weiterhin den bildungsreichen Kindern gerecht werden, denn auch sie haben selbstverständlich weiterhin das Recht, gefördert und gefordert zu werden.

Die Einführung der Selbstständigen Schule wird diese schwierige Aufgabe nicht alleine lösen, aber wir sind uns sicher, dass sie einen wesentlichen Beitrag dazu leisten wird, für jedes einzelne Kind gezielte Fördermaßnahmen zu entwickeln. Das geht nur, wenn die Einzelschule mehr Entscheidungsfreiheiten als bislang erhält. Aber mehr Freiheit heißt auch immer mehr Verantwortung. So können die Schulen künftig selbst eigene pädagogische Konzepte festlegen, wie sie mit ihren Schülerinnen und Schülern die Bildungsstandards erreichen wollen. Sie

müssen aber auch ihre Erfolge beziehungsweise Misserfolge in Form von Evaluation und Qualitätskontrolle in einer Art Rechenschaftsbericht darlegen. Ziel muss es immer sein, dass jedes einzelne Kind so gefördert wird, dass es ein Mindestmaß an Kompetenzen erlangt, die es ihm ermöglichen, an der Gesellschaft teilzuhaben und Beschäftigungs- und Verdienstchancen zu erlangen.

Die bedarfsgerechte individuelle Förderung gilt für jede Schulart. Das möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Auch für die Gymnasien gilt somit, individuelle Förderpläne zu erstellen. Und gerade weil wir die Förderung des Einzelnen in den Vordergrund stellen, brauchen wir die Aufhebung der Zügigkeiten von Schulen und des Bandbreitenmodells. Die Zuweisung von Lehrerstunden muss sich künftig an den Schülerzahlen orientieren. Damit erhält nämlich jedes einzelne Kind seinen Rucksack mit Stunden und eventuell zusätzlichen persönlichen Bedarfen. Kommt das Kind in eine Schule, bringt es seinen Rucksack mit, verlässt es die Schule, geht auch der Rucksack mit.

Neben diesen Maßnahmen zur Reduzierung von Bildungsarmut möchte ich noch auf die Stärkung der Entwicklung der Ganztagsschulen in gebundener Form hinweisen. Zahlreiche Studien haben nachgewiesen, dass Ganztagsschulen die durchschnittlichen Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler erhöhen, eine bessere soziale Kontrolle ermöglichen und alle Schülerinnen und Schüler gleichermaßen fördern können. Die Einführung der Ganztagsschule in gebundener Form kann nur schrittweise, darauf haben Sie bereits hingewiesen, Herr Bluhm, an den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln orientiert erfolgen. Ich persönlich könnte mir sehr gut vorstellen, dass ein Teil der sogenannten demografischen Rendite, also die Mittel, die aufgrund der zurückgehenden Schülerzahlen eingespart werden könnten, genau an dieser Stelle zurück ins System fließen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Darüber kann und muss man vielleicht in den kommenden Wochen diskutieren.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Viel Spaß! – Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das ist gut.)

Ich bin schon sehr gespannt, wie sich die Ministerpräsidenten im nächsten Monat beim Bildungsgipfel zu diesem Punkt positionieren werden.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Ich bin begeistert. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)