Protocol of the Session on September 20, 2007

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe meinen Vorrednern sehr aufmerksam zugehört

(Heiterkeit bei Heike Polzin, SPD: Hat’s genützt?)

und eine ganze Reihe interessanter Anregungen für eine Reform der Lehrerbildung in Mecklenburg-Vorpommern erhalten, die in den nachfolgenden Ausschussdiskussionen sicherlich eine Rolle spielen werden. Und ich habe auch festgestellt, dass bei der Betonung der Reformnotwendigkeit nicht nur die strukturellen Veränderungen akzentuiert wurden, sondern vielmehr auf die Inhalte geachtet wurde beziehungsweise, dass auf die Inhalte geachtet werden soll. Ich bin stolz darauf, dass es uns als CDU mit unserem Partner und unserem CDU-Bildungsminister jetzt endlich gelingt,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das kann man gar nicht oft genug betonen.)

eine Reform voranzubringen, die wohl längst überfällig ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der CDU – Heike Polzin, SPD: Na, angekündigt wurde das ja schon öfter. – Dr. Armin Jäger, CDU: Jetzt machen wir es aber.)

Meine Damen und Herren, das ist ja genau der Punkt, den Herr Bluhm dort ansprach. Da ist natürlich schon vieles hier mal diskutiert worden

(Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

und Sie haben in der Tat recht, dass einiges wiederholt ist, aber wir setzen das Ding auf die Schiene, Herr Bluhm. Davon können Sie ausgehen.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Wir reden nicht darüber, sondern wir machen das.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Da haben Sie aber Glück, dass die KMK sich geeinigt hat. Sonst hätte es noch Jahre gedauert.)

Ich habe mich lediglich einem Punkt unserer Antragstellung in den vergangenen Tagen besonders zugewandt,

nämlich der verstärkten Praxisorientierung, die sich für mich vom ersten bis zum letzten Semester wie ein roter Faden durch die Ausbildung ziehen muss. Der Minister und auch mein Kollege Brodkorb gingen in ihren Ausführungen auf den Stellenwert der Praxisorientierung ein. Da ich selbst aus der Lehrerausbildung komme, weiß ich, wie wichtig praktische Schulalltagserfahrungen für die Referendare sind, natürlich immer im Verbund mit einer umfassenden und soliden Ausbildung in den Fachwissenschaften, in Pädagogik und Psychologie sowie in den Fachdidaktiken und den Fachmethodiken. Mir ist in den Hauptseminaren von meinen Referendaren immer wieder bestätigt worden, dass in der ersten Phase ihrer Ausbildung eine auffällige Überbetonung der Fachwissenschaften gegenüber den Fachdidaktiken und -methodiken sowie Pädagogik und Psychologie stattfand.

Meine Damen und Herren, was aber nützen mehrwöchige Vorlesungsblöcke über taylorsche Näherungspolynome oder den Lagrange-Formalismus in Mathematik,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Was für ein Ding?)

wenn der Student später mit Disziplinproblemen an Regionalschulen konfrontiert wird und diesen oft hilfl os gegenübersteht? Was nützen Seminare über Kafka im Deutschunterricht in Klasse 3, wenn die Studentin mit Legasthenie konfrontiert wird und kaum über Diagnostikkenntnisse verfügt? Auch das sind Fragen, die mir Studenten und Lehrer immer wieder in Gesprächen stellten. Ich weiß nicht, wie Sie das sehen, meine Damen und Herren, aber ich fi nde, derartige Schwerpunktsetzungen beziehungsweise -verschiebungen in der Lehrerbildung sind kaum zeitgemäß und gehören auf den Prüfstand.

Zusammengefasst heißt das für mich, sowohl Studenten als auch Lehrer fordern mehr Didaktik und Methodik, mehr Pädagogik und Psychologie. Von Beginn an muss das Lehrenlernen ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung sein. Die für die Studierenden unerlässlichen Interaktionserfahrungen können nur im direkten Kontakt mit Schülerinnen und Schülern gesammelt werden. Eine ausgeprägte Feedbacklinie – Schüler-Student-Dozent – bietet durch helfende Kritik Möglichkeiten der Selbsteinschätzung und der Fehleranalyse.

Wir als Bildungspolitiker sind gefordert, für eine bessere inhaltliche Verklammerung der genannten Bereiche, Fachwissenschaften, Fachdidaktiken sowie Erziehungswissenschaften, Praktika zu sorgen. Dazu wird es notwendig sein, gemeinsam mit der Universität, dem L.I.S.A., der Landeszentrale für politische Bildung und den Schulen ein Konzept für eine moderne Lehrerbildung zu erarbeiten. Dies wird keine einfache Aufgabe, weil möglichst schnell tragfähige Rahmenbedingungen im Sinne einer pädagogischen Professionalisierung geschaffen werden müssen, und das unter Berücksichtigung dieses Antragspunktes 3, in dem dann noch das Kriterium genannt wird: „Stärkung der Praxisorientierung... ohne Absenkung des Niveaus und des Umfangs der Fachausbildung“.

Meine Damen und Herren, obwohl das Vorhaben nicht einer Quadratur des Kreises gleichkommt und quasi von vornherein zum Scheitern verurteilt ist, wird es trotzdem wichtig sein, dass alle Beteiligten auch über die Landesgrenzen hinausschauen und eine gute Portion Mut aufbringen, um auch ungewöhnliche Wege zu gehen. Ich wünsche uns bei diesem Vorhaben viel Erfolg. – Ich bedanke mich und bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke schön, Herr Vierkant.

Das Wort hat jetzt Herr Lüssow von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mit dem Antrag der Koalition soll die Lehrerausbildung eine umfassende Modernisierung erfahren. Kürzere Studiendauer ohne Abbruch an der Qualität der Ausbildung, dafür ein praxisnahes Hochschulstudium, wobei gleichviel fachliche wie pädagogische Kompetenzen entwickelt werden sollen, scheint in M-V, da es, wie bekannt sein dürfte, gerade im Bildungsbereich Nachholbedarf gibt, nur geboten. Ihr Antrag und seine Begründung, meine Damen und Herren der Koalition, sind jedoch überaus dürftig und inhaltsleer formuliert, dass wir Ihnen dafür nur Stümpereien bescheinigen können. Hätten Sie sich vorher einmal in Nordrhein-Westfalen oder Bayern informiert, wäre möglicherweise mehr Greifbares an Ihrem Antrag gewesen.

Bei grundsätzlicher Zustimmung für Ihre Initiative im Bildungssektor lässt diese auch breiten Spielraum für Kritik. Meine Fraktion gibt zu bedenken, dass die Überführung in das sogenannte European Credit Transfer System nicht nur Vorteile mit sich bringt. Ob mit dem internationalisierten System tatsächlich eine augenfällige Änderung von hohen Abbruchsquoten im Studium hin zu erfolgreichen Studienabschlüssen erfolgen wird, bleibt abzuwarten.

Lassen Sie mich weiter anmerken, dass ein Schwerpunkt im Bologna-Prozess die Förderung der Mobilität ist. Auslandserfahrungen und fremde Kulturen mögen maßgeblich der Erweiterung des Horizonts helfen. Doch sollte damit bezweckt werden, dass Lehrer aufgrund der globalisierten Mobilitätsgeilheit zu Bildungsnomaden verkommen, die heute hier und morgen da, herausgerissen aus Familien- und Freundeskreisen, unterrichten, kann sich meine Fraktion nicht hinter diese Modernisierung stellen.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Zu viel Multikulti, was?)

Am Rande ist außerdem zu bemerken, dass auch das erst jetzt in die Öffentlichkeit getragene Problem der überforderten und ausgebrannten Lehrer einer Lösung bedarf. Schon heute zählen zwei Drittel der Lehrer hinsichtlich ihrer Belastungs- und Gesundheitssituation zu Risikogruppen. Hier muss sich zum einen die Schulsituation grundlegend ändern, aber auch die Lehrer müssen auf Stress- und Konfl iktsituationen intensiver vorbereitet werden.

Für die NPD-Fraktion ist die Bildungspolitik Herzensangelegenheit.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der CDU und DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oh, oh, oh!)

Darum unterstützt sie mit aller Kraft jede positive Richtungskorrektur, um unsere Kinder von den am besten ausgebildeten Lehrern auf dem Bildungsweg begleiten zu lassen. Wir hoffen nur, dass angesichts Geburtenverweigerung und Abwanderung der einheimischen Bevölkerung und Zuzug fremder Völkerscharen die Lehrer nicht eines Tages vor leeren Schulbänken stehen

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU, und Dr. Armin Jäger, CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Na klar! Na klar!)

beziehungsweise gezwungen sind, mehrsprachig unterrichten zu müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Zurufe von Reinhard Dankert, SPD, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Darum bedarf es nicht nur einer Modernisierung der Lehrerausbildung, sondern gleichzeitig eines umfassenden Programms zur Förderung von Geburten, Ehen und Familien. Doch abgesehen davon stimmen wir Ihrem Antrag zu. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Danke, Herr Lüssow.

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Aussprache.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/852 abstimmen. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion …

(Gino Leonhard, FDP: Enthaltungen!)

Enthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktion DIE LINKE auf Drucksache 5/852 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU abgelehnt bei Zustimmung der Fraktion DIE LINKE und der Fraktion der NPD sowie Stimmenthaltung der Fraktion der FDP.

Ich lasse nun über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/857 abstimmen. Wer diesem zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke. Gegenstimmen? – Danke. Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Änderungsantrag der Fraktion der FDP auf Drucksache 5/857 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion DIE LINKE, der Fraktion der NPD abgelehnt bei Zustimmung der Fraktion der FDP und einer Stimmenthaltung der Fraktion der NPD.

Wer dem Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/822 zuzustimmen wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Danke. Damit ist der Antrag der Fraktionen der CDU und SPD auf Drucksache 5/822 mit den Stimmen der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und der Fraktion der NPD angenommen bei Stimmenthaltung der Fraktion DIE LINKE.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 28: Beratung des Antrages der Fraktion DIE LINKE – 15 Jahre Pogrom von Rostock-Lichtenhagen, Mahnung und Verpfl ichtung, Drucksache 5/815. Hierzu liegt Ihnen ein Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU auf Drucksache 5/861 vor.

Antrag der Fraktion DIE LINKE: 15 Jahre Pogrom von Rostock-Lichtenhagen Mahnung und Verpfl ichtung – Drucksache 5/815 –

Änderungsantrag der Fraktionen der SPD und CDU – Drucksache 5/861 –

Das Wort zur Begründung hat der Fraktionsvorsitzende Herr Professor Dr. Methling von der Fraktion DIE LINKE. Bitte, Herr Professor.

(Vizepräsident Andreas Bluhm übernimmt den Vorsitz.)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die rassistischen rechtsextremistischen Gewaltexzesse, die unsere Fraktion als Pogrom bezeichnet, diese Exzesse von Rostock-Lichtenhagen sind nicht vergessen und sie dürfen nicht vergessen werden, bei allen Unterschieden, ob der Begriff Pogrom von allen benutzt wird oder ob wir andere Begriffe dafür wählen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Zahlreiche Medien erinnerten an die rechtsextremen Angriffe auf Asylsuchende zwischen dem 22. und 26. August 1992. Diese massivsten ausländerfeindlichen Ausschreitungen der deutschen Nachkriegsgeschichte sollten uns als Landtag auch nach 15 Jahren Anlass zur Mahnung und Verpfl ichtung sein. Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund nimmt diese traurigen Tage zum Anlass, um mit Beate Klarsfeld über Erinnerungskultur zu sprechen.