(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war der dritte Weg.)
Zuerst einmal, meine Damen und Herren, möchte ich aber gegenüber der Volksinitiative meinen Respekt äußern.
Mit den 32.000 Unterschriften ist deutlich geworden, dass wir in unserem Land eine lebendige Demokratie haben.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Michael Andrejewski, NPD: Ja, sicher.)
Hier haben sich Bürgerinnen und Bürger aus Vorpommern, aber auch aus Mecklenburg in einer für sie sehr wichtigen Angelegenheit durch ihre Unterschrift artikuliert. Aus vielen Gesprächen weiß ich, dass sich mit ihrer Unterschrift viele Menschen Luft verschafft haben. Seit 1990 hat kein Thema vor allem in Vorpommern die Menschen so emotional aufgeregt wie der geplante Bau des Steinkohlekraftwerkes in Lubmin.
Dabei ist es unwichtig und geht auch an der Sache vorbei, wenn man den Bürgerinnen und Bürgern den Vorwurf machen würde, sie würden nicht sämtliche Fakten kennen. Die Menschen vor Ort sind mit dem Herzen dabei. Sie spüren, dass Wirtschaft und Politik umsteuern müssen, wenn wir unsere Natur – einige sagen ja, besonders die CDU, unsere Schöpfung – tatsächlich bewahren wollen.
Die Menschen haben das Gefühl, dass viel geredet, aber wenig gehandelt wird, wenn es um Natur- und Umweltschutz, um Nachhaltigkeit und um die Sicherheit und Gesundheit für die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder geht. Die Zeit schreitet voran und die Probleme werden größer. Das ist die Meinung, die bei vielen Menschen tief sitzt. Das Vertrauen in die Lösungskompetenz der Politik könnte in der Gefahr stehen, Schaden zu nehmen.
Meine Damen und Herren, wir Politiker müssen, es geht gar nicht anders, die Menschen ernst nehmen und solche Lösungen für die anstehenden Probleme erarbeiten, die den Willen der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen.
(Udo Pastörs, NPD: Das ist ja ein Eiertanz, was Sie hier aufführen! – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)
Das gilt vor allem dann, meine Damen und Herren, wenn es um so weitreichende Entscheidungen geht wie diese, deren Auswirkungen bis weit über die Mitte unseres Jahrhunderts hinaus wirken werden. Dabei ist natürlich vielen klar, denke ich jedenfalls, dass der Wille einer Bürgerinitiative nicht 1:1 in Regierungshandeln oder parlamentarisches Handeln umgesetzt werden kann.
Aber es muss auch allen klar sein, dass eine Demokratie, meine Damen und Herren, Schaden nehmen kann, wenn das Parlament oder die Regierung sich schlicht über den Bürgerwillen hinwegsetzen.
(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja. – Michael Andrejewski, NPD: Ja, das kann man sagen. – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, Gino Leonhard, FDP, und Udo Pastörs, NPD)
Aufklärung und den Menschen die Ängste nehmen, das ist auch Ihre Aufgabe, Herr Ringguth. Aufklärung und den Menschen die Ängste nehmen, das ist auch Ihre Aufgabe und insbesondere die Aufgabe derer, die für diese Investition eintreten.
Moment, meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist sicherlich ein sehr emotionales Thema, aber ich bitte trotzdem, jetzt dem Redner Gelegenheit zu geben, seinen Vortrag hier fortzusetzen. Sie haben alle noch Gelegenheit, sich in der Aussprache zu beteiligen. Ich bitte um etwas mehr Ruhe.
In diesem Spannungsfeld, das wird ja auch in dieser Plenardebatte deutlich, mit hoher Verantwortung, nicht ohne Emotion, das geht vielleicht nicht immer, aber mit viel Sachverstand Politik zukunftsfähig zu gestalten, das ist unsere Aufgabe hier in Mecklenburg-Vorpommern.
Meine Damen und Herren, ich bin in den letzten Jahren der DDR politisch aufgewachsen unter dem Motto „Global denken, lokal handeln“. Herr Minister Seidel hat dies ja eben auch noch einmal angesprochen. Heute wissen wir, dass die Probleme des 21. Jahrhunderts dieses Mottos erst recht bedürfen. Die weiterhin anwachsende Bevölkerungszahl auf unserer Erde, Energie, Ernährung, Gesundheit,
Und da nützt es uns wenig, wenn wir mit dem Finger auf die Chinesen zeigen würden und sagen: erst die, dann wir.
Jede Region dieser Erde tut, was sie kann. Wir müssen vor allem die Fragen unserer Kinder beantworten können, wenn es darum geht, was wir politisch zu verantworten haben.
Wenn es ein kollektives politisches Gewissen gibt, meine Damen und Herren, dann finden wir den Weg zu ihm über alle Fragen, die sich hinter dem Begriff Klimaschutz versammeln, jedenfalls soweit es um den seriösen Teil dieser Fragestellungen geht.
Meine Damen und Herren, wir Sozialdemokraten haben uns die wirtschaftlichen, arbeitsmarktrelevanten, die energiepolitischen, die klimaschutz- und naturschutzrelevanten Argumente, die tourismus- und gesundheitspolitischen Fakten und Argumente, die in der Debatte sind, durchgesehen und bewertet. Dabei sind für uns zwei Argumente von ganz besonderer Bedeutung:
Beides führt, meine Damen und Herren, in die Sackgasse. Wir brauchen eine Übergangszeit, in der wir vor allem die zum Einsatz kommenden fossilen Energieträger schonend einsetzen, um Natur und Klima nicht in unverantwortlicher und irreversibler Art und Weise zu schädigen, vor allem auch, meine Damen und Herren, um die Verfügbarkeit der Energieträger zu verlängern.
(Udo Pastörs, NPD: Dann machen Sie es doch nicht so nebulös. Bleiben Sie doch beim Thema! – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)
Die Begrenzung dieser Beeinträchtigungen, das ist aus meiner Sicht das entscheidende Thema. Und deshalb ist es eben nicht egal, ob fünf Millionen Tonnen Steinkohle pro Jahr 40 Jahre lang über die Weltmeere nach Lubmin transportiert werden, von denen für die Stromgewinnung nur 2,5 Millionen benötigt werden, und die weiteren 2,5 Millionen Tonnen, die per Schiff ankommen, über nicht genutzte Wärme in den Bodden abgeleitet werden.
Ein zweiter Punkt. Wir brauchen Kraftwerke mit deutlich höherem Wirkungsgrad, und natürlich auch Steinkohlekraftwerke. Es ist eben nicht egal, ob wir von den 7 Millionen Tonnen Kohlendioxid, die bei voller Auslastung pro Jahr als Abfall 40 Jahre lang in die Atmosphäre abgegeben werden, 3,5 Millionen Tonnen einen wirtschaftlichen Gegenwert haben, nämlich Kohlestrom, und die anderen 3,5 Millionen Kohlendioxid nutzlos erzeugt werden, weil für die gigantischen 1.600 Megawatt Wärmemenge keine Abnehmer in der Region vorhanden sind. Wir Sozialdemokraten halten dieses, was leider rechtlich in Deutschland noch möglich ist, für ökologisch und auch für ökonomisch höchst unverantwortlich.
In Dänemark, meine verehrten Damen und Herren, darf ein Steinkohlekraftwerk, welches keinen Abnehmer für seine Wärme findet, an diesem Ort nicht gebaut werden.