Protocol of the Session on September 19, 2007

Wir haben uns in den Ausschussberatungen darauf verständigt, dass wir nicht den Versuch machen, dies abschließend zu regeln, sondern wir haben gesagt, das ist für die besonderen Ausnahmefälle.

(Michael Roolf, FDP: „Soll“ heißt also „kann“?)

Nein, „soll“ heißt nicht „kann“, sondern in der Regel „muss“, aber wenn wir eine besondere Ausnahmesituation haben, dann müssen wir eben nicht.

Die Frage, Herr Roolf, war: Was ist eigentlich so eine besondere Ausnahmesituation? Nun wird hier in der Diskussion über Wasser häufi g dargestellt, dass es einzelne Verbände gibt, die ihre Investitionen bereits anderweitig durch Zuwendungen, durch Gebühren,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Zum Beispiel auf Rügen.)

durch andere Dinge oder durch Umlagen fi nanziert haben.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig.)

Die Frage lautet: Ist das eigentlich etwas für eine solche Ausnahme?

Meine Damen und Herren, als wir damals, es war am 9. März 2005, in diesem Hohen Hause über die Novelle des Kommunalabgabengesetzes diskutiert haben, habe ich hier etwas vorgetragen, was ich – und das wussten die Kollegen im Innenausschuss – mit dem Landesrechnungshof abgestimmt hatte. Ich habe damals in Abstimmung mit dem Landesrechnungshof hier gesagt, ich darf mit Genehmigung des Präsidenten zitieren: „Ich hielte es auch für einen vernünftigen Grund, auf Beitragserhebungen zu verzichten, wenn das bisherige Verfahren – wir leben ja nicht im luftleeren Raum, sondern in einer Wirklichkeit – eine Beitragssatzung als nicht durchsetzbar erscheinen lässt, wenn wir beispielsweise, und diesen Fall gibt es ja im Land, eine Situation haben, wo einst Beiträge erhoben worden sind, die inzwischen zurückgezahlt worden sind, wo man auf eine reine Gebührenfi nanzierung umgestiegen ist. Wenn wir jetzt in einer solchen Situation sagen würden, nein, wir gehen jetzt wieder zurück auf die Beiträge, ich glaube, dann würden wir uns öffentlich zum Affen machen. In einem solchen Fall sollte diese Ausnahmeregelung greifen.“

(Dr. Armin Jäger, CDU: Genau.)

Ich denke, meine Damen und Herren, das, was ich damals über ein Hin und Her gesagt habe, gilt auch dann, wenn wir zwar kein Hin und Her hätten, aber wenn eine Beitragserhebung überhaupt nicht mehr notwendig ist, weil die Ausgabe bereits voll ausfi nanziert ist, aus welchen Quellen auch immer. Deswegen, meine Damen und Herren, war es richtig und ein wichtiger Fortschritt, dass wir genau diese Sollregelung in das Gesetz hineingebracht haben. Sie ermöglicht es uns nämlich in dem genannten Fall, da alles bereits fi nanziert ist, problemlos auf eine Beitragserhebung zu verzichten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Also alles paletti, Herr Kollege. – Präsidentin Sylvia Bretschneider übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren, auf die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten der Beiträge und auf die verschiedenen Beitragsmaßstäbe will ich aus Zeitgründen nicht eingehen. Ich will abschließend nur Folgendes festhalten: Mein nachhaltiger Eindruck ist, und das ist bedauerlich, aber es ist so, dass bei den kommunalen Aufgabenträgern, sei es bei der Versorgung, sei es bei der Entsorgung, die Möglichkeiten, die die bestehende Rechtslage ihnen bietet, sehr häufi g nicht oder nicht umfänglich bekannt sind und man von daher glaubt, in einer Situation zu sein, in der man real gar nicht ist.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Herr Müller, Sie haben wenig Kontakt zu den Kommunalen.)

Deswegen, meine Damen und Herren, begrüße ich es nachdrücklich, Herr Minister, wenn Rechtsaufsichtsbehörden ihre Aufgabe wahrnehmen, wenn wir informieren, über welche Möglichkeiten wir als kommunale Aufgabenträger verfügen, und wenn klargemacht wird, was wir in der jeweils konkreten Situation tun können.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Den Zweckverbänden zu unterstellen, Sie hätten keine Ahnung, das gibt es doch nicht!)

Das, meine Damen und Herren, ist der richtige Weg. Es ist der richtige Weg, wenn kommunale Entscheidungsträger diese Möglichkeiten anwenden.

Eine Gesetzesänderung halte ich überhaupt nicht für notwendig. Ich will gar nicht auf das Thema der Einstimmigkeit der damaligen Beschlussfassung abheben. Ich will auf etwas anderes abheben, was hier seit heute im Raum steht. Wir haben gerade über die kommunale Ebene, ihre Position und ihre Notwendigkeit gesprochen. Wir haben dieses Gesetz damals sehr ausführlich mit der kommunalen Ebene diskutiert. Heute sagt uns der Städte- und Gemeindetag: Um Himmels willen, lasst dieses Gesetz so, wie es ist!

(Vincent Kokert, CDU: Genau.)

Und das, meine Damen und Herren, sollten wir in der Tat tun. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Fragen Sie mal den Bürgerbeauftragten! Wo ist denn der Bürgerbeauftragte?)

Vielen Dank, Herr Müller.

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Andrejewski von der Fraktion der NPD.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gemessen am Ernst der Lage ist die von der LINKEN vorgeschlagene Änderung des Kommunalabgabengesetzes wirklich nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Bei der Gebührenerhebung für die Trinkwasserversorgung möchte man eine Soll- durch eine Kannbestimmung ersetzen in der Hoffnung, ein paar Bürgermeister würden sich in den Zweckverbänden erbarmen und sich für eine Stundung der Beiträge einsetzen. Aber um eine an der gegenwärtigen Diskussion beteiligte Bürgerinitiative zu zitieren, wir brauchen auf diesem Gebiet eine sofortige radikale Politikwende. Und diese radikale Wende sollte sich nicht auf irgendwelche juristischen Feinheiten beschränken, sondern von einer der Grundlagen des Rechts ausgehen, von dem guten alten Begriff der materiellen Gerechtigkeit. Ist es gerecht, dass Zweckverbände Wasser/Abwasser heute daherkommen und Beiträge für Anschlüsse verlangen, die bereits zu DDR-Zeiten bestanden haben, und dann in dem Ausmaß? Das widerspricht den elementarsten Prinzipien des Vertrauensschutzes.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das tun sie doch gar nicht.)

Wer wird es denn noch wagen, sich ein Haus zu bauen, wenn er nach Jahrzehnten damit rechnen muss, dass völlig neue Forderungen auf ihn zukommen,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Es geht um Beiträge.)

die man nicht erwartet hat und auch nicht erwarten musste. In diesem Staat kommt man am besten zurecht, wenn man sich überhaupt nicht rührt und keinerlei Aktivitäten entfaltet. Wer etwas unternimmt, ein Geschäft aufmacht, ein Haus baut oder was auch immer, erscheint sofort auf dem Radarschirm von jeder Menge Behörden und kommt aus dem Ärger nicht mehr heraus.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja Unsinn, was Sie erzählen!)

Immer neue Schikanen und Zumutungen, eine Flut von Vorschriften und alles kostet Geld. Viele Hauseigentümer bereuen mittlerweile ihre Entscheidung und wünschten sich, sie wären in ihrer Plattenbauwohnung geblieben.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das ist ja noch größerer Blödsinn!)

Zahlreiche Ältere sagen sogar, in der DDR hätten sie viel ruhiger gelebt. Mit einem solchen Vorgehen wie der Abzocke der Altanschlussinhaber mag es gelingen, sich kurzfristig die Taschen zu füllen, aber man erstickt jede Eigeninitiative und sorgt für ein Klima der Unsicherheit. Nicht zuletzt fördert das herrschende Parteiensystem genau das, was es am meisten fürchtet, die Staats- und Politikverdrossenheit und jede Menge Proteste.

(Egbert Liskow, CDU: Wissen Sie, wie viele Bauanträge es jeden Monat gibt?)

Ungerecht ist auch, dass Geschäftemacher und größenwahnsinnige Kommunalpolitiker in einigen Fällen riesige und jedes vernünftige Maß sprengende Kläranlagen errichtet haben und die Bürger das durch entsprechende Zahlungen ausbaden dürfen.

(Egbert Liskow, CDU: Nun weinen Sie nicht immer!)

Überhaupt sind die Wasser- und Abwasserzweckverbände im Lande ganz vorne, was die Arroganz der Macht angeht. Ich habe genug Bescheide gesehen. Bürgernähe ist für die ein Fremdwort und sie sind die Verkörperung des Obrigkeitsstaates in seiner fi nstersten Form. Deshalb reichen die Feinjustierungen am Kommunalabgabengesetz nicht aus.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Der ganze Sektor bedarf einer radikalen Reform an Haupt und Gliedern, weniger Macht für die Zweckverbände und mehr Mitspracherechte für die Bürger. Und der ländliche Raum sollte nicht abgeschöpft und fi nanziell ruiniert,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Er ist den eigenen Märchen zum Opfer gefallen.)

sondern gefördert werden, sonst baut da bald keiner mehr.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Das Wort hat jetzt der Abgeordnete Herr Kokert von der Fraktion der CDU.

(Michael Roolf, FDP: Aber nicht wieder was versprechen, was Sie nicht einhalten!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Kollege Ritter! Sehr geehrter Herr Kollege Müller!

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Ich denke, nach dem emotionalen Auftritt von Herrn Müller ist eine gute Nachricht dieses Tages, obwohl das KAG sonst ein ernstes Thema ist, dass in diesem Land wohl keiner mehr den ehemaligen rot-roten Prima-Klima-Klub braucht. Sie sind in der Zwischenzeit so weit auseinander bei diesem wichtigem Thema KAG,

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das glaube ich gar nicht. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

wie man es weiter gar nicht sein kann.

(Zuruf von Rudolf Borchert, SPD)

Herr Kollege Ritter, Sie haben uns einen Antrag vorgelegt, der zeigt, wie schnell man nach einer Landtagswahl die Meinung wechselt.