Protocol of the Session on March 28, 2007

(allgemeine Unruhe)

Der Überweisungsantrag ist also abgelehnt

(Jörg Vierkant, CDU: Wie viele waren es denn?)

durch die Mehrheit der Koalitionsfraktionen

(Jörg Vierkant, CDU: Wie viele waren es denn? Wie viele?)

bei Zustimmung der Fraktionen von Linkspartei.PDS, FDP und NPD.

Ich komme jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Fraktion der Linkspartei.PDS auf Drucksache 5/357. Wer dem zuzustimmen wünscht, den bitte ich um ein Handzeichen. –

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Gabi, Hand hoch!)

Die Gegenprobe bitte. –

(Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Wolfgang, jetzt kannst du die Hand runter- nehmen. – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS)

Damit ist klar, bei Ablehnung der Fraktionen von SPD, CDU und FDP und Zustimmung der Fraktionen von Linkspartei.PDS und NPD ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 14: Beratung des Antrages der Fraktion der NPD – Kein weiterer Abriss von Gebäuden der so bezeichneten „Perlenkette“ in Heiligendamm, Drucksache 5/201.

Antrag der Fraktion der NPD:

Kein weiterer Abriss von Gebäuden der so

bezeichneten „Perlenkette“ in Heiligendamm

Drucksache 5/201 –

Das Wort zur Begründung hat der Abgeordnete Borrmann von der NPD.

Bürger des Landes! Ich möchte die Drucksache 5/201 „Kein weiterer Abriss von Gebäuden der so bezeichneten ‚Perlenkette‘ in Heiligendamm“ wie folgt begründen:

(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Erstens.)

1. Der am 11. Januar dieses Jahres erfolgte Abbruch der Villa „Perle“ stellte ein öffentliches Medieninteresse zur Problematik der Sanierung des ersten deutschen Seebades her.

2. Heiligendamm besitzt eine über die Grenzen Mecklenburgs herausragende Stellung. Es wurde 1793 erstes deutsches Seebad, diente zusammen mit Doberan als Sommersitz der Landesherren und des Adels.

3. Durch diese Privilegierung entstand bis 1870 nach den Entwürfen der Architekten Johann Christoph Heinrich von Seydewitz, Georg Adolf Demmler und Carl Theodor Severin ein klassizistisches Ensemble, wenn man so will ein Gesamtkunstwerk, eine weiße Stadt am Meer.

4. In der DDR setzte sich die kulturelle Nutzung des Seebades für die breite Masse der Bevölkerung fort. Diese an sich positive Entwicklung, die schon in der Kraft-durch-Freude-Bewegung ihren historischen Vorläufer gefunden hatte, wurde aber nicht nachhaltig materiell unterfüttert. Durch a) hohe Auslastung, b) geringe Bauqualität, insbesondere die fehlende Horizontalsperre, c) eine hohe Witterungsbelastung durch nasskaltes Ostseeklima und nicht zuletzt durch eine halbherzige Erhaltungssanierung mit minderwertigem Baumaterial waren die meisten Gebäude wie viele Altbauimmobilien der DDR einfach nur abgewohnt, abgenutzt, abgewirtschaftet. Heiligendamm war auch hier ein Symbol für die Verhältnisse im Land.

5. 1996 erwarb die FUNDUS-Gruppe den historischen Ortskern. Fünf der historischen Gebäude wurden restauriert, zur 5-Sterne-plus-Hotelanlage Kempinski Grandhotel Heiligendamm ausgebaut.

6. Im September 2002, ein halbes Jahr vor der Eröffnung der Hotelanlage, erfolgte die vertragliche Zusicherung, alle Gebäude, die nicht zur Hotelanlage gehören, zu sanieren. In den Folgejahren wurden Bauanträge gestellt, die insbesondere die acht Häuser der Perlenkette betreffen. Sie sehen eine großfl ächige, von oben nicht einsehbare unterirdische Kelleranlage unter den Objekten „Perle“, „Löwe“ und „Schwan“ vor, deren Ausdehnung die Baufl äche der bezeichneten Objekte um ein Vielfaches überstieg. Das bauliche Problem lag dann jedoch in der Errichtung eines Kellers unter bereits bestehenden Häusern – ein überaus anspruchsvolles Problem, das technisch gelöst werden kann, aber um den Preis eines beträchtlichen fi nanziellen Mehraufwandes.

7. Der Investor entschied sich für die billigere Variante. Für drei der acht Objekte wurden neben den Bauanträgen auch gleich Abbruchanträge gestellt. Pikanterweise sind diese drei Häuser, „Perle“, „Löwe“ und „Schwan“, seit dem 11.11.2004 nicht mehr auf der Landesdenkmalliste. Sie wurden von der Fachbehörde gestrichen. Für die übrigen Häuser, „Greif“, „Seestern“, „Anker“, „Bischofsstab“ und „Hirsch“, gilt dies nicht. Es liegt der Verdacht nahe, dass die Fachbehörde von politischen Erwägungen zumindest beeinfl usst wurde, denn es ist schon sehr verwunderlich, dass ausgerechnet drei zusammenhängende Objekte, die der Hotelanlage am nächsten liegen, nicht mehr denkmalwürdig sein sollen. Die anderen zusammenhängenden fünf Objekte, deren baulicher Zustand sich offensichtlich nicht von dem der „Perle“, dem „Löwen“ und dem „Schwan“ gravierend unterscheidet, sind seltsamerweise nach wie vor denkmalgeschützt.

8. Die Bewertungen der Vorgänge in Heiligendamm sind nicht nur aus baulicher Sicht zu werten, sondern sollen einer Gesamtwürdigung unterworfen werden. Eine Sanierung aller nicht zur Hotelanlage gehörenden Gebäude erfolgte nicht. Ja, es wurde viereinhalb Jahre nach der getroffenen Vereinbarung mit einer solchen Sanierung noch nicht einmal begonnen. Dies lässt Zweifel an der Investorengruppe aufkommen.

9. Es besteht ein Gegensatz von Bewohnern und Altnutzern einerseits und der FUNDUS-Gruppe andererseits. Wichtige Wege und Straßen wurden für die Öffentlichkeit gesperrt. Ich selbst konnte mich bei einem kürzlichen Besuch in Heiligendamm davon überzeugen, dass Zäune und Hecken vor der Seebrücke, die das Areal des Hotels gegen die Öffentlichkeit abgrenzen, zugunsten der FUNDUS-Gruppe versetzt wurden. Schilder verbieten im Namen des Bürgermeisters das Betreten von öffentlichen Wegen, die noch gar nicht entwidmet sind. Während die politischen Führungsschichten von Globalisierung schwätzen, sich im globalen Dorf wähnen, schafft der Investor Anno August Jagdfeld Fakten für eine Kultur,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

die ihren eigenen Globus braucht, die für normalsterbliche Bürger unerreichbar geworden ist.

10. Alteingesessene Gewerbetreibende wurden regelrecht aus Heiligendamm vertrieben. Ich denke da an das viele Jahre existierende Schwanencafé, das auch gern von den Gästen des Kempinski-Hotels genutzt worden sein soll.

(Zuruf von Werner Kuhn, CDU)

11. Durch die Schließung der preiswerten Gastronomie in Strandnähe ist die Attraktivität Heiligendamms für viele einfache Bürger dahin. Bewohner Heiligendamms sehen ihre seit der Wende eingebrachten Investitionen in den Tourismus infolge der bedingten Fremdenfeindlichkeit der FUNDUS-Gruppe als verloren an.

(Heiterkeit bei Harry Glawe, CDU)

Ein Bewohner wandte sich nach eigenem Bekunden an den Landtagsabgeordneten Henning von Storch mit den Worten: „Ich fühle mich enteignet. Können Sie mir helfen?“. Dieser soll ihm geantwortet haben: „Sie können sich als enteignet ansehen. Hilfe von mir dürfen Sie nicht erwarten.“ Immerhin, Storch ist nicht nur MdL, sondern auch Jurist.

(Dr. Henning von Storch, CDU: Das stimmt gar nicht!)

12. Ein anderer Einwohner hatte aus einem grundbuchrechtlichen Tatbestand die Möglichkeit, Einsicht in die Grundbücher der FUNDUS-Gruppe zu nehmen, und wusste von atemberaubenden Belastungen der Grundstücke zu berichten.

13. „Jagdfeld hat... nicht nur beeindruckende Immobilien erstellt, sondern auch ein undurchsichtiges Firmengefl echt geschaffen, das dafür sorgt, dass er... nicht zu kurz kommt“, hieß es in einer Ausgabe des „Spiegel“. Nach außen hin sammelten die von ihm nur verwalteten Fonds von unbedarften Anlegern Geld ein. Nach innen saugen die Firmen, die Jagdfeld und seiner Umgebung als Eigentum gehören, die treu

händerisch verwalteten Fonds durch teure Aufträge aus. Selbst für die Nutzung des Namens „Adlon“ muss der von Jagdfeld verwaltete Fonds zahlen, an ihn persönlich. Während die fremdfi nanzierten Fonds bei etwa zwei Prozent Rendite dahindümpeln, schwillt Jagdfelds persönlicher Reichtum an. Dies ist das Wesen des modernen Feudalismus, der sich nicht nur in der Architektur ausdrückt. Der Kernbestand Heiligendamms ist in den Händen einer Heuschrecke, die umso kräftiger gedeiht, je mehr sie den Baum kahl frisst, der ihr anvertraut wurde.

14. An die Erteilung der Bau- und Abbruchgenehmigungen waren nach unserem Kenntnisstand keinerlei Fristsetzungen, Garantien und Bankbürgschaften geknüpft, die den Wiederaufbau der Villen „Perle“, „Schwan“ und „Löwe“ sicherstellen.

15. Es liegt eine gespenstische Stimmung über Heiligendamm. Hier strahlt ein klassizistisches Luxushotel in reinem Weiß vor feinem Sandstrand und nur ein paar Meter weiter wird die Promenade von verfallenen Villen aus dem 19. Jahrhundert gesäumt.

(Volker Schlotmann, SPD: Da haben Ihre Vorfahren doch aber gerne logiert. Kennen Sie das eigentlich?)

In vielen Rahmen fehlen die Fenster, der Putz bröckelt von schmuddligen Häusern. Heiligendamm ist ein Symbol für die Situation in den neuen Bundesländern schlechthin. Statt versprochener blühender Landschaften nur wenige Leuchttürme, die oft subventioniert und unproduktiv sind.

16. Die bisherige Entwicklung macht eine parlamentarische Initiative erforderlich. Die etablierten Parteien haben bisher zu wenig Interesse an der Erhaltung und Fortentwicklung des nationalen Kulturgutes gezeigt.

17. Die Perlenkette Heiligendamm ist mehr als eine Summe von ursprünglich acht, jetzt sieben, das heißt eigentlich nur noch fünf denkmalgeschützten Villen. Sie muss als Ganzes gesehen werden. Dieses denkmalgeschützte Ensemble reiht sich ein in eine weltweit einmalige Anlage.

18. Wir Nationaldemokraten fordern von der Landesregierung:

a) Verfügen Sie die Wiederaufnahme der noch nicht abgerissenen Objekte „Schwan“ und „Löwe“ in die Denkmalliste!

b) Kassieren Sie die Abbruchgenehmigung der Villen „Schwan“ und „Löwe“ und setzen Sie sich wirksam für den raschen Wiederaufbau der Villa „Perle“ ein!

c) Machen Sie die Zuweisung weiterer Finanzmittel und weiterer rechtlicher Zugeständnisse an die FUNDUS-Gruppe von Bedingungen an den weiteren Baufortschritt abhängig!

Nur so kann unser kostbares nationales Kulturgut, eine Quelle unserer Identität langfristig gerettet werden.