Interessant sind in diesem Zusammenhang meines Erachtens auch die Ergebnisse einer Elternbefragung der Fachhochschule Wismar. Die Elternbefragung ergab, dass Eltern grundsätzlich durchaus bereit sind, Beiträge für die Betreuung zu bezahlen. Allerdings sollten entsprechend den Ergebnissen dieser Befragung diese stärker vereinheitlicht, gegebenenfalls gesenkt und nach sozialen Kriterien stärker gestaffelt werden. Sozial beziehungsweise fi nanziell schwache Familien werden durch die ganze oder teilweise Übernahme des Elternbeitrages bereits jetzt deutlich entlastet. In manchen Regionen wird diese Entlastung zu 30 Prozent von den Eltern in Anspruch genommen. Das heißt, die Eltern sind – das ist eigentlich ein trauriges Signal – darauf angewiesen.
Besonders hoch, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die Elternbeiträge im Krippenbereich. Um hier der Vereinbarkeit von Beruf und Familie stärker Rechnung zu tragen, wäre nach meiner persönlichen Meinung insbesondere hier eine deutliche Senkung wünschenswert, denn gerade in den Anfangsjahren haben Eltern wenig Geld zur Verfügung.
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Sie brauchen einen Rechtsanspruch! – Rudolf Borchert, SPD: Das kriegen wir auch noch hin.)
Und auch das geht aus einem Schreiben der Fachhochschule in Wismar hervor, wo deutlich gefordert wird, dass man gerade Jüngeren, auch Studenten mit Kindern den Einstieg in die Berufstätigkeit verbessern sollte.
Zum zweiten Thema, der Qualifi kation: Die Bildung und Erziehung in den Krippen und Kindertagesstätten setzt Professionalität voraus. Diese Tätigkeit stellt Anforderungen an die Erzieherinnen und Erzieher. Nicht jede Frau ist, weil sie eine Frau ist, dafür prädestiniert, Kinder zu erziehen und ältere Menschen zu pfl egen. Das nehme ich etwas mit Besorgnis zur Kenntnis, auch in bundesweiten Debatten, dass man davon ausgeht, dass man nicht nur die Kindererziehung, sondern auch die Pfl ege von älteren Angehörigen immer mehr in die Häuslichkeit verlagern will, und der Auffassung ist, dass Professionalität vorhanden ist, wenn eine Frau im Haushalt ist. Das ist meines Erachtens völlig falsch. Auf der einen Seite stellen wir immer höhere Ansprüche an öffentliche Einrichtungen, auch gerade, was Qualität angeht, und auf der anderen Seite sagen wir quasi, junge Frauen oder Frauen überhaupt sind in der Lage, aus dem Nichts heraus und ohne Qualifi kation Kinder zu erziehen oder zu pfl egen. Ich bin der Auffassung, das setzt stets Professionalisierung voraus. Und deshalb ist es auch meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit.
Die entsprechende Qualifi zierung von Erzieherinnen und Erziehern ist notwendig, ebenso die kontinuierliche Aus- und Fortbildung, und das muss meines Erachtens auch forciert werden. Und da gebe ich Ihnen recht, das ist nicht zum Nulltarif zu haben. Die Dominanz von Frauen in der Kinderbetreuung und in der Grundschule hat verstärkt zu Diskussionen geführt, dass hier die Jungen benachteiligt werden. Das haben wir auch schon das eine oder andere Mal diskutiert. Meine Schlussfolgerung daraus ist: Wir müssen mehr Männer für Erziehungsberufe gewinnen.
Die bisherige Abwesenheit von Männern in diesem Berufsfeld hat etwas mit der Wertschätzung und der Bezahlung der Tätigkeit zu tun.
Bei mehr Professionalisierung, besserer Ausbildung und höherer gesellschaftlicher Anerkennung von Erzieherinnen und Erziehern wird dieser Berufszweig auch wesentlich attraktiver für Männer.
Zum dritten Punkt, dem Rahmenplan: Für die Weiterentwicklung der Kindertagesbetreuung in Mecklenburg-Vorpommern muss auch der Rahmenplan für die frühkindliche Bildung und Erziehung weiterentwickelt und eine
Gesamtkonzeption für die Arbeit mit allen Altersgruppen bis zum Schulbeginn entwickelt werden. Ich habe mich in der bisherigen Diskussion dafür eingesetzt, dass die Grundsätze einer geschlechtersensiblen Pädagogik als Querschnittsaufgabe in den Rahmenplan mit aufgenommen werden. Vorhandene geschlechtsstereotypische Rollenzuweisungen für Mädchen und Jungen müssen bereits in diesen Altersgruppen aufgebrochen werden, nicht nach dem Motto „Mädchen in die Puppen- und Jungen in die Technikecke“, sondern eine geschlechtersensible Pädagogik ist hier erforderlich. Der Rahmenplan enthält bereits diese Zielsetzung. Es gilt nun, sie entsprechend umzusetzen. Es ist müßig, wenn wir immer nur zum Beispiel auf den Girls’ Day setzen. In dem Alter haben sich nachher schon Berufsvorstellungen relativ festgesetzt. Eigentlich müssen die Prägungen zur Geschlechtersensibilität schon in den Anfangsjahren auch über die Kindertagesstätten erfolgen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, für mich als Parlamentarische Staatssekretärin für Frauen und Gleichstellung ist das Thema Kindertagesbetreuung kein frauenpolitisches, wie es gern gesehen wird, sondern es ist ein gesellschaftspolitisches. Nur wenn die Kita-Betreuung gesichert ist, ist die Erwerbstätigkeit von Vätern und Müttern möglich. Die Entscheidung für Kinder ist eben nicht nur eine Entscheidung der Frauen, sondern sie betrifft sowohl Männer als auch Frauen.
Eine qualitativ hochwertige, quantitativ ausreichende und bedarfsorientierte Kindertagesbetreuung ist nicht nur für die Entwicklung der Kinder bedeutsam, sondern ein Beitrag zur Geschlechtergerechtigkeit der Gesellschaft, zur Verwirklichung der vielfältigen Lebensmodelle sowie zur eigenständigen Existenzsicherung für Frauen und für Männer.
Zum vierten Punkt, den Öffnungszeiten: Wenn man heutzutage, liebe Kolleginnen und Kollegen, von Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen erwartet, dass sie fl exibel sind, dann muss auch die Kita-Betreuung darauf ausgerichtet sein. Es ist insbesondere meines Erachtens wichtig für Schichtarbeiter für unser Land als Gesundheitsland, für Krankenschwestern, Ärzte, Pfl egepersonal. Aber auch die ganze Diskussion zu den Ladenöffnungszeiten habe ich bisher so erlebt, dass man nie darüber geredet hat, wie eigentlich die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dann noch Beruf und Familie sinnvoll miteinander vereinbaren können.
Es muss deshalb verstärkt auf die Bedarfe ausgerichteter Angebote hingearbeitet werden, und zwar gemeinsam mit den Akteuren vor Ort und den Arbeitgebern.
Es gibt ja bereits gute Modellprojekte. Minister Holter hat in der vergangenen Legislaturperiode auch einige gefördert. Ich denke, diese müssten evaluiert und weiterentwickelt werden, damit wir vor Ort dann auch fl exibel auf die Bedarfe reagieren können.
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS und Rudolf Borchert, SPD – Rudolf Borchert, SPD: Sehr richtig.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich denke, Mecklenburg-Vorpommern ist hinsichtlich der qualitativen und quantitativen Betreuung auf einem guten Wege. Das Land selbst gibt jährlich über 80 Millionen Euro aus. Ich denke, das ist eine ganze Menge Geld. Die Grundlagen hierfür wurden in den vergangenen Jahren, insbesondere auch in der letzten Legislatur geschaffen. Daran muss weitergearbeitet werden. Deshalb unterstützen wir den Sozialminister auf seinem Weg zu einem umfassenden Konzept hin zum Kinderland Mecklenburg-Vorpommern. Die Kita-Betreuung ist hierbei ein Baustein, aber ein sehr wichtiger. – Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Sehr gut.)
Ums Wort gebeten hat jetzt der Abgeordnete der CDUFraktion Herr Seidel. Herr Minister, Sie haben das Wort.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Zunächst einmal möchte ich wirklich ganz ehrlich sagen, es ist doch eine schöne Geschichte, dass wir offensichtlich schon einmal über die Parteigrenzen der Demokraten hinaus feststellen, dass wir es mit einem wichtigen politischen Thema zu tun haben, bei dem wir eigentlich von der Zielsetzung her einer Meinung sind.
(Beifall bei Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Andreas Bluhm, Die Linkspartei.PDS: Jawohl, wir auch.)
Von daher gesehen glaube ich, dass wir auch Möglichkeiten fi nden werden, das Ganze dann entsprechend auszugestalten. Und seien Sie sicher, dass die Regierung diesen Auftrag auch ernst nimmt.
Meine Damen und Herren, die ersten Lebensjahre sind, wie wir wissen, sehr entscheidend für den Lebensweg der Kinder. Das ist jetzt nicht unbedingt mein Satz, aber es hat ein berühmter OECD-Bildungsexperte, nämlich Dr. John Bennett gesagt. Es wurde auch festgestellt in einer aktuellen OECD-Studie, dass Deutschland durchaus in der Gesamtbetrachtung der frühkindlichen Förderung den Dreiklang von Bildung, Erziehung und Betreuung in richtiger Weise formuliert. Herr Dr. Bennett hat auch die Situation in den neuen Bundesländern als sehr positiv dargestellt. Wir wissen, dass wir zumindest quantitativ auf gutem Wege sind, meine Damen und Herren. Wir wissen, dass die frühe Kindheit den langfristigen Erfolg
eines Kindes in der Schule und im Leben bestimmt, dass der Zugang zu qualitativ hochwertigen Bildungsangeboten Kindern helfen kann, Benachteiligungen zu überwinden, dass das Lernen mit der Geburt beginnt und in früher Kindheit bereits das Fundament für ein lebenslanges Lernen gelegt wird. Das ist sicherlich Experten und Politikern seit längerer Zeit bekannt.
Genau deswegen haben sich auch die Koalitionspartner für die 5. Legislaturperiode darauf verständigt, dass zum Beispiel das lebenslange Lernen – das ist ein besonderer bildungspolitischer Schwerpunkt – in Mecklenburg-Vorpommern umfassender zu gestalten ist. Wir haben vereinbart, die Förderung der vorschulischen Bildung und Erziehung schrittweise auszubauen und ihre Kompatibilität mit der Grundschulbildung zu sichern. Der Schwerpunkt liegt dabei, das ist nun einmal so, auf dem letzten Kindergartenjahr.
Neben der gemeinsamen Absicht, die frühkindliche Bildung und Erziehung als Bestandteil des lebenslangen Lernens auszubauen, sehen die Koalitionspartner zugleich die Notwendigkeit, und dies insbesondere aus familienpolitischen Gründen, eine Befreiung von den Kosten der Kindertagesbetreuung zu erreichen und das schrittweise vorzunehmen. Wir haben in der Koalitionsvereinbarung diesbezüglich festgelegt, dass wir, wie es hier heißt, eine differenzierte Entlastung im ersten Jahr vor der Grundschule erreichen wollen.
Meine Damen und Herren, ich glaube, dass wir auch mit den weiteren Formulierungen, die wir getroffen haben, die Voraussetzungen schaffen wollen, die Eltern mittelfristig von den Kosten der Kindertagesbetreuung insgesamt zu befreien. Das schließt auf weitere Initiativen auf Bundesebene zurück. Das hat Herr Kollege Sellering sehr richtig ausgedrückt.
Natürlich brauchen wir Unterstützung. Das ist für uns als Land Mecklenburg-Vorpommern zu schwierig, das ist keine Frage. Und wir werden alle darum ringen müssen, dass uns hier die angedeuteten fi nanziellen Möglichkeiten auch adäquat in Mecklenburg-Vorpommern zur Verfügung stehen, wir dann aber mit dieser Zielrichtung entsprechend weiterarbeiten werden. Ich glaube, dass das nach wie vor wirklich ein gutes Signal ist.
Darüber sollte man jetzt nicht lächeln. Ich glaube, wir haben uns ganz klar und auch wirklich festgelegt, dass die Arbeitsgruppe, die die Koalition eingesetzt hat, noch vor der Sommerpause entsprechende Vorschläge zu unterbreiten hat. Das ist nicht ganz einfach und ich sage einmal, auch die PDS hat gute Möglichkeiten, sich in diesen Prozess einzubringen. Wenn man den Haushaltausschuss leitet
(Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Finanzausschuss! – Zuruf von Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS)
oder den Finanzausschuss, dann hat man nicht nur eine Kontrollfunktion, sondern natürlich auch die Verantwortung,
(Unruhe und Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS – Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS: Wir werden Ihnen helfen, wir werden Ihnen helfen.)
Meine Damen und Herren, es wird zu prüfen sein, ob wir eine verbindliche Regelung zum Besuch des Vorschuljahres brauchen. Solch eine Pfl icht würde natürlich dann auch ganz zwingend die Befreiung der Eltern von den Kosten für den Besuch zur Folge haben, denn der Besuch der Schule ist vor dem Hintergrund der allgemeinen Schulpfl icht kostenlos. Insofern will ich noch einmal deutlich machen, wir dürfen uns schlichtweg nicht damit abfi nden, dass leider Gottes heute nach wie vor Eltern mit Kindern materiell benachteiligt sind. Das ist einfach so.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, CDU und Linkspartei.PDS – Dr. Armin Jäger, CDU: Richtig. – Zuruf von Gabriele Měšťan, Die Linkspartei.PDS)
Ich denke, an der Beseitigung dieses Missstandes zu arbeiten, das eint uns absolut und da dürfen wir jetzt die durchaus großen Schwierigkeiten nicht zu unüberwindbaren Bergen erheben, sondern wir müssen sie schichtweise oder schrittweise abbauen. Ich will dieses Bild ruhig einmal gebrauchen.