Protocol of the Session on June 4, 2008

dass er endlich da ist, aber zufrieden bin ich mit dem Vorgelegten nicht. Ich denke, und darauf hat Professor Methling schon verwiesen, lange genug sind in der Landesregierung die hier aufgezählten Fakten bekannt. Und eigentlich müssten schon längst Taten folgen, denn bei genauerem Hinsehen ist jetzt schon zu erkennen, dass unser Land bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen in der Defensive ist. Lassen Sie mich das an einigen Beispielen deutlich machen:

Bereits in der Drucksache 4/1884 – das war die Unterrichtung der letzten Landesregierung – „Bericht zum Klimaschutzkonzept Mecklenburg-Vorpommern 1997 und der Aktionsplan Klimaschutz Mecklenburg-Vorpommern“ wurde die Entwicklung des Kohlendioxidausstoßes des Landes dokumentiert. Bis zum Jahr 2002 betrug er für unser Land 11,2 Millionen Tonnen jährlich. Auf der Seite 12 der Unterrichtung ist dann schwarz auf weiß zu lesen: „Damit jedoch die CO2-Emissionen bei zeitgleichem Wirtschaftswachstum weiter vermindert werden können, sind erhebliche Anstrengungen in allen Bereichen der Politik erforderlich.“ Sie hören, meine Damen und Herren, wir waren hier im Land schon einmal weiter, jedenfalls was den Erkenntnisprozess anbelangt.

Die Bundesregierung ihrerseits hat bereits in Meseberg beschlossen, die CO2-Emission bis 2020 bundesweit um 20 bis 40 Prozent zu senken. Und das, Herr Timm, Sie haben recht, wird in den Ländern erfolgen müssen. Aber was passiert denn in Mecklenburg-Vorpommern? Die Erkenntnis, den Ausstoß von CO2 zu reduzieren, ist das eine, die Schlussfolgerung für die praktische Politik ist etwas anderes.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Wir lesen in der Einleitung des diesjährigen Klimaberichtes: „Auch wenn der Prozentanteil der anthropogenen Emissionen am gesamten Stofffluss in die Atmosphäre bei Kohlendioxid nur 5 % ausmacht, so ist es nach vorherrschender Meinung der Einfluss der durch den Menschen emittierten zusätzlichen Treibhausgase, der nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft zum Klimawandel... beiträgt“.

Aber, meine Damen und Herren, grau ist alle Theorie, die Praxis hier im Lande ist viel bunter. Da wird ein Steinkohlekraftwerk geplant und von der Landesregierung politisch gepuscht,

(Zurufe von Minister Dr. Till Backhaus und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

das letztlich 7 Millionen Tonnen Kohlendioxid pro Jahr ausstößt, und zwar mindestens 30 Jahre lang. Dazu kommt das Kraftwerk in Rostock mit 2,8 Millionen Tonnen pro Jahr, ebenfalls mindestens noch 20 Jahre, also 9,8 Millionen Tonnen Kohlendioxid nur durch Steinkohlekraftwerke. Damit wird ohne wesentliches Wirtschaftswachstum die ausgestoßene Menge Kohlendioxid hier im Land mal eben fast verdoppelt.

Vielleicht erklärt uns irgendwann einmal ein Minister, wie in Mecklenburg-Vorpommern die Einsparvorgaben der Bundesregierung trotzdem erreicht werden sollen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ich vermute, die Landesregierung setzt in diesem Falle hoffnungsvoll auf die berühmten Bismarck’schen 50 Jahre.

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch ein weiteres Beispiel benennen. Im Kapitel C.3 geht es um Biodiversität und Naturschutz. Zwar hat das Land in der Vergangenheit großflächige Schutzgebiete ausgewiesen, eine flächendeckende Naturschutzstrategie ist aber nicht zu erkennen. Der Minister kündigte vor Monaten an, dass in seinem Hause eine Biodiversitätsstrategie erarbeitet wird. Schaut man sich aber die gegenwärtige Regierungspolitik an, kann man sich nur verwundert die Augen reiben. Der Flächenverbrauch für Siedlung, Tourismus und Verkehr ist gerade auch in Bereichen sensibler Naturlandschaften nach wie vor viel zu hoch. Seit 2002 vergrößerte sich diese Fläche um 17.000 Hektar. Die Verringerung der Gewässerrandstreifen, mit Mehrheit hier im Landtag beschlossen, wird sich negativ auf die Biodiversität auswirken.

Ein deutliches Signal, dass nicht einmal in den Großschutzgebieten des Landes der Schutz der Biodiversität Priorität hat, ist die Ablehnung des Vorschlages meiner Fraktion, auf landeseigenen Flächen in diesen Gebieten auf den Anbau von GVO zu verzichten. Auch hier sind andere Länder inzwischen weiter als wir. In Brandenburg gilt wenigstens ein 800-Meter-Abstand zu Naturschutzgebieten.

Zusammenfassend lässt sich sagen, von der im Klimaschutzbericht in den Handlungsempfehlungen geforderten stärkeren Berücksichtigung von Klimaschutz- und Naturschutzbelangen in anderen Politikbereichen, dem sogenannten Mainstreaming, sind wir meilenweit entfernt. Daran ändert auch die Ankündigung weiterer Studien und Berichte durch den Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz gar nichts.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Schwebs.

Ich schließe die Aussprache.

Kann ich davon ausgehen, dass wir nach der jetzigen Aussprache die Unterrichtung durch die Landesregierung verfahrensmäßig für erledigt erklärt haben? – Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10: Beratung des Antrages der Fraktionen der SPD und CDU – Der Health Check der EU-Kommission zur Gemeinsamen Agrarpolitik der EU und seine Auswirkungen auf die Landwirtschaft von Mecklenburg-Vorpommern, Drucksache 5/1487. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1527 vor.

Antrag der Fraktionen der SPD und CDU: Der Health Check der EU-Kommission zur Gemeinsamen Agrarpolitik der EU und seine Auswirkungen auf die Landwirtschaft von Mecklenburg-Vorpommern – Drucksache 5/1487 –

Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE – Drucksache 5/1527 –

Das Wort zur Begründung hat die Abgeordnete Frau Peters von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Regierungsfraktionen haben diesen Antrag gestellt, der Ihnen vorliegt, um das Parlament schnellstmöglich darüber informieren zu lassen, welche

Auswirkungen die aus dem Health Check der EU-Agrarpolitik resultierenden Vorschläge der EU-Kommission auf die Landwirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern haben werden beziehungsweise welche Auswirkungen zu erwarten sind.

Leider, meine Damen und Herren, hat sich mit den Legislativvorschlägen der Europäischen Kommission bestätigt, was im Vorfeld mehrfach diskutiert und befürchtet wurde. Die Kommission verlässt in Teilen ihrer Vorschläge die ursprüngliche Intention, welche der Health Check haben sollte. Ich will daran noch einmal erinnern: In der damals von der Kommission angekündigten Gesundheitsprüfung der gemeinsamen Agrarpolitik im Jahr 2008 sollten eher technische Korrekturen vorgenommen werden und keine grundlegenden Änderungen in der Agrarpolitik. Eine Reform der Reform von 2003 war nicht vorgesehen. Die Grundsätze der Reform sollten bis 2013 gelten. Die Botschaft hörten wir wohl, allein wir hatten seinerzeit schon Zweifel, ob nicht doch mehr als nur eine technische Korrektur dabei herauskommen sollte. Deshalb befasste sich der Landtag mehrmals mit dieser Problematik. Ich erinnere zum Beispiel an die Sitzungen im Juni und Dezember 2007.

Die jetzt vorliegenden Vorschläge, die zu mehr Wettbewerbsgleichheit zwischen den Mitgliedsländern und zu mehr Marktorientierung in der Landwirtschaft führen sollen, werden von uns ausdrücklich begrüßt. Die Einführung einer progressiven Modulation hingegen würde die strukturbestimmenden großen Agrarbetriebe unseres Landes massiv benachteiligen. Die diesbezüglichen Vorschläge sehen vor, dass eine nach Betriebsgrößen gestaffelte zusätzliche Kürzung der Direktzahlung an die Unternehmen erfolgen soll. Beispiel: Bei Direktzahlungen von 100.000 bis 200.000 Euro wären es drei Prozent, bei 200.000 bis 300.000 Euro sechs Prozent und bei mehr als 300.000 Euro neun Prozent.

Das mag umgerechnet für den einen oder anderen vielleicht keine große Summe sein, aber für einige Betriebe ist das schon existenzsichernd. Im Endjahr der Planungsperiode würden den Landwirten in MecklenburgVorpommern durch die Modulation insgesamt rund 43,55 Millionen Euro weniger zur Verfügung stehen. 43,55 Millionen Euro! Dieses Geld würde dann zwar für die ländliche Entwicklung zur Verfügung gestellt werden, müsste aber mit 15 Millionen Euro zusätzlich aus dem Landeshaushalt kofinanziert werden, Mittel, die im Landeshaushalt nicht eingestellt sind.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion steht zu ihrer Forderung, dass die Grundsätze der EU-Agrarreform bis 2013 gelten müssen. Der Health Check darf nicht die Grundlage für eine Richtungsänderung der EUAgrarpolitik werden. Wir, unsere Bauern und die in dem Bereich Beschäftigten brauchen Stabilität bis zum Ende der Programmperiode im Jahr 2013.

(Udo Pastörs, NPD: Da fragt die EU Sie doch nicht nach!)

Ich darf nochmals daran erinnern: Die Beschlüsse der Agrarreform sollten dafür sorgen, dass die landwirtschaftliche Erzeugung von Produkten auf die Nachfrage nach hochwertigen Lebensmitteln und nachwachsenden Rohstoffen auszurichten ist, den Landwirten ein angemessenes Einkommen gesichert wird, Wettbewerbsverzerrungen ausgeglichen werden, neue Einkommensmöglichkeiten auf dem Markt erschlossen werden können und Planungssicherheit bis Ende 2013 zu garantieren ist.

An unseren Aussagen und klaren Forderungen hat sich bis heute nichts geändert. Genau deshalb unterstützen wir den im Agrarausschuss bereits angekündigten Widerstand von Landwirtschaftsminister Dr. Till Backhaus gegen die Vorschläge der EU-Kommission, hinsichtlich der Einführung einer progressiven Modulation tätig zu werden. Wir hoffen, dass auch der Bundesagrarminister Seehofer zu seinem Wort steht und in Brüssel die Interessen der besonders betroffenen ostdeutschen Landwirte verteidigen wird.

Meine Damen und Herren, es liegt ein Änderungsantrag von der Fraktion DIE LINKE vor. Hier sollen in unserem Antrag eingefügt werden nach dem Wort „Landwirtschaft“ im Titel die Worte „die ländlichen Räume“, im Antragstext dann wiederum „die ländlichen Räume“ und ein Ergänzungssatz in Bezug auf die Milchproduktion. Wir halten den Änderungsantrag für entbehrlich,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das wäre ja auch ein Wunder.)

weil der zusätzliche Satz im Bericht sicher mit behandelt wird. Davon gehe ich aus.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Das zeugt nicht von Größe. – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Ansonsten gibt es einen Ergänzungstagesordnungspunkt, in dem rund um die Milch diskutiert wird. Ich denke, da wird die Milch eine besondere Rolle spielen.

Wir haben gesagt, die progressive Modulation befürworten wir nicht.

(Udo Pastörs, NPD: Die kommt aber.)

In dem Moment, wo …

Ob in dem Ausmaß, das wissen wir nicht, aber erst einmal setzen wir auf Sieg und nicht auf Platz.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, ja.)

Wir haben allerdings das Gefühl, wenn wir die Worte „die ländlichen Räume“ einfügen, dann reden Sie der progressiven Modulation das Wort, und genau das wollen wir nicht. Insofern halten wir es für entbehrlich. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war ja sehr großzügig, wunderbar.)

Vielen Dank, Frau Peters.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Um das Wort gebeten hat zunächst der zuständige Minister Herr Dr. Backhaus.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin dankbar, dass wir heute die Möglichkeit haben, über den Gesundheitscheck der Europäischen Agrarpolitik erneut zu reden. Sie wissen wahrscheinlich, jedenfalls die, die sich dafür interessieren, es hat bereits am Montag eine Sonderagrarministerkonferenz zu dem Thema gegeben. Die letzten Tage und Wochen zeigen, die Probleme nehmen nicht ab. Wir haben in Europa im Zusammenhang mit dem Health Check ein riesiges Problem. Wir haben die Situation der

Milchbauern, die der Schweinebauern sind im Übrigen nicht viel geringer. Wir haben sehr günstige Lebensmittelpreise in Deutschland und auf der anderen Seite geht es den Landwirten, einem Großteil der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland wirklich schlecht, nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa. Nicht umsonst versucht der Berufsstand, mit Nachdruck auf die zunehmenden Ungerechtigkeiten hinzuweisen. Das will ich jetzt schon einmal sagen, auch zu dem, was bei den Milchbauern abläuft.

Vom Grundsatz her begrüße ich die Aktionen der Milchbauern, sofern diese friedlich bleiben und wenn klar ist, auch hier in diesem Hohen Hause – ich glaube, das ist wichtig –, dass andere Branchen und fremde Unternehmen davon nicht in Mitleidenschaft gezogen werden, wirtschaftliche Schwierigkeiten noch auf andere Bereiche übertragen werden und letzten Endes damit noch Arbeitsplätze gefährdet werden.

Ich mache an dieser Stelle auch unmissverständlich noch einmal klar: Den durchgesetzten Preisrückschlag, der im Frühjahr 2008 stattgefunden hat, lehne ich ab. Wir brauchen kostendeckende Milcherzeugerpreise. Wir brauchen kostendeckende Fleischpreise. Alles andere ist nicht zu verantworten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)