Protocol of the Session on July 12, 2007

Das beruhigt mich doch, dass Frau Nahles dann zufrieden war.

Meine Damen und Herren, es soll doch niemand glauben, dass die formalen Gründe nur einen Deut an der Auffassung der SPD-Fraktion ändern, dass die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns sowohl aus Wirtschafts-, Arbeits- als auch aus gesellschaftspolitischen Gründen geboten ist. Auch wenn ich die Argumente nicht alle wiederholen möchte, möchte ich nur auf eine Person hinweisen, die vielleicht nicht unbedingt verdächtig ist,

(Irene Müller, DIE LINKE: Tja, was soll man davon glauben?)

wirtschaftspolitische oder wirtschaftliche Gründe nicht richtig beurteilen zu können. Das ist der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Post AG Klaus Zumwinkel,

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

der sich öffentlich wiederholt dazu geäußert hat,

(Beifall Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Richtig.)

dass die Einführung eines Mindestlohns gerade in diesem Bereich, und das gilt dann sicherlich auch für andere Bereiche, dringend geboten ist, um den Wettbewerbsverzerrungen auf dem Rücken der Beschäftigten entgegenzuwirken.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Genauso ist das. – Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Die SPD-Fraktion begrüßt daher ausdrücklich die von den SPD-geführten Bundesländern Bremen, Berlin und Rheinland-Pfalz angekündigten Bundesratsinitiativen zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Peter Ritter, DIE LINKE: Hätten wir auch haben können in unserem Land.)

Auch die SPD in diesem Haus will gerechte Löhne für gute Arbeit. Jeder Mensch muss in Würde arbeiten können und dazu gehört natürlich, dass er mit dem, was er dabei verdient, so leben kann, dass er über der Pfändungsfreigrenze oder zumindest mit der Pfändungsfreigrenze sein Einkommen fi ndet. Und ob es nachher 7,50 Euro sind, Herr Kollege Methling, oder 8,00 Euro, lassen Sie uns bitte nicht an dieser Stelle um die 50 Cent streiten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Streiten wir auch nicht.)

Das werden wir sicherlich dann auch noch klären können.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Haben wir noch nie gemacht, bloß 8,80 Euro wollen wir nicht. – Peter Ritter, DIE LINKE: Richtig, das ist nämlich Schwachsinn, weil es von Herrn Pastörs kommt.)

Dabei nimmt das Konzept der Bundes-SPD, das zusammen mit Vertretern der Gewerkschaften erarbeitet wurde, viele, viele der Bedenken auf, die gegen einen von oben oktroyierten gesetzlichen Mindestlohn vorgebracht werden. Ähnlich der schon angesprochenen in Großbritannien seit Jahren nach allseitigem Bekunden erfolgreichen und gut funktionierenden Arbeit der Low Pay Commission soll nach den Vorstellungen der SPD auch in Deutschland im Einvernehmen mit den Tarifvertragsparteien eine unabhängige Kommission eingesetzt werden, die regelmäßig über die Einkommensentwicklungen im unteren Bereich berichtet und gegenüber der Bundesregierung eine Empfehlung ausspricht, deren endgültige Festsetzung dann durch diese erfolgt. Ein solcher Weg, meine Damen und Herren, würde auch in Deutschland dazu führen, dass endlich alle Beschäftigten zumindest so viel verdienen, dass sie von ihrer eigenen Erwerbstätigkeit leben können.

Ein ganz kurzer Hinweis noch zu den Ausführungen in Österreich: In Österreich ist die Situation so, dass es dort eine Sozialpartnerschaft der Tarifvertragsparteien gibt und die Tarifverträge, die dort gelten, grundsätzlich für alle Beschäftigten gelten.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: So ist es. – Irene Müller, DIE LINKE: Aha!)

Die Situation haben wir in Deutschland nicht. Es ist bedauerlich, dass zumindest Teile der CDU sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene derzeit – hoffentlich nicht auf Dauer – nicht bereit sind, den skizzierten Weg im Interesse einer Vielzahl von Beschäftigten mitzugehen. Aber ich habe, und das unterscheidet uns auch, durchaus die Hoffnung – die Hoffnung stirbt als Letzte –, so, wie sich die Kolleginnen und Kollegen von der CDUFraktion hier mit dem anderen Antrag, ich hatte ihn schon angesprochen, Mindestlohn im Bereich der öffentlichen

Auftragsvergabe, bewegt haben, dass es da vielleicht noch Bewegung gibt.

(Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ihr Wort in Gottes Gehörgang! – Zuruf von Peter Ritter, DIE LINKE)

Aber, meine Damen und Herren von der Fraktion DIE LINKE, zum Schluss noch ein Satz zu Ihnen: Wie ausgeführt, ist die SPD bereits auf Bundesebene über Bundesratsinitiativen dabei, das Thema „Gesetzlicher Mindestlohn“ weiter voranzutreiben.

(Angelika Gramkow, DIE LINKE: Sie braucht die Stimmen von Mecklenburg-Vorpommern.)

Ihr Antrag hinkt damit dem politischen Geschehen, wie es durch die SPD

(Peter Ritter, DIE LINKE: Oh!)

und die genannten

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wir wollen, dass unsere Landesregierung handelt, Herr Schulte.)

SPD-geführten Bundesländer und dem SPD-Vorsitzenden Kurt Beck bereits auf den Weg gebracht wurde, mal wieder hinterher.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Wir können gerne mal gucken, wer die Kampagne zuerst geschaltet hat, Herr Schulte. Da haben Sie noch gar nicht gewusst, wie Mindestlohn geschrieben wird, da sind wir schon dafür auf die Straße gegangen. – Glocke der Vizepräsidentin)

Manchmal muss es auch wehtun, Frau Gramkow.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Das tut aber weh. – Zurufe von Irene Müller, DIE LINKE, und Peter Ritter, DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, wenn man Bundesratsinitiativen fordert, die durch Dritte bereits avisiert worden sind, wenn man also auf gut Deutsch dem politischen Geschehen hinterherläuft, dann darf man sich nicht wundern, wenn man am Ende nur als Verlierer durchs Ziel kommt.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Ha, ha, ha! Das wird sich noch zeigen, Herr Schulte, wer in diesem Rennen verliert. Das wird sich noch zeigen. – Zurufe von Barbara Borchardt, DIE LINKE, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

Und die Tatsache, dass andere SPD-geführte Länder – allerdings ohne CDU-Regierungsbeteiligung – das, was Sie hier fordern, schon in Bewegung gebracht haben, dieser Umstand

(Peter Ritter, DIE LINKE: Na, dann wissen wir doch, wer schuld ist.)

macht es trotz aller inhaltlichen Übereinstimmung der SPD-Fraktion mit Ihrem Antrag

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Also ist doch die CDU der Klotz am Bein, ja?!)

dann doch wieder zumutbar, Ihrem Antrag hier und heute aus Gründen der Koalitionsdisziplin nicht zuzustimmen.

(Irene Müller, DIE LINKE: Der Spagat war aber wirklich schmerzhaft. Ich wusste es doch!)

Aber gönnen Sie es mir, weil ich eben sagte, die Hoffnung stirbt als Letzte, und Kollege Ritter, Sie sagten dann, wenn ich das jetzt richtig mitbekommen habe – das ist jetzt eine Freud’sche Fehlleistung –, dass man die Hoffnung nicht aufgeben soll, in dem Zusammenhang, um deutlich zu machen, dass auch bei den Kolleginnen und Kollegen der CDU durchaus Bewegung herrscht,

(Heiterkeit bei Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Ja, die sind alle rausgegangen.)

dass ich mir erlaube, zwei Pressemitteilungen von dem Bundestagsabgeordneten Gerald Weiß zu zitieren, seines Zeichens stellvertretender Vorsitzender der BundesCDA und Vorsitzender der Arbeitsgruppe der Union im Bundestag, der CDU/CDA.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Der hat leider nicht viel zu sagen, das ist das Problem.)

Er hat zum Thema Mindestlohn gesagt: „,Da ist Bewegung drin‘“.

(Regine Lück, DIE LINKE: Aber schon ganz schön lange, ne?!)

„,In der Union gibt es zunehmend die Erkenntnis, dass nicht nur in der Baubranche und bei den Gebäudereinigern etwas im Argen liegt. Die Probleme sind nicht zu negieren.‘“ Und dann geht es im Artikel weiter: „Der Verweis auf die Selbstregulierungskräfte des Marktes ziehe hier nicht mehr. ,Das sind Prozesse, die mit sauberem Wettbewerb nichts mehr zu tun haben‘“.

Und zwei Monate später, am 29.05.2007 der gleiche Bundestagskollege zu dem Thema der Frage der Sittenwidrigkeit: „Die CDA wird darauf dringen, dass die Union einem uralten christlichen Grundsatz folgend dafür sorgt, dass Menschen, die 40 Stunden arbeiten, auch von den Früchten der Arbeit leben können“.

(Beifall Udo Pastörs, NPD)

Zum Thema Sittenwidrigkeit von Löhnen führt er aus: „Allein die Sittenwidrigkeit reicht nicht, um gegen Dumpinglöhne vorzugehen.“

Und wenn es im Bereich der Arbeitnehmerschaft der CDU …

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Wahrscheinlich einer der wenigen Christen in der CDU.)