Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU die Vizepräsidentin Frau Holznagel. Bitte schön, Frau Abgeordnete.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Arbeit in der Enquetekommission ist nicht nur zeitaufwendig, sondern sie ist auch spannend, wie wir gehört haben.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Wir lümmeln da ja nur rum, Frau Holznagel. – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Helmut Holter, DIE LINKE: Hat der Vorsitzende gesagt.)
Und ich möchte mich ausdrücklich dem Lob meines Kollegen Leonhard von der FDP-Fraktion hier anschließen, will jetzt aber nicht darüber streiten, in welchem Blütenstand sich die Enquetekommission befi ndet.
Unsere Debatte macht sehr deutlich, wie unterschiedlich die Auffassungen zur Verwaltungsreform in unserem Lande sind. Ich habe mir zwei Punkte, die übrig geblieben sind, aber auch schon diskutiert wurden, noch mal herausgezogen. Zuerst möchte ich die Aufmerksamkeit noch einmal auf das Sondervotum der LINKEN zum Zwischenbericht der Enquetekommission lenken.
(Peter Ritter, DIE LINKE: Das hat Sie ja aber doch ganz schön beschäftigt in der Koalition. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Na, das ist doch gut.)
Es geht mir speziell um die Seite 104 der Drucksache 5/1380(neu). Dort werden Behauptungen aufgestellt, und hier muss ich sagen, die sind falsch.
Meine Damen und Herren, in der 16. Sitzung der Enquetekommission am 18. Februar dieses Jahres nahm Staatssekretär Herr Lenz zur Unterrichtung durch die Landesregierung „Ziele, Leitbild und Leitlinien für eine Kreisgebietsreform in Mecklenburg-Vorpommern“ Stellung.
Er führte aus – und da es sich um eine öffentliche Sitzung der Kommission handelt, kann ich insoweit wie folgt aus dem Protokoll der Sitzung zitieren: „Ein Leitbild stelle keinen Gesetzentwurf dar,“
„sondern leite den Gesetzgeber lediglich. Infolge neuer Erkenntnisse sei eine spätere Abweichung im Gesetzgebungsprozess möglich.“
„Andererseits müsse ein Leitbild bestimmte Festlegungen enthalten, damit es die Leitfunktion überhaupt erfülle.“
„Weil eine Kreisgebietsreform homogene Strukturen schaffen müsse, müsse man bei den kreisfreien Städten dieselben Anforderungen wie bei den Landkreisen zugrunde legen. Deshalb müsse bei der Bildung von deutlich größeren Kreisen auch eine Einkreisung der kleineren kreisfreien Städte erfolgen. … Die Einkreisung der kreisfreien Stadt stelle im Vergleich zu einer Aufl ösung der bisherigen Landkreise einen geringeren Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung dar.“ Ende des Zitats.
Meine Damen und Herren, mit diesen Äußerungen brachte der Staatssekretär die grundsätzlichen rechtlichen Anforderungen an die Reform, so, wie sie dem Urteil des Landesverfassungsgerichts entsprechen, zum Ausdruck. Und deswegen möchte ich auch dies noch mal zitieren: „In der Regel laufen solche Reformen nach einem schrittweisen Programm ab. In einem ersten Schritt werden allgemeine Ziele formuliert. Alsdann werden Leitbilder und Leitlinien festgelegt. Darauf folgt die Umsetzung der Ziele, Grundsätze und Maßstäbe in der Fläche durch die konkrete Abwägung nach entsprechender Sachverhaltsermittlung. Dabei folgen die Entscheidungen über den Zuschnitt der jeweiligen Kreise prinzipiell einem durch die vorangegangenen Schritte aufgestellten Leitbild, das für die Projizierung auf die Fläche Alternativen offen lässt.“ Und weiter: „Ein Leitbild ist, wie der Begriff aus sich heraus sagt, ein Bild, das bei der Entscheidung, wie die einzelnen Kreise konkret zugeschnitten werden, den Gesetzgeber leitet, nicht aber sel
Mir war es wichtig, dies angesichts der Debatte noch einmal deutlich darzustellen. Von diesen grundsätzlichen Ansätzen sind die Mitglieder der Enquetekommission nicht abgewichen. Die von der Linksfraktion in die Enquetekommission entsandten Mitglieder behaupten in ihrem Sondervotum jedoch, die Kommissionsmehrheit kehre den verfassungskonformen Ansatz der Unterrichtung ins Gegenteil, weil das Leitbild keine Festlegungen beziehungsweise Vorfestlegungen enthalten dürfe, das Homogenitätsprinzip durchbrochen werde, gleich zu behandelnde Sachverhalte zu unterschiedlichen Sachverhalten proklamiert und für die Frage der Kreisfreiheit andere Zusammenhänge geltend gemacht würden. Hinsichtlich der Festlegungen beziehungsweise Vorfestlegungen weise ich darauf hin, dass in den Beratungen stets betont wurde, das Leitbild dürfe keine Vorfestlegungen enthalten.
Auch als solche sah die Kommissionsmehrheit die Formulierung im Leitbild an, dass insbesondere für kleinere kreisfreie Städte eine Einkreisung in Betracht komme. Genau wie bei der Festlegung der zukünftigen Landkreise muss für jede Stadt einzeln entschieden werden, ob sie eingekreist wird oder ob der Status der Kreisfreiheit erhalten bleibt. Das kann nicht pauschal im Leitbild festgelegt werden. Für diese Entscheidung sind Abwägungen erforderlich, die im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens durchgeführt werden.
Und das möchte ich hier auch noch mal deutlich betonen. Deshalb liegt kein Verstoß gegen das Homogenitätsprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Es wird eine in sich homogene Struktur geschaffen. Ob wir jetzt oder später über die Kreisfreiheit entscheiden, ist eigentlich dafür egal. Wie die Struktur der kreislichen Ebene künftig aussieht, wird im Gesetzgebungsverfahren entschieden. Dabei muss auch die geplante Funktionalreform beachtet werden. Wir behandeln Städte und Landkreise gleich. Alle Körperschaften können sich bei den durchzuführenden Anhörungen äußern. Die Belange eines jeden werden gegen die Belange des Landes abgewogen, wie es eben zu einem Gesetzgebungsverfahren gehört. Das ist genau das, was bei dem für verfassungswidrig erklärten Gesetz unterblieben ist. Und an dieser fehlenden Abwägung ist das Gesetz auch letztlich gescheitert. Wir, meine Damen und Herren, stehen vor der Herausforderung, das besser zu machen.
Meine Damen und Herren, noch ein Wort zur Funktionalreform. Diese und die Kreisgebietsreform sind aufeinander abzustimmen. Beide Reformen werden zeitgleich ent wickelt. Damit das nicht nur Worte sind, ist in der Enquetekommission eine Unterkommission zur Funktionalreform eingerichtet worden. Diese Unterkommission wird für alle Ressorts eine Aufgabenkritik vornehmen. Am Ende wird die Entscheidung stehen, welche öffentlichen Aufgaben zwingend erforderlich sind
und welche Ebene sie am wirtschaftlichsten und bürgerfreundlichsten erfüllen kann. Natürlich müssen wir auch sehen, was hier eine Unterkommission leisten kann. Das möchte ich auch noch mal deutlich ansprechen.
Meine Damen und Herren, was mich schon betroffen gemacht hat, das ist die Schärfe der Tonlage, die die Fraktion DIE LINKE in ihrem Sondervotum angeschlagen hat.
Das Sondervotum mit der Feststellung zu beginnen, dass die Kommissionsmitglieder der Fraktionen der SPD und CDU beziehungsweise der Kommissionsmehrheit die Enquetekommission bei der Erstellung des Zwischenberichtes politisch missbraucht hätten, ist schon heftig
(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja, das tut auch weh, das muss nicht sein. – Udo Pastörs, NPD: Ihnen besonders. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
Wir sollten uns gegenseitig zubilligen, dass jedem am Verfahren Beteiligten in erster Linie daran gelegen ist, die als notwendig angesehene Reform sobald wie möglich verfassungskonform zu realisieren.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und FDP – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. Das sollte man der demokratischen Fraktion eigentlich glauben. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)
dessen sind wir uns alle sicher sehr bewusst. Diejenigen, die in diese Arbeit schon seit Längerem involviert sind, haben es jetzt ja auch an dieser Debatte gemerkt. Wir sollten uns alle darum bemühen, dass diese Reform von einem möglichst breiten Konsens getragen wird, damit sie erfolgreich ist. Und dazu möchte ich aufrufen. Dazu gehört durchaus, dass wir heftig in der Sache miteinander ringen, um einen sachorientierten Ausgleich der unterschiedlichen Interessenlagen herstellen zu können. Völlig kontraproduktiv allerdings ist es, wenn wir verbissen und verletzend in formalen Bereichen kämpfen.
Lassen Sie uns stattdessen alle Energie auf die zügige Erarbeitung eines so weit wie möglichen Konsenses, sachorientierten Ausgleichs und einer sachorientierten Lösung konzentrieren, denn das sind die, die in unserer Verfassung dann auch verankert sind.
Meine Damen und Herren, schauen wir auf das Landesverfassungsgericht. Auch wenn es sich dabei um ein anderes Verfassungsorgan handelt, das unter anderen Voraussetzungen arbeitet und in vielerlei Hinsicht nicht unseren Zwängen unterliegt, das Landesverfassungsgericht hat uns gezeigt, wie dieses Ziel erreichbar ist. Dies sollten wir uns zu Herzen, als Beispiel und als Vorbild nehmen.
Meine Damen und Herren, die Reformen der Verwaltung in unserem Land sind auf einem guten Weg. Das Ziel kann nur erreicht werden, wenn alle demokratischen Fraktionen hier zusammenarbeiten. Deswegen fordere ich Sie, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, noch besonders auf,
(Peter Ritter, DIE LINKE: Sie können uns maximal bitten, Frau Holznagel. Das ist unter Demokraten so üblich.)
sich wieder in die konstruktive Arbeit einzureihen. Wir werden uns dann auch den Vorschlägen nicht verschließen.