Im Übrigen, Herr Pastörs, gehören Antikapitalismus und Internationalismus zusammen wie die Nässe zum Regen.
Interkultureller Dialog ist getragen davon, dass jeder Mensch verlangen kann, wie ein Mitmensch behandelt zu werden, ohne Rücksicht auf sein Geschlecht, seine Hautfarbe, seine Ideen oder seinen Geschmack. Eine solche Bedingung nennt man Würde.
Eine solche Bedingung nennt man Würde. Was Sie von der Würde der Menschen halten, haben Sie gestern bewiesen, als Sie Millionen Menschen, die in der Zeit zwischen 1933 und 1945 geschunden und ermordet worden sind, den Respekt verweigerten.
(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Michael Andrejewski, NPD: Wir haben Ihnen den Respekt verweigert. – Zuruf vom Raimund Borrmann, NPD)
Sehr geehrte Damen und Herren, die historische Entwicklung unseres Landes und der Menschen, die hier lebten und leben, sind beeinfl usst vom interkulturellen Dialog, von der Philosophie Griechenlands, vom staatspolitischen Genie Roms, vom christlichen Glauben, vom Geist der Aufklärung, von den formulierten Menschen-
Daran anknüpfend ist folgende Textstelle aus dem Schlussbericht der Enquetekommission des Bundestages „Kultur in Deutschland“ zu unterstreichen. Ich zitiere: „Die Zuwanderung von Menschen aus verschiedenen angrenzenden und weit entfernten Regionen und die Zusammenarbeit mit ihnen waren und sind zentral für die Entwicklung Deutschlands.“
„Menschen mit Migrationshintergrund auf ihren Bezug zu einer bestimmten Ethnie zu reduzieren, ist falsch. Sie sind Teil der Kultur in Deutschland. Schließlich ist Kultur etwas, das durch unterschiedliche soziale Prozesse entsteht und sich verändert.“ Zitatende.
Mit unserem Antrag wollen wir den interkulturellen Dialog befördern. Es scheint nötig, weil insbesondere im ersten Halbjahr 2007, als Deutschland die Ratspräsidentschaft innehatte, sehr viel über Europa in den Medien stand und heute ist eher „still ruht der See“ zu vernehmen.
(Udo Pastörs, NPD: Die Menschen wollen kein Europa. Die gehen nicht mal zur Wahl, wenn Europawahlen sind.)
Ich bin froh, Herr Minister Tesch, dass Sie sich hier so geäußert haben, wie Sie sich geäußert haben. Ich bin enttäuscht, Herr Kuhn, dass Sie sagen, letztlich werden Sie den Antrag ablehnen. Ich bin enttäuscht,
und zwar aus folgendem Grund: Natürlich können wir in den Ausschüssen darüber reden, aber das ist hinter verschlossenen Türen.
Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1196. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/1196 bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und Ablehnung aller anderen Fraktionen abgelehnt.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion der FDP – Chancengleichheit von Anfang an, Drucksache 5/1190.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit Anfang letzten Jahres diskutieren wir hier im Landtag auf unterschiedliche Weise, wie wir Mecklenburg-Vorpommern freundlicher für Familie und insbesondere Kinder gestalten können. Durch den Tod des kleinen Schweriner Mädchens Lea-Sophie hat diese Thematik noch an Bedeutung gewonnen. Die Politik stellte sich deshalb die Frage: Was können und was müssen wir als Gesellschaft machen, um das Kinderwohl besser zu schützen als bislang?
Als Liberaler ist mir wichtig, dass die Erziehungskompetenz ganz und ausschließlich bei den Eltern liegt. Das Elternhaus ist dafür verantwortlich, seinen Kindern alle Hilfe zur Hand zu geben, damit sie Kompetenzen erwerben, um gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Wenn die Eltern dazu nicht in der Lage sind, muss die Gesellschaft ihre Hilfe anbieten.
Wie können nun Außenstehende erkennen, dass die Entwicklung eines Kindes fehlläuft? Zu diesem Zweck gibt es schon heute unterschiedliche Angebote, die von der Mehrheit der Familie sehr gut angenommen werden. Fast alle Kinder im Land besuchen eine Betreuungseinrichtung und eine Mehrheit nimmt freiwillig an den kinderärztlichen Voruntersuchungen teil. Nun ist es so, dass nicht jede Fehlentwicklung eines Kindes automatisch auf falsche Erziehung der Eltern zurückzuführen ist. Aus unterschiedlichen Gründen haben nicht alle Kinder zum gleichen Zeitpunkt den gleichen Entwicklungsstand. Deshalb ist es wichtig, so früh wie möglich Defi zite zu erkennen und dann entsprechend zu behandeln. Dies ist vor allem für den Bereich der Regelschule wichtig. Werden heute bei der Einschulungsuntersuchung zum Beispiel schwere sprachliche Defi zite festgestellt, reicht diese Zeit kaum, um wirksame Maßnahmen zu erreichen.
An dieser Stelle ein Beispiel: Ich habe eine siebenjährige Tochter. Vor zwei Jahren war die Einschulungsuntersuchung. Ich habe mir erlaubt, die Ärztin zu fragen, was man im letzten Jahr noch groß machen kann. Da kam nur ein Schulterzucken. Also ist, glaube ich, jedem bewusst, dass man innerhalb von zwölf Monaten nicht mehr viele Defi zite aufheben kann. Die Kinder müssen in der Folge oft eine Förderschule besuchen. Es soll aber Ziel sein, dass möglichst viele Kinder die Chance erhalten, am normalen Schulunterricht teilzunehmen. Ich will die Förderschulen nicht schlechtreden, denn sie werden gebraucht, aber es gibt sehr viele Grenzfälle, etwa Kinder mit Migrationshintergrund, die bei der gesonderten frühzeitigen Förderung trotz Fehlentwicklung doch möglichst noch eine Regelschule besuchen können. Insofern ist es wichtig, schon im sehr frühen Vorschulalter Erhebungen über den geistigen und sprachlichen Entwicklungsstand durchzuführen. Die jetzige Schuluntersuchung kommt, wie gesagt, zu spät.
Nun liegt uns zur Beratung ein Gesetz der LINKEN vor und es erwartet uns ein Gesetzentwurf der Landesregierung, die uns als Lösung die Pfl icht-U-Untersuchungen vorschlägt. Damit sollen in erster Linie Kindesgefährdungen durch Missbrauch und Vernachlässigung frühzeitig effektiv abgewehrt werden. Ähnliche Initiativen sind bereits in anderen Bundesländern umgesetzt worden, aktuell in Schleswig-Holstein. Im Rahmen der dort stattgefundenen Anhörung ist jedoch sehr deutlich geworden, dass die U-Untersuchung nicht das richtige Instrument ist, um Kindesmisshandlung oder -vernachlässigung zuverlässig zu erkennen, und auch nicht das richtige Mittel, um die Schulfähigkeit eines Kindes festzustellen. Diese Untersuchungen beim Kinderarzt zielen zuallererst auf die Erkennung von Krankheiten ab. Lesen Sie bitte dazu die Stellungnahme der Experten der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Schleswig-Holstein. Und es gab im „Spiegel“ Mitte Dezember einen Beitrag, den ich auch empfehlen kann. Da hat ein Journalist das sehr sachlich heruntergearbeitet. Zwischen den U-Unter suchungen U8 und U9 besteht zudem ein zu großer zeitlicher Abstand, nämlich eineinhalb Jahre, um die Schulfähigkeit eines Kindes festzustellen.
Entwicklungsdefi zite müssen, wie bereits gesagt, nicht automatisch die Folge von Misshandlung oder Vernachlässigung sein. Deshalb dürfen Untersuchungen bei Kindern nicht den Eindruck erwecken, die Eltern seien von vornherein nicht in der Lage, ihre Kinder ordentlich zu erziehen. Gerade die U-Untersuchung hat eine hohe Akzeptanz, weil sie freiwillig ist. Und wir haben heute gerade im Ausschusssekretariat die neuen Zahlen bekommen, in den ersten Jahren bis zu 90 Prozent.
Neben verpfl ichtenden U-Untersuchungen und Schuluntersuchungen gibt es noch weitere Vorschläge. Zu nennen sind eine Kindergartenuntersuchung, eine zweite Schuluntersuchung oder Spracherhebung. Allen gemein ist, dass man statt im fünften schon im dritten beziehungsweise vierten Lebensjahr eines Kindes verbindliche Diagnosen der geistigen und motorischen Fähigkeiten einzuführen gedenkt. Ich habe dazu vorhin mein persönliches Beispiel gebracht. Ich glaube, dass, wenn wirklich Defi zite auftauchen, es sinnvoll ist, im dritten und vierten Lebensjahr eine Schuluntersuchung durchzuführen, um darauf einwirken zu können und auch die Möglichkeiten, die wir jetzt haben, wie Frühförderung, anbieten zu können, weil so wesentlich früher entschieden werden kann, ob und wie viel Hilfe ein Kind braucht, um schulfähig zu sein.
Mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, die verschiedenen Lösungsansätze eingehend zu überprüfen. Es gilt also zu überlegen, welche Wege und Mittel notwendig sind, damit wir allen Kindern eine chancengleiche Mitwirkung an der Gesellschaft ermöglichen. Uns geht es darum, extreme Einzelfälle möglichst so zu vermeiden und normaler Fehlentwicklung frühzeitig und wirksam entgegenzuwirken.
Um das Wort hat gebeten der Sozialminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern Herr Sellering. Herr Sellering, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Chancengleichheit von Anfang an“, das war hier schon häufi ger ein Thema. Es ist nach wie vor ein großes, leider auch sehr aktuelles Thema. Ich habe eben schon das eine oder andere dazu gesagt, als es um die Regelsätze ging. Es geht letztlich um Teilhabechancen, es geht um die Chancen aller, auch Selbstverwirklichung.