Protocol of the Session on July 3, 2008

In Dänemark, meine verehrten Damen und Herren, darf ein Steinkohlekraftwerk, welches keinen Abnehmer für seine Wärme findet, an diesem Ort nicht gebaut werden.

(Raimund Borrmann, NPD: Aber das ist doch das Resultat eurer Politik. Eure Politik hat das so gemacht.)

Meine verehrten Damen und Herren, auf unserem Hamburger Parteitag haben wir die Kraft-Wärme-Kopplung für die deutsche Energiewirtschaft gefordert.

(Gino Leonhard, FDP: Welcher Parteitag? Ihrer?)

Hamburger Parteitag 2008.

(Michael Roolf, FDP: Von welcher Partei?)

Wie bitte?

(Gino Leonhard, FDP: Welcher Parteitag? Ihrer Partei? Ihren Parteitag haben Sie in Hamburg, nicht in Mecklenburg-Vorpommern?)

Ja, das meinen Sie. Haben Sie es denn auch gefordert?

(Zuruf von Gino Leonhard, FDP)

Nein, unseren Parteitag …

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Raimund Borrmann, NPD)

Ich schicke Ihnen mal die Parteibeschlüsse. Den Liberalen werde ich mal alle unsere Parteitagsbeschlüsse zuschicken. Die können Sie alle durchstudieren.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Gino Leonhard, FDP: Und da haben Sie sich mit Lubmin befasst? Und da haben Sie sich mit Lubmin befasst? In Hamburg? Das ist unglaublich! – Michael Roolf, FDP: Das ist unglaublich!)

Der Hamburger Parteitag 2008, meine Damen und Herren, ein Bundesparteitag, hat die Kraft-Wärme-Kopplung für die deutsche Energiewirtschaft gefordert. Zum Teil ist diese Forderung übernommen worden in die Klimaschutzpakete der Bundesregierung.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Ein neues Steinkohlekraftwerk mit weniger als 50 Prozent Wirkungsgrad gehört demnach demnächst, aber heute eben noch nicht, auch in Deutschland der Vergangenheit an.

(Beate Schlupp, CDU: Wie hoch ist denn der Wirkungsgrad bei regenerativer Energie?)

Das gilt selbstverständlich für alle Abfälle, die durch das Kraftwerk ausgestoßen werden.

Meine verehrten Damen und Herren, von den 500.000 Tonnen Flugasche, der 1 Tonne Quecksilber und den 700 Kilogramm Blei, die pro Jahr 40 Jahre lang in Lubmin nur jeweils einen Gegenwert von 50 Prozent in der Stromproduktion haben, die anderen 50 Prozent sind ungenutzt, und ich sage auch unnötige Rückstände, die in der Region Jahr um Jahr niedergehen und aufgrund des Standortes keinen Gegenwert haben, die in den Wirtschaftskreislauf gegeben werden können, …

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Rechtlich, meine Damen und Herren, mag dieses in Deutschland möglich sein, rechtspolitisch wird dieses nicht dauerhaft möglich bleiben.

(Raimund Borrmann, NPD: Es passiert aber nichts in eurem System.)

Meine verehrten Damen und Herren, ich habe ja schon gesagt, dies ist eine spannende und spannungsvolle Debatte.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, ja, alles ist spannend! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ich freue mich über die angeregte Diskussion.

(Raimund Borrmann, NPD: Das ist auch spannend. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Die müssen wir führen, Herr Köster. Die müssen wir führen. Ja, Sie wachen wieder auf. Guten Morgen!

(Stefan Köster, NPD: Ich lese hier. – Raimund Borrmann, NPD: Wir haben noch nie geschlafen. – Peter Ritter, DIE LINKE: Herr Köster versteht so etwas nicht. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wir Sozialdemokraten haben uns zum Investitionsumfang am Standort Lubmin, wie Sie wissen, als Partei eine Meinung erarbeitet, wie übrigens andere Parteien auch.

(Michael Roolf, FDP: Ja.)

Verbände, Organisationen und Personen äußern sich mit ihrer Meinung zu dieser Frage. Und im Übrigen sieht es das Grundgesetz bekanntlich auch so vor. Wir wissen, dass von unserer politischen Meinungsbildung das Genehmigungsverfahren unabhängig ist. Das ist zum Glück auch das Wesen eines Rechtsstaates, für den wir 1989 friedlich auf die Straße gegangen sind und den wir erkämpft haben.

Das Besondere ist vielleicht, dass die SPD die Regierung stellt, die größte Fraktion im Landtag stellt und den Ministerpräsidenten trägt.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Raimund Borrmann, NPD)

Aber, meine Damen und Herren, grundsätzlich ist es Aufgabe einer jeden Partei, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken und nicht einfach nur Ja oder Nein zu sagen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oder halbe-halbe.)

Wir vertreten die Auffassung, dass das Kraftwerk in Lubmin seitens des Investors um die Hälfte reduziert werden soll.

(Michael Roolf, FDP: Ach, nun doch wieder oder wie? – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Auch damit steht für die regionale Wirtschaftsentwicklung am Standort Lubmin, den wir wollen, weit mehr Energie zur Verfügung,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

als in der Region überhaupt nur genutzt werden kann. Allerdings werden die Auswirkungen, die negativen Auswirkungen auf die Hälfte reduziert. Das Entscheidende ist jedoch, dass eine Wärmemenge von circa 800 Megawatt, also hier auch die Hälfte, deutlich effektivere industrielle Abnehmer finden kann.

Uns ist in verschiedenen Gesprächen mit DONG Energy und mit Vertretern der Energiewerke Nord GmbH vorgetragen worden, wie die industrielle Entwicklung am Standort Lubmin gesehen wird und zu welchen Bedingungen Wärme aus Kohle für Strom und als Prozesswärme abgegeben werden kann. Ob hier in Lubmin wie in Kopenhagen ein Kraftwerk mit einem Wirkungsgrad von 80 Prozent betrieben werden kann, das wissen wir erst in den nächsten Jahren. Aber wenn es so eine hohe Auslastung auch nur annähernd in Vorpommern geben soll, dann ist dies selbstverständlich nur bei einem verkleinerten Kraftwerk denkbar. Und selbstverständlich gibt es genug Beispiele dafür, dass Betreiber von 800-Megawatt-Steinkohlekraftwerken mit guten Gewinnen auch in Deutschland Strom verkaufen können. Es mögen die Gewinne bei 1.600 Megawatt für den Betreiber höher liegen, aber in unserer heutigen politischen Debatte geht es um die Balance aller politischen Gewichte,

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

die zu beachten sind. Da heißt es vor allem, es geht um den Gesamtpreis, der zu zahlen ist, und diesen zahlt eben gerade nicht der Investor beziehungsweise Betreiber am Standort Lubmin.

Meine verehrten Damen und Herren, häufig ist es ja so, dass in der Parlamentsdebatte eine Sachfrage danach entschieden wird,

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

ob eine parlamentarische Fraktion die Rolle der Opposition oder die Rolle der Koalition einnimmt, und dieses kann von Legislaturperiode zu Legislaturperiode auch wechseln, wie wir gemerkt haben.

(Michael Andrejewski, NPD: Sollte wohl auch.)

Herr Kollege Methling, wenn ich am Kabinettstisch von den Investitionsabsichten für ein Steinkohlekraftwerk in Lubmin in der vergangenen Legislaturperiode Kenntnis erhalten hätte, hätte ich damals keine andere Meinung vertreten als heute.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Aha! – Peter Ritter, DIE LINKE: Das ist ja interessant. Das ist ja interessant, wie Sie dazu heute stehen. – Udo Pastörs, NPD: Sie sind ein Engel.)

In bin davon überzeugt, dass diese Investition mit Augenmaß richtig ist.