Protocol of the Session on March 7, 2008

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Zuständigkeit und Verantwortung für die Grüne Gentechnik, Drucksache 5/1307.

Antrag der Fraktion der NPD: Zuständigkeit und Verantwortung für die Grüne Gentechnik – Drucksache 5/1307 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Frau Holznagel! Abgeordnete des Landtags! Verbraucher von Mecklenburg-Vorpommern!

Herr Borrmann, ich habe Sie vorhin schon einmal darauf aufmerksam gemacht: Ich bitte Sie, die ordentliche und den Gepfl ogenheiten des Landtages entsprechende Begrüßung hier vorzutragen. Ich erteile Ihnen hiermit einen Ordnungsruf.

Auf der letzten Landtagssitzung in der Sitzungsperiode im Januar stellte ich an die Landesregierung folgende Frage: „Welche Maßnahmen wird die Landesregierung unternehmen, um die von BUND und NPD schon lange aufgezeigten Missstände in Bezug auf die Ausbringung der Amfl ora-Kartoffeln unverzüglich abzustellen?“ Aus einem Schreiben des Sozial- und Gesundheitsministeriums von Anfang Februar lässt sich Folgendes schließen:

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

1. Zuständig für die Genehmigung von Freisetzungen genmanipulierter Organismen ist das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit, BVL, mit Sitz in Braunschweig.

2. Zuständig und weisungsberechtigt für das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit ist das Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz.

3. Die dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz korrespondierte Landesbehörde in Mecklenburg-Vorpommern ist das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz.

4. Doch nicht, wie jeder denken sollte, das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz ist in unserem Bundesland zuständig für die Überwachung von Aufl agen und zuständigen Bedingungen, die vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erteilt beziehungsweise festgeschrieben werden, diese Überwachung obliegt dem Ministerium für Soziales und Gesundheit Mecklenburg-Vorpommern.

5. Dem Ministerium nachgeordnet ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales. Es hat die Aufl agen der Bundesbehörde umzusetzen.

So weit zur Rechtslage. Kommen wir nun zur effektiven Arbeitsweise an einem Beispiel:

1. Auf einem Acker werden gentechnisch veränderte Kartoffeln angebaut. Es kommt die Herbstzeit und nachdem die kostbare Fracht weitgehend abgeerntet ist, sind die Felder plötzlich unbewacht und die Reste der freigesetzten Kartoffelsorte liegen wohlfeil herum.

2. Aufmerksame und engagierte Bürger werden auf den Missstand aufmerksam und wenden sich – was liegt näher – an das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz in Mecklenburg-Vorpommern.

3. Minister Till Backhaus – leider nicht vorhanden – muss dann schulterzuckend erklären, dass er nicht zuständig ist. Dann mache ich das jetzt mal für ihn.

4. Die Bürger wenden sich daraufhin an das Ministerium für Gesundheit und Soziales. Industrie und Behörden behaupten ja bis zum heutigen Tag, die Amfl ora solle gar nicht für die menschliche Ernährung eingesetzt werden. Die neu entwickelte Kartoffelsorte sei gentechnisch lediglich dafür optimiert, eine maximale Gewinnung von industriell nutzbarer Kartoffelstärke zu ermöglichen. Die Kartoffel enthält jedoch zusätzlich als Marker auch ein Resistenzgen „nptll“ gegen das medizinische Antibiotikum Kanamycin. Der Einbau von Antibiotikaresistenzen ist ein rechtswidriger Verstoß gegen die EU-Freisetzungsrichtlinie. Nach dieser dürfen kommerzielle Gentechnikpfl anzen keine medizinisch wichtigen Resistenzgene gegen Antibiotika enthalten. Die EU-Kommission hat im März 2007 beschlossen, deswegen ein Gutachten über die Risiken der Kanamycinresistenz bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA anzufordern. Bereits einen Monat später hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA dann im April 2007 bestätigt, dass Amfl ora unbedenklich sei für Mensch, Tier und Umwelt. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit hat im Mai 2007 die Genehmigung für den experimentellen Anbau auf 155 Hektar in der Bundesrepublik Deutschland erteilt. Ganze zwei Monate dauerte dieser Vorgang.

5. Das Sozial- und Gesundheitsministerium musste in der Antwort auf die von mir gestellte Frage konstatieren: „Nach der Ernte der Kartoffeln im vergangenen Herbst zeigte sich, dass die Aufl agen verschärft werden müssen. Ziel dabei muss sein, dass künftig nach der Ernte keine Gen-Kartoffeln mehr auf dem Acker liegen bleiben.“

6. Das Ministerium sah sich genötigt, das Landesamt für Soziales und Gesundheit aktiv werden zu lassen. Zitat: „Das Landesamt für Soziales und Gesundheit hat das zuständige BVL im vergangenen November aufgefordert, verschärfte Aufl agen zu prüfen.“

7. Anfang Februar, ein Vierteljahr später, heißt es im Ministerschreiben zweideutig: „Bislang hat die Bundesbehörde dafür keine Notwendigkeit gesehen.“ Das heißt entweder, die Bundesbehörde sieht verschärfte Aufl agen nicht als dringend geboten an, oder die Bundesbehörde hat es noch nicht einmal für nötig befunden, das Ansinnen der Landesbehörde zu prüfen. Immerhin heißt es von ministerieller Seite, Zitat: „Um unserer Forderung Nachdruck zu verleihen, sind wir weiterhin in Gesprächen mit dem BVL.“

8. Und obwohl schon drei Monate ins Land gegangen waren, konnte der BUND Amfl ora-Genkartoffeln sammeln und beim Sozialministerium abgeben. Das Ministerium, Zitat: „Unabhängig“ von den Gesprächen beim Bundesamt „hat das Ministerium für Soziales und Gesundheit darauf hingewirkt, dass zusätzliche Schilder an den Feldern aufgestellt werden.“

(Udo Pastörs, NPD: Für die Wildschweine.)

9. Wäre nur noch die Frage, was mit den Kartoffeln ist, die vor den Schildern gefunden wurden. Die dürfte es eigentlich nicht geben. Zitat: „Außerdem sind zwischenzeitlich die Freisetzungsfl ächen gegrubbert worden. Der letzte Tag dieser Arbeiten war der 15. bzw. 17. Januar 2008.“ Zitatende. Wie erklärt es sich dann aber, dass der BUND und auch der Land

tagsabgeordnete Borrmann, also meine Wenigkeit, noch nach dem 17. Januar 2008 keimfähige Amfl orakartoffeln auf den Äckern fi nden konnten?

10. Das Ministerium, Zitat: „Der Zustand der Freisetzungsfl ächen wird regelmäßig überprüft.“ Ich vermute mal, dass der Minister gerade auf dem Acker ist und nachguckt. Hoffen wir es jedenfalls.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Wir Nationaldemokraten meinen, die zuständige Kompetenz muss geprüft werden, und zwar rasch. Es kann doch nicht sein, dass bei der einen Fragestunde das Sozialministerium und das Gesundheitsministerium eine Antwort gibt und das andere Mal zum selben Bereich das Umwelt-, Agrar- und Verbraucherschutzministerium.

(Stefan Köster, NPD: Er ist da.)

Wir fi nden, die Kompetenz muss gestrafft werden und es muss endlich dafür gesorgt werden, dass die Missstände beseitigt werden. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Stefan Köster, NPD: Jetzt ist er da. – Raimund Borrmann, NPD: Oh!)

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erste hat das Wort für die Fraktion der SPD die Abgeordnete Frau Schildt. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion schreibt in ihrer Fraktionszeitung „Der Ordnungsruf“, vielleicht kennt der eine oder andere das,

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Michael Andrejewski, NPD: Ordnungsrufe kennen wir. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

ich zitiere: „NEIN zur Gentechnik bleibt Anliegen der NPD“, „Genfraß – Nein Danke!“ Und genau das, Herr Borrmann, war die Intention Ihrer Rede, die Chance, hier zehn Minuten Ausführungen zu dieser Thematik zu machen.

(Udo Pastörs, NPD: Das ist auch sein gutes Recht. – Stefan Köster, NPD: Sie sind ja undemokratisch. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Meine Damen und Herren, in der Landtagssitzung im Januar haben sich die Fraktionen dieses Hohen Hauses umfangreich mit dem Thema Gentechnik befasst. Wir hatten einen Antrag der Linksfraktion vorliegen. Ich gebe zu, es hat lange gedauert, bis sich die demokratischen Fraktionen mit einer Änderung zu einem gemeinsamen Beschluss durchringen konnten.

(Udo Pastörs, NPD: Das war ein schwerer und langer Weg. – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Das war notwendig – das haben wir erklärt –, weil es sehr unterschiedliche Ansichten zur Gentechnik gibt, weil das Pro und Contra intensiv diskutiert werden muss und Chancen und Risiken immer ins Auge gefasst werden müssen.

(Hans Kreher, FDP: Jawohl. – Michael Andrejewski, NPD: Genau.)

Wir haben darüber diskutiert, meine Damen und Herren, und wir haben uns im Ausschuss damit befasst.

(Michael Andrejewski, NPD: Im Ausschuss!)

Da habe ich leider nicht erlebt, dass die NPD eine wirkliche Meinung hatte. Oder Sie?

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Jetzt zu der Sache, die Sie in Ihrem Antrag vorgebracht haben. Ich denke, das ist wieder nur ein Mittel, um hier überhaupt zu Wort zu kommen. Hier wollen Sie reden, aber im Ausschuss nicht.

(Stefan Köster, NPD: Sie haben richtige Schweißperlen auf der Stirn.)

Das Gentechnikrecht stellt sich also als breit gefächertes Rechtssystem sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene dar. Das Gentechnikrecht unterscheidet drei Formen des Umgangs mit gentechnisch veränderten Organismen:

1. gentechnische Arbeiten

2. das Freisetzen

3. das Inverkehrbringen

Die Überwachung gentechnischer Arbeiten und von Freisetzungen wird derzeit von der Abteilung Arbeitsschutz und technische Sicherheit im Sozialministerium und im Landesamt für Gesundheit und Soziales wahrgenommen.