Protocol of the Session on September 20, 2007

Dazu gehört auch, Flüchtlingen die Möglichkeit zu geben, durch dezentrale Unterbringung gemeinsam mit deutschen Bürgerinnen und Bürgern zu leben.

Seit Jahren reden wir darüber – wirklich weitergekommen sind wir nicht. Die geringer werdende Zahl von Asylsuchenden führt im Gegenteil zu weiterer Konzentration der betroffenen Menschen, obwohl es die Chance gäbe, sie wirklich zu integrieren. Deshalb halten wir ein entsprechendes Regularium für dringend erforderlich. Mit anderen Worten, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt noch viel zu tun, um auf diesem Wege voranzukommen. Mit Ihnen werden wir bestimmt nicht vorankommen, weil Sie eine solche Gesellschaft nicht wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, DIE LINKE und Gino Leonhard, FDP – Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

Da wir aber vorankommen wollen, haben wir diesen Antrag eingebracht, um das 15-jährige Jubiläum dieser furchtbaren Gewaltexzesse auf unsere Art und Weise zu begehen,

(Zuruf von Raimund Borrmann, NPD)

indem wir darüber nachdenken, wie wir verhindern können, dass es noch einmal dazu kommt, und wie wir verhindern können, dass noch einmal Sie in diesen Landtag einziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Stefan Köster, NPD: Das werden Sie nicht verhindern können.)

Danke schön, Herr Abgeordneter.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 45 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Als Erster hat um das Wort gebeten der Sozialminister des Landes Herr Sellering. Bitte schön, Herr Minister.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Vorfälle in RostockLichtenhagen 1992 sind für dieses Land ein politisches Trauma.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Sehr richtig. So ist es. – Stefan Köster, NPD: Sie auch. – Beifall Udo Pastörs, NPD)

Sie sensibilisieren uns in besonderem Maße, menschenverachtende Äußerungen, fremdenfeindliche Ausschreitungen, Drohungen und dümmlichste Diffamierungen nicht zuzulassen, sondern ihnen beherzt und kompromisslos entgegenzutreten.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Das gilt gerade jetzt, wo der Eindruck entsteht, dass die neuen Nazis sich immer unverholender und dreister zeigen und die Bürgerinnen und Bürger einzuschüchtern versuchen.

(Stefan Köster, NPD: Wo denn bitte? – Zurufe von Peter Ritter, DIE LINKE, und Raimund Borrmann, NPD)

Den Feststellungen im Antrag der Fraktion DIE LINKE kann deshalb sicherlich jeder engagierte Demokrat in diesem Hohen Hause nur zustimmen. Ich fi nde es auch richtig und wichtig, dass die vier demokratischen Fraktionen dieses Landtages Beschlussvorlagen einbringen, hinter denen wir uns versammeln

(Stefan Köster, NPD: Verstecken.)

und Einmütigkeit zeigen können in der Auseinandersetzung mit Fremdenhass, Demokratiefeindlichkeit, Intoleranz und der Bedrohung und Diffamierung Andersdenkender. Ich halte es für einen großen politischen Erfolg, dass es bisher über die Parteigrenzen und über die Grenzen von Regierungskoalition und Opposition hinweg gelungen ist, diese Einmütigkeit zu bewahren.

(Stefan Köster, NPD: Und die Kinderarmut steigt.)

Die Einmütigkeit hat sich vor allem bei der Einrichtung der Regionalzentren bewährt. Dafür möchte ich mich noch einmal ausdrücklich bedanken.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Die Regionalzentren für demokratische Kultur bilden die Schwerpunkte unseres Landesprogramms „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken“. In Mecklenburg-Vorpommern gibt es bereits eine Vielzahl an Akteuren, die sich teilweise schon seit Jahren für mehr Demokratie und Toleranz einsetzen, viele von ihnen in der Motivation sicherlich auch in der Reaktion auf Rostock-Lichtenhagen. Diese Kompetenz im Land bündeln wir nun neu in den Regionalzentren. Das Ziel: Die einzelnen Ansprechpartner werden besser koordiniert, wissen mehr von

einander und arbeiten besser zusammen. Das Konzept haben wir vorher in vielen Gesprächen abgestimmt. Es basiert auf dem Gutachten der Universitäten in Rostock und in Greifswald.

Die Regionalzentren werden Hand in Hand arbeiten mit den aus Bundesmitteln fi nanzierten Angeboten. So sind die Mitarbeiter der Regionalzentren Ansprechpartner für die Kommunen, die lokale Aktionspläne umsetzen. Insgesamt haben zehn Aktionspläne hier im Land den Zuschlag bekommen. Eng verknüpft mit den Regionalzentren sind auch die mobilen Kriseninterventionsteams. Sie werden mit einem ständigen Mitarbeiter in den Regionalstellen vertreten sein.

Die Beratung der Opfer rechtsextremistischer Gewalt soll in Umsetzung des Gutachtens künftig personell getrennt werden von der Werbung, von dem Eintreten für Demokratie und Toleranz. Der Verein LOBBI e.V. hatte zuvor sechs Mitarbeiter, von denen auch nach ihren eigenen Angaben zu gleichen Teilen einerseits drei für demokratische Kultur geworben und drei Opfer betreut haben.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

In der Opferbetreuung sollen es zukünftig vier sein.

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ich bitte alle Beteiligten, zu diesem Thema in Zukunft dann auch bei der Wahrheit zu bleiben. Es mag also weniger Mitarbeiter von LOBBI geben, die im Bereich Rechts ex tremismus tätig sind, aber im Bereich der Opferberatung haben wir nicht weniger, sondern mehr Kapazität.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Außerdem geht das Bundesprogramm „XENOS – Leben und Arbeiten in Vielfalt“ weiter.

Meine Damen und Herren, ich denke, Sie sehen, Bund und Land handeln gegen Rechtsextremismus noch mehr und energischer als bisher. Das Land hat die eingesetzten Mittel verzehnfacht. Ich denke, bei jeder Landtagssitzung kriegen wir leider vor Augen geführt, wie wichtig diese Auseinandersetzung ist.

(Beifall Barbara Borchardt, DIE LINKE – Stefan Köster, NPD: Und wie sinnlos.)

Lassen Sie mich noch etwas zum Landesintegrationskonzept sagen. Als eine der wichtigsten Aufgaben dieser Konzeption fördert das SM jetzt drei Integrationsfachdienste Migration, die fl ächendeckend im Land arbeiten, miteinander kooperieren. Das ist Schwerin, Rostock – Diên Hông – und Neubrandenburg zusammen mit Greifswald.

Als weiteren Schritt der Umsetzung habe ich am 14. März 2007 einen Landesbeirat für die Integration von Migrantinnen und Migranten eingerichtet. An diesem Beirat nehmen alle Organisationen hier im Lande teil. Wir haben vereinbart, in den zentralen Arbeitsfeldern Arbeitsgruppen einzurichten. Insgesamt haben vier Arbeitsgruppen ihre Arbeit aufgenommen. Ich denke, dass das ein sehr guter Ansatz ist, um Schritt für Schritt das Landesintegrationskonzept weiter umzusetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Zu Ihrem Punkt 2, dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern, möchte ich nur kurz sagen, auch ich bin streng gegen eine Gettoisierung von Migrantinnen und Migranten. Aber wir sollten bedenken, dass es bei der

Unterbringung von Asylbewerbern dem Sinn nach um eine sehr kurzfristige Unterbringung geht,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja. Zum Schutz dieser Menschen.)

nämlich möglichst so schnell, dass das Verfahren schnell durchgeführt wird. Das war in diesem Land lange nicht der Fall. Es war lange nicht der Fall und hat lange gedauert. Aber ich will auch einmal deutlich sagen, da hat die letzte Regierung mit einer großen Kraftanstrengung sechs zusätzliche Asylrichter an die Arbeit geschickt in einem Projekt über vier Jahre und wir haben den Berg so weit abgebaut,

(Beifall Udo Pastörs, NPD – Zuruf von Stefan Köster, NPD)

dass die Verfahren sehr schnell abgewickelt werden konnten, auch im Interesse der Asylbewerber, die hier vor politischer Verfolgung Sicherheit fi nden.

Meine Damen und Herren, so viel zu den Punkten 1 und 2 Ihrer Beschlussvorschläge. Insgesamt möchte ich Sie bitten, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, noch einmal zu überprüfen, ob tatsächlich Punkt II Ihres Antrages weiter Bestandteil sein soll oder ob Sie nicht unserem Änderungsantrag zustimmen wollen.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Warum wollen Sie diejenigen, die mit großer Überzeugung bereit sind, hier mit Ihnen ein gemeinsames Bekenntnis zur Mahnung und Verpfl ichtung von Lichtenhagen abzugeben, zur Zustimmung zu diesem Beschlussvorschlag zwingen? Jedem von Ihnen muss doch klar sein, dass zumindest Punkt 3, die Verknüpfung der Ereignisse in Bützow mit dem Personalentwicklungskonzept der Polizei, selbstverständlich unannehmbar ist. Sie suggerieren damit, dass die Ereignisse in Bützow geschehen konnten, weil wir zu wenige Polizisten im Land haben. Das ist nicht die Wahrheit und das wissen Sie auch. Mehr will ich nicht sagen, denn mir liegt sehr daran, dass wir hier im Land bei der dringend notwendigen Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus weiter den Schulterschluss der demokratischen Parteien bewahren. Ich bitte Sie deshalb, streichen Sie aus Ihrem Antrag den Beschlussvorschlag II,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ihr Änderungsvorschlag lautet aber etwas anders.)

zumal ich Ihren Punkt I durch einen kurzen Bericht erfüllt habe, erledigt habe, sodass es vielleicht auch leicht ist, unserem Änderungsvorschlag zuzustimmen. Lassen Sie uns gemeinsam auf den Weg bringen, was unser gemeinsames Ziel ist: die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus, der kompromisslose Einsatz für Demokratie, Toleranz und Offenheit. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE)

Danke schön, Herr Minister.