Protocol of the Session on May 10, 2007

(Toralf Schnur, FDP: So ist es! Genau so.)

Wettbewerb braucht das Land Mecklenburg-Vorpommern. Das sehen wir, und ich hoffe, wir sind uns einig, doch etwas skeptisch. Was nützen Hebesätze auf die Einkommenssteuer unserem Land Mecklenburg-Vorpommern? Was heißt das praktisch? Berlin beispielsweise müsste einen Hebesatz für 2006 von theoretisch 167 Prozent auf die Einkommenssteuer erheben, um die Neuverschuldung zu kompensieren, Sachsen-Anhalt 125 Prozent und Hessen dagegen könnte sich sogar Steuerabschläge leisten. Die wirtschaftsstärksten Länder hätten überhaupt kein Problem, in den ruinösen Steuerwettbewerb einzutreten. Aber je nach dem, wo ein Mensch lebt, würde ihm ein Einkommenszuschlag auferlegt, der ihn unter Umständen dazu bewegen würde, wegzuziehen. Abwanderungstendenzen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, von Unternehmerinnen und Unternehmern würden weiter verstärkt. Eine solche Entwicklung dürfen wir nicht zulassen, auch im Interesse der wirtschaftlichen Unternehmen. Wie das die FDP zulassen kann, verstehe ich überhaupt nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Und nicht nur wir würden einen hohen Preis für diese Entscheidung zahlen. Dieser Preis wäre aus meiner Sicht volkswirtschaftlich nicht zu verantworten und deshalb ist es einfach schade, dass Sie diesen Punkt aus dem Antrag hier herausstreichen.

Gleiches gilt für die Verschuldungsgrenzen der öffentlichen Haushalte. Ein nationaler Stabilitätspakt auf den Prinzipien des Schuldenverbots und des Steuerwettbewerbs würde unweigerlich zu weiteren drastischen Kürzungen in den Länderhaushalten, folgewirkend auch in den Kommunalhaushalten, führen. Im Übrigen lassen sich durch eine solche willkürliche Schuldenbegrenzung, wie sie der Sachverständigenrat vorschlägt, die bestehenden Haushaltsprobleme kaum lösen, sie sind struktureller Art. Das ist aber nur das eine.

Andererseits muss selbstverständlich der Weg in die Verschuldung gestoppt werden. Das sehen wir genauso. Aber Schulden sind nicht per se Schande. Wir müssen anerkennen, was davon Investitionen und notwendige Investitionen sind. In diesem Zusammenhang, und nur in diesem, Herr Borchert, stellen wir die Frage, ob der Investitionsbegriff in der Finanzverfassung noch zeitgemäß ist. Er rührt nämlich aus der alten Industriegesellschaft und er erfüllt die Erfordernisse der Wissensgesellschaft, in der wir heute leben, nicht mehr. Deshalb haben wir geschrieben, prüfen wir bitte, ob nicht auch Ausgaben für Bildung und Wissenschaft im Investitionsbegriff des Grundgesetzes berücksichtigt werden können,

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

Fragezeichen und kein Ausrufungszeichen. Aber auch das lehnen Sie ab.

Die Diskussion zu dieser Frage wurde im Übrigen mit dem Solidarpakt II begonnen und sie ist abgelegt worden, weil die Geberländer davon nichts hielten, nicht Mecklenburg-Vorpommern.

Lassen Sie mich noch ein Wort sagen zum Sachverständigenrat und dem Gutachten zur Einführung einer Schuldenschranke. Hier geht es konkret um die Neufassung von Artikel 115 des Grundgesetzes, der eine Einschränkung der Kreditobergrenze vorsieht. Wenn man der Logik der Wirtschaftsweisen folgt, müssten wir über die Entstehung von Schulden, die Substanz von Schulden und die nachhaltige Entschuldung reden. In der jetzigen Situation mit völlig unterschiedlichen Ausgangsbedingungen in den Ländern stehen die Verlierer dieses Prozesses von Anfang an fest. Ein Ausgleich mit dem Ziel gleichwertiger Lebensbedingungen wäre so, wie im Grundgesetz festgeschrieben, schlichtweg eine Illusion. Deshalb ist es wichtig, auch über Möglichkeiten zur Entschuldung nachzudenken sowie die Risiken und Wirkungen von Entscheidungen der Föderalismusreform II genauer zu bestimmen. Auch darüber brauchen wir Klarheit für unser Land, aber auch dieses lehnen Sie ab.

Im Übrigen gibt es aus unserer Sicht politischen Handlungsbedarf nicht nur bei der Konsolidierung der Haushalte, sondern auch bei der Neustrukturierung der Einnahmen. Wir können über die Grundsteuer reden. Wir können über die Ausgestaltung der Erbschaftssteuer reden. In gewissem Maße sind Schulden und Zinslasten auch Folge einer verfehlten Steuerpolitik. Und die geplante Unternehmenssteuerreform wird, wenn sie kommt, den Konsolidierungsprozess nur erschweren. Also warum sich nicht Gedanken machen über Einnahmepolitik? Aber auch das lehnen Sie ab.

(Zuruf von Toralf Schnur, FDP)

Priorität heißt auch, noch einmal über den Grundsatz, wer bestellt, bezahlt, nachzudenken. Die aktuelle Debatte um die Ausgestaltung der Kinderbetreuung auf der Bundesebene zeigt es uns doch ganz genau. Wir brauchen Transparenz und Gerechtigkeit der Finanzierung in den einzelnen staatlichen Ebenen und diejenige Ebene, die eine öffentliche Aufgabe beschließt, muss künftig auch darüber beschließen, wo die Finanzierung liegt,

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)

so, wie wir dieses im Land Mecklenburg-Vorpommern tun und wie es eigentlich auch ins Grundgesetz gehört.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir stellen fest, dass wir leider nicht zueinanderkommen. Dass von unseren Anregungen in der Debatte der Föderalismusreform drei Punkte übrig bleiben, ist uns zu wenig. Wir ziehen unseren Antrag hiermit zurück.

(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und FDP – Michael Roolf, FDP: Das ist gut.)

Meine Damen und Herren, es lagen noch weitere Wortmeldungen vor, aber der Antrag wurde zurückgezogen.

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Ja, wir beherrschen das Handwerk auch.)

Damit schließe ich die Aussprache.

Wir haben darüber auch nicht abzustimmen.

Ich rufe jetzt auf den Tagesordnungspunkt 29: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Einrichtung eines Zentralregisters für Sexualstraftäter, Drucksache 5/469.

Antrag der Fraktion der NPD: Einrichtung eines Zentralregisters für Sexualstraftäter – Drucksache 5/469 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Herr Müller von der NPD.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser Innenminister Herr Caffi er hatte es in der vergangenen Fragestunde der letzten Landtagssitzung vorgezogen, die Fragen vom Kameraden Köster nicht oder nur unzureichend zu beantworten.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Als Kameraden können Sie sich draußen bezeichnen. Wir sind hier nicht auf einem Kameradschaftstreffen.)

Ich möchte Ihnen den Gegenstand der beiden Fragen noch mal in Erinnerung rufen. Kamerad Köster hatte gefragt, aus welchen sachlichen Gründen die Errichtung eines Zentralregisters in Mecklenburg und Vorpommern nicht erfolgt und wie die Landesregierung die Resozialisierung von Sexualstraftätern in Bezug auf die Rückfallquote beurteilt. Kamerad Köster hatte im Grund keine Antwort erhalten.

(Volker Schlotmann, SPD: Ja, toll! – Zuruf von Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)

Um Ihre Bildungslücke bei diesem Thema zu schließen, möchte ich Ihnen einmal die Zahlen aufzeigen, was Sie bisher zumindest in Teilen vielleicht mit zu verschulden haben, denn immerhin war seit 1990 immer ein Koalitionspartner, ob SPD oder CDU, ständig in der Regierung:

In der offi ziellen Statistik des BKA waren bundesweit für das Jahr 2005 über 14.000 Fälle von sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen nach Paragraf 176, 176 a, 176 b Strafgesetzbuch erfasst worden. Davon gehen nebenbei immerhin 13,3 Prozent der Fälle auf das Konto von, Zitat: „nicht deutschen Tatverdächtigen“, die interessanterweise in der Statistik ihren eigenen Gliederungspunkt fi nden. Dazu muss man natürlich immer wieder erwähnen, dass es sich nur um die erfassten Fälle handelt. Die realen Zahlen bei sexuellem Missbrauch von Kindern dürften die offi ziellen Zahlen weit überschreiten, denn diese perversen Verbrechen fi nden häufi g hinter verschlossenen Haustüren statt. Auf einer Netzseite mit dem Titel „Aktiv gegen sexuelle Gewalt“ ist sogar von 300.000 bis 400.000 Kindern jedes Jahr die Rede, die körperlich misshandelt oder schwer vernachlässigt werden.

Aber das eigentlich Interessante für diesen Antrag sind ja die sogenannten Rückfallraten von Sexualstraftätern, welche unserer hoch geschätzten Regierung scheinbar immer noch nicht hoch genug sind, um die Maßnahmen durchzusetzen, die die NPD-Fraktion hier fordert. Bereits die einmalige Begehung eines so perversen Verbrechens deutet bei den Tätern auf schwere Persönlichkeitsstörungen hin, die weitere Taten ähnlicher Art befürchten lassen. Nach Einschätzung des Sexualwissenschaftlers Klaus Michael Beier ist das Rückfallrisiko bei diesen Verbrechern extrem hoch. Laut einer Studie wurden 80 Prozent der entsprechend veranlagten Täter rückfällig. Oder denken Sie etwa, dass ein Triebtäter, der seine Opfer in 500 Fällen aufs Schwerste sexuell missbraucht, nach seiner fünfjährigen Haftstrafe ins normale Leben

zurückkehrt, als wenn nichts gewesen wäre? Wer solche krankhaften Taten begeht, kann nicht geheilt werden. Auch viele Experten auf diesem Gebiet vertreten diese Meinung.

Meine Damen und Herren, in Anbetracht dieser Fakten, wie können Sie da einfach hier sitzen und ein richtigen und zwingenden Antrag ablehnen, nur weil er von uns, der NPD-Fraktion, kommt? Denken Sie doch nur einen Moment nicht ideologisch, sondern an unsere Kinder! Die Kinderseelen, die nach so einer Straftat für das gesamte Leben gezeichnet sind, sollten schützenswerter sein als irgendwelche fadenscheinigen Begründungen à la Caffi er in Bezug auf datenschutzrechtliche Gründe. Ich bin selbst Vater von zwei Kindern, wie die meisten Abgeordneten hier auch Familien und Kinder haben. Die Gedanken daran, dass in unserem Land unzählige Perverse rumlaufen, die unsere Kinder sexuell missbrauchen, macht einen nicht nur betroffen, sondern wütend. Wir Abgeordneten haben die Möglichkeit und die Verantwortung, an dieser Situation etwas zu ändern. Wir haben die Möglichkeit, Vorsorgemaßnahmen in die Wege zu leiten, welche diesen perversen Triebtätern das Handwerk legen oder aber zumindest dazu beitragen, unsere Kinder besser zu schützen.

(Vizepräsidentin Renate Holznagel übernimmt den Vorsitz.)

Eine angenommene Rückfallrate von rund 80 Prozent zeigt doch, dass Maßnahmen zum Schutz unserer Kinder dringend geboten sind. 80 Prozent! Das zeigt doch, dass diese Leute entweder nicht therapierbar sind oder dass die Therapeuten nicht in der Lage sind, sie richtig zu therapieren. Doch haben wir keine Zeit, darüber zu rätseln, ob die Therapeuten zu schlecht oder die Triebtäter zu krank sind. Jede Minute kann sich der Fall Mitja überall in Deutschland wiederholen. Oder denken Sie immer noch an Einzelfälle? Die Fakten sprechen dagegen. Hier nur drei Beispiele der vergangenen Monate:

Im Februar verhängte das Landesgericht Erfurt eine zwölfjährige Haftstrafe gegen einen 38-Jährigen. Er hatte die Söhne seiner Lebensgefährtin jahrelang sexuell missbraucht. Der Angeklagte war mehrfach wegen Missbrauchs von Kindern vorbestraft.

Im April musste sich ein 41-Jähriger vor einem Kölner Gericht verantworten. Er gab sich im Internet als ein 14jähriges Mädchen aus. Daraufhin traf er sich mit einem 14-jährigen Jungen und missbrauchte diesen mehrfach. Der Mann war bereits wegen Sexualdelikten mehrfach vorbestraft.

Der dritte und wohl unglaublichste Fall ereignete sich im März in Halle. Herr Caffi er – wie immer nicht anwesend –,

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Na, na, na!)

ich bitte jetzt besonders um Ihre Aufmerksamkeit.

(Reinhard Dankert, SPD: „Wie immer“ ist falsch.)

Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelte gegen einen 55Jährigen, der in einem Kindergarten in Halle-Neustadt als 1-Euro-Jobber angestellt war. Die Mutter eines 3-jährigen Mädchens erstattete Anzeige wegen sexueller Belästigung ihrer Tochter. Der vorbestrafte Triebtäter wurde von der Arbeitsagentur ohne vorherige Prüfung eingestellt, obwohl er bereits bei einer vorherigen ABM als pädagogischer Mitarbeiter pornografi sche Fotos einer 15-Jährigen machte und 2004 wegen sexuellen Missbrauchs an Jugendlichen verurteilt wurde.

Gerade dieses schreckliche Ereignis zeigt den Menschen in diesem Land auf, was unseren Politikern wichtiger ist: der Schutz unserer Kinder vor solchen perversen Verbrechern oder der Schutz von Feuerwehren, öffentlichen Einrichtungen und Vereinen vor Menschen, die sich als einziges Verbrechen ihre Oppositionszugehörigkeit vorwerfen lassen könnten. Ich glaube, nein, ich weiß, kein national Denkender würde in einem Kindergarten als 1-Euro-Jobber angestellt werden. Die Kinder könnten womöglich noch etwas lernen von verbrecherischen deutschen Tugenden, von Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Treue oder Anständigkeit.

(Peter Ritter, Die Linkspartei.PDS: Oder wie man Frauen schlägt.)

Stattdessen werden krankhafte Triebtäter auf unsere Kinder losgelassen.

Herr Caffi er, Sie wehren sich gegen die Anprangerung von Sexualstraftätern in der Öffentlichkeit. Verfassungsrechtliche und datenschutzrechtliche Gründe nennen Sie als Vorwand. Gegen ein Zentralregister für die nationale Opposition hätten Sie sicherlich nichts. Am besten wäre es, unsere 600.000 Wähler mit Anschrift und berufl icher Tätigkeit würden auch noch darin vorkommen. So könnte Ihr Traum von Demokratie Wirklichkeit werden.

(Reinhard Dankert, SPD: Das Thema hatten wir schon mal. Dann ist jemand rausgegangen.)

Unserer Fraktion geht es hingegen um die Menschen in unserem Land, egal welcher politischen Gesinnung.

(Zuruf von Dr. Marianne Linke, Die Linkspartei.PDS)

Wir fordern die Errichtung eines Zentralregisters für Sexualstraftäter, nicht nur für unsere, sondern auch für Ihre Kinder. Ich bitte deshalb um Zustimmung zu unserem Antrag und beantrage hiermit namentliche Abstimmung. – Danke.