Protocol of the Session on June 5, 2008

(Toralf Schnur, FDP: Das ist doch euer Modell! – Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Und zum anderen, auch wenn Sie nun gerade weitreichende Beschlüsse beim Bundesparteitag gefasst haben, inwieweit die nun zu Problemlösungen beitragen, da möchte ich mich wirklich der Finanzministerin anschließen, ich glaube es auch nicht.

(Toralf Schnur, FDP: Herr Löttge, Sie kriegen eine Kopie!)

Ihre Vorschläge werden uns hier nicht wesentlich weiterhelfen, sondern wir werden sicherlich in der Großen Koalition andere Vorschläge finden, die das Problem eher lösen.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei den Antrag stellenden Fraktionen bedanken, bedanken für formal korrekt formulierte Anträge. Im Unterschied, liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE, zu Ihren Kollegen im Bundestag haben Sie erfreulicherweise nicht beantragt, dass die Verfassungsmäßigkeit der Entfernungspauschale sofort vollständig anerkannt wird. Ich glaube, über eins sind wir uns im Klaren:

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das macht immer noch das Gericht.)

Die Kontrolle der Verfassungsmäßigkeit von Regelungen erfolgt – richtig – immer noch durch Verwaltungsgerichte, nicht aber durch uns als Parlamentarier. Im konkreten Fall der Entfernungspauschale wird es eine solche Entscheidung im Laufe des Jahres durch das Bundesverfassungsgericht geben. Bis dahin gilt die aktuelle Regelung.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die Große Koalition hat es sich zum Jahreswechsel 2006/2007 nicht leicht gemacht, als mit der Abschaffung der Pendlerpauschale ein massiver Einschnitt in das Steuerrecht zulasten der Arbeitnehmer vollzogen wurde. Dieser Schritt war und ist zumindest aber ökonomisch und finanzpolitisch gut begründbar, trägt doch die Kürzung der Pendlerpauschale nicht unwesentlich zur Haushaltskonsolidierung bei. Und bei der Erreichung dieses Ziels, das belegen die aktuellen Zahlen, sind wir, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, auf einem guten Weg.

Auch mit der Einführung des Werktorprinzips sind wir wahrlich nicht allein auf dieser Welt. Andere Länder, genannt seien hier Spanien, Irland oder die USA, verfahren nach dem gleichen Prinzip. Dennoch – das möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen – verschließt natürlich auch die Union nicht die Augen vor der aktuellen Entwicklung, vor allem aber der Preisentwicklung im Bereich der Kraftstoffe. Seit der Neuregelung der Pendlerpauschale im Jahr 2006 haben sich die Benzinpreise von etwa 1,18 Euro auf aktuell teilweise über 1,50 Euro entwickelt. Der Preis für das Rohöl hat sich annähernd verdreifacht.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Sicher.)

Nun ist es aber so, manche mögen sagen, leider, dass der Hauptprofiteur dieser Preissteigerung eben nicht der Staat ist.

(Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Mit Ausnahme der Umsatzsteuer sind Mineralölsteuer und Ökosteuer fix bei 65,5 Cent je Liter festgesetzt, das heißt also, ob der Liter 1 Euro oder 2 Euro kostet, macht bei dieser Steuer keinen Unterschied.

(Toralf Schnur, FDP: Das ist doch ein Witz! Das ist doch ein Witz! Ihr habt doch keine Kosten. – Udo Pastörs, NPD: Sie lassen die Mehrwertsteuer aus. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Es ist im Übrigen auch nicht so, dass die Mehreinnahmen, welche sich aus der Neuregelung der Pendlerpauschale ergeben,

(Udo Pastörs, NPD: Sie lassen eiskalt die Mehrwertsteuer aus.)

immerhin in Höhe von etwa 2,5 Milliarden Euro, durch Einnahmen oder Einsparungen aus anderen Bereichen in irgendeiner Weise kompensiert werden könnten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die finanzpolitische Betrachtung ist aber nur die eine Seite. Weitere Seiten bestehen sicherlich in der Betrachtung der Veränderungen am Arbeitsmarkt sowie in der Schaffung von Rahmenbedingungen für wirtschaftliches Wachstum.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Aha!)

Und es ist sicherlich unstrittig, dass gerade die gestiegenen Energiepreise einen maßgeblichen Einfluss auf das Wirtschaftswachstum haben, denn Geld, welches infolge steigender Energiepreise ausgegeben werden muss, fehlt natürlich an anderer Stelle für Investition und Konsumtion. Die Vielschichtigkeit der Diskussion wird noch deutlicher, wenn man sich vor Augen führt, dass es noch in diesem Jahr ein Urteil geben wird, das vielleicht die Regelung zur Pendlerpauschale in Gänze kippen könnte. Insbesondere auch aus diesem Grund, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, haben sich die Koalitionsfraktionen entschieden, sowohl den Antrag der Fraktion DIE LINKE als auch den der FDP-Fraktion in die zuständigen Ausschüsse zu überweisen. Dies gilt umso mehr in Anbetracht der Diskussion, die wir eben schon hatten, zu komplexen Regelungen hinsichtlich des Steuer systems.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war ja ein doller Joker jetzt.)

In der momentanen Situation können wir viel über das Für und Wider der aktuellen Regelung diskutieren, letztlich aber tun wir es im luftleeren Raum, denn ohne die entsprechende Rechtsprechung des obersten Gerichtes kann es keine abschließende Entscheidung zu dieser Problematik geben.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Nun will ich gerne zugeben, dass Abwarten nicht die beste Form der Politik ist. Um die Folgen dieses Abwartens aber zu relativieren, steht es jedem Pendler frei, sich einen Freibetrag entsprechend der alten Regelung auf der Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen. Das heißt konkret, dass den Berufspendlern zurzeit überhaupt nichts verloren geht.

Ziel bleibt es, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, und dem hat sich alles andere unterzuordnen, möglichst zügig eine verfassungsgemäße und damit rechtssichere Regelung zu gestalten. Daran haben wir ein hohes Interesse und daran werden wir arbeiten. Wir empfehlen, und ich bitte um Ihre Zustimmung, die Überweisung des Antrages in den Finanzausschuss. – Recht herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Löttge.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Gramkow. Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Herr Löttge, wenn Sie glauben, dass Sie mit einer Überweisung unserer Anträge um eine klare Positionierung umhinkommen, werden Sie sich getäuscht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Er will sie beerdigen. Er will sie beerdigen.)

Liebe Sigrid Keler, sehr verehrte Frau Finanzministerin,

(Harry Glawe, CDU: Ihr habt das doch in der Hand.)

wenn Sie heute davon ausgehen, dass Sie eine Einzellösung nicht wollen und eine vorgezogene Einzellösung nicht akzeptieren, dann wissen wir beide ganz genau, es wird die vorgezogene Einzellösung geben, weil das Verfassungsgericht in diesem Jahr entscheiden wird.

(Rudolf Borchert, SPD: Aber dieses Urteil bleibt abzuwarten. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Und ich bin nicht so wie Sie davon überzeugt, dass das, was ich auch gut finden würde, ein gerechteres, ein einfacheres, ein nachvollziehbares Steuerrecht schafft. Ich denke, das diskutieren wir im einheitlichen Deutschland seit 20 Jahren,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Und das wird auch kein Verfassungsgericht ändern.)

in der alten Bundesrepublik seit 30 Jahren. Und ich bin davon überzeugt, die Debatte wird noch etwas anhalten, als dass uns der Verweis auf ein gerechteres, einfacheres, transparenteres Steuerrecht darin helfen wird, eine klare Position zur Pendlerpauschale einzunehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE: Richtig.)

Und die Kritik, die ich vorgetragen habe, ist doch nicht nur eine Kritik der Linken. Auch viele Fachleute, Gerichte, Vertreterinnen und Vertreter anderer Parteien gehen davon aus,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Fragen Sie mal die Handwerker!)

dass die jetzige Regelung zur Pendlerpauschale nicht zu halten ist. Und es mehren sich die Stimmen in der SPD, um die Wiedereinführung der Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer zu kämpfen. So bezeichnet der SPDBundestagsabgeordnete Reinhard Schultz das Beharren der Bundesregierung und der Koalition – ich füge hinzu: und auch der Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern – auf die Kürzung der Pendlerpauschale als politisch falsch und kurzsichtig.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Hört, hört!)

Und auch von meinem Kollegen Rudolf Borchert von der SPD war in der Presse zu vernehmen, er begrüßt eine Rückkehr zur alten Regelung, und das freut mich wirklich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Darf der denn das? Darf der das?)

Dass in Bayern die CSU, die im Bundestag diese Regelung erst mit beschlossen hat, jetzt angesichts eines sehr intensiven Wahlkampfes in Bayern darüber streitet,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Alles eine Frage der Weißbierdosis. – Peter Ritter, DIE LINKE: Auch da wirkt Links.)

die Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer wieder einzuführen, Steuersenkungen für untere und mittlere Einkommen und gar eine Kindergelderhöhung einzufordern, das mag man ihr negativ anrechnen, ich finde, sie hat auch in dieser Auseinandersetzung den Punkt getroffen.

(Harry Glawe, CDU: Die Kindergeld- erhöhung kommt sowieso, Frau Gramkow!)