Protocol of the Session on April 23, 2008

Das Wort hat der Abgeordnete Herr Dr. Gerd Zielenkiewitz von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Landesgraduiertenförderungsgesetz steht heute auf der Tagesordnung. Der Vorläufer ist von 1993. Schon mit dieser Zeitachse ist eigentlich gesagt, dass aufgrund der Veränderungen im internationalen und nationalen Raum eine Neugestaltung der gesetzlichen Vorschriften gegeben sein sollte. Hingewiesen wird in diesem Zusammenhang auf die Bachelor- und Masterausbildung und auf den dritten Baustein, auf die Promotion. Es wird weiter hingewiesen auf den – und so steht es auch im Gesetzentwurf an verschiedenen Stel

len – stärkeren Beitrag zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft des Landes und auf den Einsatz von ESF-Mitteln.

Positiv im Gesetzentwurf ist zu bewerten, dass der Bürokratieaufwand (durch Nichtüberprüfung der wirtschaft- lichen Verhältnisse des Antragstellers) reduziert wird und – Familienland Mecklenburg-Vorpommern – dass weiterhin ein Familienzuschlag je Kind gezahlt wird.

Der Minister hat eben schon darauf hingewiesen, die Einbeziehung der Fachhochschulen ist im Gesetz enthalten. Dazu später noch eine Anmerkung. Durch die Aufnahme des Begriffs der „kooperativen Promotion“ im Gesetz ist den Fachhochschulen teilweise hier Genüge getan. Die Rolle des Promotionskollegs wurde eben vom Minister bereits hervorgehoben. Der Satz ist zu wiederholen, weit weg vom wissenschaftlichen Einzelkämpfer, insbesondere in den technischen Disziplinen. Und der Hinweis, der auch im Gesetz enthalten ist, auf die Einwerbung von Drittmitteln.

Schauen wir im Einzelnen, wo möglicherweise Diskussionsbedarf besteht. Folgende Fragen und Probleme sollten ergebnisoffen im Ausschuss diskutiert werden:

Zunächst zu Paragraf 3 (1): Ist es tatsächlich notwendig, dass beide Hochschullehrer an Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern lehren? Dies erschließt sich mir nicht, denn gerade mit Hinweis auf die Globalisierung und die Verfl echtung der Forschung im internationalen und nationalen Rahmen ist diese Formulierung beziehungsweise dieser Fakt kritikwürdig.

Zu Paragraf 3 (2): Ist es unter sozialem Aspekt vertretbar, dass die Dauer des vorhergehenden Studiums so sehr auswahlentscheidend sein soll? So sehr das Einhalten von Regelstudienzeiten oder das Unterschreiten zu befürworten ist, so kompliziert ist im Einzelfall das soziale Umfeld, das dann doch zu längeren Zeiten führt.

Zu Paragraf 2 (4): Hier heißt es: „Liegen im Sinne der Absätze 1 bis 3 qualifi zierte Anträge von Fachhochschulabsolventen vor, so sind diese mit mindestens einem Stipendium zu berücksichtigen.“ Dieser Satz klingt ja zunächst sehr positiv. Man kann aber auch hinterfragen, warum an dieser Stelle die Unterscheidung wieder so deutlich gemacht wird. Meines Erachtens müsste, gleicher Wortlaut am Anfang, es besser heißen: So sind diese Anträge denen der Hochschulabsolventen gleichzustellen. Das wäre ein positives Signal für die drei Fachhochschulen des Landes.

Damit korrespondiert im Übrigen auch Paragraf 6 (1) und (2). Hier geht es um das Stimmrecht von Fachhochschulprofessoren. Sofern nur im konkreten Fall bei der Entscheidung von Anträgen von Fachhochschulabsolventen ein Professor aus der Fachhochschule mit Stimmrecht zeitweise hinzugezogen wird, sehe ich die Interessen dieser Antragsteller nach wie vor etwas benachteiligt.

Der Paragraf 7 „Ermächtigungen“ gibt dem Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur einen großen Spielraum bezogen auf die Höhe der Stipendien, die Zusammensetzung der Entscheidungsgremien und so weiter. Wir sollten überlegen, ob die Summe, die der Minister hier gesagt hat, ausreichend ist, insbesondere unter dem Aspekt, dass die Sachkostenerstattung ja wegfällt. Es wäre etwas plakativ zu sagen, lieber neun Stipendiaten zu 1.000 Euro als zehn zu 900 Euro. Trotzdem sollte die

Zahl, die hier vom Minister genannt wurde, noch einmal diskutiert werden.

Lassen Sie mich zum Schluss so sagen: Wir sollten das Gesetz so gestalten, dass es im Sinne der wissenschaftlichen und der wirtschaftlichen Entwicklung des Landes möglich ist, Produkte statt Projekte zu initiieren. Ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfes federführend in den Bildungsausschuss und mitberatend in den Finanzausschuss. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Vielen Dank, Herr Dr. Zielenkiewitz.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der Fraktion DIE LINKE Herr Professor Dr. Methling.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesgraduiertenförderung ist ohne Zweifel ein wichtiges Element der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit auf dem Gebiet der Wissenschaft und Forschung. Die Chancen, die wir dem wissenschaftlichen Nachwuchs einräumen, sind eine nachhaltige Zukunftsinvestition. Dies gilt insbesondere für Mecklenburg-Vorpommern. Der vorliegende Gesetzentwurf ist aus unserer Sicht jedoch nur bedingt geeignet, diesen Maßstäben gerecht zu werden.

Ich will mit den positiven Aspekten beginnen: Die Einbeziehung der Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds ist zweckmäßig, da sie die Spielräume der Finanzierung und die Anzahl der möglichen Teilnehmer erhöht. Der Minister hat auf die Erhöhung des Volumens insgesamt hingewiesen. Über die Konsequenzen der Zweckbindung an die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Forschungsergebnisse wird sicher noch unter dem Gesichtspunkt der Freiheit von Wissenschaft und Forschung zu diskutieren sein. Der Knackpunkt ist die konkrete Verteilung der Förderfälle nach Paragraf 1 Absatz 1 im Verhältnis zu Absatz 2. Absatz 2 ist das, was sozusagen die Bindung an die wirtschaftliche Verwertbarkeit defi niert.

Die bisherige Erkenntnis zum Umgang der Landesregierung mit EU-Fördermitteln, die die Einsparung von Landesmitteln zum Ziel hat, könnte bedeuten, dass die Förderfälle nach Paragraf 1 Absatz 1 drastisch zurückgehen. Das wollen wir doch aber wohl nicht. Insofern gibt es dazu noch Klärungsbedarf. Dies würde zu einer einseitigen Konzentration auf das Kriterium der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der Forschungsergebnisse führen und damit die wissenschaftliche Breite von Promotionen erheblich einschränken. Zudem wird die Aufnahme der ESF-Mittel in den Gesetzentwurf durch die Förderperiode begrenzt, weshalb das Gesetz spätestens 2013 erneut geändert werden müsste. Aber wenn wir dabei bleiben, dass wir alle fünf Jahre die Gesetze überprüfen, dann fällt das ja sozusagen in den richtigen Zeitraum, dass man dieses ohnehin erneut einer Novellierung unterziehen muss.

Die Abschaffung der Anrechnung von Einkommen der Ehe- oder Lebenspartner begrüßen wir. Sie ermöglicht mehr Freiräume. Diese Freiräume werden aber durch andere Regelungen im Gesetzentwurf weiter eingeengt. Darauf komme ich später noch zurück.

Auch die Stärkung der Fachhochschulen im Verfahren der Stipendienvergabe ist positiv. Sie leistet einen Beitrag zur

Erschließung zusätzlicher Möglichkeiten für Quali fi kation und für Wissensfortschritt. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten.

(Heinz Müller, SPD: Und eine hohe Stromrechnung.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Besonders kritisch sehen wir drei Aspekte und über die müsste noch diskutiert werden beziehungsweise weitere Aufklärung erfolgen.

Erstens. Die angekündigte Anhebung des Stipendiums um 82 Euro auf nunmehr 900 Euro wird durch den Wegfall der Sachkostenzuschüsse konterkariert. Damit gibt es faktisch keine Erhöhung. Im nationalen Vergleich befi nden wir uns auch mit der neuen Fördersumme eher am unteren Ende der Skala. Der Minister hat einige Beispiele genannt. Wir sollten uns damit noch einmal konkret beschäftigen. Um Doktorandinnen und Doktoranden ins Land zu holen oder hier zu halten, müssten die Stipendiensätze im nationalen Vergleich am oberen Ende der Skala sein. Davon sind wir jedoch weit entfernt.

Zweitens. Die Anzahl der Verordnungsermächtigungen soll erhöht werden. Wie das zu der von der CDU im Wahlkampf so kämpferisch postulierten Stärkung der Autonomie von Hochschulen und der vom Bildungsminister angekündigten Deregulierungskampagne passt, bleibt wohl Ihr Geheimnis beziehungsweise müssen Sie uns dann wohl noch darlegen. Aus unserer Sicht sind das keine goldenen Zügel mehr, sondern Daumenschrauben.

Und drittens. Offensichtlich wurden die Studierendenschaften von der Landesregierung zum Gesetzentwurf nicht angehört. Wir gehen davon aus, dass die Studierendenvertretungen gemäß Paragraf 13 Absatz 1 Landeshochschulgesetz zu beteiligen gewesen wären. Auch wenn sich der Paragraf 13 Absatz 1 auf Nachfolgebestimmungen des Landeshochschulgesetzes bezieht, sind die Promotionsstudentinnen und -studenten häufi g eingeschriebene Mitglieder der Hochschulen. Aus unserer Sicht gehört es ohnehin zu den demokratischen Grundsätzen, Studierendenvertretungen in allen Angelegenheiten zu beteiligen, die sie mittelbar oder unmittelbar berühren.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Wir werden diese Fragen mit einbeziehen in die Parlamentsanhörung und werden damit Antworten durch die Landesregierung nachholen. Wir werden einer Überweisung in die Ausschüsse zustimmen und ich bin überzeugt, dass wir noch großen Diskussionsbedarf haben werden. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Professor Dr. Methling.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lochner-Borst von der Fraktion der CDU.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Einen besseren Tag als den 150. Geburtstag von Max Planck hätte man sich vielleicht für die Diskussion zu einem solchen Gesetz nicht aussuchen können.

Internationale Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum, Wohlstand, davon hängt der Bildungsstand in unserer Bevölkerung direkt ab. Inzwischen hat auch der Letzte begriffen, dass qualifi zierte und hoch qualifi zierte Arbeits- und Führungskräfte, die dem globalen Wettbewerb gewachsen sind, gerade in unserem Bundesland dringend gebraucht werden. Der vorliegende Gesetzentwurf ist ein Beitrag dazu, den Braindrain, also die Abwanderung von hoch qualifi zierten und in diesem Fall jungen Menschen einzudämmen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Ich gebe dem Minister völlig Recht, dass dazu noch zahlreiche andere Maßnahmen notwendig sind, die sich nach den jahrelangen und quälenden Strukturdebatten nun endlich und sehr kontinuierlich an den Qualitätsfragen ausrichten.

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Die vorgeschlagenen Änderungen im Landesgraduiertenförderungsgesetz tragen diesem Ansinnen teilweise Rechnung. Besonders hervorzuheben ist dabei in meinen Augen, dass man sich wieder zunehmend auf die ursprüngliche Bedeutung der Universitas, also auf die Gemeinschaft der Lehrenden mit den Lernenden zurückbesinnt, indem man der Promotion im Kolleg Priorität einräumt. Aber es ist durchaus auch zu begrüßen, dass man durch einen Zweitbetreuer bei der, wie es im Entwurf heißt, Einzelkämpferpromotion mehr Qualität erreichen will. In welchen Wissenschaftsbereichen welcher der beiden Promotionswege gewählt wird, das bleibt allerdings abzuwarten.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Wünschenswert wäre in jedem Fall, dass über die Graduiertenförderung auch das interdisziplinäre Arbeiten zwischen geisteswissenschaftlichen und MINT-Fächern gefördert wird. Interdisziplinäres Arbeiten beschränkt sich nämlich nicht auf die Zusammenarbeit von beispielsweise Philosophen mit Soziologen oder Physikern und Medizinern. Wirklich spannend wird es erst dann, wenn Philosophen und Physiker oder Mediziner und Soziologen zusammenarbeiten und sich austauschen. Diesen Gedanken sollte man meines Erachtens bei der Ausgestaltung der Kollegs nicht aus den Augen verlieren.

Auch die stärkere Berücksichtigung der Fachhochschulen, die durch die Vergabe von mindestens einem Stipendium an einen Fachhochschulabsolventen unter Stimmrecht in der Vergabekommission verdeutlicht werden soll, fi ndet die Unterstützung der CDU-Fraktion.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Es können also auch zwei Stipendien sein, ja?)

So steht es zumindest im Entwurf: „mindestens ein Stipendium“. Ob es sinnvoll ist, diese Regelung dann in Ihrem Sinne zu erweitern, Herr Professor Methling, das müssen wir im Ausschuss sicherlich diskutieren.

Besonders positiv zu bewerten ist natürlich die Tatsache, dass das Landesgraduiertenförderungsgesetz auch mit mehr Mitteln, nämlich 25 Prozent mehr als bisher, fl ankiert wird. Spannend wird es allerdings dann bei der Frage, wenn es um die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Promotionsergebnissen gehen soll, und der Frage, wer dieses beurteilt und welche Kriterien dazu angelegt

werden. Noch spannender wird es, wenn es um die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit geht. Ich kann nur jetzt schon davor warnen, dieses ausschließlich auf die MINT-Fächer zu beziehen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Da sind wir uns einig. – Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja.)

In diesem Sinne freue ich mich auf eine interessante Beratung im Ausschuss. Meine Fraktion wird der Überweisung zustimmen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Frau Lochner-Borst.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete und Vizepräsident Herr Kreher von der Fraktion der FDP.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Hier wurde auf die Wettbewerbsfähigkeit des Landes in der Graduiertenförderung hingewiesen. Die muss gewährleistet werden. Das sehen auch wir so. Ob dies allerdings mit einer Anhebung der Stipendienhöhe von 818 auf 900 Euro bei Abschaffung der Sachkostenzuschüsse gelingt, ist nach unserer Ansicht fraglich. Die untere Linie der Bandbreite der Deutschen Forschungsgesellschaft liegt derzeit bei 1.000 Euro.