Protocol of the Session on December 13, 2007

Wir müssen darauf hinwirken, dass in besonderer Weise in den nächsten Jahren, dort wo Arztpraxen abgegeben oder verkauft werden, Nachfolger gefunden werden, die diese übernehmen. Dazu gibt es eben auch verschiedene

Ansätze. Schwester AGnES ist hier als Begriff gefallen. Schwester AGnES gibt es in Mecklenburg-Vorpommern in verschiedensten Modellregionen. Entweder ist es schon abgeschlossen oder es wird erprobt. Ich nenne hier nur die Beispiele Rügen, Uecker-Randow, Waren und Neubrandenburg. Wir haben dort die ersten Absolventen von Schwestern, die in dieser Frage jetzt so einen Abschluss haben, was gerade vor einigen Wochen in Neubrandenburg und Greifswald ausgezeichnet wurde.

Meine Damen und Herren, die Frage der Telemedizin hat der Minister richtig beschrieben. Ich kann Ihnen sagen, dass im nächsten Jahr im Bereich der Pomerania ein weiteres Modellprojekt starten wird und wir in diesem Bereich weiterhin deutliche Fortschritte erreichen werden.

Zu AGnES zurück. AGnES wird am Ende eine wissenschaftliche Begleitung erfahren oder hat sie schon erfahren. Die Ergebnisse werden dem Bundesausschuss zugeleitet, um sie wahrscheinlich bei der nächsten Gesetzgebung auf Bundesebene im Interesse der Länder, auch der neuen Länder, insbesondere in die Gesundheitsreform aufzunehmen oder auch nicht. Die Frage wird beantwortet werden, wenn die Modellversuche in Brandenburg und in Sachsen ausgewertet sind. So viel kann ich Ihnen hier sagen. Daher verstehe ich Frau Linke eigentlich nicht, das wissen Sie auch, als sie hier sagte: All die Dinge machen wir nicht oder es passiert nichts.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Im letzten Jahr nicht. Alles schaumgebremst.)

Die Frage, die in besonderer Weise hier die Kernkompetenz ausmacht, noch einmal zur Erinnerung: Als die DDR zu Grabe getragen wurde, von dem Zeitpunkt an, haben wir in Mecklenburg-Vorpommern im Verhältnis zu damals etwa 1.000 Ärzte mehr im Land. So viel auch einmal zu der Frage Ausgangslage und heutige Situation.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Auf dem Land, glaube ich, nicht.)

Meine Damen und Herren, der Sicherstellungsauftrag ist hier beschrieben worden. Es wird weiter darum gehen, das in vernünftiger Zusammenarbeit zwischen den KVen, der Landesregierung und anderen zu klären, damit die Dinge vorangetrieben werden, um die hausärztliche und fachärztliche Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern in Verbindung mit anderen Leistungserbringern sicherzustellen. Da, glaube ich, ist diese Regierung auf einem guten Weg. In diesem Sinne habe ich eigentlich gar kein Problem zu erklären, dass wir auch in den nächsten Jahren die Versorgung der Bevölkerung in den Mittelpunkt aller unserer Interessen stellen werden, um die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung auf hohem Niveau sicherzustellen. Dazu fordere ich Sie auch auf. Ihren Antrag heute zu überweisen, halten wir für nicht gegeben.

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Schlecht.)

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Herr Glawe.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Köster von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die fl ächendeckende ärztliche Versorgung in unserem Land ist, wie wir gehört haben, stark bedroht. Im Landkreis Ludwigslust, um ein Beispiel zu nennen, nimmt sie spätestens ab 2009 stark ab. Das geht aus einem Bericht des Fachdienstes Gesundheit der Kreisverwaltung Ludwigslust hervor, der auf der Kreistagssitzung am 6. Dezember 2007, also letzte Woche, beraten wurde. Die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung ist eine unverzichtbare Säule der Daseinsvorsorge des Staates, wird in dieser Vorlage richtigerweise festgestellt. Aber gerade diese Säule ist stark in Gefahr.

Welchen Einfl uss die Politik in der heutigen Zeit hat, ging bereits aus der Oktoberfragestunde des Landtages hervor. Herr Sozialminister Sellering gab damals zum Besten, dass die Politik keine Möglichkeit der direkten Einwirkung mehr hat. Na, herzlichen Glückwunsch! Alle wesentlichen Gestaltungsmöglichkeiten wurden auf die Kassenärztliche Vereinigung übertragen. Diese scheint jedoch an einer fl ächendeckenden und bedarfsorientierten Versorgung kein Interesse zu haben. Vielmehr konzentriert sich die Kassenärztliche Vereinigung offenbar auf Städte und Zentren. Während es in den Ballungsräumen eine ärztliche Überversorgung gibt, leidet vor allem der ländliche Raum an Ärztemangel.

Eine aktuelle Gegenüberstellung des Einwohner-ArztVerhältnisses für den Planungsbereich Rostock und Ludwigslust belegt, dass beispielsweise in der Hansestadt Rostock auf einen Radiologen 24.333 Einwohner kommen, während im Landkreis Ludwigslust theoretisch eine radiologische Praxis 136.000 Bürger zu betreuen hat. Gleiches Verhältnis gilt übrigens auch für Anästhesisten. Lediglich im hausärztlichen Bereich ist das Verhältnis annähernd gleich. Sämtliche Fachärzte sind einer kaum zu bewältigenden Arbeitsbelastung im ländlichen Raum ausgesetzt. Auf die Unterstützung der Politik, um zum Beispiel endlich das Honorar in Deutschland zu vereinheitlichen, warten die Mediziner vergeblich. Dieses ist Ihr Gesundheitsland Mecklenburg-Vorpommern, Herr Sellering. Gesundheit ist offensichtlich nur noch etwas für Städter und Reiche.

Bereits 2009 sind im Landkreis Ludwigslust, einem Landkreis, dem es vergleichsweise in Mecklenburg-Vorpommern noch relativ gut geht, mehr als 30 Prozent der Hausarztstellen zu besetzen, bis 2012 mehr als 34 Prozent der Hausarztstellen, 2017 reduziert sich die Zahl der niedergelassenen Allgemeinmediziner im Landkreis Ludwigslust voraussichtlich von jetzt 85 Ärzten auf 42. Dieses entspricht dann einem Versorgungsgrad von 46 Prozent.

Es bedarf vielerlei Maßnahmen, damit sich die Mediziner für den Beruf des Landarztes interessieren. Wir hatten es damals schon in unserem Aktionsprogramm zur Landtagswahl ausgeführt. Die Politik hat die grundsätzliche Pfl icht, in Mecklenburg-Vorpommern eine ausreichende medizinische Infrastruktur vor Ort sicherzustellen. Wir Nationaldemokraten setzen uns deshalb dafür ein, dass die ärztlichen Honorare im ländlichen Raum höher als in den Großstädten abgerechnet werden können, damit auch Landärzte wieder eine ausreichende wirtschaftliche Grundlage haben, um im ländlichen Raum die Gesundheitsvorsorge gewährleisten zu können. Darüber hinaus ist zu überlegen, ob man den Studierenden die Möglichkeit gibt, so, wie es in der Wirtschaft alltäglich ist, das Studium ohne fi nanziellen Druck in Vollzeit durchzuführen. Im Gegenzug können die Absolventen verpfl ichtet

werden, einen bestimmten Zeitraum auf Angestelltenbasis für die Gemeinschaft tätig zu werden.

Ärzte benötigen Rahmenbedingungen, die eine freie Berufsausbildung zum Wohle der Gesunden und Kranken möglich macht. Ärzte wollen ihrer sozialen Verantwortung gerecht werden, verlangen aber zu Recht auch eine angemessene Vergütung, die einheitlich geregelt sein muss. Des Weiteren sollte die Regierung alles in die Wege leiten, direkt an den Universitäten den jungen Medizinern die Vorzüge unseres Landes aufzuzeigen. Statt in der Staatskanzlei Geld für Meinungsumfragen einzusetzen, sollten diese Gelder für das Wohl der Menschen verwendet werden.

Der Antrag der FDP-Fraktion enthält wesentliche Punkte, die zur Sicherung der fl ächendeckenden ambulanten ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern dienlich sein können. Wir als NPD-Fraktion werden diesen Antrag mehrheitlich unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Köster.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Heydorn von der Fraktion der SPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Eine Menge von Sachverhalten sind zu dem Thema heute schon dargelegt worden. Also ich will es vorwegschicken, Herr Grabow, wir als SPD-Fraktion lehnen Ihren Antrag ab, weil er keine neuen Sachverhalte und auch keine neuen Lösungsansätze bringt. Das sind Dinge, die sind hier seit etlichen Jahren bekannt und die sind von uns auch schon vor zwei Jahren aufgegriffen worden.

Wenn man sich die Situation der ärztlichen Versorgung in der Bundesrepublik insgesamt ansieht, kann man nicht davon reden, dass wir einen Ärztemangel haben, sondern es ist eine Frage der regionalen Verteilung. Ärzte sind einfach in der Bundesrepublik schlecht verteilt. Wir haben Regionen in Bayern beispielsweise, in Starnberg beträgt der Versorgungsgrad mit Ärzten 150 Prozent,

(Torsten Koplin, DIE LINKE: Nanu, warum das? Das hängt wohl mit dem Geld zusammen.)

in Freiburg im Breisgau sind es 146 Prozent an ärztlicher Versorgung und in München sind es 140 Prozent. Aber auf der anderen Seite in 24 Kreisen und Städten in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt liegt der Versorgungsgrad hingegen nur zwischen 75 und 90 Prozent, immer bezogen auf die hausärztliche Versorgung. Und bei uns in Mecklenburg-Vorpommern haben wir einen Versorgungsgrad zwischen 75 bis unter 100 Prozent. Damit sind wir in der ähnlichen Situation wie die Länder Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Bei den Facharztgruppen kann man insgesamt sagen, dass wir nur regional vereinzelt ein paar kleinere Probleme haben, aber das große Thema ist die Versorgung bei den Hausärzten.

Auch die Region Berlin ist beispielsweise deutlich überversorgt. Es ist bekannt, dass Mediziner in Berlin lieber Taxi fahren und gegebenenfalls mal die eine oder andere Arztvertretung durchführen, als nach Mecklenburg-Vorpommern oder in andere Flächenländer zu gehen, um da dem Job eines Landarztes nachzugehen. Es hat sicherlich auch nur im begrenzten Umfang mit Geld zu tun. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Taxifahrer in Berlin mehr Geld verdient als ein Landarzt in Mecklenburg-Vor

pommern. Das hat auch mit anderen Dingen zu tun. Ich denke, dass die Themen Arbeitszeit, Arbeitsaufwand, aber auch letztendlich Lebensweise, Lebensart und Lebensmöglichkeiten bei solchen Entscheidungen eine Rolle spielen.

Wenn man sich die Zahlen der Kassenärztlichen Vereinigung in Mecklenburg-Vorpommern anguckt, dann sind 29,6 Prozent der Ärzte zwischen 50 und 60 Jahre alt. 26 Prozent sind sogar älter als 60 und Ärzte geben im Schnitt mit 63 Jahren ihre Praxen auf und sind dann auf der Suche nach Nachfolgern. Deswegen sind nach Angaben der KV im Jahr 2010 etwa 450 Hausarztsitze vakant und 50 Facharztsitze werden gebraucht. Angesichts dieser ungünstigen Altersstruktur fordern alle gesellschaftlich relevanten Bereiche, mehr Anreize zu schaffen, um Menschen dazu zu bewegen, Ärzte dazu zu bewegen, Hausarztsitze anzunehmen. Nur, das ist nicht neu, Herr Grabow. Und Sie sind auch nicht der Erste, der mit diesem Thema in den Landtag kommt.

Ich will daran erinnern, dass wir am 13. Mai 2004 die Landesregierung in enger Abstimmung mit der Selbstverwaltung aufgefordert haben, bis zum Juni 2005 einen Masterplan zur Sicherung der weiteren fl ächendeckenden ärztlichen Versorgung in Mecklenburg-Vorpommern vorzulegen. In diesem Antrag heißt es: „Dabei sind u. a. folgende Schwerpunkte zu prüfen, zu bewerten und soweit möglich mit einzubeziehen“. Jetzt will ich einmal einige von diesen Schwerpunkten nennen und Sie werden sehen, dass das sehr eng korrespondiert mit dem, was heute von Ihnen vorgelegt wird:

„1. Imagekampagne für den Arztberuf sowie den attraktiven Standort Mecklenburg-Vorpommern …

2. Unterstützung von Initiativen zur Entbürokratisierung für den Arztberuf;

3. Möglichkeit der Führung von Zweitpraxen, der Einführung“ – das ist heute auch angesprochen worden – „einer Art Landarztzulage …

4. Erleichterungen und Unterstützung für die im Land lebenden ausländischen Ärzte, um ihren Beruf hier auszuüben“.

Das ist heute hier immer bemerkenswert, der Kollege der NPD, also „Kollege“ ziehe ich zurück, der Abgeordnete der NPD trägt hier vor, dass das Thema Arztversorgung ein großes Problem ist und wir Schwierigkeiten dabei haben, aber auf der anderen Seite wollen die Herren ausländische Ärzte wieder nach Hause schicken.

(Udo Pastörs, NPD: Wir wollen nicht, dass die deutschen ins Ausland gehen, was jetzt Praxis ist.)

Das passt alles nicht so zusammen. Das passt alles so richtig nicht zusammen.

(Raimund Borrmann, NPD: Das ist parasitär.)

Das entscheidet nun einmal jeder für sich.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Die Menschen, die gegebenenfalls einen Migrationshintergrund haben, als Arzt hier eine wichtige Leistung abgeben, die sollen wieder nach Hause gehen.

(Udo Pastörs, NPD: Die sollen nach Hause gehen und ihrem Volk helfen.)

Das ist Ihre Politik. Das ist klar.

(Udo Pastörs, NPD: Wir werben die ab. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Ein weiterer Punkt ist die Aufwertung des Lehrfachs „Allgemeinmedizin“ in der studentischen Ausbildung,

(Raimund Borrmann, NPD: Ja.)

die Unterstützung und Förderung der Ansiedlung von Ärzten im Land, Landesförderprogramme für die Praxisgründung beziehungsweise -übernahme. Ich weiß, dass die KV sich eine Menge einfallen lassen hat. Aber das ist auch ein schwieriges Feld und bedarf sicherlich seiner Zeit, bis das entsprechend funktioniert.

Ein weiterer Punkt ist die praxisnahe Heranführung von Medizinstudenten an den Arztberuf, insbesondere den des niedergelassenen Arztes und den des Landarztes. Effektivierung des Notdienstes ist ein weiterer Punkt. Aufbau eines umfassenden telemedizinischen Netzes. Gerade der Bereich der Telemedizin ist sehr umfassend angesprochen worden. Ich glaube, dass das Thema Akquirierung von zusätzlichen Ärzten ein wichtiger Aspekt ist, aber da, wo so etwas schwerfällt, muss man natürlich auf andere Versorgungsmöglichkeiten kaprizieren.

Ich denke, dass dieses Modell der Teleschwester AGnES sicherlich ein Aspekt ist und telemedizinische Möglichkeiten wird man in den nächsten Jahren nach meiner Ansicht noch weiter deutlich verbessern können. Darauf muss man auch setzen. Das Thema Gesundheitsversorgung bei uns in Mecklenburg-Vorpommern wird sich ein Stück weit stabilisieren, wenn nicht sogar voranbringen, weil dabei auch Qualitätsgesichtspunkte eine Rolle spielen, die gegebenenfalls in dem einen oder anderen Bereich, was beispielsweise Auswertung von Befunden und dergleichen anbelangt, zu einer qualitativen Verbesserung führen können.