In meiner Heimatstadt Schwerin gibt es drei Einrichtungen: das Konservatorium „Johann Wilhelm Hertel“, die Musik- und Jugendkunstschule ATARAXIA und die Schule der Künste. In diesen drei Einrichtungen werden über 2.500 Schülerinnen und Schüler, aber auch Erwachsene in allen Altersgruppen und Bevölkerungsschichten, in vielen Kunst- und Musikrichtungen sowie in Anfängerkursen bis hin zu Hochbegabten beschult, erlernen sie Werte, erlernen sie Praktiken. Ich nenne das eine vorzügliche Prävention, vor allen Dingen auch im Kampf gegen den Rechtsextremismus in diesem Land.
Diese Schulen sind als Kultur- und Bildungseinrichtungen für unsere Stadt und für die gesamten Regionen des Landes unabdingbar. Und es war ein Grundkonsens in diesem Haus: wenigstens jeder Kreis eine Musikschule.
Herr Kreher, die Finanzlage in meiner Heimatstadt ist ein offenes Geheimnis. Trotzdem leisten wir uns diese Einrichtung und fördern sie nicht unerheblich: die Stadt mit 640.000 Euro und das Land – denn ohne das Land würde es gar nicht gehen – mit 470.000 Euro. Wir tun dies, obwohl wir, wenn denn die kreisfreien Städte im Rubikon wären, Rot wären und nicht Grün.
Aber, man kann es zwar als eine fi nanzpolitisch riskante Handlung bewerten, wie es für die meisten freiwilligen Aufgaben zutrifft, wir halten es kulturpolitisch für unabdingbar. Einsparungen bei den städtischen Zuschüssen würden zudem, Herr Kreher, wegen der Eigenbeteiligungsregelung der Landesförderung eine zusätzliche Reduzierung bei Landesmitteln bedeuten. Man könnte ja auch sagen: Drei Einrichtungen in Schwerin mit 100.000 Einwohnern bedeuten ein Überangebot. Dann würde ich Sie gerne einladen.
Die vorhandenen Angebote lassen sich nicht miteinander vergleichen. Sie sind sehr unterschiedlich vom Angebot, denn sie bieten Musik, Tanz, Ballett und Kunst im weitesten Sinne. Die Kapazitäten der drei Schulen reichen nicht aus, um den Bedarf zu decken. Herr Kreher hat bereits darauf verwiesen. Wir haben auch bei uns in der Stadt lange Wartelisten. Das liegt, wie eine Untersuchung zeigt, nicht an den räumlichen Gegebenheiten, sondern ausschließlich daran, dass wir fehlende fi nanzielle Möglichkeiten bei uns in Schwerin und auch in den anderen Regionen haben. Mit anderen Worten, die Einrichtungen könnten mehr leisten, wenn sie mehr Personal und Honorarkräfte einstellen könnten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie haben den Brief des Landesverbandes erhalten. Ich denke, es wäre ein wichtiges Signal für die Arbeit der Musikschulen und für die Anerkenntnis im kommunalen Bereich, auf einer vermeintlich freiwilligen Aufgabe einen gesetzlichen Anspruch zu fi xieren.
Der Ältestenrat schlägt vor, den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/906 zur federführenden Beratung an den Bildungsausschuss und zur Mitberatung an den Innenausschuss sowie an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer diesem Überweisungsvorschlag zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön.
(allgemeine Unruhe – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ich denke, ihr wolltet ihn überweisen? Habe ich das falsch verstanden? – Harry Glawe, CDU: Wer wollte überweisen? – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Was hat denn Herr Körner gesagt? – Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU: Er hat gesagt, wir wollen darüber reden.)
Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke schön. Damit ist der Überweisungsvorschlag mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU abgelehnt bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD.
Gemäß Paragraf 48 Absatz 3 unserer Geschäftsordnung wird der Gesetzentwurf spätestens nach drei Monaten zur Zweiten Lesung auf die Tagesordnung gesetzt.
(Heiterkeit bei Gabriele Měšťan, DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Bis dahin können wir ja mal mit den Obleuten reden.)
Meine Damen und Herren, wir treten in die Mittagspause ein. Die Sitzung wird fortgesetzt um 13.45 Uhr. Ich unterbreche die Sitzung.
Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 6: Erste Lesung des Gesetzentwurfes der Fraktion DIE LINKE – Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landesverfassungs- gesetz Mecklenburg-Vorpommern – LVerfG M-V), Drucksache 5/907.
Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE: Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes MecklenburgVorpommern (Landesverfassungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern – LVerfG M-V) (Erste Lesung) – Drucksache 5/907 –
unserer Aussprache noch mehr Abgeordnete den Weg in diesen Saal fi nden, denn die Mittagspause ist ja zu Ende.
Der heute eingebrachte Gesetzentwurf zielt auf die Änderung der Landesverfassung und das Volksabstimmungsgesetz ab. Der Inhalt ist auch insofern nicht neu, da wir seit der Ausarbeitung die Landesverfassung, beginnend also seit 1991 – gleich unter welchem Namen – der Auffassung sind, dass die Volksabstimmungsverfahren entbürokratisiert und im Sinne realer Chancen sowie Erfolgsaussichten erleichtert werden müssen.
Dazu gehören insbesondere die aus unserer Sicht übertriebenen Teilnahme- und Erfolgsquoren sowie verfahrensmäßige Schranken. Es geht uns darum, dass Verfahren zur Volksgesetzgebung, also Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheide, im Land zur regelmäßigen verfassungsgemäßen praktischen Übung werden. Davon, meine Damen und Herren, sind wir leider noch weit entfernt. Wo der Hase, wie man sagt, im Pfeffer liegt, zeigen beispielsweise verschiedene Rankings, die der Verein „Mehr Demokratie“ jetzt veröffentlicht hat. Danach gehört Mecklenburg-Vorpommern zu den Ländern, die, einfach gesagt, der Volksgesetzgebung eher weniger aufgeschlossen sind. Wir rangieren im letzten Drittel, wenn man die Quoren vergleicht. Senkungen der Quoren, wie sie in anderen Ländern mit dem Ziel einer Verbesserung der Teilnahme stattgefunden haben, fi nden bei uns keine Resonanz, werden einfach nicht zur Kenntnis genommen.
So hat beispielsweise Nordrhein-Westfalen inzwischen das Quorum bei Volksbegehren auf 8 Prozent gesenkt und bei Volksinitiativen liegt das Ouorum inzwischen bei 0,5 Prozent. Dort kommt ein Gesetz im Volksentscheid zustande, wenn 15 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung teilgenommen haben. Selbst der gescheiterte Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen von 2002 zu einem Bundesgesetz ging von wesentlich moderateren Quoren aus. So sollten danach eine Volksinitiative bei 0,6 Prozent der Wahlberechtigten und ein Volksbegehren bei 5 Prozent erfolgreich sein. Die Gesetze kämen bei einer 20-prozentigen Teilnahme und bei Verfassungsänderungen bei 40 Prozent zustande.
Aber wir in Mecklenburg-Vorpommern schweigen. Es bewegt sich rein gar nichts. Man hat jedenfalls bislang keinerlei Meinungsäußerungen dazu gehört. Jetzt denken Sie vielleicht, was redet sie denn da. Wir haben doch gerade Ende der letzten Legislaturperiode das Quorum gesenkt. Dazu kann ich Ihnen nur sagen: Die Absenkung des Teilnahmequorums bei Volksbegehren, die im vorigen Jahr in erster Linie auf Druck unsererseits zustande gekommen sind, war völlig unzureichend. Wir wollten mehr, aber wir haben uns damals insgesamt nicht durchsetzen können.
Meine Damen und Herren, in der Zweiten Lesung zum Volksabstimmungsgesetz hatte ich bereits darauf hingewiesen, dass Erleichterungen in den Verfahren überhaupt nicht die repräsentative beziehungsweise parlamentarische Demokratie infrage stellen oder untergraben. Was an der Volksgesetzgebung gefährlich oder gar verfassungswidrig sein sollte, leuchtet mir einfach nicht ein. Derartiges kann nur denken und äußern, wer die Volksgesetzgebung nur im repräsentativen Rahmen
eingemauert sieht. Ich habe darum auch überhaupt kein Verständnis zu der Auffassung des Innenministers in der Ersten Lesung zum Volksabstimmungsgesetz,
wenn er dort äußerte: „Eine Aufl ösung des Landestages durch Volksentscheid widerspricht … dem Grundsatz der parlamentarischen Demokratie, der aus guten Gründen“ – so, Herr Caffi er – „in der Landesverfassung ebenso wie im Grundgesetz und in den übrigen Verfassungen der deutschen Bundesländer verankert ist.“
Nur, meine Damen und Herren, die Tatsachen besagen etwas anderes. Gewiss ist in den Verfassungen auch die parlamentarische Demokratie verankert. Verankert ist aber vor allem – und dies ist wohl der entscheidende Grundsatz – das Prinzip, der Grundsatz der Demokratie. Im Grundgesetz stehen bekanntlich die beiden unmittelbar aufeinanderbezogenen Sätze: „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.“ So heißt es im Grundgesetz.
Und das Recht, durch eine Volksabstimmung den Landtag vorzeitig, das heißt vor Beendigung seiner Legislatur, aufzulösen – um etwas anderes kann es gar nicht gehen –, ist allemal verfassungsgemäß und legitim. Nirgendwo ist es verboten, eine Verfassungsbestimmung zu verankern, wonach der Landtag durch eine Volksabstimmung nach Hause geschickt werden kann.
So ist die Verfassungsrechtslage nun einmal. Daran ändert das Prinzip der parlamentarischen Demokratie nichts, aber auch gar nichts.
Sicherlich hat man ihm mittlerweile mitgeteilt, dass es derartige Aufl ösungsregelungen außerdem noch in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Berlin und Brandenburg gibt, also immerhin in fünf Bundesländern. Viele der Regelungen bestehen seit nunmehr 60 Jahren und keiner, aber auch wirklich keiner, hat bisher die Frage aufgeworfen, ob denn diese fünf Länder, von Bayern bis Brandenburg, etwa verfassungswidrige Regelungen hätten. Hinzu kommen noch teilweise recht großzügige Teilnahmequoren von zehn Prozent der Wahlberechtigten bis ein Fünftel oder ein Viertel. Im Volksentscheid selbst entscheidet in den meisten Ländern dann die Mehrheit der Wahlberechtigten, es ist kein besonderes Erfolgsquorum vorgesehen.