Aber es gibt eben auch ein weniger gut ausgebildetes Drittel, das immer weiter droht, abgehängt zu werden. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen von der PDS,
dieses Problem kann man nicht dadurch lösen, dass man sich jetzt LINKE nennt, nein, das kann man nicht dadurch lösen, dass man sagt, wir geben mehr Geld in diese Familien, sondern da müssen wir einfach mehr tun. Wir
werden gleich noch über Chancengleichheit reden. Und wenn es um mehr Geld geht, wenn wir mehr Geld investieren, dann müssen wir das so klug investieren, dass es nicht einfach immer nur ins Portemonnaie der Eltern kommt, sondern es muss um Leistungen gehen, die den Kindern direkt zugute kommen, die die Fähigkeiten der Kinder stärken, ihren Platz in der Gesellschaft zu fi nden, sich zu entwickeln. Das als Vorbemerkung.
Wir haben hier im Landtag schon häufi ger über dieses Thema gesprochen. Ich möchte heute einmal die Gelegenheit wahrnehmen, drei Sätze dazu zu sagen, dass dieses Problem nicht so ist, dass wir uns in der Vergangenheit nicht darum gekümmert haben. Ich erinnere nur einmal daran, was die rot-grüne Koalition im Bund seit 1998 alles gemacht hat:
(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die Hartz- Gesetze, daran können wir uns noch erinnern. – Torsten Koplin, DIE LINKE: Aua, aua!)
dreimal das Kindergeld erhöht, Familien mit zwei Kindern müssen erstmalig ab 37.000 Euro Steuern zahlen,
(Irene Müller, DIE LINKE: Da freuen sich vor allem Arbeitslosengeld-II-Familien. – Zuruf von Torsten Koplin, DIE LINKE)
erwerbsbedingte Betreuungskosten, wir haben den Kinderzuschlag eingeführt ab 2005. Ich denke, es ist wirklich viel passiert, auch in dem Bereich, wo es nicht um Geld geht, das direkt zu den Familien fl ießt, sondern wo wir etwas tun, damit Familien besser klarkommen. Das Ganztagsschulprogramm stammt auch noch aus der letzten Legislatur. Jetzt haben die Berliner viel Geld angefasst, 4 Milliarden, um im Bereich der Kitas mehr zu tun.
Ich denke, das muss man deutlich sagen, das Problem ist erkannt worden und es wird viel getan. Aber, und das als Vorbemerkung, natürlich muss das Geld ausreichen. Wir müssen überprüfen, ob das, was den Kindern als Regelsatz zur Verfügung steht, ausreicht. Es hat in den letzten Monaten hier im Landtag häufi g isoliert kleine Anträge der LINKEN gegeben,
wo jeweils im Einzelfall darauf hingewiesen worden ist, dass bestimmte Bedarfe, die gesehen werden, bei der Regelsatzberechnung im Regelsatz nicht ausdrücklich auftauchen. Sie haben dann jeweils die Argumentation gebracht, dass das nicht in dem enthalten ist, was wir an Sozialleistungen zahlen. Also muss es zusätzlich draufgelegt werden. Diese Anträge von Ihnen legen in der Tat eine große Schwäche unseres Systems offen.
Sie legen nämlich die Schwäche offen, dass wir die Regelsätze für Kinder nicht konkret nach dem berechnen, was Kinder brauchen,
(Irene Müller, DIE LINKE: Genau so einen Antrag hatten wir. Da haben wir vorgerechnet, für Kinder und Jugendliche.)
sondern wir rechnen abstrakt aus, was braucht ein Erwachsener, und davon nehmen wir 60 oder 80 Prozent.
Meine Damen und Herren, es ist natürlich nicht überzeugend, was vielleicht in der Sache richtig ist, zu sagen, im Regelsatz ist zwar die Schultüte für das Kind nicht enthalten, aber von zum Beispiel von den 60 Prozent bei einem unter 14-Jährigen, 60 Prozent dessen, was bei Erwachsenen für Alkoholika und Zigaretten …
(Harry Glawe, CDU: Und Tabak! Und Tabak! – Zurufe von Torsten Koplin, DIE LINKE, und Irene Müller, DIE LINKE)
… berechnet ist, kannst du ja die Schultüte kaufen. Ich glaube, das macht deutlich, das mag fi nanziell stimmen, aber in der Argumentation kommen wir damit einfach nicht weiter. Und deshalb möchte ich als Sozialpolitiker dieses Landes, dass Sie alle als Kolleginnen und Kollegen in die Lage versetzt werden, dass wir einer Mutter oder einem Vater gegenübertreten und Folgendes sagen können: Das, was im Regelsatz an Geld ausgewiesen ist, damit kannst du auskommen, das ist von Experten genau ausgerechnet worden,
dafür kannst du kaufen, was man zum Essen braucht, und du kannst das kaufen, was man für Kleidung braucht. Das soll im Einzelnen ganz konkret ermittelt werden. Das ist jedoch nicht einfach, weil es eine Abkehr von unserem bisherigen System ist.
Sie können sich auch vorstellen, dass es deshalb im Bund erhebliche Widerstände gibt, weil befürchtet wird, vielleicht wird es dann teurer.
Ich will dabei auf einen Punkt hinweisen, denn es wird ganz häufi g gesagt, Sozialleistungen müssen das Lohnabstandsgebot einhalten. Man darf also an Sozialleistungen nicht so viel bekommen, dass kein Anreiz mehr besteht, arbeiten zu gehen. Aber, meine Damen und Herren, …
In dem Augenblick, Frau Borchardt, wo ich nicht einfach abstrakt einen Betrag festlege, sondern ausrechne, wie viel braucht ein Kind, da kann dieses Argument nicht
mehr ziehen. Ich kann nicht sagen, ich gebe einem Kind weniger, als es braucht, um das Lohnabstandsgebot einzuhalten, sondern dann reden wir über Löhne und deren Höhe.
Auf der letzten Arbeits- und Sozialministerkonferenz hat Mecklenburg-Vorpommern einen entsprechenden Antrag eingebracht und das Thema angesprochen. Es ist sehr deutlich geworden, dass es Widerstände vom Bund gibt, aber es gab auch Widerstände aus den verschiedensten Ministerien der einzelnen Länder. Wir haben jedoch so lange diskutiert, bis wir am nächsten Tag einen einstimmigen Beschluss hinbekommen haben.
Ich bin darauf durchaus stolz und fi nde das sehr gut. Ich stehe aber nicht hier, um mich dafür feiern zu lassen, sondern ich möchte darum bitten, dass dieses Haus das insgesamt unterstützt. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, auch wenn die Minister das beschlossen haben, dass es zum Bund geht, es wird viele Widerstände geben. Deshalb wird man dieses aus meiner Sicht sehr wichtige Anliegen nur durchbekommen, wenn es von uns allen gemeinsam getragen wird.
Ich möchte in dem Zusammenhang noch auf den zweiten Teil des Beschlusses, den wir eingebracht haben, hinweisen. Wir haben nicht nur gesagt, das, was Kinder brauchen, muss konkret ausgerechnet werden, sondern wir haben auch gesagt – und das halte ich für sehr wichtig und vielleicht gehen wir da auseinander mit der LINKEN –, wir müssen schauen, wie wir das Geld, das wir als Staat aus Steuergeldern zur Verfügung stellen, am besten so anlegen, dass es auch wirklich bei den Kindern ankommt. Ich plädiere für immer mehr Sachleistungen in einem sehr weitgehenden Sinne. Ich sage zum Beispiel, die Chancen von Kindern, damit sie gleiche Chancen haben, sich zu entwickeln, erhöhe ich nicht dadurch, dass die Eltern 100 Euro mehr haben, sondern die erhöhe ich dadurch, dass ich eine sehr gute Kita habe und Defi zite in der Ausbildung, der Bildung, den sozialen Voraussetzungen möglichst ausgeglichen werden.
Deshalb halte ich es für sehr gut, dass wir diese 184 Milliarden Euro, die wir hier im Land an familienbezogenen, kinderbezogenen Leistungen haben, durchaus durchforsten und uns anschauen, wo kommen diese Gelder an, wie machen wir das am besten. Wir haben viel vor und dazu kann ein Beschluss eines Landtages durchaus beitragen. Deshalb bitte ich um Unterstützung für diesen Antrag.
(Helmut Holter, DIE LINKE: Das wollten beim wir Kombi-Lohn auch. – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)