Protocol of the Session on February 1, 2008

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Borrmann von der Fraktion der NPD.

Abgeordnete des Landtages!

Frau Präsidentin Sylvia Bretschneider, bereits ein halbes Jahr warte ich auf Ihre Antwort auf meinen Brief vom 27. Juni des letzten Jahres.

Abgeordnete des Landtags, wie lange üben Sie sich in Geduld?

Bürger des Landes, die politische Auseinandersetzung zwischen den etablierten Parteien und der wirklich einzig konsequenten Oppositionspartei nimmt an Schärfe zu.

(Reinhard Dankert, SPD: Ja, träumen Sie mal weiter!)

Wir Nationaldemokraten stellen an die Herrschaftsvertreter des Systems die Frage, wie sie es mit der Gewalt in dieser Auseinandersetzung halten. Ich selbst kann aus eigener Erfahrung diese Frage konkretisieren: Waren, Freitag, 15. September 2006, 12.25 Uhr: Als Direktkandidat der Nationaldemokraten für den Wahlkreis 20 halte ich mit meinem Fahrzeug auf einem Parkplatz vor der Regionalschule in Waren-West mit einer Kiste Wahlmaterial, die das Direktkandidatenfl ugblatt meiner Person, das Aktionsprogramm der NPD zur Landtagswahl, Bonbons und eine Schulhof-CD enthält. Ruhigen Schrittes gehe ich am Schulzaun vorbei auf den ersten Bürger zu, den ich sehe, einen Schüler. „Möchtest du Informationsmaterial der Nationaldemokraten haben? Eine SchulhofCD?“

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist Ihnen ja wohl bei der Gerichtsverhandlung erklärt worden, dass das nicht okay war.)

Der Junge will gerade zugreifen, als neben ihm sich die Tür eines grünen VW-Transporters öffnet und ein 30-jähriger blonder Mann mit Stahlkappenschuhen aussteigt. „Was hast du da? NPD-Material? Schulhof-CDs? Mach, dass du verschwindest.“ Da ich niemanden provozieren will, wechsele ich die Straßenseite. Doch der große Blonde mit den schwarzen Schuhen folgte mir. „Mach, dass du abhaust, sonst drücke ich dir die Brille ein!“ Ich antworte: „Ich belästige niemanden, sondern nutze nur den öffentlichen Raum zum Verteilen von Wahlmaterial für die Landtagswahl.“ „Das ist Nazi-Schrott“, erwidert der Blonde.

(Irene Müller, DIE LINKE: Recht hat er. – Dr. Armin Jäger, CDU: Da hat er recht. – Heinz Müller, SPD: Wo er recht hat, hat er recht. – Zurufe von Wolf-Dieter Ringguth, CDU, und Michael Andrejewski, NPD)

„Ihr wollt nur eure miese Propaganda an die Bürger verbreiten. Und dann diese braune Schund-CD an die Schüler, dieser ganze Dreck gehört in die Tonne.“

(Irene Müller, DIE LINKE: Da ist er auch gelandet. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

„Haben Sie schon einmal die CD gehört“, war meine Frage. „Das habe ich nicht nötig“, brüllt der Bauarbeiter aggressiv zurück. „Diesen Mist werde ich mir nie anhören.“

(Peter Ritter, DIE LINKE: Recht hat er. – Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Der Arbeiter hat recht. – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU)

Unbeeindruckt gehe ich weiter auf und ab, biete meine Materialien an.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Ein Schüler, der vor mir steht, streckt die Hand aus. Der große Blonde droht: „Wehe du nimmst die CD, dann weißt du, was passiert! Und wehe du gibst einem Schüler die CD, dann schlage ich dir den Schädel ein!“

(Irene Müller, DIE LINKE: Das stimmt nicht. – Stefan Köster, NPD: Das ist Ihre Klientel.)

Ich lasse von meinem Vorhaben ab und gehe weiter.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Der große Blonde höhnt: „Siehst du, das ist Zivilcourage.“ Er geht wieder über die Straße, um seine Arbeit auf dem Schulhof fortzusetzen. Als ich bei der nächsten Kehre wieder an dem Schüler vorbeikomme, drücke ich ihm blitzschnell eine CD in die Hand.

(Irene Müller, DIE LINKE: Oh, wie mutig! – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Der Junge zögert. „Schnell weg, damit es keiner sieht. Nun weißt du, wer hier gewalttätig ist und wer wehrlose Menschen bedroht. Wir Nationalen jedenfalls nicht.“

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP – Michael Andrejewski, NPD: Ja. – Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Oh, das ist ja Wahnsinn! – Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Der Schüler nickt stumm und im Bruchteil einer Sekunde ist die Scheibe verschwunden. Ein anderer braungebrannter Arbeiter mit Glatze hat offenbar doch etwas gesehen. Er kommt eiligen Schrittes vom Schulhof und brüllt am Schultor: „Warte, du braunes Dreckschwein, ich komme und mach dich kurz und klein!“ Der bullige 30-Jährige meint es offenbar so ernst, sodass der große Blonde auf ihn zu eilt und ihn nur mit Mühe zurückhalten kann. „Lass das sein! Du machst dich strafbar. Denk an die Leute, jede Menge Zeugen“, mahnt er seinen Kollegen. Dann wendet er sich dem Nationaldemokraten zu. „Warte, wir sehen dich ein andermal, dann schlagen wir dir die Fresse ein, du Hohlkopf! Bist du überhaupt zur Schule gegangen? Und jetzt verschwinde, bevor ich es mir anders überlege!“ Ich lasse mich nicht provozieren und gehe weiter. Der große Blonde wechselt erneut die Straße und stellt sich vor mir auf. Er ist aufs Äußerste angespannt, seine Gesichtszüge zittern. Eine falsche Bewegung, ein winziger Ausdruck von Angst, eine provozierende Bemerkung und die geballte Kraft eines Bauarbeiters könnte auf mich niederprasseln.

(Zuruf aus dem Plenum: Oooh!)

Doch Kamerad Borrmann lässt sich nicht aus der Ruhe bringen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Schönes Märchen!)

„Hier ist eine öffentliche Straße. Ich belästige niemanden, ich habe kein strafbares Material bei mir. Dürfte ich bitte weitergehen?“ Zwei, drei Sekunden vergehen. „Ich habe dich gewarnt. Wenn du eine CD verteilst, war’s das für dich.“ Der große Blonde geht wieder auf den Schulhof zurück. Minuten verstreichen, ohne dass etwas passiert. Plötzlich taucht der bullige Kerl wieder auf und schreit: „Es reicht!“

(Egbert Liskow, CDU: Das sind doch Alpträume, Junge.)

Er greift in die Kiste und entreißt mir die …

Herr Abgeordneter Borrmann, unterbrechen Sie bitte einen Moment. Sie sind hier vorne am Rednerpult, um den Antrag zu begründen.

Das tue ich.

Wir hören seit Minuten hier eine persönliche Schilderung.

(Michael Andrejewski, NPD: Er schildert einen Fall von Gewalt. – Udo Pastörs, NPD: Da hören Sie mal, was von anderer Seite ständig gegen uns agitiert wird.)

Ich bitte Sie, sich zur Sache zu äußern und den Antrag zu begründen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Das ist ja merkwürdig, dass dies bei der Gerichtsverhandlung völlig anders geschildert wurde. Ist das jetzt eine Märchenstunde hier? – Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Tino Müller, NPD)

Ich schildere einen Fall von Gewalt.

(Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, Tino Müller, NPD, und Udo Pastörs, NPD)

„Diesen Schund werde ich jetzt entsorgen, und nun verpiss dich!“ Triumphierend kehrt der Kahle auf den Schulhof zurück, wohin er das Wahlmaterial verbringt. Jetzt taucht ein schwarzer Wuscheliger auf, circa 30 Jahre, und scheint ebenfalls in die Szene einzugreifen.

(Sebastian Ratjen, FDP: Selbsthilfegruppe!)

„Bist du noch immer da, du braune Ratte?“ Ich gehe zu meinem Auto, greife zum Telefon und verständige die Polizei von dem Raub. „Man werde in Kürze am Friedrich-Engels-Platz erscheinen“, lässt sich aus der Einsatzzentrale vernehmen. Daraufhin schreite ich meinen Weg weiter ab. Minuten vergehen, ohne dass etwas Besonderes geschieht. Da kommt ein 15-jähriger Schüler auf mich zu: „Möchtest du eine Schulhof-CD?“ „Nein danke, ich habe schon eine. Ich halte nichts davon.“ „Gut, dann hast du dir deine Meinung gebildet, danke.“

(allgemeine Unruhe – Irene Müller, DIE LINKE: Aha?! Von solchen Heldentaten war ja gar nichts zu hören.)

Schon will ich weitergehen, als der große Blonde zum dritten Mal die Straße wechselt. Er hat den kurzen Dialog mit dem Schüler offenbar falsch gedeutet. „Jetzt reicht es“, ruft er schon von...

Herr Borrmann, ich habe Sie eben darum gebeten, zur Sache zu sprechen. Sie haben einen Antrag zu begründen. Bitte tun Sie das!

Ich begründe den Antrag.

(Michael Andrejewski, NPD: Sachrufe gelten wohl nur für uns. – Zuruf von Tino Müller, NPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich unterbreche die Sitzung und berufe auf Antrag der NPD-Fraktion den Ältestenrat ein.

(Irene Müller, DIE LINKE: Richtig. – Gino Leonhard, FDP: Das war klar. Das war klar.)

Wir sehen uns um 9.50 Uhr hier wieder. Danke.

Unterbrechung: 9.38 Uhr