Protocol of the Session on July 4, 2008

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Abgeordnete des Landtages!

Frau Schildt, wie wäre es denn mal mit einer ruhigen Hand? Aber das praktiziert ja schon der Minister.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Bei der Begründung des eingebrachten Antrages habe ich zunächst nur die taktische Seite angesprochen. Strategisch können wir uns des Problems nur dann entledigen, wenn wir die Netzwirtschaft überwinden.

(Udo Pastörs, NPD: Richtig.)

Was ist aber das Wesen derselben? Die Netzwirtschaft ist eine Transformation von Verteilung und Zirkulation, schleichend ablaufende Transformation kapitalistischer Produktionsverhältnisse. Die Produktionsmittel werden nach und nach vergesellschaftet.

(Zuruf von Volker Schlotmann, SPD)

Aber diese Vergesellschaftung ist keine derart, wie sie sich einst die Kommunisten erträumten

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Und an dem Traum haben Sie teilgenommen, ja?)

als gesamtgesellschaftliches Eigentum oder die Stalinisten erschufen als Staatsparteieigentum. Unser politisch sittlicher Überbau, das neue Ständesystem und sein praktiziertes Recht thronen auf einer wirtschaftlichen Basis, nämlich jener Netzwirtschaft. In diesem ökonomischen Spinnennetz verfangen sich auch die Menschen, früher oder später jeder, nämlich auch die Milch erzeuger.

Was ist deren Situation? Ich meine nicht die momentan finanzielle. Die ist für die meisten gelinde gesagt beschissen. Gewiss, vielleicht wichtiger ist in strategischer Hinsicht ihre Stellung, ihre Perspektive. Die Milcherzeuger sind die Hintersassen der Molkereien.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

An diese haben sie die Rohmilch zu liefern, nicht an irgendeine Molkerei, die sich ein Milchbauer in der Marktwirtschaft frei wählen könnte,

(Ute Schildt, SPD: Das ist doch nicht wahr!)

sondern an die, mit der er einen Vertrag hat, einen Vertrag, der eher einem Lehns- denn einem Liefervertrag gleicht. Die Molkereien sind so eine Art Lehnsherren gegenüber den Bauern geworden und die Rinderhalter haben den weißen Lebenssaft an die Milchverarbeiter wie eine Fron abzuliefern.

(Ute Schildt, SPD: Das ist doch Quatsch!)

Sie kennen am Tag der Übergabe noch nicht einmal den Preis, den man ihnen später zahlen wird. Den erfahren sie erst Wochen später. Selbstverständlich kann jeder Milcherzeuger aussteigen aus dem Vertrag, hier aus dem Netz oder aus dem System, aber dann ist er vogelfrei wie ein Ketzer im Mittelalter.

Doch die Molkereien stehen nicht an der Spitze der Lehenspyramide. Die Milchverarbeiter haben ihrerseits ihre Herren, denen sie dienen müssen und die sie sich in den seltensten Fällen frei aussuchen können. Die großen Handelsketten bestimmen den Preis. An ihre weitläufigen Filialnetze gehen die Milcherzeugnisse. Sie haben die kleinen Tante-Emma-Läden wegkonkurriert oder erst gar nicht, wie in der ehemaligen DDR, entstehen lassen. Mit ihrer Marktmacht, die eigentlich eine Macht von Netzwerken ist, beherrschen sie die Molkereien und über diese die Milcherzeuger.

Einzig zwischen den Handelsriesen bestehen noch ein Markt und eine freie Konkurrenz. Innerhalb derselben ist der Markt als Faktum aufgehoben. Er ist erstens vernichtet als freies Agieren von freien Handelstreibenden, zweitens bewahrt, indem er den Schein erweckt, man könne noch zwischen den Akteuren auf unterschiedlichen vertikalen Stufen in dem jeweiligen Netz verhandeln – eine völlige Illusion, wie sich unlängst gezeigt hat –, und er ist drittens auf eine höhere Stufe gestellt, indem er die bisherige Form des Wirtschaftens durch eine andere neue abgelöst hat.

Die Netzökonomie ist die Ziehmutter eines mobilen Feudalismus. Dieser mobile Feudalismus bringt neue Formen der Ausbeutung hervor. Ausbeutung – dieser einst von Marx in die Ökonomie eingeführte Begriff hat nichts Moralisierendes an sich. Es ist bezeichnend, dass die LINKE zwar von Gerechtigkeit moralisiert und schwadroniert, aber tunlichst den Begriff der Ausbeutung vermeidet, seitdem ihr die revolutionäre Arbeiterklasse, die Kapitalisten und mit ihnen der ganze Kapitalismus

abhanden gekommen sind und sie sich in die Arme ihrer einstigen Gegner geflüchtet hat, was meine Überlegung von der Transformation von Basis und Überbau des Kapitalismus indirekt bestätigt. Ausbeutung ist für die LINKE ein Begriff,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Man könnte glauben, Sie haben in Moskau studiert. – Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

den sie nur noch in der Rumpelkammer der Geschichte zu finden glaubt, Herr Methling. Dem entgegne ich: Ausbeutung ist jenes objektive, das heißt vom konkreten Willen, Wollen und Tun der ökonomisch Herrschenden unabhängige Gesetz, das dazu führt, sich ein Mehrprodukt wirtschaftlichen Handelns unter Einhaltung juristischer Gesetze derart zu verschaffen,

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

dass die Herrschaft und Struktur dieses Handelns ad infinitum reproduziert wird,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie sprechen ja die Sprache des Volkes.)

Herrschende und Beherrschte in ihrem Stand wie jeder Klasse oder ihrem Volk als Ganzes erhalten bleiben bei Strafe ihres individuellen Untergangs, wenn sie sich aus subjektiven Gründen diesem Handeln verweigern.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Die durch die Netzwirtschaft bedingte neofeudale Ausbeutung kann nur durch Überwindung der Globalisierung und Renationalisierung unserer Wirtschaft überwunden werden. Dieses vertreten wir durch die Konzeption einer raumorientierten Wirtschaft. Die gegenwärtige ökonomische Ordnung und das sie stützende politische System scheinen unerschütterlich und alternativlos.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Welchen Raum hätten Sie denn gern?)

Doch scheint die Sonne noch so schön, Herr Methling, einmal muss sie untergehn.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, ja, die Sonne scheint ins Kellerloch, lass sie doch.)

Danke, Herr Borrmann.

Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1581. Wer diesem Antrag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltung? – Damit ist der Antrag der Fraktion der NPD auf Drucksache 5/1581 bei Zustimmung der Fraktion der NPD und Gegenstimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE sowie der Fraktion der FDP abgelehnt.

Ich möchte vor der Mittagspause noch den Tagesordnungspunkt 32 aufrufen: Beratung des Antrages der Fraktionen der CDU und SPD – Innovation und technischer Fortschritt in der medizinischen Versorgung, Drucksache 5/1585. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1640 vor.

Antrag der Fraktionen der CDU und SPD: Innovation und technischer Fortschritt in der medizinischen Versorgung – Drucksache 5/1585 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/1640 –

Änderungsantrag der Fraktion der FDP – Drucksache 5/1662 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Kuhn von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die ehrenvolle Aufgabe, den Antrag der Koalitionsfraktionen „Innovation und technischer Fortschritt in der medizinischen Versorgung“ Ihnen zu erläutern und argumentativ zu hinterlegen, was ich gern tun will.

Innovation und technischer Forschritt in der medizinischen Versorgung haben für das Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern einen herausragenden Stellenwert. Das ist sicher nicht neu. Daran haben viele engagiert gearbeitet. Sie sind ein wichtiger Wachstumsmotor in der Wachstumsbranche Gesundheitswirtschaft und daher auch durch das Land nachhaltig befördert worden und jetzt ganz intensiv weiter befördert und unterstützt. Dieses verschafft Mecklenburg-Vorpommern einen Wettbewerbsvorteil gegenüber mit uns konkurrierenden Gesundheitsländern innerhalb Deutschlands, aber auch anderen Regionen außerhalb unserer Grenzen im europäischen Nachbarland.

Wer die Nachrichten intensiv verfolgt hat, hat mitbekommen, dass mittlerweile über die Europäische Kommission die Kassen verpflichtet werden,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Also ein solcher Antrag über die Rolle der Bedeutung ist mir selten untergekommen. So was macht die Koalition mit?!)

möglicherweise in der Zukunft auch Behandlungen, die im Ausland durchgeführt werden, zu erstatten. Das heißt schon, dass wir uns hier dann in einer Wettbewerbssituation befinden. Daher gilt es, Impulse zur Beschleunigung von Innovation und neuen Anwendungslösungen in den unterschiedlichsten Bereichen der Medizin durch das Land zu unterstützen. Eine sich an stetig ändernden Bedarfen orientierende und anzupassende Versorgungsinfrastruktur im gesamten Land muss hierbei das Ziel aller Beteiligten sein.

Der Antragstext liegt Ihnen vor. Die Gesundheitswirtschaft Mecklenburg-Vorpommern lebt von Innovation und von stetiger Weiterentwicklung der Angebote und nur so, das wissen wir alle, kann sie wettbewerbsfähig bleiben und ihr Niveau halten. Medizinischer Fortschritt bedeutet ein Mehr an Versorgung und auch eine Steigerung an Qualität und Quantität. Den Innovationen in der Medizin stehen unter anderem für neue Therapiemöglichkeiten eine geringere Invasivität für den Patienten, das heißt auch geringere Belastung während eines Eingriffs gegenüber, kürzere Wege, eine bessere Erreichbarkeit, eine verkürzte Aufenthaltsdauer in der stationären Versorgung

(Irene Müller, DIE LINKE: Was hat das mit Gesundheitswirtschaft zu tun?)

und letztendlich glücklicherweise geringere Mobilität und auch Motilität.

Die Komplikationsrate der Eingriffe bei den Patienten ist glücklicherweise auch gefallen. Dadurch gehen natürlich auch die Kosten zurück und die Produktionsintensivierung steigt, eine gute Prognose und bessere Lebensqualität. Als Stichworte im Zusammenhang mit der Telemedizin möchte ich nur kurz darauf hinweisen, dass wir die unterschiedlichsten Kooperations- und Versorgungsnetzwerke haben. Das telemedizinische Projekt AGnES ist Ihnen sicher allen bekannt, eine Telegesundheitsschwester, die die Patienten in der eigenen Häuslichkeit aufsucht und sowohl Patient als auch Arzt weite zeitaufwendige Wege erspart und gleichzeitig natürlich den direkten Kontakt zum Patienten pflegt, was sicher immer sehr, sehr wichtig ist.

(Irene Müller, DIE LINKE: Es geht hier ums Gesundheitswesen, nicht um Gesundheitswirtschaft.)