Protocol of the Session on June 5, 2008

(Volker Schlotmann, SPD: Hört, hört! – Dr. Armin Jäger, CDU: Ach!)

denn anstatt das KiföG zu novellieren und die Situation für Einrichtungen, Eltern und Kinder zu verbessern, vollzieht der Gesetzesentwurf nur die ohnehin schon beschlossenen Vorgaben des Haushaltes. Das haben auch die Gutachter im Rahmen der Anhörung bemängelt. Es wurde zu einem Gesetzesentwurf angehört, bei dem von vornherein klar war, dass eine Änderung nicht gewollt ist. So können wir mit den Fachleuten in unserem Land nicht umgehen. Wenn Sie sich die Stellungnahme von dem kirchlichen Vertreter Herrn Scriba mal anschauen – die sind ja auch öffentlich –, kann man da deutlich mehr darüber nachlesen. Wer seine Stellungnahme abgeben soll,

der muss zumindest das Gefühl haben, dass diese auch ernsthaft berücksichtigt wird.

Wir Liberalen haben die Kritik der Fachleute und vor allem des Landesjugendhilfeausschusses von Anfang an ernst genommen. Wenn wir also das KiföG jetzt anfassen, dann sollten wir auch gleich die Chance nutzen, einige grundlegende Dinge anzupacken. Meine Fraktion hat deshalb diesen Antrag eingebracht, um mit Ihnen hier und heute wichtige Knackpunkte des KiföG zu diskutieren. Wir haben mit diesem Antrag bewusst die Öffentlichkeit der Landtagssitzung gesucht. Hier im Plenum wollen wir nicht nur Ihre Position hören, sondern vor allem von der Landesregierung wissen, wann die vollständige Novellierung des KiföG endlich erfolgt.

Ich hoffe ja, dass der Minister nachher einen Zeitablauf gibt, wann das passieren soll, denn bei vielen Vereinen und Verbänden wird gemunkelt 2009, 2010. Das halte ich für zu lange, weil wir dann schon wieder in die Wahlen gehen. Schließlich sind die von uns vorgetragenen 14 Punkte allen Abgeordneten, dem Ministerium und den Fachleuten bekannt.

Ich möchte an dieser Stelle an die Debatte in der vorherigen Wahlperiode erinnern. Insbesondere Sie, Herr Glawe, haben damals die entscheidenden Kritikpunkte benannt. Einige von den 14 Punkten haben Sie damals schon benannt, die leider auch noch heute nach gut fünf Jahren aktuell sind.

(Gino Leonhard, FDP: Jetzt kommt’s!)

Und diese 14 Punkte belegen, dass das KiföG im wahrsten Sinne des Wortes erneuert werden muss. Viele Vorschriften und Regelungen sind bei Weitem nicht mehr zeitgemäß, zu umständlich und zu lückenhaft. Nicht nur unsere Ansprüche an eine gute Kinderbetreuung haben sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Auch haben sich die Bedingungen am Arbeitsmarkt verändert, die sowohl von den Eltern mehr Flexibilität verlangen als auch von der Einrichtung mehr Qualität. Kitas sollen nicht mehr länger Verwahreinrichtung für Kinder berufstätiger Eltern sein.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Sie sind es auch nicht.)

Sie sollten die Kinder von Beginn an auf das Leben und auf die Schule vorbereiten und sie sollten auch die Eltern bei ihrem Erziehungsauftrag unterstützen. Insbesondere sollten Kindern aus Problemelternhäusern alle Chancen für eine gleichberechtigte Teilhabe ermöglicht werden. Das heißt heute leider nicht nur frühkindliche Bildung, sondern vor allem auch Gesundheitsvorsorge. Das gegenwärtige KiföG wird diesen Anforderungen nur bedingt gerecht. Richtig ist zwar, dass die Landesregierung zumindest versucht, einen neuen familienpolitischen Schwerpunkt zu setzen, doch dies ist bei Weitem nicht konsequent genug.

Unser Antrag beinhaltet noch im Wesentlichen die inhaltlichen Schwerpunkte, die im Unterausschuss Kita des Landesjugendhilfeausschusses erarbeitet worden sind. Diese werden insgesamt fünf Schwerpunkte umfassen:

Erstens ist es eine Reform des KiföG im Ganzen. Das heißt, unter anderem besteht ein stärkerer Bezug auf die individuellen Bedarfe der Kinder sowie die klare Zuordnung zu einem Ministerium. Und hier möchten wir als FDP-Fraktion ganz klar sagen, dass wir das Bildungsministerium zukünftig für den Kita-Bereich in der Verantwortung wissen wollen.

Der zweite Themenschwerpunkt, den wir in unserem Antrag aufgreifen, ist die Berücksichtigung aktueller Entwicklungen, hier vor allem der Bereich der frühkindlichen Bildung. Dieses muss ganzheitlich und genau im Gesetz formuliert werden. Weiterhin müssen die Kitas stärker die Vereinbarung von Familie und Beruf berücksichtigen. Viele Eltern arbeiten heute im Schichtbetrieb oder müssen länger auf Arbeit bleiben, unter anderem, weil sie zum Beispiel im Tourismusbereich arbeiten. Ferner müssen neue Formen der Kindertagesförderung in das KiföG aufgenommen und die Essensversorgung einheitlich geregelt werden.

Dritter Schwerpunkt ist die Personalausstattung. Auch hier müssen die Berufsgruppen für das pädagogische Personal erweitert werden. Es braucht einen stärkeren Einsatz von Zusatzkräften und gerade dies ist bislang nur aufgrund zusätzlicher Mittel bei der frühkindlichen Bildung möglich.

Viertens ist die Finanzierung der Kinderförderung von Bedeutung. Zu fragen ist: Wann gibt es endlich Klarheit bei den Leistungsentgelten? Die Bemessung und Verteilung der Landesmittel ist weder bedarfs- noch leistungsgerecht.

Und schließlich der fünfte Punkt berührt das Thema Elternbeitrag. Wann werden endlich und wie – von der CDU und SPD im Wahlkampf angekündigt – die Eltern entlastet? Das, was wir jetzt haben, trifft wenige.

(Harry Glawe, CDU: Sie haben nicht zugehört, glaube ich.)

All diese bekannten Probleme müssen jetzt schleunigst angegangen werden. Bitte unterstützen Sie unseren Antrag!

Und eine Bitte, da der Minister nach mir dran ist: Vielleicht sagt er ja, wie schnell das KiföG noch überarbeitet wird. Ich glaube, dass schon viele Leute daran arbeiten. Viele der Punkte sind bekannt, wir müssen dazu nicht noch einmal zwölf Monate brauchen. Ich glaube, das würde keiner auf der Straße verstehen, wenn wir noch mal zwölf Monate brauchen, um einige Ergebnisse, die schon fünf Jahre alt sind, noch mal zwölf Monate in die Länge zu ziehen. Ich hoffe, dass der Minister jetzt irgendwo eine definitive Aussage dazu macht, wann es eine Überarbeitung des KiföG geben wird. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Danke, Herr Grabow.

Das Wort hat jetzt der Sozialminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Sellering.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Sehr geehrter Herr Grabow! Jeder hier in diesem Hohen Haus hat seine Rolle. Sie haben die Oppositionsrolle und nehmen die sehr engagiert wahr, das ist richtig.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Das sollte uns aber nicht daran hindern, dass wir wichtige Vorhaben ernsthaft in der Sache gemeinsam auf den Weg bringen. Ich verstehe Ihren Antrag auch so, dass das ein Angebot ist, bei dem mitzumachen, was die Koalitionäre sich auf die Fahne geschrieben haben, nämlich dieses Land noch familienfreundlicher zu machen, es zum Kinderland zu machen.

(Michael Andrejewski, NPD: Ohne Kinder.)

Der Antrag heute passt zeitlich gar nicht schlecht. Heute hat in Berlin die Bertelsmann Stiftung verkündet, wie das Ranking in den Bundesländern ist, was den Kita-Bereich angeht. Und erwartungsgemäß hat Mecklenburg-Vorpommern ganz hervorragend abgeschnitten. Wir haben wirklich gute Werte erzielt. Wir haben sehr viele gute Angebote in der Kinderbetreuung. Wir liegen natürlich im Osten sehr viel besser als die meisten Westländer. Ich sage nur eine Zahl: Wir geben im Kita-Bereich genauso viel Geld aus wie Nordrhein-Westfalen, einem Land mit zehnmal mehr Einwohnern, zehnmal mehr Kindern. Die absolute Zahl, wir geben genauso viel aus. Da kann man sich mal ausrechnen, was das prozentual bedeutet.

Aber wir haben gesagt als Regierung, als Regierungsfraktionen, auch wenn wir schon sehr gut sind und inzwischen noch besser geworden sind, das sind die Zahlen von 2005. Wir haben in den letzten zwei Jahren einiges bewegt, auch das, was wir hier im Parlament häufig gemeinsam besprochen haben, auch das, was Sie jetzt anmahnen, worüber wir morgen früh noch sprechen werden. Wie ist zum Beispiel im Moment der Stand bei der Umsetzung der Entlastung der Eltern? Zum Mittagessen werde ich Ihnen morgen noch etwas erzählen. Da sind ja viele Schritte gegangen worden, auch unter dem Stichwort Lea-Sophie, wo wir die U-Untersuchungen in dem Sinne verbindlich machen, dass es Folgen hat, wenn man da nicht hingeht. Dass auch nachgeschaut wird, dass wir im Bereich der Familien Anreize schaffen durch eine Kopplung, Anreize dafür schaffen, dass Eltern Kurse besuchen, sich darum kümmern, sich fortzubilden, sich um ihre Kinder zu kümmern. Also ich denke, dass wir auch schon heute bei der Bertelsmann Stiftung besser aussähen, wenn das alles berücksichtigt worden wäre.

Jetzt will ich mal auf einen Punkt kommen, bei dem Sie sagen, bei der Anhörung hat es Kritik gegeben an unserer KiföG-Änderung. Das ist natürlich Oppositionsarbeit, die Sie da betreiben. Das ist auch nicht dumm gemacht, das ist ja klar. Aber zwischen uns ist doch verabredet, wir werden eine große KiföG-Änderung machen, und wir haben einen einzigen Punkt vorgezogen. Die Anhörung hat sich natürlich zu dem gesamten KiföG-Bereich verhalten. Ich will auch noch mal ganz deutlich sagen zu dem einen Punkt, den wir vorgezogen haben, ich glaube, inzwischen ist bei den Letzten aus den Verbänden angekommen, dass die Argumentation der Oppositionsparteien, hier im Parlament zu sagen, wir hätten aus der frühkindlichen Bildung 2 Millionen Euro herausgenommen, nun absolut und überhaupt nicht stimmt,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

sondern dass wir einfach ganz klar vorrechnen müssen, wir haben das, was früher aus einem Topf war, jetzt aus zwei Töpfen, und dadurch konnten wir einen entlasten. Insgesamt stehen also deutlich mehr Gelder zur Verfügung.

Aber ganz klar ist, Herr Grabow, und da sind wir ja in vielen guten Gesprächen, das hat die Anhörung gezeigt, so gut das KiföG auch ist, muss man deutlich sagen, wir haben ein sehr gutes KiföG im Land, aber es hat sich eben im Vollzug gezeigt seit 2004 – Sie haben das angesprochen –, an manchen Ecken gibt es technische Fragen, aber es gibt auch sehr weitgehende inhaltliche Fragen, dass man sagt: Was können wir da besser machen?

Sie haben jetzt gefragt: Wann geht es denn los und wann haben wir es im Gesetzblatt? Wir können nicht noch zwölf Monate warten. Also jetzt mal ohne die geringste Überheblichkeit einer Regierungspartei: Das ist ein Riesenwerk, was wir da anpacken, das wird eine Riesensache werden. Und ich muss Ihnen sagen, wenn Familienpolitik ein Schwerpunkt dieser Regierung ist, müssen Sie sich mal vorstellen, was das für ein Haus bedeutet, eine Abteilung, die verstärkt werden muss. Alles, was ich Ihnen aufgezählt habe, ist in den letzten Monaten von denen erarbeitet worden. Diese stöhnen, sie sind völlig am Anschlag. Und wenn ich denen sage, jetzt macht doch mal das KiföG, das wird gar nicht gehen. Wir diskutieren im Moment so, dass wir sagen, dann muss es eben eine Projektgruppe geben, wo wir Leute zusammenziehen. Frau Linke weiß, was das für ein Werk damals war und wie lange das gedauert hat.

(Dr. Marianne Linke, DIE LINKE: Ja, in einem Jahr haben wir das gemacht. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)

Ich habe es eben noch sehr erschwert, weil ich damals im Bereich Bürokratieabbau tätig war und wir viel diskutiert haben. Also da ist sehr viel zu tun und es muss auch vorher durch eine sehr weitgehende inhaltliche Diskussion geklärt und im Land Konsens hergestellt werden, wo wir hinwollen.

Sie haben völlig zu Recht gesagt, dass in der Anhörung schon deutlich geworden ist, dass viele Verbände Punkte haben, auf die sie uns ansprechen. Ich will jetzt nicht eine Partei hervorheben, aber die SPD-Fraktion hat ja eine große Anhörung dazu gemacht. Dieser wird im September eine folgen. Wir haben dazu eingeladen und es haben viele Interessenvertreter, viele Experten teilgenommen, wo wir diese Fragen diskutieren. Jetzt müssen wir so weit klarkommen, dass wir uns fragen: Wo wollen wir hin?

Und dann wird die technische Umsetzung noch sehr groß sein. Sie müssen sich einfach nur mal vor Augen führen, wie viel dahinter sitzt, politische Steuerung durch Geld zu machen. Wie immer wir das ausformulieren, wie immer wir das regeln, es hat ganz weitgehende Folgerungen, wie sich Kommunen verhalten, wie sich Träger verhalten, wie sich Eltern verhalten. Und diese politische Steuerung will sehr wohl überlegt sein. Technisch ist das noch sehr schwierig.

Daran arbeiten wir und ich gehe davon aus, dass wir im September alle, die eingeladen sind – und ich verstehe auch Ihren Antrag so –, sagen: Jawohl, das, was die Regierungsparteien da so engagiert machen, werden wir positiv begleiten, natürlich immer mit der Kritik einer Opposition, die sich anbietet, das ist klar. Aber wir werden das insgesamt gemeinsam machen. Und dann glaube ich schon, dass wir hier im Land für die Kinder das Allerbeste erreichen und da noch zu Verbesserungen kommen.

Ich bin heute schon von der Presse gefragt worden: Wo sind denn noch die Schwächen hier im Land? Wenn wir uns vergleichen, dann kann man sagen: Ja, es wird viel diskutiert, es gibt ganz viele Wünsche. Es gibt viele Wünsche, bei denen wir ganz deutlich sagen, das wären Verbesserungen. Und ich habe allen, mit denen wir reden, sehr deutlich gesagt, den Interessenvertretern, den engagierten Akteuren, ich möchte, dass eure Mitarbeit nicht nur darin besteht, Wünsche zu äußern, sondern dass ihr uns auch bei der politischen Frage helft zu sagen, wenn wir zu Verbesserungen kommen müssen

und das irgendwo Geld kostet und wir dann irgendwann definieren, vielleicht gibt es irgendwo mehr, das muss man genau definieren, wo das herkommen könnte, wenn es dann eine Summe gibt, dann möchte ich, dass alle, die Wünsche äußern, sich auch an der Diskussion beteiligen: Was ist prioritär? Was ist wichtiger als das andere? Wo kann man auf Kosten des einen mehr tun und für die Kinder mehr erreichen?

Und da zum Beispiel will ich mich schon outen. Wenn ich über Gruppengrößen rede, muss ich ganz deutlich sagen: Für mich spielt bei Gruppengrößen in erster Linie eine Rolle, dass wir unter dem Gesichtspunkt Chancengleichheit Bereiche haben in diesem Land, wo es einfach schwieriger ist, wo in Gruppen mehr schwierige Kinder sind. Und dann müssen wir vielleicht in erster Linie dazu kommen, dass dort die Besetzung mit Erzieherinnen so ist, dass man was tun kann.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Wenn wir in dieser Weise diskutieren, werden wir, glaube ich, zu guten Ergebnissen kommen. Und ich möchte mit den Experten im Land, die kluge Vorschläge haben, die kein Geld kosten, oder die kluge Vorschläge haben, wo man …

(Heike Polzin, SPD: Die gibt es durchaus.)

… vielleicht das Geld, was wir bisher ausgeben, noch klüger anlegen kann und das Gleiche erreichen, was wir bisher erreicht haben, auch diskutieren.

Aber ich will noch einmal deutlich sagen: Ich freue mich über den Antrag, weil es eine klare Begleitung unseres wichtigen Vorhabens ist. Das ist eines der größten Gesetzesvorhaben, was in dieser Legislaturperiode auf dem Tisch liegt, mit ganz weitgehenden Folgen für Eltern und Kinder. Und da müssen wir nicht nur sorgfältig diskutieren über die Ziele, die wir wollen, sondern dann wird man auch sehr sorgfältig technisch diskutieren müssen, wie wird das umgesetzt. Das ist eine Riesenaufgabe, vor der, das muss ich sagen, die Experten in meinem Haus ein bisschen Bammel haben. Da werden wir genau hingucken müssen und auch vielleicht innerhalb der Landesregierung zu personeller Verstärkung kommen müssen, dass da wirklich so viel Sachverstand da ist,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war eine Kampfansage.)

dass wir das als eine ganz wichtige Aufgabe begreifen, wo wir vielleicht zeitlich etwas zusammenführen. Ich habe zum Beispiel Angebote, ein nettes Angebot von den kommunalen Spitzenverbänden, die sagen, das ist für uns ein so wichtiges Gesetzesvorhaben und wir haben so viel Interesse daran, dass dabei etwas Vernünftiges herauskommt, wir könnten uns vorstellen, einen Experten, der bei uns arbeitet, euch ein Jahr lang zur Verfügung zu stellen.

(Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)