(Beifall bei Abgeordneten der CDU und FDP – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Also wir sind schon weiter, als Sie denken.)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich komme sonst nicht mit so viel Papier nach vorne, aber ich habe heute einmal ein bisschen was Aktuelles mitgebracht
und möchte mein Statement, das Statement der Fraktion unter dem Titel „Der Welt“ von heute – die Mindestlohnfalle – bringen.
(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Habe ich schon gelesen, ja. – Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Bringen Sie mal das „Neue Deutschland“ mit, Herr Roolf! – Heiterkeit bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS)
Und, meine Damen und Herren von der PDS und von der SPD, herzlich willkommen in der Mindestlohnfalle!
Sie sind gerade auf dem Weg, einen Fehler zu machen, den Sie womöglich aus einer politischen Ausrichtung heraus gar nicht selber richtig einschätzen können. Schauen wir doch einmal in die Vergangenheit zurück und gucken wir uns mal einen Vorgang an, was es denn gebracht hat, wenn der Staat anfängt, den Arbeitsmarkt zu regulieren, denn das ist ja unser entscheidender Punkt.
(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Das Thema hat die SPD aufgesetzt. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)
Sie wollen mit einem staatlichen Mindestlohn als Staat den Arbeitsmarkt regulieren. Sie sprechen den Tarifparteien die Kompetenz und die Fähigkeit ab, ihre Interessen zu vertreten.
Ich erinnere an das Jahr 1999. Sie wissen alle, was 1999 war. Da haben wir erfolgreiche Politiker in unserem Land gehabt, den Herrn Riester, den Herrn Schröder und den Herrn Lafontaine. Der Herr Lafontaine ist ja gerade von Ihnen zu Ihnen gewechselt.
(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Das ist schon ein bisschen her. – Zuruf von Dr. Armin Jäger, CDU)
Die drei Herren haben sich auf den Weg gemacht, damit der Staat den Bereich der geringfügigen Beschäftigung löst, indem er das 630-DM-Gesetz geändert hat, eine Besteuerung eingeführt hat – die Veränderung – auf 300 DM. Man schaue sich einmal die Ergebnisse des staatlichen Eingriffs an: Innerhalb von einem Monat, von Monat Mai zu Monat Juni, hat das allein zu 100.000 Beschäftigungsverhältnissen weniger geführt.
Und im Februar 2002, nur zehn Monate nach dem Eingriff des Staates, hat es zu 700.000 Beschäftigungsverhältnissen weniger geführt. Das ist das Ergebnis staatlichen Eingriffs in die Autonomie von Tarifparteien, die Sie wollen.
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich wünsche speziell den Sozialdemokraten die Kraft, dieses Thema, was für Sie mit Sicherheit in die Irre führen wird, in den Wahlkampf zu tragen, es laut nach draußen zu tragen, weil Sie mit diesem Thema nicht das erreichen werden, was Sie erreichen wollen.
Sie wollen, und da sind wir, denke ich, ganz dicht beieinander, dass die Menschen in diesem Land einen Anspruch darauf haben, dass sie von ihrer eigenen Hände Arbeit leben können. Aber das erreichen Sie mit diesem Weg nicht.
Denn wer im gleichen Atemzug von staatlichen Mindestlöhnen spricht, von Hungerlöhnen, von Armut und selbst in der Regierungsverantwortung die Mehrwertsteuererhöhung von drei Prozent durchsetzt und den Menschen auf der anderen Seite das Geld wegnimmt,
wer sich nicht dafür einsetzt, dass die Überschüsse in der Agentur für Arbeit, die in Milliardenhöhe dort liegen, die den Beitragszahlern gehören, wer sich nicht darum bemüht, diese Gelder den Leuten wieder zurückzugeben, denen sie gehören,
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Da stimme ich Ihnen sehr zu, Herr Roolf.)
der macht eine falsche Politik und der muss sich überlegen, was er für eine Politik zukünftig macht.
Ich glaube, dieses Thema ist so ernst und dieses Thema ist so problematisch, dass wir uns mit einer Auseinandersetzung zu diesem Thema zukünftig viel Zeit lassen sollten. Es ist für die Menschen im Land einfach, von Ihnen als Linke präsentiert zu bekommen, ein gesetzlicher Mindestlohn löst alle Probleme und wir sind diejenigen, die eure Existenz retten. Wir sind die einzig Guten, wir sind diejenigen, die gegen Armut und Elend kämpfen.
(Helmut Holter, Die Linkspartei.PDS: Der Satz stimmt, ja. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)
Das ist eine Art der Argumentation, die wir auf einem Jahrmarkt gerne hören wollen, aber nicht in einem Parlament.
Schauen wir uns die Betroffenen an, um die es geht. Da möchte ich einfach unterteilen in die Menschen, die im Augenblick außerhalb der Beschäftigung sind in diesem Land, leider außerhalb der Beschäftigung sind, in die Menschen, die in einer Beschäftigung sind, die unter 7,50 Euro vergütet wird, und die Menschen, die in einer Beschäftigung sind, für die sie mehr als 7,50 Euro bekommen. Ich glaube, für die Letzteren brauchen wir hier nicht zu diskutieren. Diejenigen, die im Augenblick in einer Beschäftigung sind, haben einen Anspruch auf einen branchenüblichen, regional angemessenen Tarifl ohn. Da sind wir dicht beieinander. Aber wenn Sie einen staatlichen Mindestlohn bei Löhnen erhöhen auf 7,50 Euro, wird es in diesem Bereich defi nitiv Arbeitsplätze kosten.
Das IWH in Halle schreibt heute, wir werden über diesen Weg höchstwahrscheinlich 620.000 Arbeitsplätze verlieren.
Der dritte Bereich, der für uns viel, viel entscheidendere Bereich, weil er auf Mecklenburg-Vorpommern am meisten zutrifft, umfasst die Menschen, die nicht in einer Beschäftigung sind. Die grenzen sie, und das ist der stärkste Vorwurf gegenüber den Gewerkschaften, nach wie vor mit einer Forderung nach einem staatlichen Mindestlohn aus dem Arbeitsprozess aus. Das kann nicht ihr Interesse sein.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und Dr. Armin Jäger, CDU – Dr. Armin Jäger, CDU: Das ist richtig. – Zuruf von Barbara Borchardt, Die Linkspartei.PDS)
Ich habe es vorhin gesagt, wir sollen nicht immer nur zu anderen schauen, sondern wir sollen auch zu uns selber schauen. Solange es in diesem Land möglich ist, dass Städte und Kommunen stolz darauf sind, dass sie Auslagerungen aus dem BAT-Ost in gemeinnützige GmbHs, in städtische GmbHs mit 100 Prozent Beteiligung, mit 70 Prozent Beteiligung, wie die Beteiligungsverhältnisse auch immer aussehen, auf jeden Fall mit einer Mehrheitsbeteiligung des Staates vornehmen, solange diese Unternehmen und auch die dazugehörigen Politiker stolz darauf sind, dass sie dank der Tarifverträge 30, 40 Prozent unter dem BAT-Ost liegen, solange wir solche Situationen haben, sollten Sie, liebe Damen und Herren von der SPD und auch von der PDS, erst mal zu Ihren Bürgermeistern gehen
Ich wünsche mir von den Gewerkschaften, und das ist eigentlich der Aufruf an die Gewerkschaften, dass sie erkennen, dass sie mit diesem Weg zu einer staatlichen Forderung nach einem Mindestlohn auf einem Irrweg sind. Versuchen Sie, sich in den Tarifverhandlungen als Tarifpartner neu zu profi lieren, sich aufzustellen, neue Perspektiven zu geben. Versuchen Sie nicht immer nur, die Rhetorik und die Argumente des ewig Gestrigen zu bringen, und akzeptieren Sie, dass es neben den Tarifparteien auch noch betriebliche Bündnisse für Arbeit gibt, nämlich Arbeitnehmerinnen und Arbeiternehmer in kleinen, Kleinst- und mittelständischen Unternehmen,
die sehr wohl in der Lage sind, auf Augenhöhe mit Arbeitnehmern und Arbeitgebern Tarifgespräche, Gehaltsgespräche zu führen. Vertrauen Sie einfach auf die Kraft dieser Menschen, vertrauen Sie auf das Selbstbewusstsein dieser Menschen