Mecklenburg-Vorpommern ist im Zusammenhang mit der Modernisierung des Haushaltswesens bisher nicht untätig gewesen. Einen Vorwurf der Untätigkeit wollen wir mit unserem Antrag im Übrigen auch nicht ausdrücken.
In einem gewissen Rahmen sind Ansätze einer Modernisierung des Haushaltswesens auch in Mecklenburg-Vorpommern vorhanden.
1999 wurde der Grundstein für die Einführung einer landesweiten Kosten- und Leistungsrechnung gelegt, ein erster Schritt in die richtige Richtung. 2004 wurde die landesweite Einführung der Kosten- und Leistungsrechnung beschlossen sowie die Erprobung eines Produkthaushaltes. Probeweise wurde für die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung, Polizei und Rechtspflege Güstrow im Bereich des Innenministeriums ein Produkthaushalt aufgestellt, der Vorgaben für die zu erstellenden Leistungsmengen und die dafür zur Verfügung stehenden Kostenbudgets macht. Die Kosten- und Leistungsrechnung und ein Controlling sollen bis 2010 unter Nutzung des Programms SAP R/3 in der gesamten Landesverwaltung eingeführt sein.
Die Datenbeschaffung ist im Rahmen dieser Kosten- und Leistungsrechnung und dem Controlling jedoch deutlich schwieriger als die Zahlenermittlung aus der Doppik. Eine bessere Transparenz, auch über den Ressourcenverbrauch, wäre hiermit also möglich. Diese von der Landesregierung und dem Parlament beschlossenen Maßnahmen können den Aussagewert einer doppelten Buchführung jedoch nicht ersetzen. Das aus der Doppik erhaltene Datenmaterial ist umfangreicher und vor allem leichter zu beschaffen als aus der Kosten- und Leistungsrechnung und dem Controlling nach dem kameralen System.
Die Erstellung einer konsolidierten Gesamtbilanz des Landes unter Einbeziehung der landeseigenen Betriebe und Gesellschaften sehen wir mit dem kameralen System als nicht möglich an. Die Modelle Hamburgs und Hessens gehen bereits so weit und zeigen diese Gesamtbilanz.
Auch wenn die Diskussion zur Föderalismuskommission bisweilen ins Stocken kommt, muss bei einem – aus liberaler Sicht – gesunden föderalen Wettbewerb ein Standard geschaffen werden, mit dem man den Vermögensstatus, die Leistungsfähigkeit und die KostenNutzen-Analysen der Länder ablesen und vor allem auch vergleichen kann.
Als Herausforderung für die Verwaltung gilt es, eine Finanzbuchhaltung mit der Betrachtung von Einnahmen und Ausgaben, Aufwand und Ertrag sowie Kosten und Erlösen, der Bewertung und dem Werteverzehr des Anlagevermögens, mit der Betrachtung des Vermögens und der verbrieften und unverbrieften Schulden und die Konsolidierung der Konzernbestandteile mit der Kernverwaltung, den Sonderhaushalten, den Eigenbetrieben, den Beteiligungen und Zuwendungsempfängern zu erstellen.
Die handwerklich wohl aufwendigste Aufgabe wird die Bewertung des Anlagevermögens sein. Das wissen wir wohl alle. Ich gehe aber davon aus, dass bereits viele Vermögenswerte, beispielsweise über den BBL, erfasst sind.
Hat man das Vermögen aber erst einmal komplett erfasst, kann es auf Grundlage dieser Bewertung, die nach kaufmännischen Grundsätzen zu erfolgen hat, jederzeit den aktuellen Wert des Vermögens bestimmen und in die Bilanz des Haushaltes mit einbeziehen.
(allgemeine Unruhe – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Herr Präsident, hier hört ja kaum jemand zu. – Torsten Koplin, DIE LINKE: Seid doch mal ruhig! – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, das ist ganz wichtig.)
Ich bitte trotzdem – es hat sich ja im Moment noch nichts getan, es war kurzzeitig ruhig –, ich bitte darum...
In einer Bilanz kann durch die Gegenüberstellung von Vermögen und Schulden das Gesamtvermögen des Landes dargestellt werden. Es gibt kein unterschiedliches Rechnungswesen mehr zwischen Kernverwaltung, Sondervermögen, Eigenbetrieben und Beteiligungen. Man verfügt dann zum ersten Mal über vergleichbare Maßstäbe. Mit der Doppik können Ziele wie die Delegation von Verantwortung, die Straffung von Entscheidungsabläufen, die Optimierung von Verfahrens- und Kostenstrukturen und ein kostenbewusstes Verwaltungshandeln an sich erreicht werden.
In Hamburg wurde ab 2006 ein doppisches öffentliches Rechnungswesen eingeführt, welches bereits zum Teil erstaunliche Ergebnisse brachte. Nach dem vorläufigen kameralen Abschluss gab es für 2006 im Betriebshaushalt einen Überschuss von 587 Millionen Euro. Die Doppik zeigte für das gleiche Jahr ein Defizit von 561 Millionen Euro.
Sehr geehrte Kollegen Abgeordnete, lassen Sie uns für die Zukunft eine Entscheidung treffen und stimmen Sie unserem Antrag zu!
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.
Um das Wort hat zunächst die Finanzministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern gebeten. Frau Keler, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich wollte eigentlich schon immer mal mit Ihnen über die Doppik reden,
Vielleicht mal vorweg eine persönliche Erfahrung meinerseits. Viele wissen, dass ich vor der Wende in zwei sozialistischen Großbetrieben gearbeitet habe und da natürlich mit der Doppik umgegangen bin. Und ich habe dann, als ich hier Finanzausschussvorsitzende wurde, erst mal die Kameralistik lernen müssen. Wer aber glaubt, dass man durch die Doppik oder die Kameralistik ein Bewusstsein für das Geldausgeben entwickeln kann, der irrt sich.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig, völlig richtig. – Zuruf von Toralf Schnur, FDP)
Doch ich will jetzt mal ganz kurz versuchen, die Unterschiede darzustellen, damit wir dann zu einem Ergebnis kommen.
Die kameralistische Haushaltsführung ist eine Errungenschaft des 17. und 18. Jahrhunderts mit dem Ziel der Vermehrung der fürstlichen Einkünfte, daher auch der Name „camera“, meint hier nämlich die fürstliche Schatzkammer.
Die kameralistische Buchführung wurde dann durch die Kriegs- und Domänenkammer Preußens übernommen und ist seitdem das spezifische Buchführungsverfahren für die öffentlichen Verwaltungen. In ihrer Grundidee verweist die Kameralistik also auf die politische Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten,
auf die politischen Gestaltungen. Ein- und Ausgabenströme werden im Vorfeld festgelegt und dadurch die Exekutive verpflichtet, die beschlossenen politischen Maßnahmen und Prioritäten auch entlang des Haushaltsplans zu realisieren. Das Hauptziel der Kameralistik ist es also, der Haushaltshoheit des Gesetzgebers zu entsprechen.