Allerdings befürchte ich, dass die entsprechende Meinungsäußerung von Herrn Seidel sich am Ende dieser Abstimmung als heiße Luft erweisen wird. Denn wenn man sich das tatsächliche Handeln von Bund und Land anschaut, so kann ich außer schönen Worten keinerlei Aktivitäten erkennen, die praktisch in die Richtung einer Kerosinsteuer gehen.
Der innerdeutsche Flugverkehr ist mineralölsteuerbefreit, die internationalen Flugtickets sind auch weiterhin umsatzsteuerbefreit – deshalb nun unser erneuter Antrag.
Durch den UN-Klimabericht, durch aktuelle Studien und konkret erlebbare Auswirkungen der Erderwärmung ist der Klimaschutz mittlerweile in aller Munde. So haben wir eben den weltweit wärmsten Winter seit Beginn der Temperaturmessungen erlebt und Politiker aller Parteien überschlagen sich jetzt mit Vorschlägen zur Kohlendi
oxidreduzierung. Mittlerweile ist es unbestritten, dass der derzeitig stattfi ndende Klimawandel zum großen Teil durch menschliches Handeln verursacht ist. Der Minister für Landwirtschaft und Umwelt Herr Dr. Backhaus hat es ja hier ausgeführt. Und selbst bei Präsident Bush und der chinesischen Staatsführung scheint die Erkenntnis zu reifen, dass die Zeit des Aussitzens allmählich knapp wird. Eine derartige Einigkeit und so viel Bewegung in Sachen Klimaschutz und Verminderung der klimaschädlichen Emissionen hat es in der Geschichte noch nie gegeben. Und so erhöht sich auch der Druck, die Privilegierung des Flugverkehrs aufzuheben und ihn seinem Schadstoffausstoß entsprechend bei den Reduktionszielen zu berücksichtigen.
Kerosinsteuer oder die Einbeziehung der kommerziellen Fliegerei in den Emissionshandel sind von verschiedener Seite vorgeschlagen worden. Auch der ehemalige Bundesumweltminister und Exdirektor des UNO-Umweltprogramms UNEP Klaus Töpfer fordert schon lange, Flugreisen zu verteuern. Er ist der Auffassung, der Flugverkehr dürfe beim Kampf gegen den Klimawandel nicht ausgenommen werden, da er der am schnellsten wachsende Verkehrssektor sei. Die Subventionierung müsse daher beendet werden. Er schlug vor, eine Kerosinsteuer einzuführen oder die Airlines in den Emissionshandel einzubeziehen, und seine Worte sind: „Die EU sollte dabei im Alleingang vorangehen.“ Das Warten und Verweisen auf eine globale Lösung dauert seiner Meinung nach viel zu lange.
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Richtig, Recht hat er.)
Meine Damen und Herren, Sie wissen es besser als ich, Herr Töpfer ist nicht gerade bekannt dafür, heimlich mit der Linkspartei.PDS zu sympathisieren oder unrealistischen Zielen nachzuhängen. Deshalb nehme ich an, dass er in seinen Ausführungen einen allgemeinen Erkenntnisprozess auf den Punkt gebracht hat, und der Punkt lautet: Wenn die Bundesrepublik und Europa noch länger zögern, werden die Ziele bei der Reduzierung der Treibhausgasemission nicht zu erreichen sein. So lobte Herr Töpfer das französische Modell der seit 2006 erhobenen Ticketabgabe, die in Umwelt- und Entwicklungsprojekte fl ießt und vor allem Afrika zugutekommt. Auch die Niederlande, ich habe es hier schon mal erklärt, haben 2005 eine Kerosinsteuer auf Flüge innerhalb des Landes eingeführt. Selbst Bundesverkehrsminister Tiefensee hat angekündigt, die Fluggesellschaften in den Klimaschutz einzubinden. Im März sagte er in der Tageszeitung „Die Welt“: „Wir werden künftig die Landegebühren nach Emissionen staffeln.“ Auch das halte ich für einen Schritt in die richtige Richtung.
Bis zum Jahresende, so verkündete Minister Tiefensee, werde sein Ministerium entsprechende Schadstoffeckwerte erarbeiten. Geplant sei dann ein dreijähriger Feldversuch mit Fluglinien auf freiwilliger Basis. Wer in diesem Falle aber auf Freiwilligkeit setzt, der irrt. Wir werden damit genauso eine Bruchlandung erleben wie bei der freiwilligen Verpfl ichtung der Autoindustrie zur CO2Reduzierung.
Hier ist nicht weniger, sondern mehr Staat und vor allem Europa gefragt. Der CO2-Ausstoß des Flugverkehrs muss
auf ein klimaverträgliches Maß reduziert werden, sonst wird er zum Klimakiller Nummer eins. Wege dorthin gibt es viele: moderne, kraftstoffsparende Triebwerkstechnologien, die Verringerung von Starts und Landungen und ein fairer Wettbewerb mit anderen Verkehrsmitteln um Passagiere, vor allem mit der Bahn auf den innerdeutschen Strecken. Und die Kerosinsteuer gehört dazu. Denn jeder Umweltverbrauch, meine Damen und Herren, muss adäquat bezahlt werden. Die rechtlichen Grundlagen dafür sind gegeben. Das Chicagoer Abkommen wurde 2004, 60 Jahre nach seiner Unterzeichnung, so modifi ziert, dass Staatenverbünde wie die EU eine Steuer auf Flugbenzin erheben können. Die EU erlaubt es ihren Mitgliedsstaaten ebenfalls, den innerstaatlichen Flugverkehr zu besteuern.
Zu den Subventionen, meine Damen und Herren, die der Flugverkehr ohnehin schon erhält, kommt bei uns im Land eine weitere direkte Subvention der Fluglinie RostockLaage–München hinzu. Wie der Verkehrsminister im Verkehrsausschuss erläuterte, ist sie weder von hoher touristischer Bedeutung noch ist sie überhaupt unabdingbar für den Verkehr in unserem Bundesland. Trotzdem soll jedes Flugticket mit 50 Prozent reinem Landesgeld gefördert werden. Ich frage Sie, meine Damen und Herren: Kennen Sie eine derartige Förderung für Vorhaben des Klimaschutzes oder für ein umweltschonendes öffentliches Verkehrsmittel, das in dieser Höhe gefördert wird? Gleichzeitig leidet der ÖPNV in unserem Land unter der Kürzung der Regionalisierungsmittel durch die rotschwarze Bundesregierung, sodass dringend notwendige Investitionen in eine ungewisse Zukunft verlagert werden müssen. Wenn die Wirtschaft unbedingt nach Fluglinien ruft, dann soll sie sich auch an den Kosten beteiligen.
Neubrandenburg und Usedom zeigen, wie das geht und dass es geht. Dort sind die Unternehmen in die Flugverkehrsförderung eingestiegen, weil sie es für sich als notwendig erachten. Ich bin der Auffassung, das können Rostocker Unternehmen auch. Für mich und meine Partei ist es absolut unverständlich, wieso wir in Zeiten knapper öffentlicher Kassen Flugtickets für einige wenige sponsern und gleichzeitig die Bedingungen für den ÖPNV oder den SPNV für viele verschlechtern.
Das ist offensichtlich das Verständnis der SPD als sozial gerechte Partei, das immer wieder beschworen wird. Letztlich ist das nichts anderes als privilegierte Wirtschaftsförderung. Ökonomisch und ökologisch sinnvoller wäre es, das so in die Luft geblasene Geld zu nutzen, um die Kürzungen der Regionalisierungsmittel in unserem Lande weiter auszugleichen. Deshalb, meine Damen und Herren, fordere ich Sie auf, unseren Antrag zu unterstützen und ihm zuzustimmen.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 30 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Das Wort hat der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus in Vertretung für den Minister für Verkehr, Bau und Landesentwicklung. Bitte, Herr Seidel.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich trage Ihnen jetzt die Rede in Vertretung des Verkehrsministers vor. Und ich bleibe Ihnen auch nicht meine persönliche Antwort auf das Thema Kerosinbesteuerung schuldig.
Die Fraktion der Linkspartei der PDS will mit ihrem Antrag allen Ernstes die Landesregierung auffordern, sich im Bundesrat für die Besteuerung von Flugbenzin im innerdeutschen Luftverkehr und für eine europaweite Regelung einer Flugbenzinbesteuerung einzusetzen. Da eine EU-weite Lösung derzeit nicht machbar ist, solle Deutschland seine Verantwortung im Rahmen der EURatspräsidentschaft wahrnehmen und mit gutem Beispiel vorangehen.
Meine Damen und Herren, man muss mit allem Nachdruck vor solchen nationalen Alleingängen warnen. An den durch Menschen verursachten Emissionen ist die globale Luftfahrt mit 3,5 Prozent beteiligt. Ich muss sagen, die Zahlen differierten jetzt erheblich, wenn ich mir da den Vortrag angeschaut habe. Ich gebe diese Zahlen hier wieder. Der Anteil der gesamten europäischen Luftfahrt liegt bei 0,5 Prozent, der geringe Anteil der deutschen Luftfahrt ist demzufolge schon fast, wenn man das mal betrachtet, zu vernachlässigen. Insofern ist fraglich, ob mit der faktisch beabsichtigten Reduktion von Luftfahrtaktivitäten in Deutschland überhaupt ein spürbarer Beitrag zur Erreichung des umweltpolitischen Ziels beim Klimaschutz geleistet werden kann, um den es hier geht.
(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Schaun wir mal, was die anderen machen! – Zuruf von Birgit Schwebs, Die Linkspartei.PDS)
Aufgrund der internationalen Verfl echtungen im Luftverkehr kann eine aus Umweltgründen gewünschte Kerosinsteuer ohnehin nur international sinnvoll realisiert werden. Nationale Symbolpolitik führt hier nicht zum Ziel, sondern benachteiligt einseitig die deutsche Luftverkehrswirtschaft. Eine deutsche Kerosinsteuer würde der internationalen Konkurrenz einen erheblichen Wettbewerbsvorteil verschaffen, das ist eine Milchmädchenrechnung, und hätte auch deshalb für den Klimaschutz praktisch kaum Effekte.
Meine Damen und Herren, die Förderung der Fluglinie Rostock-Laage–München durch das Land wurde aus wirtschaftspolitischen Gründen eingeführt und ist zumindest in den kommenden Jahren auch weiterhin erforderlich. Die Kritik der Fraktion der Linkspartei.PDS teile ich nicht. Die Länge der Linie zwischen Rostock und München beträgt circa 650 Kilometer, die mit dem auf dieser Fluglinie eingesetzten Flugzeugtyp in einer Stunde und 50 Minuten bewältigt wird. Um diese Strecke von Rostock aus mit der Bahn zurückzulegen, benötigt man durchschnittlich 8 Stunden und 30 Minuten
und damit etwa die 4,5-fache Zeit. Die Fluglinie Rostock– München mit zwei Abfl ügen in Rostock und München an jedem Werktag ermöglicht Geschäftsreisen innerhalb eines Tages. Wochenendtägliche Flugverbindungen in
den Tagesrandzeiten, wie sie hier angeboten werden, sind insbesondere für die überregional tätigen Unternehmen ein unerlässlicher Standortvorteil, sei es aufgrund von beratungsintensiven Produkten oder wegen der Vernetzung mit anderen Unternehmensteilen, Kooperationspartnern, Kunden und Lieferanten. Der Bedarf an schnellen und zuverlässigen Verkehrsverbindungen von und nach Mecklenburg-Vorpommern ist ein unverzichtbarer Bestandteil einer sich entwickelnden Wirtschaft. Das Land Mecklenburg-Vorpommern muss dies besonders berücksichtigen, weil es mit seiner geografi schen Lage im äußersten Nordosten Deutschlands zwangsläufi g auf eine schnelle verkehrliche Anbindung angewiesen ist, um gegenüber anderen Regionen konkurrenzfähig zu sein. Tägliche Flugverbindungen zu weiter entfernten Wirtschaftsregionen sind für Wachstum und Beschäftigung sowie für die Entwicklung eines leistungsfähigen Forschungs- und Wirtschaftsraumes unverzichtbar. Und das gilt gleichermaßen auch für die Weiterentwicklung des Tourismusstandortes Mecklenburg-Vorpommern. Insofern muss ich das ein bisschen korrigieren, was vorhin gesagt wurde. Das hat mit Sicherheit nicht der Minister berichtet, sondern Sie haben ihn so interpretiert. So habe ich das verstanden.
Die Fluglinie ist gefragt. Die derzeitige Entwicklung zeigt, dass die Fluglinie zunehmend von Geschäftsreisenden sowie von Unternehmen des Landes genutzt wird. Dennoch ist derzeit eine weitere Unterstützung durch das Land zum Erhalt der Fluglinie erforderlich.
Meine Damen und Herren, die von den Antragstellern vorgeschlagene Verknüpfung mit den vom Bund bereitgestellten Regionalisierungsmitteln ist nicht sachgerecht. Schienenpersonennahverkehr und ÖPNV werden auf anderem Wege gesichert. Das Land Mecklenburg-Vorpommern ist sich dabei seiner Verantwortung bewusst, die Mobilität der Bürger weiterhin zu gewährleisten, und dies auch in allen Regionen. Über die Bedeutung des öffentlichen Verkehrs gibt es sicherlich keinen grundlegenden Dissens zwischen der Regierungskoalition und der Linkspartei. Mecklenburg-Vorpommern muss per Bahn, Straße, Schiff und auch per Flugzeug erreichbar sein.
Eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur sichert die Entwicklung und den wirtschaftlichen Erfolg des Landes. Aber es wäre für meine Begriffe ein großer Fehler, ein Verkehrsmittel gegen das andere auszuspielen.
Meine Damen und Herren, aus diesen Gründen ist der Antrag problematisch. Und jetzt will ich Ihnen meine persönliche Meinung auch sagen.
Ich bleibe dabei, ich bin nach wie vor noch aus einem ganz anderen Grund für eine Kerosinbesteuerung.
Aber genauso wende ich mich gegen das von Ihnen hier vorgeschlagene Mittel, nämlich diesen Alleingang, den
Herr Professor Methling, da können Sie ganz sicher sein, dass ich die Möglichkeiten nutze, um mich genau für dieses Thema einzusetzen. Die erste Möglichkeit habe ich heute Abend.
Insofern will ich noch ein Wort sagen, warum ich dies so sehe. Es ist so, dass tatsächlich die Billigfl iegerei nur dadurch möglich ist, weil keine Besteuerung von Kerosin erfolgt. Die Billigfl iegerei ist, wie ich fi nde, eine totale Wettbewerbsverzerrung – eine der schärfsten –