Protocol of the Session on August 24, 2007

(Zuruf von Reinhard Dankert, SPD)

Wo ist das eigentlich geblieben? Haben Sie das noch?

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das hat jetzt Gino Leonhard auf der autofreien Insel.)

Und die Linke nimmt sich Gysis seichtes Talkshowgerede zum Vorbild. Schnelligkeit und Tatkraft sollten demonstriert werden, aber leider ohne Sinn und Verstand – ein schönes Beispiel für hohle Leerlaufpolitik. Diese Sitzung ist in der Tat total überfl üssig und eine vollkommen unnötige Kostenverschwendung.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Ach, hören Sie doch auf!)

Eine andere Art von Politik hat sich im Übrigen auch gerächt, als dieses Urteil ausgesprochen wurde, die Politik nach dem Motto: „Die Landesverfassung biegen wir uns so zurecht, wie wir wollen.“ Jahrelang hat die CDU die Auffassung vertreten, diese Verwaltungsre

form sei verfassungswidrig wie die Sünde. In dem Urteil kann man noch einmal die Argumente nachlesen, die die CDU-Landtagsabgeordneten als Antragsteller für eine abstrakte Normenkontrolle vorbrachten oder vorbringen ließen: Es habe keine ordnungsgemäße Anhörung zum Gesetzesentwurf gegeben. In der Gesetzesbegründung seien nur 3 von 382 Seiten auf das Ergebnis verwandt worden. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine echte Abwägungsentscheidung gegeben, stattdessen sei die Neugliederung der Kreise nur ein Ergebnis einer Koalitionsabsprache gewesen. Das verfassungsrechtliche Leitbild eines Landkreises sei missachtet worden, erhebliche Demokratiedefi zite lägen vor und die Zusammensetzung der geplanten Aufbaustäbe verstoße gegen das in Artikel 3 Landesverfassung verankerte Demokratieprinzip. – Sehr ernste Bedenken, vorgebracht von der CDU seinerzeit. Alles wie weggeblasen, als die SPD mit einer Regierungsbeteiligung winkte!

(Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist doch Unsinn. – Zuruf von Wolf-Dieter Ringguth, CDU)

Da die CDU eine christliche Partei ist, möchte ich es in ein biblisches Bild kleiden: Sie haben die Landesverfassung oder das, was Sie dafür hielten, für ein Linsengericht verkauft. Und was verlangen Sie für das Grundgesetz? Ein Schnitzel mit Pommes frites?

(Heiterkeit bei Udo Pastörs, NPD)

Dass Sie andere als Verfassungsfeinde bezeichnen, ist ein Witz.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja.)

Sie drehen es immer gerade so, wie Sie es brauchen,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Dafür geben Sie genügend Beispiele.)

was Sie als landesverfassungs- oder bundesverfassungskonform bezeichnen oder nicht. Mit der Einstellung sind Sie vor dem Landesverfassungsgericht gescheitert. Mit Ihrer eigenen Klage, die Sie als Opposition angestrengt haben,

(Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)

haben Sie nun ein Leck in die Regierung geschossen. Selten ist jemand so von seiner Vergangenheit verdientermaßen eingeholt worden.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Erfolge dieser Art wünsche ich Ihnen noch viele.

Noch ein paar Worte zur Verwaltungsreform an sich. Hier wird das Wort „Reform“ missbraucht. Eine Reform ist eine neue Idee. Die Kavallerie wird abgeschafft und dafür werden Panzertruppen aufgestellt – das ist eine Reform.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das war jetzt sehr militant. – Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

Die Rationen für die Soldaten werden halbiert und nur noch jeder Dritte bekommt ein Gewehr – das ist eine verzweifelte Sparmaßnahme. Und dieses militärische Bild mögen mir SPD und CDU verzeihen. Sie sind ja für Auslandseinsätze der Bundeswehr, Sie werden ja wohl nichts gegen das Militär haben.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Und genau das ist die sogenannte Verwaltungsreform: eine verzweifelte Sparmaßnahme. In 17 Jahren haben Sie es nicht geschafft, in den fünf neuen Ländern eine selbsttragende Wirtschaft aufzubauen. Die DDR konnte sich mit dem Milliardenkredit von Franz Josef Strauß selig noch zehn Jahre noch über Wasser halten. Das Nachfolgegebilde benötigt 80 Milliarden Euro, gleich 160 Milliarden DM pro Jahr. Das sind pro Kopf bei 16 Millionen Einwohnern 5.000 Euro, alle Transfergelder zusammengenommen. Wenn man für eine Kleinstadt wie Anklam, die 1990 noch 20.000 Einwohner hatte und heute unter 14.000, einen Mittelwert für die letzten 17 Jahre von 16.000 zugrunde legt, dann fl ießen pro Jahr 80 Millionen Euro Transfergelder in diese kleine Stadt. 160 Millionen DM, das sind in sieben Jahren knapp 1 Milliarde DM. Die DDR überlebte mit 1 Milliarde Euro zehn Jahre und Sie können mit dieser Summe in diesem Zeitraum noch nicht einmal eine Kleinstadt über Wasser halten.

(Heiterkeit bei Ministerin Sigrid Keler)

Alles hier würde sofort ohne diese Überweisungen aus dem Westen zusammenbrechen, weil Sie Ihre Wirtschaftspolitik total verpfuscht haben.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Und jetzt kündigt sich an, dass die Transfergelder langsam zurückgehen. Das ist der wahre Hintergrund für die angeblichen Reformbemühungen. Und da irrt der Ministerpräsident: Wenn wir behandelt würden wie ein normales westdeutsches Land, was Transfergelder angeht, ein fi nanzschwaches westdeutsches Land, dann wären wir kein normales Land mehr, dann wären wir platt, und Herr Sellering könnte übernehmen als Konkursverwalter vor Herrn Ringstorff. Sie haben versagt, Sie haben nichts geschaffen, was ohne massive Zuzahlungen Bestand haben könnte, und nun müssen Sie schleunigst Einsparungen vornehmen, die Sie aber als tolle Reformidee verkaufen wollen. Verwaltungsstrukturen werden abgebaut, der ländliche Raum wird der Verödung preisgegeben. Die herrschenden Parteien sind ja sogar bereit gewesen, ihre eigene Basis zu opfern. Durch die neuen Großkreise hätten viele Ihrer Kommunalpolitiker ihre Kreistagsmandate oder ihre Position als Landräte oder Beigeordnete verloren. Deswegen haben ja fast alle Landkreise geklagt. Das war ein Aufstand Ihrer kommunalen Basis gegen die Parteiführung. Langsam bröckelt Ihre Machtbasis weg und das wäre mal eine Reform, die uns gefällt. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Also ist er dafür.)

Danke, Herr Andrejewski.

Das Wort hat jetzt der Innenminister Herr Caffi er.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete!

Zunächst eine kurze Vorbemerkung: Frau Měšťan, selbstverständlich ist es das gute Recht des Parlaments, eine Sondersitzung zu fordern. Ich habe sehr intensiv der Diskussion zugehört in den letzten anderthalb Stunden, nur habe ich bisher noch nicht erkannt, warum das, was hier ausgeführt worden ist, nicht auch gegebenenfalls in 14 Tagen auf der nächsten planmäßigen Landtagssitzung hätte ausgiebig diskutiert und besprochen werden können.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zuruf von Gabriele Měšťan, DIE LINKE)

Denn alles, was bisher, Herr Roolf, gesagt worden ist, inklusive der Einbeziehung des Parlaments, der demokratischen Fraktionen, ist im Vorfeld schon hinlänglich häufi g von unterschiedlichen Personen dargestellt worden,

(Gabriele Měšťan, DIE LINKE: Warum denn so arrogant?)

dass wir einen anderen Weg gehen wollen und dass das Verfassungsgericht uns schließlich Hausaufgaben aufgegeben hat.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und zum Zweiten: Keiner aus der Landesregierung hat in den zurückliegenden Tagen und Wochen geäußert, dass wir denken, erst 2009 wieder mit der Arbeit zu beginnen, sondern mit der Arbeit ist bereits begonnen worden, als wir uns gemeinsam mit den Landräten und Oberbürgermeistern getroffen haben, um über nächste Schritte zu sprechen.

(Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Der Ministerpräsident, der Abgeordnete Herr Seidel und der Abgeordnete Herr Sellering haben die wesentlichen Aspekte aus dem Urteil des Landesverfassungsgerichtes dargestellt. Auch haben sie die sich aus diesem Urteil ergebenden Konsequenzen politisch bewertet. Dem habe ich grundsätzlich nichts hinzuzufügen, stimme ich doch in der Bewertung im Wesentlichen überein.

(Hans Kreher, FDP: Auch mit Herrn Sellering?)

Ich möchte mich daher heute darauf beschränken, Ihnen vorzustellen, welche Überlegungen ich mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der zurückliegenden Zeit angestellt habe, um innerhalb der angegebenen sachlichen und zeitlichen Rahmenbedingungen eine Kreisgebietsreform von unten nach oben zu entwickeln:

Unbestritten ist, sehr geehrte Damen und Herren, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern eine den veränderten Gegebenheiten angepasste Verwaltung einschließlich einer Reform der kommunalen Strukturen dringend benötigt. Unser Ziel muss es sein, dieses noch innerhalb der laufenden Legislaturperiode zu erreichen. Ich bin der festen Überzeugung, dass es in Mecklenburg-Vorpommern nur einer Großen Koalition aus den beiden Volksparteien SPD und CDU gelingen wird, die Anpassung von Strukturen innerhalb des Landes und in der Kommunalverwaltung und eine damit verbundene Kreisgebietsreform erfolgreich zu gestalten sowie diese sowohl im breiten gesellschaftlichen und politischen Konsens als auch unter strenger Beachtung der Vorgaben des Landesverfassungsgerichtes innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit zu realisieren.

Mehrfach wurde heute schon angesprochen, dass Reformen der Verwaltung und der Gebietsstrukturen für das Land Mecklenburg-Vorpommern notwendig sind. Aus den Erkenntnissen zur demografi schen Entwicklung in unserem Bundesland ergibt sich nämlich unter anderem zwingend, dass wir unsere Verwaltungsstrukturen verändern, ja, anpassen müssen. Darüber hinaus werden, und das wurde schon mehrfach geäußert, die fi nanziellen Mittel, die dem Land Mecklenburg-Vorpommern durch den Solidarpakt II bereitgestellt werden, bis zum

Jahr 2019 abgeschmolzen und ab 2020 gar nicht mehr zur Verfügung stehen. Eingeleitet wird dieser Abschmelzungsprozess bereits im Jahr 2009. Aber offensichtlich ist das noch nicht allen im Land bewusst. So hat die demografi sche Entwicklung auch zur Folge, dass dem Land für jeden wegziehenden Einwohner pro Jahr rund 2.300 Euro weniger Einnahmen aus Finanzzuweisungen zur Verfügung stehen.

Diese Mindereinnahmen zeigen mehr als deutlich unsere gemeinsame Verantwortung und den notwendigen Handlungsbedarf. Wir sind aufgefordert, für unser Land Mecklenburg-Vorpommern effi ziente Verwaltungsstrukturen innerhalb der Landesverwaltung und in der kommunalen Familie zu entwickeln. Den Mecklenburgern und Vorpommern, aber auch der hier bereits ansässigen Wirtschaft wollen und müssen wir trotz alledem eine leistungsfähige Verwaltung gegenüberstellen. Das muss unser Beitrag sein, Mecklenburg-Vorpommern im föderalen System Deutschlands fi t für die Zukunft zu machen, denn nur mit leistungsfähigen, modernen und effi zienten Verwaltungsstrukturen auf allen Ebenen können die Regionen unseres Landes auch für zukünftige Investoren und ansiedlungswillige Firmen attraktiv bleiben. In diesem Spannungsfeld müssen den Kommunen insoweit Spielräume bleiben, die soziale Infrastruktur, wie Krankenhäuser, Schulen, Straßen, Öffentlicher Personennahverkehr, auch umsetzen zu können. Auch dieses ist für die Attraktivität unseres Bundeslandes dringend notwendig.

Meine Damen und Herren, die notwendigen Reformen können aber nur gelingen, wenn wir Folgendes beachten – und hier möchte ich mit Ihrer Erlaubnis, Frau Vizepräsidentin, aus den Leitsätzen des Urteils des Landesverfassungsgerichts vom 26. Juli 2007 zitieren –: „Kreise müssen“ in der Fläche „so gestaltet sein, dass es ihren Bürgern typisch möglich ist, nachhaltig und zumutbar ehrenamtliche Tätigkeit im Kreistag und seinen Ausschüssen zu entfalten.... Kraftvolle Selbstverwaltung ist aber darauf angewiesen, dass Vertreter aus möglichst vielen gesellschaftlichen Gruppen sich zusammenfi nden“.

Die Aufgabe der Großen Koalition ist es, in den zu schaffenden effi zienteren Strukturen eine wirksame ehrenamtliche und demokratische Teilhabe der Menschen möglich zu machen. Sicher ist, diese demokratische Teilhabe wird nicht unbeeinfl usst von den fi nanziellen Möglichkeiten des Landes und der Kommunen bleiben. Jedoch auch – das ist eine Lehre aus dem Verfassungsgerichtsurteil – die fi nanzielle Leistungsfähigkeit darf nicht zum alleinigen Maßstab für die zu entwickelnden Strukturen werden.

Meine Herren von der NPD, wir meinen es so, wie wir es sagen: Wir wollen demokratische Strukturen entwickeln