Protocol of the Session on June 30, 2011

Ebenso können Sie an diesem Tätigkeitsbericht der Landesregierung, aber auch an dem Bericht über die Arbeit der Interministeriellen Arbeitsgruppe erkennen, wie die Aktivitäten der einzelnen Häuser ineinandergreifen und somit frühzeitig und in geeigneter Weise abgestimmt wurden. Unter den Mitgliedern dieser IMAG hat sich eine hilfreiche Kollegialität entwickelt, die sowohl das landesweite Beratungsnetzwerk umfasst als auch die gemeinsame Abstimmung von Richtlinien und Förderaktivitäten. Hier sei als gelungenes Beispiel der gemeinsame Förderbeirat erwähnt, der ressortsübergreifend für mehrere Richtlinien tätig ist.

In dem Ihnen vorliegenden Tätigkeitsbericht beschreibt jedes Haus seine Aufgabe im Bereich der Stärkung von Demokratie und Toleranz und schließt diesen Teil mit einem Kapitel „Schlussfolgerungen und Herausforderungen für zukünftiges Handeln“ ab. Auf diesen Seiten finden Sie die fachpolitischen Aufgaben und Zielvorstellungen für die kommende Legislaturperiode. Dieser Bericht zeigt, dass die Stärkung von Demokratie und Toleranz in diesem Land, in unserer Landesregierung als Quer

schnittsaufgabe begriffen und auch so umgesetzt worden ist, denn wir wollen in jedem Lebensfeld, in jedem Politikfeld die Demokratie und Toleranz stärken.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, in wenigen Wochen wird nun ein neuer Landtag gewählt. Die Wissenschaftler und Professor Buchstein haben in ihrem Bericht darauf hingewiesen, dass Wahlergebnisse nicht automatisch ein Bewertungskriterium zur Wirksamkeit unserer Regionalzentren sind.

(Michael Andrejewski, NPD: Sehr vorsorglich.)

Die 5-Prozent-Hürde ist nicht der Indikator zur Förderung dieser notwendigen beratungs- und demokratiepädagogischen Arbeit.

(Stefan Köster, NPD: Die Wahlbeteiligung von 50 Prozent aber auch nicht.)

Unsere Regionalzentren verfolgen das Ziel, die Zivilgesellschaft in ihren Bemühungen zu stärken, mehr Demokratie zu wagen und rechtsextremistische und menschenverachtende Ideologen abzuwehren. Zu dieser Zielstellung gibt es einen parteiübergreifenden Konsens aller demokratischen Parteien. Ich bin zuversichtlich, dass dieser Konsens auch im kommenden Landtag tragen wird, auch wenn ich darauf setze, dass die Wählerinnen und Wähler die Abgeordneten der NPD nicht mehr mit einem Mandat versehen werden.

Für ein weltoffenes und tolerantes Mecklenburg-Vorpommern Sorge zu tragen, ist unser aller Anliegen. Mir ist es wichtig, das Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ fortzuführen und im Kampf gegen Extremismus und rechtsaffine Weltbilder nicht nachzulassen. Wir setzen auf das Engagement couragierter Bürger, wir setzen auf starkes Bürgerengagement. Ich danke Ihnen, den Abgeordneten der demokratischen Fraktionen, ganz herzlich für Ihre Unterstützung dabei.

Sehr geehrte Abgeordnete der demokratischen Fraktionen, lassen Sie mich zum Ende dieser Legislatur bei diesem Tagesordnungspunkt ein paar persönliche Worte sagen. Als ich vor fast drei Jahren Ministerin wurde und hier an den Landtagssitzungen teilgenommen habe, habe ich das erste Mal von vorne sehen und erleben können, wie sich die NPD in diesem Landtag aufführt und wie sich die demokratischen Fraktionen über Parteigrenzen hinweg, über verschiedene Meinungen hinweg zusammengeschlossen haben und hier Paroli geboten haben.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Wir haben uns oft in vielen Fragen hier im Landtag gestritten, um Lösungen gerungen und werden es sicherlich auch weiter tun, werden es sicherlich auch in den nächsten Wochen im Wahlkampf tun. Aber ich fand immer eins sehr, sehr wohltuend, ich war immer auf eins als Ministerin dieses Landes besonders stolz, und zwar, dass ich, wenn ich gefragt worden bin, insbesondere von Bürgerinnen und Bürgern aus anderen Bundesländern oder auch von Journalisten, wie gehen wir denn damit um, sagen konnte, wir zeigen hier klare Kante, wir haben ein klares Weltbild für Demokratie und Toleranz und wir Vertreter der demokratischen Fraktionen und Parteien halten an dieser Stelle zusammen, egal was ist. Ich wünsche mir, dass dies so bleibt, auch für den kommenden Landtag.

(Michael Andrejewski, NPD: Bis zur letzten Diätenerhöhung.)

Ich will Ihnen meinen Respekt und meine Hochachtung ausdrücken – ich darf das ohne Eigenlob, weil ich nicht Abgeordnete des Landtages bin –,

(Stefan Köster, NPD: Hoffentlich werden Sie es auch nie.)

wie Sie das hier die letzten Jahre durchgezogen haben. Dafür ein ganz, ganz herzliches Dankeschön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Danke schön, Frau Ministerin.

Es hat jetzt das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf Antrag der Koalitionsfraktionen befassen wir uns mit dem Abschlussbericht der Landesregierung zur Umsetzung des Landesprogramms „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“. Ich hätte mir gewünscht, das sage ich Ihnen ganz deutlich, dass auch die demokratischen Oppositionsfraktionen eingeladen worden wären, diesen Antrag gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen in den Landtag einzubringen,

(Michael Roolf, FDP: Tja. – Michael Andrejewski, NPD: Demokraten zweiter Klasse.)

denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Landesprogramm ist ein Gemeinschaftswerk der damaligen Fraktionen von SPD, CDU und PDS. Und die FDP hat sich nach ihrem Einzug in den Landtag diesem Programm angeschlossen. Insofern ist es schade, dass diese Gemeinsamkeit sich nicht in der Antragstellung widerspiegelt.

(Michael Andrejewski, NPD: Undank ist der Welten Lohn.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, nicht zuletzt die Vielzahl rechtsextremistischer Übergriffe der vergangenen Jahre zeigen und belegen uns, wie wichtig und richtig es war, das Landesprogramm zu initiieren. Der Opferberatungsverein Lobbi e. V. hat allein im vergangenen Jahr 96 rechtsextremistisch motivierte Übergriffe dokumentiert.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Zum Vergleich: Im Jahr 2009 waren es noch 79 Angriffe.

Zu den Angriffen im Jahr 2010 zählen Anschläge auf die Büros der demokratischen Parteien, zumeist in Form von zielgerichteter Sachbeschädigung, aber auch 30 Fälle von Körperverletzung, 10 Fälle von versuchter Körperverletzung und massiver Bedrohung und eine Brandstiftung, um nur einiges zu nennen.

Mit der NPD sitzen sechs Abgeordnete im Landesparlament, eigentlich fünf Abgeordnete, der Leistungsträger und Freizeitclown Borrmann fehlt ja seit einiger Zeit.

(Zuruf von Birgit Schwebs, DIE LINKE)

Aber egal, ob fünf oder sechs Abgeordnete, diese Herren gehören maßgeblich zu den geistigen Brandstiftern dieser menschenverachtenden Auswüchse.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE – Michael Andrejewski, NPD: Unser Büro brennt in Rostock.)

Die jüngsten Äußerungen des Fraktionsmitarbeiters und NPD-Landratskandidaten für den Landkreis Südvorpommern Michael Gielnik sind auf der Homepage der NPD nachzulesen. Er formuliert seine Ziele im Falle einer Wahl wie folgt, ich zitiere: „Allein das Wohl und der biologische Fortbestand des deutschen Volkes werden dabei Garant und Richtschnur meines Handelns sein.“

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

„Allen volksfeindlichen und freiheitszerstörenden Kräften wie den herrschenden etablierten Parteien werde ich mich entschieden und mit aller Kraft widersetzen.“ Zitatende.

(Michael Andrejewski, NPD: Sehr vernünftig.)

Dies ist ein aktuelles Beispiel dessen, was die NPD in den letzten fünf Jahren in diesem Hause angetrieben hat, nämlich eine menschenverachtende, eine rassistische, auf Ausgrenzung basierende Ideologie, die die Gleichwertigkeit aller Menschen und Prinzipien des demokratischen Miteinanders negiert.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Initiative für das Landesprogramm „Demokratie und Toleranz gemeinsam stärken!“ ging doch in der 4. Legislaturperiode von der damaligen PDS-Fraktion aus. Zusammen mit den Fraktionen der SPD und CDU, hier vor allen Dingen in Zusammenarbeit mit Herrn Schlotmann und Herrn Dr. Jäger, haben wir einen Antrag zur Entwicklung eines Landesprogramms zur Stärkung von Demokratie und Toleranz in den Landtag eingebracht.

Ziel war es, dem Rechtsextremismus in MecklenburgVorpommern entschieden entgegenzutreten und mit einem umfassenden Konzept Gegenmaßnahmen zu entwickeln. Wir haben in dem Landesprogramm Eckpunkte zur Stärkung der demokratischen Kultur und zur Unterbindung einer weiteren Festigung rechtsextremer Strukturen formuliert. Dazu gehörte die Verstärkung von Maßnahmen in den Bereichen bürgerschaftliches Engagement, Familie, Schulen, Hochschulen, Medien, Parteien, Kirchen und Religionsgemeinschaften, Arbeit und Wirtschaft sowie Polizei, Justiz und Ordnungsbehörden. Das Landesprogramm zieht sich also durch alle Ressorts.

In der Zwischenzeit ist viel passiert, aber immer noch nicht genug. Der Abschlussbericht zeigt, dass die Initiative zur Entwicklung eines Landesprogramms für Demokratie und Toleranz wichtig und richtig war. Auf der Grundlage des Landesprogramms nahmen die fünf Regionalzentren für demokratische Kultur in MecklenburgVorpommern ihre Arbeit auf. Im Namen meiner Fraktion möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieser Zentren auf das Herzlichste bedanken.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist notwendig, die Regionalzentren auch weiterhin bei ihrer Arbeit zu unterstützen und sie finanziell und personell zu stärken. Ebenso muss die Landeskoordinierungsstelle wegen der umfänglichen Aufgabensituation quantitativ und qualitativ gestärkt werden.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Regionalzentren sind nicht der einzige Bestandteil des Landesprogramms. Weitere Initiativen, wie „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, haben sich bewährt und sind bereits an einigen Orten als Sonderprofil in den Schulen etabliert. Die Schulen leisten Herausragendes und können bereits auf sehr erfolgreiche Projekte zurückblicken, darunter die Reuterstädter Gesamtschule in Stavenhagen, das Schlossgymnasium Gützkow, das GottholdEphraim-Lessing-Gymnasium Neubrandenburg, das Oskar-Picht-Gymnasium Pasewalk, das Elbe-Gymnasium Boizenburg, das Ernst-Barlach-Gymnasium Schönberg und die IGS „Friedensreich Hundertwasser“ in Rostock. Zuletzt hat die Borwinschule in Rostock den Titel „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ erhalten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dieses Sonderprofil muss ausgebaut und zu einem Normalprofil für unsere Schulen, und zwar für alle Schulen des Landes, entwickelt werden. Vor dem Hintergrund der auch bevorstehenden Kreistagswahlen muss die kommunale Ebene noch stärker befähigt werden, die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus zu führen.

(Stefan Köster, NPD: Wie soll das denn aussehen?)

Die demokratischen Leitbilder zur Gestaltung weltoffener Gemeinden, Bestandteil des Landesprogramms, harren noch ihrer Ausarbeitung. Im Programm wird auch gefordert, dass es verlässliche personelle, finanzielle und sächliche Strukturen der Jugendarbeit geben muss. Dazu gibt die Unterrichtung der Landesregierung wenig Zukunftsaussagen. Überhaupt sind aus meiner Sicht die Schlussfolgerungen der Landesregierung zur Fortführung des Landesprogrammes sehr vage formuliert. Auch der durch das Programm für den Landtag angeregte Preis für Zivilcourage ist noch nicht umgesetzt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Was ich abschließend noch sagen möchte, ist: Das Landesprogramm für Demokratie und Toleranz ist notwendig, solange Menschen in Mecklenburg-Vorpommern rechtsextremistischen Ideologien anheimfallen. So lange ist Bildungsarbeit, Demokratiearbeit sowie Aufklärungsarbeit notwendig. Unverzichtbar ist aber auch, die Strukturen in der Bildungsarbeit, in der Jugendarbeit, in der Kultur und im Sport weiter zu stärken. Wir dürfen nicht nachlassen, entsprechende Angebote vorzuhalten, denn wenn der Rotstift angesetzt wird, das wissen vor allem wir Kommunalpolitiker, wird viel zu unüberlegt in den Bereichen Soziales und Kultur gestrichen, die Folgekosten für die Gesellschaft aber sind enorm. Wenn die Prävention gut funktioniert, wird der Aufwand für Aktion und Reaktion geringer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, angesichts des bevorstehenden Wahlkampfes will ich abschließend an das Leitbild unseres Landesprogrammes erinnern. Dort heißt es, ich zitiere: „Der Zuspruch der extremen Rechten in Mecklenburg-Vorpommern beruht nicht auf der Substanz ihrer Inhalte, sondern resultiert aus vorhandenen Defiziten in der demokratischen Kultur und politischen Handelns. Demokratiefeindliche Ideologien können umso erfolgreicher für ihre Positionen werben, je brüchiger die Bindung an das demokratische Gemeinwesen ist und je schwieriger sich Lebensbedingungen darstellen. Um Rechtsextremismus und ähnlichen Ideologien wirksam begegnen zu können, muss daher eine deutliche Identifikation der Bevölkerung mit dem demokratischen

Gemeinwesen auf der Grundlage gesicherter Lebensverhältnisse angestrebt werden.“ Zitatende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns daher trotz aller Unterschiede in den Lösungswegen gemeinsam weiter für mehr Demokratie und für gesicherte und gerechtere Lebensverhältnisse in unserem Land streiten. Das Landesprogramm ist dafür eine gute Grundlage. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und DIE LINKE)