Protocol of the Session on November 14, 2007

Danke schön, Herr Minister.

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Lück von der Fraktion DIE LINKE.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Von seiner Arbeit muss man leben können und wenn ich hier die Redebeiträge höre, habe ich fast den Eindruck, wir wären uns alle einig. Aber für viele Beschäftigte läuft genau das Gegenteil: Nicht wenige Löhne sind sittenwidrig niedrig. In Mecklenburg

Vorpommern – Professor Dr. Methling hat es gesagt – sind 35.000 Beschäftigte gezwungen, ergänzende Sozialleistungen zu ihrem Lohn zu beantragen.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Skandal! – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Darunter sind große Teile der im Tourismusgewerbe beschäftigten Menschen – eine Branche, die boomt,

(Harry Glawe, CDU: Sie haben selbst für den Skandal gesorgt und jetzt reden Sie von Skandal.)

aber ihr Personal wird zum Teil schlecht bezahlt. Insgesamt arbeiten ein Drittel aller Beschäftigten in Mecklenburg-Vorpommern unter prekären Bedingungen. Sie müssen nach Vollzeitarbeit und Minilohn aufs Amt und entwürdigende staatliche Zuschüsse für Miete und Heizung entgegennehmen.

(Raimund Borrmann, NPD: Prekariat!)

Der gestern zurückgetretene Minister Müntefering sagte dem Berliner „Tagesspiegel“ am 25. September 2007: „Wir müssen Schluss damit machen, dass einige Unternehmer sich ihre Dumpinglöhne durch den Steuerzahler auch noch bezahlen lassen“.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE und Reinhard Dankert, SPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Sehr richtig.)

Nehmen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, sich das doch zu Herzen! Oder ist das Ihre sozialdemokratische Politik für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Die würden ja gern ’ne andere machen.)

Vorgestern ist in Berlin der Mindestlohn für die Post gescheitert.

(Michael Roolf, FDP: Gott sei Dank! – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Schweinerei!)

Die SPD ist im Koalitionsausschuss leider unterlegen.

(Michael Roolf, FDP: Gott sei Dank!)

CDU und CSU wollen nicht, dass Löhne gezahlt werden, die menschenwürdig sind, muss ich daraus schließen.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Beate Schlupp, CDU: Das ist ja falsch! – Vincent Kokert, CDU: Unglaublich! – Zuruf von Michael Roolf, FDP – Glocke der Vizepräsidentin)

Auch das führt dazu, dass die Zahl der armen Kinder noch nie so hoch war wie jetzt.

(Vincent Kokert, CDU: Wo tragen Sie denn Verantwortung? Wo tragen Sie denn Verantwortung?)

Wenn große Teile der Jugend keine Hoffnung mehr haben, ist das nicht nur gefährlich für die Demokratie, sondern auch für die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Und da ist dann auch noch der drastisch zunehmende Leistungsdruck. Viele Menschen haben Angst, dass sie ihre Arbeit verlieren,

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

und sind daher zu allem bereit. In Mecklenburg-Vorpommern haben wir einen traurigen Rekord: bundesweit niedrigste Einkommen, aber höchste Arbeitszeiten.

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

Auch eine Folge: Viele gehen erst dann zum Arzt, wenn sie tatsächlich den Kopf unter dem Arm tragen.

(Harry Glawe, CDU: Das ist eine Folge von der Linken.PDS-Politik. Sie haben doch acht Jahre Regierungspolitik gemacht!)

Familien geraten bei ständiger Geldnot in Dauerstress oder zerbrechen gar. Beratungsstellen sind, wie der Abgeordnete Sellering vorgeschlagen hat, natürlich sehr wichtig und wir befürworten das auch sehr, dass sich die Koalition noch einmal dazu verständigt, aber es ist natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man Beratungsstrukturen verbessert. Kinder leiden besonders unter Armut. Sie fühlen sich sozial ausgegrenzt und bildungspraktisch aufs Abstellgleis geschoben. Und welche junge Frau, welcher junge Mann soll denn ohne soziale Sicherheit eine Familie gründen oder Kinder haben wollen?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es.)

Fakt ist also: Der Teufelskreis beginnt im Kindesalter. Und da können Sie darüber reden, wir würden etwas schlechtreden, es ist einfach so. Der Teufelskreis heißt: arme Kinder, Hartz-IV-Empfänger, Billigjobber, Armutsrentner. Ob Sie das wahrhaben wollen oder nicht, das sind Tatsachen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und dann hat die Bundesregierung noch die Frechheit, die älteren Arbeitslosengeld-II-Bezieher zwangsweise früh zu verrenten mit Abschlägen bis zu 18 Prozent,

(Irene Müller, DIE LINKE: Genau.)

weil die sogenannte 58er-Regelung zum Jahresende ausläuft und die Betroffenen von Hartz IV zur Verminderung ihrer Hilfebedürftigkeit beitragen müssen.

Meine Partei hat klare Vorstellungen, wie gute Arbeit aussehen muss, damit Menschen in Würde leben können.

(Michael Roolf, FDP: Ja, wie denn, wie denn?)

Wir fordern erstens ein festes verlässliches Einkommen,

(Michael Roolf, FDP: Und wer legt das fest? – Peter Ritter, DIE LINKE: Erzähl ich gleich. Da können Sie schon mal überlegen, warum Sie ’94 aus der Regierung rausgefl ogen sind.)

zweitens die Sicherheit des Arbeitsplatzes, drittens, Arbeit soll Spaß machen, viertens die Behandlung als Mensch durch Abgeordnete und fünftens unbefristete Arbeitsverhältnisse sowie gute Arbeit für alle und einen gesetzlichen Mindestlohn.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Unter dem machen wir es nicht, meine Damen und Herren.

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Und abschließend möchte ich noch einmal auf unser Büchlein aufmerksam machen: „Gute Arbeit, gutes Leben“.

(Zurufe von Harry Glawe, CDU, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Das ist unser Konzept für eine gerechte Arbeitswelt. Schauen Sie mal hinein! Das bekommt Ihnen bestimmt sehr gut.

(Beifall und Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Beate Schlupp, CDU)

Danke schön, Frau Lück.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Schulte von der Fraktion der SPD.