Protocol of the Session on April 24, 2008

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Genau so.)

Und das geht eben nicht, dass man sich auf das Landesraumentwicklungsprogramm beruft

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Sie reden jetzt nicht über sich?!)

und andererseits, Kollege Ringguth, das von der gleichen Regierung beschlossene Klimaschutzprogramm einfach mal so beiseitelegt,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU: Das eine ist Grundlage für Pläne und das andere nicht.)

denn wenn man beide zusammenpackt, wird man merken, dass sich aufgrund des Klimaschutzkonzeptes ein Steinkohlekraftwerk ausschließt.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Nein. Das ist ein ganz grobes Missverständnis.)

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Missverständnis, Herr Dr. Jäger, wird noch größer,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. – Zuruf von Marc Reinhardt, CDU)

wenn die gleiche Regierung und das gleiche Kabinett Nein sagt zum Abbau der Braunkohle in der Griesen Gegend und gleichzeitig Ja sagt zu einem Steinkohlekraftwerk. Das kann man nun im Land überhaupt niemandem mehr vermitteln.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU: Das sind zwei ganz verschiedene Punkte.)

Und drittens, auch die Frage, denke ich, hat der Wirtschaftsminister nicht hinreichend beantwortet. Ich will kurz zitieren aus einer Pressemitteilung von heute.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Was wollen Sie den Leuten da draußen bloß wieder erzählen?)

Da teilt der Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft mit – nun werden Sie sagen, ah, ein Lobbyist der erneuerbaren Energien –, aber er sagt zumindest, dass langfristig auch Kohlekraftwerke mit CO2-Abscheidung (CCS) nicht günstiger werden,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Genau.)

denn neben den steigenden Kohlepreisen und Anlagenpreisen verteuert allein die CCS-Technologie die Kilowattstunde um 3 bis 4 Cent.

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Genau.)

Und wer von Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Immerhin liefern sie dann noch Energie.)

bei der von der hiesigen Staatskanzlei organisierten Informationsveranstaltung über die Europapolitik im Intercity-Hotel mit dabei war, der wird gehört haben, dass allein die Europäische Union jetzt über 3 Milliarden Euro ausgibt, um CCS überhaupt einmal zu erforschen. Ja, was glauben Sie denn, von wem diese 3 Milliarden Euro zurückgeholt werden? Von Dong Energy?! Na so blöd sind die doch wirklich nicht.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, schließlich und endlich, wenn wir davon reden, dass auch moderne Steinkohlekraftwerke die Umwelt weniger belasten, dann muss man einmal sehen, dass eben nicht nur das Steinkohlekraftwerk am Standort Lubmin das Problem ist. Schauen wir uns doch mal an, wo die Kohle herkommt – nicht aus Deutschland, sondern möglicherweise aus Südafrika. Sie wird um die halbe Erde geschifft,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Mit Schweröl.)

um in Greifswald verstromt zu werden. Wenn das dann endlich passiert, ist die Klimabilanz aufgrund der langen Transportwege schon längst im Eimer und das hat mit moderner Energiewirtschaft überhaupt nichts mehr zu tun. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Armin Jäger, CDU: Jetzt wissen wir wenigstens, warum ihr dagegen seid.)

Danke, Herr Ritter.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung.

Im Rahmen der Debatte ist seitens der Fraktion der FDP beantragt worden, über die Ziffern 1 und 2 sowie die Ziffer 3 des Antrages auf Drucksache 5/1338 einzeln abzustimmen.

Ich lasse zunächst über die Ziffern 1 und 2 des Antrages abstimmen. Wer diesen Ziffern zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Damit sind die Ziffern 1 und 2 des Antrages der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1338 bei Zustimmung der Fraktion der FDP mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD abgelehnt.

Ich lasse nun über die Ziffer 3 des Antrages abstimmen. Wer der Ziffer 3 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke.

Stimmenthaltungen? – Damit ist die Ziffer 3 des Antrages der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/1338 bei Zustimmung der Fraktion der FDP mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 18: a) Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – Landesvergabegesetz auch nach Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes möglich und nötig, Drucksache 5/1418, in Verbindung mit b) Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Tarifzwang bei Vergaberecht verhindern, Drucksache 5/1394.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: Landesvergabegesetz auch nach Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes möglich und nötig – Drucksache 5/1418 –

Antrag der Fraktion der FDP: Tarifzwang bei Vergaberecht verhindern – Drucksache 5/1394 –

Das Wort zur Begründung des Antrages auf Drucksache 5/1418 hat der Abgeordnete Herr Holter von der Fraktion DIE LINKE.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Europäische Gerichtshof entschied am 3. April 2008, dass es mit dem Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar ist, wenn mit bestimmten Regelungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge Tariftreue gefordert wird. Danach verstößt die Verpfl ichtung zur Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge gegen die Dienstleistungsfreiheit sowie gegen die europäische Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern. Das Urteil bezieht sich dabei auf das Vergabegesetz des Landes Niedersachsen. So ist es nicht EU-konform, wenn – wie im niedersächsischen Landesvergabegesetz geregelt – Aufträge für Bauleistungen nur an solche Unternehmen vergeben werden, die sich schriftlich verpfl ichten, ihren Arbeitnehmern bei der Ausführung dieser Leistung mindestens das am Ort der Ausführung tarifvertraglich vorgesehene Entgelt zu zahlen. Die niedersächsische Regelung sieht zudem vor, dass diese Verpfl ichtung auch für Subunternehmen gilt. Das heißt, der Auftraggeber muss die Beachtung dieser Verpfl ichtung durch die Subunternehmen überwachen und für etwaige Verfehlungen auch haften. Mit dieser Verpfl ichtung zur Tariftreue verfolgte Niedersachsen das Ziel, unfairen Wettbewerb auf Basis niedriger Löhne zu verhindern.

Nun ist es aber so, dass der niedersächsische Tarifvertrag im Baugewerbe bisher nicht für allgemein verbindlich erklärt wurde. Und das ist entscheidend. Somit liegt der in diesem Tarifvertrag festgelegte Lohn über dem im Arbeitnehmerentsendegesetz allgemein verbindlich erklärten Mindestlohn. Der Europäische Gerichtshof räumt jedoch den Grundfreiheiten des europäischen Binnenmarktes eindeutig Vorrang vor dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein. Das ist bedauerlich, weil dies natürlich ein schwerer Rückschlag im Kampf gegen Lohndumping ist. Im Umkehrschluss bedeutet das Urteil gerade keine generelle Absage an Tariftreuegesetze.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

Das wäre ein Trugschluss, daher auch unser Antrag, denn der Europäische Gerichtshof stellt die Möglichkeit von Tariftreueverpfl ichtungen nicht grundsätzlich infrage,

er legt sie aber äußerst eng aus. Lohnvorgaben bei öffentlichen Ausschreibungen bleiben weiterhin rechtlich zulässig, wenn etwa die Tariftreuepfl icht an allgemein verbindliche Tarifverträge oder, Herr Roolf, an gesetzliche Mindestlöhne geknüpft wird.

(Michael Roolf, FDP: Die haben wir ja Gott sei Dank nicht.)

Die kommen aber. Und das ist die entscheidende Aussage, meine Damen und Herren.

Gleichzeitig wurde mit der Entscheidung klargestellt: Die Anwendung von Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen ist möglich, wenn sie für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer günstiger ist. Für die Politik besteht deswegen auch nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes akuter Handlungsbedarf. Je nach politischer Couleur wird dieser jedoch sehr unterschiedlich beurteilt. Das ist demokratisch und damit auch normal.

Meine Damen und Herren, Tariftreuegesetze sind wegen ihrer Schutzfunktion, dem Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der Sozialsysteme und des fairen Wettbewerbs aus unserer Sicht unverzichtbar im Kampf gegen Lohndumping und Wettbewerbsverzerrungen. Und da reicht es eben nicht, nur mehr Transparenz und Wirtschaftlichkeit bei der Auftragsvergabe einzufordern. Allein dadurch lösen wir die Probleme nicht. Vielmehr ist es erforderlich, sich auf den verschiedenen Ebenen einzusetzen. Und so ist es an der Zeit, gerade nach diesem Gerichtsurteil, dass die Bundesregierung endlich in Brüssel tätig wird. Sie muss für eine Änderung der relevanten Richtlinien streiten mit dem Ziel einer arbeitnehmerfreundlichen Reform der europäischen Entsenderichtlinie.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das geht nicht.)

Aber auch auf Bundesebene muss gehandelt werden. Erstens geht es darum, für die Allgemeinverbindlichkeit möglichst vieler Tarifverträge zu sorgen. Und es geht darum, diese Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit deutlich zu vereinfachen.

Letztlich, meine Damen und Herren – Sie ahnen es schon –, muss endlich der gesetzliche Mindestlohn auf den Tisch, so, wie ihn die meisten Mitgliedsstaaten seit Jahren verankert haben. Natürlich können und müssen auch wir hier im Land handeln. Das Land MecklenburgVorpommern braucht sein Vergabegesetz.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und dieses muss selbstverständlich EU-konform sein. Das versteht sich. Wir haben ja gerade sehr viel über Rechtsstaatlichkeit gehört. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf zu prüfen, unter welchen konkreten Voraussetzungen dies denn möglich ist.

Meine Damen und Herren, bereits acht Bundesländer schreiben bei der Vergabe öffentlicher Aufträge die Zahlung von Tarifl öhnen vor. Das sind übrigens Länder, nicht alle, aber einige von ihnen, in denen CDU oder CSU den Regierungschef stellen. Zwar unterscheiden sich die Gesetze in ihrer Reichweite voneinander, aber eines haben sie gemeinsam, Niedriglöhne bei öffentlichen Aufträgen zu verhindern. Und das muss auch unser Ziel hier in Mecklenburg- Vorpommern sein.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)