Sehr geehrte Damen und Herren, die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern sind tolerant, weltoffen und friedlich.
Davon bin ich überzeugt. Denn sie wehren sich gegen die Feinde der Demokratie. Die Volksinitiative „Für ein weltoffenes, friedliches und tole rantes Mecklenburg-Vorpommern“ ist ein Beispiel dafür. Sie ist Ausdruck der demokratischen Beteiligung des Volkes und von daher muss sich das Parlament ernsthaft mit dem dort geäußerten politi schen Willen auseinandersetzen. Ich bin überzeugt davon, dass dies in den dafür bestimmten Ausschüssen mit der nötigen Sorgfalt und Umsichtigkeit geschehen wird.
Die Bürgerinnen und Bürger, die die Volksinitiative unterstützt haben, verfolgen mit ihrem Antrag eine Änderung unserer Landesverfassung. Sie schlagen vor, die Vereinigungsfreiheit für solche Vereini gungen zu beschränken, die systematisch und nachhaltig in ihren Zielen und Programmen die Menschenwürde angreifen oder in dieser Weise durch ihre Tätigkeit gegen die Grund sätze eines offenen und gewaltlosen Willensbildungspro zesses verstoßen.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir Demokraten sind uns alle einig, dass wir uns gegen den zunehmenden Extremismus von Rechts wehren müssen. Ich denke aber auch, dass wir es mit den richtigen und vor allem wirksamen rechtsstaatlichen Mitteln tun sollten.
Nach Artikel 9 des Grundgesetzes sind Vereinigungen, deren Zwecke oder Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungemäße Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, verboten.
Damit hat der Bundesgesetzgeber eine Einschränkung der Vereinigungsfreiheit geregelt. Wenn sich der Landtag in den kommenden Wochen mit dem Antrag der Volksinitiative beschäftigen wird, wird er sich daher vor allem auch mit der Frage beschäftigen müssen, ob die vorgeschlagene Änderung der Landesverfassung mit dem Grundgesetz kollidiert.
Die verfassungsrechtliche Prüfung wird daher sehr genau und sehr sorgfältig durchge führt werden müssen, denn Bedenken bestehen insoweit unter anderem im Hinblick auf die vorgeschlagene Fassung des Artikels 10a Absatz 3, da diese eine Beschränkung des in Artikel 9 (1) Grundgesetz gewährleisteten Grundrechts auf Vereinigungsfreiheit darstellt.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich denke, dass wir den Antrag der Volksinitiative jedoch auch noch vor einem anderen Hintergrund diskutieren und prüfen müssen.
Die Demokratie ist wehrhaft. Ihre Wehrhaftigkeit ist jedoch kein Automatismus und ihre Wehrhaftigkeit wird auch nicht allein durch gesetzliche Rege lungen verstärkt.
Ihre Wehrhaftigkeit wird insbesondere dadurch gestärkt, dass jeder Demokrat unter uns Tag für Tag und Jahr für
Jahr diese rechtsstaatlichen Prinzipien verteidigt, sie bewusst lebt und sich gegen Extremismus engagiert.
Machen wir uns nichts vor, meine Damen und Herren, rechtsradikales Gedankengut kann überall in unserer unmittel baren Umgebung entstehen.
Was wir brauchen sind Demokraten, die in demokratischen Institutionen, in Vereinen und in Verbänden auftreten und sich gegen Extremismus von Rechts, aber auch von Links einsetzen. Wir müssen uns vor Ort, jeder in seiner unmittelbaren Um gebung mit dem Problem auseinandersetzen, sei es am Arbeitsplatz, im Verein, in der Gemeinde oder im eigenen Freundes- und Bekanntenkreis. Wir müssen uns offensiv, tagtäglich und unmittelbar mit den Feinden der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit auseinandersetzen. Diese Auseinandersetzung gilt insbesondere für die junge Generation in unserem Land. Es ist unsere Pfl icht, uns noch viel intensiver um die jungen Menschen zu kümmern
und uns Gedanken darüber zu machen, wie wir es hinbekommen, dass junge Menschen gar nicht erst anfällig werden für rechtsextreme Ideologien. Wir alle wissen, dass der Rechtsextremismus in Deutschland erschreckend jung ist. Es handelt sich zumeist nicht mehr um die Ewiggestrigen, sondern häufi g um Neugestrige, die in Erscheinung treten.
Ich denke, dass wir gute gesetzliche Grundlagen haben, um den Herausforderungen des Extremismus entgegentreten zu können.
Ich denke aber auch, dass Gesetze allein für einen intensiven Kampf gegen Extremismus nicht ausreichen, denn Demokratie muss vor allem tagtäglich gelebt werden, damit sie wehrhaft bleibt.
Sehr geehrte Damen und Herren, die Landesregierung trägt der Bekämpfung von Rechtsradikalismus schon heute auf unterschiedliche Art und Weise Rech nung. So gibt es seit März dieses Jahres – und, meine Herren von der NPD, das ist auch gut so – einen Erlass des Innenminis ters, der an die Landräte, Oberbürgermeister und Zweckver bände des Landes Mecklenburg-Vorpommern gerichtet ist und darauf aufmerksam macht, dass wichtige demokratisch legitimierte Ämter und Funktionen wie Bürger meister, Amts- und Verbandsvorsteher, aber auch Orts- und Amtswehrführer nicht den Feinden von Demokratie, Grund gesetz und Landes verfassung in die Hände gegeben werden dürfen.
Das Justizministerium ist gerade damit befasst, Schülerinnen und Schülern das System und die Funktionsweise unserer Demokratie näher zu bringen und Schulen bei
Zudem sind immer mehr Richterinnen und Richter bereit, an Schulen zu gehen und den Rechtskundeunterricht durchzu führen.
Diese Arbeit wollen wir in den kommenden Monaten weiter intensivieren. Ebenso wird das Sozialministerium den Kampf für Demokratie und Toleranz verstärken.
Auch der Landespräventionsrat übernimmt eine wichtige Aufgabe bei der vorbeugenden Bekämpfung von Gewalt und Kriminalität in Mecklenburg-Vorpommern und leistet damit einen wichtigen Beitrag im Kampf gegen Rechts. Es gibt also im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten eine Reihe von Projekten, die sich gegen Demokratiefeindlichkeit wenden. Ich denke aber auch, das möchte ich ganz offen sagen, dass wir für den Schutz der Demokratie niemals genug Programme haben können.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir sollten in dieser Diskussion mit Augenmaß vor gehen. In jedem Fall sollten wir die vorhandenen und gesetzlichen Möglichkeiten erst ein mal hinreichend ausschöpfen und umsetzen, bevor wir rechtliche Rahmenbedingungen ändern. Insoweit wird der Landtag zu entscheiden haben, ob der Antrag der Volksinitiative als politisches Signal zu verstehen ist oder in einer tatsächlichen Verfassungsänderung münden soll. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Dr. Nieszery. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Ausführungen der Justizministerin habe ich eigentlich im Wesentlichen nichts weiter hinzuzufügen, außer, dass ich für meine Fraktion ausdrücklich bekräftigen möchte, dass diese Volksinitiative in die richtige Richtung weist. Wir werden eine intensive Beratung in dem dafür zuständigen Ausschuss haben und wir werden am Ende auch eine Lösung fi nden, die Sie, meine Damen und Herren, ganz genau beobachten wird. Und Ihnen …
dass wir Ihnen einen Mitverfassungsauftrag nachstellen können, das haben Sie sicherlich auch nicht anders verdient.