Protocol of the Session on August 24, 2007

Ich kann Ihnen berichten, ich habe vor wenigen Tagen die Freude gehabt, in der Stadt Stralsund gewesen zu sein.

In der Stadt Stralsund hat man nicht wie in Neubrandenburg auf einen längeren Zeitraum addiert, sondern man macht das dort jahresweise. Die Stadt Stralsund kommt jahresweise auf ein Einsparpotenzial ebenfalls im zweistelligen Millionenbereich.

(Michael Roolf, FDP: Das sind Luftbuchungen!)

Und wenn wir dieses multiplizieren, dann kommen wir in Stralsund auf eine ganz ähnliche Größenordnung wie in Neubrandenburg. Und ich kann Ihnen sagen, ich habe in Stralsund mit der …

Herr Roolf, wenn Sie meinen, das sei eine Luftbuchung,

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

dann würde ich gerne mal Ihre Zahlen sehen, wie Sie einen Haushalt aufstellen.

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

Lieber nicht.

Also, meine Damen und Herren, wenn wir uns angucken, wie groß das Problem ist, und ich darf aus Stralsund hinzufügen, da haben wir mit der SPD-Fraktion diskutiert, und die SPD-Fraktion sagt mir: Wie wollen wir das denn aufbringen? Das können wir als Stadt doch gar nicht.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist schon richtig, dass es verschoben wurde!)

Und dann muss ich sagen, meine Damen und Herren, irgendjemand muss es aufbringen. Es muss die kommunale Ebene aufbringen, es muss die Landesebene aufbringen. Wir werden in diesem Bundesland, weil diese Reform bislang nicht durchgeführt worden ist, die Probleme nicht verkleinern, sondern wir werden die Probleme sehr stark vergrößern.

Und wenn wir alle heute in der Post eine Pressemitteilung der Vereinigung der Unternehmensverbände fi nden, in der mit Sorge auf die Frage einer angestrebten, aber jetzt wohl schwer zu realisierenden Personalreduzierung beim Land hingewiesen wird, dann kann ich Ihnen sagen, ja, ich teile diese Sorge. Wir werden in diesem Land große Schwierigkeiten bekommen dadurch, dass wir eine solche Reform bislang nicht durchgeführt haben. Der Reformbedarf – dieses schöne Wort ist jetzt häufi g in den Zeitungen zu lesen – ist gewaltig, er ist auch vom Gericht anerkannt worden und er wird von allen anerkannt, die verantwortlich Politik machen.

Und nun, meine Damen und Herren, auch wenn es sicherlich nicht jedem gefällt, frage ich Sie: War die Lösung, die in diesem Parlament eine Mehrheit bekommen hat in der letzten Wahlperiode, eigentlich so schlecht?

(Michael Roolf, FDP: Ja, verfassungswidrig! – Beifall Udo Pastörs, NPD)

Ich frage Sie: War sie so schlecht?

(allgemeine Unruhe)

Ich sage Ihnen, schauen Sie sich bitte einmal die Wirklichkeit an, wie sie sich heute darstellt.

(Michael Roolf, FDP: Sie war schlichtweg verfassungswidrig! – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Da sagt jemand, Monsterkreise, die darf es nicht geben, viel zu groß, unüberschaubar und, und, und …,

(Gino Leonhard, FDP: Das hat das Landesverfassungsgericht gesagt.)

Herr Leonhard, ich kann auch gerne Namen nennen, aber vielleicht machen wir es mal so.

… und sagt heute, dass das Gebilde, das dort in dem Gesetz stand, ein gemeinsamer Kreis aus den heutigen Kreisen Nordvorpommern und Rügen und der Hansestadt Stralsund, vielleicht als Konstruktion doch gar nicht so schlecht wäre.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Rügen bleibt Rügen!)

Dann frage ich mich: Was passiert da eigentlich? Das, was gestern Teufelszeug war, ist heute eine diskussionswürdige Alternative.

(Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Und wenn, meine Damen und Herren, die ersten Kommunalpolitiker, die an der Spitze einer kommunalen Körperschaft stehen, die gegen das Verwaltungsmodernisierungsgesetz geklagt haben, halblaut und halböffentlich darüber nachdenken, ob man die Aufbaustäbe in der vom Gesetz vorgesehenen Zusammensetzung nicht einfach auf freiwilliger Basis weiterarbeiten lassen sollte, damit sie eine Kreisgebietsreform vorbereiten – und auch hier kann ich Ihnen gerne Namen nennen –,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist ja auch sinnvoll, das machen wir doch längst.)

dann sage ich Ihnen, hier ist offenkundig auch im Denken etwas passiert.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das wäre gut.)

Und dann sage ich Ihnen aber auch, das, was dort als Gesetz auf dem Tisch gelegen hat, das sollte man nicht in Bausch und Bogen als Quatsch und als unerträglich hinstellen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

sondern man sollte sagen, das war ein sehr vernünftiger, ein sehr mutiger Schritt, den das Verfassungsgericht so nicht gebilligt hat, aber es war etwas sehr Vernünftiges.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Und, meine Damen und Herren, ich weiß, ich ziehe mir den Unmut einiger zu, aber ich will das noch ein bisschen steigern.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Oh, oh, jetzt wird’s gefährlich! Herr Müller, das Verfassungsgericht hört zu! – Zuruf von Andreas Bluhm, DIE LINKE)

Ja, Herr Methling, ich will das noch ein bisschen steigern, indem ich Ihnen ein Zitat vorlese.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Das ist mir in den letzten Tagen so über den Schreibtisch gekommen. Da heißt es: „Zersplitterte Zuständigkeiten sind an wenigen Stellen zu bündeln. Im Interesse von Orts- und Bürgernähe sowie zur Zeit- und Kostenersparnis sind Aufgaben und Verantwortung für einen Verwaltungsraum soweit wie möglich bei einer Behörde zu konzentrieren. Bürger und Unternehmen können so ihre Angelegenheiten mit einem einzigen Behördengang erledigen. Doppelzuständigkeiten und Beteiligungen wer

den vermieden. Die Einheit der Verwaltung sichert eine umfassende Kompetenz allgemeiner Verwaltungsbehörden. Auf zusätzliche Sonderbehörden wird weitgehend verzichtet.... Zuständigkeiten für Verwaltungsräume sollten sich nicht überschneiden. Um eine transparente, für Bürger und Unternehmen durchschaubare Verwaltungsstruktur zu schaffen, sind Aufgaben und Verantwortungsbereiche von Behörden, sonstigen öffentlichen Einrichtungen und Gerichten soweit wie möglich nach dem Prinzip der Einheit von Planungs-, Entscheidungs-, Vollzugs- und Kontrollräumen zu gestalten.“

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wie heißt das Lehrbuch?)

Als ich dies gelesen habe, meine Damen und Herren, habe ich gefragt, ist das Gottfried Timm?

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

Denn das ist genau die Philosophie unseres Verwaltungsmodernisierungsgesetzes, insbesondere der letzte Satz, die Einheit von Planungs-, Entscheidungs-, Vollzugs- und Kontrollräumen. Und das ist genau ein Punkt, den unser Verfassungsgericht kritisiert hat,

(Zuruf von Michael Roolf, FDP)

wo das Verfassungsgericht sagt, ihr habt euch zu früh darauf versteift – ich nehme meine Worte, nicht die Worte des Verfassungsgerichts, aber ich glaube, ich interpretiere das Gericht richtig –, in den Planungsräumen zu denken und dann sozusagen diese Einheit von Planung, Entscheidung, Vollzug und Kontrolle zu postulieren.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das war der Fehler. Im Lichte der Verfassung.)

Das war der Fehler, sagt Herr Dr. Jäger.

Nun darf ich Ihnen sagen, woher das Zitat ist. Es ist nämlich nicht von Gottfried Timm,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Jetzt wird’s spannend!)