Protocol of the Session on November 14, 2007

Wir sagen nicht, das ist das Ergebnis am Ende der Integration, sondern wir sagen, es ist notwendig in diesem Prozess, das kommunale Wahlrecht gewährleisten zu lassen und auch gesetzlich zu festigen. Und was die Frage betrifft, ob es denn im Grundgesetz nun möglich ist oder verfassungswidrig ist, kann ich nur sagen, ich habe hier von diesem Pult oft schon welche gehört, die gesagt haben, das ist verfassungswidrig, können wir nicht machen oder es ist verfassungskonform und das Verfassungsgericht hat gesagt, ist nicht. Also da würde ich einfach sagen, es ist wichtig, dass man den Prüfauftrag wirklich mal durchhält.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Wenn man das politische Anliegen will – das haben wir heute Morgen auch bewiesen –, werden wir einen politischen Akzent setzen können in die richtige Richtung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und ich will mir an der Stelle auch nicht verkneifen, dass der Integrationsgipfel, den die Bundeskanzlerin durchführt, sicherlich irgendwann scheitern wird, wenn Frau Merkel nicht zugesteht, dass die Bürgerinnen und Bürger aus den Drittstaaten hier auch Rechte bekommen, die über das jetzige hinausgehen.

(Zurufe von Dr. Armin Jäger, CDU, und Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Und ich glaube, es ist ganz wichtig, wenn man in einer Gemeinde lebt und arbeitet, wenn man mit den Menschen lebt und arbeitet,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

dass man Verantwortung, und zwar passiv und aktiv in Anspruch nehmen will.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Frau Borchardt, es ist nicht so, dass sie keine Rechte haben. Also, Frau Borchardt!)

Unter dem Gesichtspunkt glaube ich schon, dass wir hier gemeinsam etwas auf den Weg bringen könnten.

Integration – und das ist ja auch der übergreifende Aspekt unserer Entschließung – setzt eine integrationsfreundliche Gesellschaft und integrationsfreundliche Gesetze voraus,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

die die Menschen als ihre Rechte auch in Anspruch nehmen können und die eben nicht nur einseitig vom Staat und seinen Behörden als Abwehrrechte gegen sie instrumentalisiert werden können. Denn das führt zu einem Leben isoliert und am Rande der Gesellschaft, unter Sondergesetzen mit eingeschränkten sozialen Leistungen, medizinischer und sozialer Unterversorgung, der ständigen Bedrohung durch die Residenzpfl icht und im ständigen Ausnahmezustand zwischen behördlicher Kontrolle und Sanktionen.

Und ich glaube, wir sind uns auch alle einig, dass die bisherige Integrationspolitik

(Udo Pastörs, NPD: Gescheitert ist.)

nicht so gelaufen ist, wie wir uns das vielleicht vor Jahren vorgestellt haben. Das habe ich, glaube ich, aus allen Reden heute gehört, in allen Reden auch vernehmen können.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Wir sagen: Da gilt es, neu darüber nachzudenken.

(Udo Pastörs, NPD: An wem das wohl liegt? An der NPD vielleicht?)

Wer Integration will, der muss eben auch anerkennen, dass es keine Einbahnstraße ist, dass man sich unterwegs treffen muss und Rechte und Pfl ichten auch gemeinsam verteilen muss.

(Raimund Borrmann, NPD: Was ist, wenn man sich nicht trifft? Was dann? – Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

Und ein kommunales Wahlrecht – ich kann mich sehr wohl noch daran erinnern, als wir hier in diesem Hohen Haus über das kommunale Wahlrecht von 16-Jährigen gesprochen haben.

(Udo Pastörs, NPD: Machen Sie es ab zwölf!)

Da haben wir darüber gesprochen, dass es wichtig ist, dass Jugendliche in den Demokratieprozess frühzeitig einbezogen werden, dass sie frühzeitig mit herangezogen werden für die entsprechenden Entscheidungen und vieles andere mehr.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Ich möchte an dieser Stelle auch sagen, dass wir gemeinsam doch wissen oder wissen sollten – ich hatte darauf schon hingewiesen –, dass eben Integration keine Einbahnstraße ist, sondern ein wechselseitiger Prozess. Sie kann nicht von oben verordnet werden. Auch darüber sollten wir uns einig sein. Und wir sind fest davon überzeugt, durch ein kommunales Wahlrecht ist die Integration sinnvoller zu gestalten, weil in dem Augenblick, wo diejenigen, die in den Gemeinden leben, die Verantwortung, passives Wahlrecht und aktives Wahlrecht wahrnehmen, auch sich selbst einbringen mit ihrer Kultur,

(Udo Pastörs, NPD: Ja, das sieht man in Hamburg. – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

mit ihren Ansprüchen, die sie auch an diese Gesellschaft haben und vieles andere mehr. Zu begreifen ist doch nicht, warum Drittstaatenangehörige, die hier ihren Lebensmittelpunkt haben,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

von der politischen Mitgestaltung ausgeschlossen sind. Es ist doch nicht die Frage des Passes, sondern des Lebensmittelpunktes. Der ist primär.

(Udo Pastörs, NPD: Ja, richtig. Die Frage der Abstammung ist es. Da haben Sie recht.)

Wir meinen, es ist doch nur konsequent, wenn man erwartet, dass die Menschen sich bestimmten Spielregeln unterwerfen, sie zugleich ihr unmittelbares Umfeld in den Gemeinden und Kommunen mitbestimmen dürfen, das heißt eben über Kitas, über die kulturellen Aktivitäten, die Arbeitsplatzmöglichkeiten oder die Schulen und vieles andere mehr. Wir meinen – ich hatte es schon gesagt –, wer länger als fünf Jahre hier lebt, soll zunächst auf kommunaler Ebene wählen, auf den Listen der Parteien kandidieren oder in Wählergemeinschaften und dann auch gewählt werden.

(Udo Pastörs, NPD: Die machen ihre eigenen Parteien. Sie träumen, junge Frau. – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Erinnern wir uns – und Herr Müller hat darauf schon hingewiesen –, welchen Streit es damals gab um das kommunale Wahlrecht der EU-Bürger/-innen.

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Das liegt an Ihrer zarten Stimme, Herr Borrmann, die dringt nicht durch.)

Seit 1992 wissen alle, dass es sich bewährt hat. Das gilt auch dort, wo die Drittstaatenangehörigen bereits das Wahlrecht haben. Auch da wird ganz eindeutig herausgearbeitet, und auch dazu hat die Europäische Union sich ja verständigt, dass diese Anerkennung läuft.

Mein Fraktionskollege Peter Ritter hat bereits auf einige Punkte hingewiesen. Ich möchte noch mal klarstellen, und zwar in Bezug auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, hier heißt es, ich zitiere: „… im Ausgangspunkt zutreffend“ ist, dass es „der demokratischen Idee“ entspreche, „insbesondere dem in ihr enthaltenen Freiheitsgedanken, eine Kongruenz zwischen den Inhalten demokratischen Rechts und den dauerhaft einer bestimmten staatlichen Herrschaft Unterworfenen herzustellen“. Zitatende. Zugleich verweist es darauf, dass ein solcher Weg durch das Grundgesetz versperrt ist. Darüber sind wir uns einig. Aber durch die durch die Bundesratsinitiative angestrebte Veränderung des Artikels 38 Absatz 2 würde diese Sperre ja aufgehoben werden.

Ausländer/-innen also, die mehr als fünf Jahre rechtmäßig ihren Wohnsitz in der Bundesrepublik haben, sollten kommunales Wahlrecht bekommen. Dafür streiten wir. Und wenn wir heute den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen so sehen können, dass wir weiter im Gespräch bleiben, dass wir weiter darüber diskutieren und am Ende eine Lösung fi nden im Interesse der Ausländerinnen und Ausländer, dann denke ich, dass wir etwas erreicht haben mit unserem Antrag. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Danke, Frau Borchardt.

Ich schließe die Aussprache. Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Im Rahmen der Debatte ist beantragt worden, den Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/991 sowie den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU auf

Drucksache 5/1025 zur federführenden Beratung an den Innenausschuss sowie zur Mitberatung an den Europa- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer stimmt für diesen Überweisungsvorschlag? – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist dieser Überweisungsvorschlag bei Zustimmung der FDP-Fraktion und Ablehnung aller anderen Fraktionen abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/1025 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. – Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist diesem Änderungsantrag bei Zustimmung der SPD und der CDU sowie Ablehnung der LINKEN, der FDP und der NPD zugestimmt worden.

Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/991 mit den soeben beschlossenen Änderungen zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. –

(Volker Schlotmann, SPD: Aber gerne.)

Danke. Die Gegenprobe. – Danke. Enthaltungen? – Damit ist diesem Antrag mit den soeben beschlossenen Änderungen bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der SPD und der CDU sowie Ablehnung der Fraktion der FDP und der NPD zugestimmt worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Piratenfi scherei polnischer Fangfl otten in der Ostsee verurteilen – EU-Aufl agen durchsetzen, Drucksache 5/933.

Antrag der Fraktion der NPD: Piratenfi scherei polnischer Fangfl otten in der Ostsee verurteilen – EU-Aufl agen durchsetzen – Drucksache 5/933 –