Protocol of the Session on April 23, 2008

Unsere Fraktion kündigt heute schon an, dass sie im Sozialausschuss keinen Gesetzentwurf mehr durchgehen lassen wird ohne eine dementsprechende Anhörung. Wir haben sehr viel Grund, so zu agieren, und wir werden das auch konsequent durchziehen – versprochen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Wir lassen uns auch zeitlich nicht mehr unter Druck setzen, wie es das letzte Mal passiert ist. Wir können nichts dafür, wenn vom Ministerium so langwierig gearbeitet wird. Wir brauchen Zeit, um bestimmte Dinge nachzusehen. Dazu gehört auch, dass man Unterlagen von einer Anhörung nicht während der Sozialausschusssitzung noch warm vom Druck verteilt. Ich hoffe, dass die FDP auch dieser Meinung ist.

Das Gesetz zeigt wieder einmal, auch ein einfaches Gesetz kann Tücken im Detail haben. In diesem Gesetz ist es wieder einmal nicht gelungen, zumindest die Formalien ordentlich abzuarbeiten – erneut nicht gelungen, muss ich dazu sagen. Schon bei der Änderung des KiföG hatten wir angemahnt, dass es das BSHG, das Bundessozialhilfegesetz, seit dem 31.12. des Jahres 2006 – ich wiederhole: des Jahres 2006 – nicht mehr gibt. Wir würden dringend bitten, wenn Sie Gesetze überführen wollen, die auch in die derzeit gültigen Gesetze zu überführen. Deswegen die Bitte von uns, das ist kein Änderungsantrag, sondern einfach die Bitte von uns: Nehmen Sie eine Korrektur vor in den Paragrafen 17 und 21. Wir haben das Bundessozialhilfegesetz nicht mehr. Das kann die Regierung, der Herr Sozialminister, tun oder das machen die Koalitionäre. Aber ich denke, es gehört zur Ehrlichkeit eines Gesetzes dazu. Wir wollen mit unserem Gesetz nicht in den Ruf gelangen, dass wir ewig Gestrige sind. Ich gebe zu, es ist schwierig, sich manchmal von liebgewordenen Dingen zu trennen, aber in dem Moment ist es wohl sehr angebracht, das zu tun, was sich auch gehört.

Wir möchten nach wie vor gern wissen, was denn zu verstehen ist unter „gelegentlich ausgeübtem Beruf“ und „mit Unterbrechung ausgeübtem Beruf“. Herr Minister, Sie gaben gerade eine sehr intensive Rede zu Sprachgebrauch und Sprache ab. Ich mache Sie drauf aufmerksam, dass gerade in der Anhörung der von Ihnen geladenen

Vereine und Verbände der Städte- und Gemeindetag darauf hingewiesen wurde, dass in der Sprache eine allgemein umgangssprachliche Art und Weise nicht reicht. Das ist auch logisch. Auch Pfl egekräfte, auch Krankenschwestern, auch Hebammen sollten, wenn sie mit ihren Patienten arbeiten, ihnen erklären können, was sie gerade tun. Sie sollen es nicht auf Lateinisch tun, aber sie sollen wenigstens wissen, wie sie alle die fachlichen Dinge, die sie machen, auch erklären können. Dazu ist ein Umgangsdeutsch, mit dem ich ein Brot oder eine Flasche Milch kaufen kann, nicht gerade angebracht.

Desgleichen wissen wir überhaupt nicht, warum Sie in dieser Richtlinie die alten Berufsbezeichnungen benutzt haben. Und da muss ich ganz ehrlich sagen, wenn Sie sich darauf zurückziehen, es geht um eine EU-Richtlinie und da ist nicht mehr notwendig, zeigt das nicht gerade, dass unser Land, unsere Regierung europafähig ist. Wir haben hier im Land Mecklenburg-Vorpommern nun schon seit Jahren sehr detaillierte Berufsbezeichnungen, und die haben wir aus einem ganz bestimmten Grund. Da sind nämlich auch Unterschiede in der Ausbildung. Gerade wir im Petitionsausschuss kriegen immer wieder zu spüren, was wohl passiert, wenn sich jemand aus einem anderen Land hier zum Beispiel als Krankenpfl eger/Krankenpfl egerin anbietet. Gerade das Detaillierte ist das Wichtige. Und ich denke mir, die Menschen, die die Berufe erlernt haben, examiniert sind, haben auch ein Recht darauf, dass ihre Berufe dementsprechend anerkannt und benannt werden.

Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich mache darauf aufmerksam, dass zum Beispiel auch der 2. Senat vom Landesverwaltungsgericht nicht angehört wurde, und das halte ich schon für sehr merkwürdig, für einen ehemaligen Justizminister gar nicht angebracht.

Wir haben zwei Änderungsanträge eingebracht, einen zu dem Gesundheitsberufegesetz, einen zum Bestattungsgesetz. Nach wie vor halte ich die Verknüpfung von Gesundheitsberufe- und Bestattungsgesetz für nicht angebracht.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Deswegen haben wir auch zwei Änderungsanträge. Einer bezieht sich auf das Bestattungsgesetz, Herr Glawe, wenn Sie richtig gelesen haben.

(Harry Glawe, CDU: Ja, ja.)

Ich mache darauf aufmerksam, dass sich die Änderung im Bestattungsgesetz auch auf die Gleichberechtigung von Ehe und Lebenspartnerschaften bezieht, getreu dem EU-Gerichtsurteil vom 01.04. diesen Jahres, wo ganz klipp und klar dementsprechende Dinge gesagt worden sind. Ich bitte um Zustimmung zu unseren Änderungsanträgen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Heydorn von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Frau Müller, mir ist noch nicht so richtig klar, was Sie uns grundsätzlich mit Ihren Ausführungen sagen wollten.

(Irene Müller, DIE LINKE: Zuhören!)

Ja, das habe ich aufmerksam getan.

Sie haben den Bereich der Kosten angesprochen. Sie haben gefragt, was etwa die Umsetzung der EU-Richtlinie im Landesrecht von Mecklenburg-Vorpommern kostet. Da muss man nur in die Vorlage des Gesetzentwurfes gucken. Da steht unter Punkt 5, dass für das Land Mecklenburg-Vorpommern durch diesen Gesetzentwurf keine Belastungen entstehen werden.

(Irene Müller, DIE LINKE: Darüber hätten wir ja diskutieren können.)

Es ist jetzt schon von mehreren gesagt worden, es geht mit diesem Gesetzentwurf und mit der Umsetzung der EU-Richtlinie darum, Barrieren abzubauen. Es geht um Zugänglichkeiten am Arbeitsmarkt der EU-Partnerländer. Ich begrüße das und fi nde, das ist der richtige Weg. Ich glaube, dass darin vielleicht auch ein wesentlicher Unterschied besteht. Es gibt vier Fraktionen hier im Landtag Mecklenburg-Vorpommern, bei denen ich davon ausgehe, dass das Thema „Öffnung im Rahmen der EU“ Ziel, Sinn und Zweck unseres politischen Handelns ist. Es gibt nur eine Fraktion, die hier für das Thema Abschottung plädiert, dichtmachen, keinen mehr reinlassen, Leute rauswerfen.

(Udo Pastörs, NPD: Absoluter Witz! Absoluter Witz!)

Ja, das sind die wesentlichen Unterschiede. Ich fi nde, über die Umsetzung der EU-Richtlinie, über die wir hier zu diskutieren haben, muss man keine umfangreiche Debatte führen. Es geht einfach darum, dass unsere Berufsabschlüsse in anderen EU-Ländern anerkannt werden,

(Irene Müller, DIE LINKE: Dann muss man das auch mal entsprechend benennen.)

und dass Berufsabschlüsse in den Gesundheitsberufen, die in den anderen Ländern gemacht werden, bei uns anerkannt werden, und das wird hiermit getan. Was Sie getan haben, Frau Müller, war so ein Rumgekrittel an Verfahrensfragen und an Zeitläufen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Oh, oh, ist das ein parlamentarisches Wort?)

Ich fi nde, damit muss man sich nicht in der Landtagsdebatte beschäftigen. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu dem Gesetzentwurf. Ihren Änderungsantrag halte ich nicht für zielführend, Frau Müller, den werden wir ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Irene Müller, DIE LINKE: Na gut.)

Vielen Dank, Herr Heydorn.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist immer ein Vergnügen, in die herrschende Europatrunkenheit das eine oder andere

Quäntchen Nüchternheit einfl ießen zu lassen. Hier soll also eine Richtlinie des Rates und des Europäischen Parlaments umgesetzt werden beziehungsweise ist, wie es in der Problembeschreibung zum Gesetzentwurf heißt, nach EU-Recht zwingend umzusetzen – auf Befehl sozusagen. Das hiesige Hohe Haus darf kollektiv dazu die Hacken zusammenschlagen und jawohl rufen, Diskussion eigentlich überfl üssig.

(Zuruf von Jörg Heydorn, SPD)

Was ist der Rat? Um den EU-Kritiker Hans Herbert von Arnim zu zitieren: „der exklusive Herrscher Europas“. In seiner Hand liegt die Gesetzgebung, wobei er – übrigens wie die hiesigen Ausschüsse – nicht öffentlich tagt. Von Arnim zitiert den ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments Hensch folgendermaßen: „Das hat es in der westlichen Welt noch nicht gegeben, jedenfalls unter Demokraten nicht, dass ein Gesetzgebungsorgan hinter verschlossenen Türen tagt und seine Beschlüsse im Geheimen fasst.“ Für die osteuropäischen EU-Bürger könnte man formulieren: Raus aus dem Politbüro und wieder rein ins Politbüro. Gewählt ist dieses allmächtige Gremium auch nicht, weder von den Völkern noch wenigstens vom EU-Parlament.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Für die große Demokratie sind Sie ja bekannt.)

Über 80 Prozent der Kompetenzen hinsichtlich der Geschicke Deutschlands liegen bei ihm. Es wird von niemandem kontrolliert. Nationalstaaten und ihre Parlamente und Gerichte, die Verfassungsgerichte eingeschlossen, sind reine Nebendarsteller. Was reale Macht angeht, so schwindet sie immer mehr dahin, was sie dadurch ausgleichen, dass sie immer wichtigtuerischer auftreten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wann kommen Sie zur Sache?)

Es ergeht ihnen wie den japanischen Kaisern, die man schließlich bei allem Prunk Schattenkaiser nannte, weil sie rein gar nichts mehr zu melden hatten. So was kann Parlamenten auch passieren. Wir haben nicht die Absicht uns an einer reinen Abnickveranstaltung zu beteiligen. Wir von der NPD-Fraktion sprechen dem Rat der Europäischen Union jegliche demokratische Legitimation ab

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

und denken gar nicht daran, von diesem geheimen Kabinett Befehle entgegenzunehmen, auch wenn dann, wie es in der Problemdarstellung heißt, Klage beziehungsweise Strafmaßnahmen der Europäischen Union drohen. Strafmaßnahmen drohten auch denen, die 1989 gegen den Warschauer Pakt auf die Straße gingen, und sie haben es trotzdem riskiert, weil man mit Machtapparaten dieser Sorte nun mal nicht verhandeln kann. Man kann nur Zivilcourage zeigen und sich widersetzen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sie beziehen sich auf die Bürgerbewegung?!)

Dass die Richtlinie vom Europäischen Parlament ebenfalls verabschiedet wurde, ändert gar nichts.

(Heike Polzin, SPD: Wenn man diese Rede hört, kann einem ja schlecht werden. – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Diese angebliche Völkervertretung hat so wenige Befugnisse, dass sie eher als Tarnkappe für die Allmacht des Rates anzusehen ist denn als ernstzunehmende parlamentarische Kraft.

(Reinhard Dankert, SPD: Welche Bürgerbewegung meinen Sie?)

Was die Richtlinie selbst betrifft, so enthält sie einige nette Versprechungen, denen aber – wie immer in diesem System – nicht zu trauen ist.

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)