Protocol of the Session on April 14, 2011

Drittens. Der Bundesrat hält es für notwendig, diese parlamentarische Beteiligung gesetzlich im Einzelnen zu regeln, bevor die Änderung des genannten Artikels ratifiziert wird.

Im Artikel 136 heißt es konkret, Zitat: „Gemäß Artikel 48 Absatz 6 des Vertrags über die Europäische Union … kann der Europäische Rat einstimmig nach Anhörung des Europäischen Parlaments und der Kommission sowie, in bestimmten Fällen, der Europäischen Zentralbank einen Beschluss zur Änderung aller oder eines Teils der Bestimmungen des Dritten Teils des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union … erlassen. Dieser Beschluss darf nicht zu einer Ausdehnung der der Union im Rahmen der Verträge übertragenen Zuständigkeiten führen und tritt erst nach anschließender Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft.“ Zitatende.

Dieser Artikel soll nun um einen Absatz 3 folgenden Inhalts erweitert werden, Zitat: „Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.“ Zitatende.

Im eigentlichen Europäischen Stabilitätsmechanismusvertrag wird die Beteiligung der nationalen Parlamente nicht geregelt. Die beteiligten Regierungen richten den Europäischen Stabilitätsmechanismus per Vereinbarung ein. Somit soll es Sache der einzelnen Regierungen sein, in welcher Form die Parlamente, wenn überhaupt, beteiligt werden. Es gibt derzeit keinen einzigen Lösungsvorschlag, wie die aufgetürmten Schulden jemals zurückgezahlt werden können. Der derzeitige Aktionismus blendete diesen Umstand völlig aus. Es geht derzeit lediglich um Zeitgewinn. Und die Zeit läuft trotz aller Maßnahmen immer schneller. Es ist längst eine unaufhaltsame Abwärtsspirale eingeleitet worden.

Wir müssen feststellen, dass der Euro als Währung gescheitert ist. Bis heute hat das Bundesverfassungsgericht nicht über die Klagen gegen den ersten Rettungsschirm und gegen die Griechenlandhilfe verhandelt. Die Juristen Karl-Albrecht Schachtschneider und Dieter Spätmann sowie die Wirtschaftswissenschaftler Wilhelm Hankel, Wilhelm Nölling und Joachim Starbatty haben eine weitere Klage gegen diesen Europäischen Stabilitätsmechanismus angekündigt. In zwei bemerkenswerten offenen Briefen hat sich Professor Hankel direkt an die Bundeskanzlerin Merkel gewandt und in eindringlichen Worten vor der weiteren Entwicklung gewarnt. Und Sie werden sich nicht wundern, Frau Dr. Merkel hat es noch nicht mal als nötig empfunden, dem Professor zu antworten.

Das eigentliche politische Ziel der Eurorettung wird immer wieder verdunkelt. Die Krise um den Euro wird von politischen Überzeugungstätern genutzt, um knallharte Fakten zu schaffen, die da wären:

Schaffung einer EU-Wirtschaftsregierung um jeden Preis

Einstieg in die Vereinigten Staaten von Europa

Abschaffung der Nationalstaaten

und letztendlich Einführung des EU-Zentralstaates

Wir als Nationale sind froh, dass es in Europa noch verschiedene Völker und verschiedene Nationalstaaten gibt. Wir setzen uns für die Beibehaltung der verschiedenen Nationalstaaten ein und lehnen den Europäischen Stabilitätsmechanismus ab.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD)

Meine Damen und Herren, im Ältestenrat ist vereinbart worden, eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vorzusehen. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Dr. Born von der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben es hier wieder mal mit einem Antrag zu tun, der deutlich macht, dass die NPD offensichtlich auch nicht in Teilen lernfähig ist. Sie versucht immer wieder, mit den gleichen Klischees hier Stimmung zu machen, und stellt nicht einmal fest, dass ihre eigenen Anträge den Begründungen, die Sie hier vortragen, widersprechen.

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

Ich lese Ihnen einmal vor, was hier im Satz 1 dieses Antrages steht. Da heißt es: „Der Landtag stellt fest, dass die vom Europäischen Rat am 16./17. Dezember 2010 ins Auge gefasste Änderung von Artikel 136 AEUV gemäß Artikel 23 Absatz 1 des Grundgesetzes der Zustimmung des Bundesrates bedarf.“ So weit das Zitat.

Der Abgeordnete Köster hat freundlicherweise den Beschluss des Bundesrates vorgelesen. Es ist schlicht peinlich, eine solche Aufforderung an den Landtag zu richten, denn selbst aus dem von ihm zitierten Beschluss wird unmissverständlich klar, dass der Bundesrat aber auch nicht den geringsten Zweifel an seinen verfassungsmäßigen Rechten hat und dass es ganz selbstverständlich ist, dass der Bundesrat einer entsprechenden Gesetzesvertragsänderung zustimmen muss.

Der Bundesrat hat sowohl im Februar als auch im März zu der Änderung des Artikels 136 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union – das bedeutet die Abkürzung AEUV – einen Beschluss gefasst und deutlich gemacht, dass erweiterte Beteiligungsrechte des Bundesrates eingefordert werden. Zwar wurde die Änderung des Artikels 136 wegen der unzweifelhaft gegebenen Eilbedürftigkeit nicht im normalen Vertragsänderungsverfahren, sondern im sogenannten vereinfachten Verfahren beschlossen, aber der Bundesrat hat darauf hingewiesen, dass sich aus dem gewählten Verfahren der vereinfachten Vertragsänderung für die innerstaatliche Ratifizierung, die ja bekanntlich erforderlich ist, wenn internationale Vereinbarungen, die die Bundesrepublik Deutschland verpflichten oder bei denen sie beteiligt ist, dass diese innerstaatliche Ratifizierung in Deutschland die Notwendigkeit eines Gesetzes nach Artikel 23 Absatz 1 des Grundgesetzes hervorruft.

In seiner Sitzung am 18. März 2011 hat sich der Bundesrat darauf verständigt, dass weitere Beteiligungsrechte des Bundesrates im Zusammenhang mit der Schaffung des Stabilitätsmechanismus eingefordert werden. Hier

sind zusätzliche parlamentarische Rechte bei der Ausgestaltung und Anwendung des Stabilitätsmechanismus gefordert. Diesen Beschluss des Bundesrates kann man nur mit Nachdruck begrüßen. Denn wegen der weitreichenden innerstaatlichen Folgen und der Beteiligung Deutschlands am EU-Stabilitätsmechanismus ist die Forderung nach einer starken parlamentarischen Beteiligung absolut gerechtfertigt. Und das wird nicht nur im Bundesrat so gesehen, sondern, wie wir alle wissen, auch im Deutschen Bundestag.

Ohne eine gesonderte Vereinbarung zusätzlicher Unterrichtungs- und Mitwirkungsrechte für Bundesrat und Bundestag bliebe es nämlich für die konkrete Ausgestaltung des Stabilitätsmechanismus bei dem für normale völkerrechtliche Verträge im Grundgesetz vorgesehenen Verfahren. Dieses hätte zur Folge, dass das Parlament erst nach Aushandlung der Verträge einbezogen würde.

Das kennen wir als Landtag auch. Wir haben gestern wieder ein Beispiel gehabt beim Rundfunkstaatsvertrag. Wir haben dann nur die Möglichkeit, zuzustimmen oder abzulehnen, wenn die Verträge erst einmal geschlossen sind. Und genau deshalb wird hier ein Verfahren vom Bundesrat zu Recht eingefordert, das eine andere Vorgehensweise vorsieht, nämlich das Instrumentarium des Artikels 23 Grundgesetz sieht umfängliche Unterrichtungs- und Beteiligungspflichten vor.

Somit ist die von der NPD getroffene Feststellung im ersten Teil des Antrags, um es mal ganz vorsichtig zu sagen, geradezu absurd. Man kann auch sagen, es ist ein weiterer Versuch, sich lächerlich zu machen. Der Bundesrat hat derartige plumpe Belehrungen nicht nötig. Er hat sich mit dem nötigen Ernst mit der Frage befasst und hat entsprechende Beteiligungsrechte völlig zu Recht geltend gemacht.

Weiter fordern die Herren von der NPD, dass die geplante Änderung des Artikels 136 AEUV abgelehnt werden soll. Auch dies ist schlicht Unfug. Der Europäische Rat hat sich auf die wie folgt lautende Änderung des Artikels 136 verständigt, ich zitiere: „Die Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten, der aktiviert wird, wenn dies unabdingbar ist, um die Stabilität des Euro-Währungsgebiets insgesamt zu wahren. Die Gewährung aller erforderlichen Finanzhilfen im Rahmen des Mechanismus wird strengen Auflagen unterliegen.“

Meine sehr verehrten Damen und Herren, seit Beginn der Schuldenkrise im Euroraum wurde immer wieder gefordert, wir haben hier im Landtag auch schon des Öfteren darüber debattiert und auch wir haben gefordert, dass neben allem notwendigen Krisenmanagement auch über den Tag hinaus gedacht und gehandelt werden muss. Vor allem müssen eine neue Stabilitätskultur und die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit ins Zentrum der Bemühungen gestellt werden,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

denn nur eine höhere Wettbewerbsfähigkeit kann auf Dauer für das Wachstum sorgen, das notwendig ist, um eine Perspektive zum Abbau der Schulden zu schaffen.

Und, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Europäische Union, die Regierungen, die sich zusammengefunden haben, um hier das nötige Krisenmanagement sicherzustellen, brauchen erst recht keine Hinweise von der NPD,

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

wie gegenüber solchen Staaten vorzugehen ist,

(Michael Andrejewski, NPD: Wer ist denn schuld an der Krise?)

die die Stabilitätskriterien nicht eingehalten haben. Jeder, der auch nur ein wenig die Debatten verfolgt hat,

(Zuruf von Stefan Köster, NPD)

hat feststellen können, dass wir inzwischen über einen Sanktionsmechanismus verfügen,

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD)

der natürlich in den Ländern, die davon betroffen sind, diese Sanktionen sehr deutlich spürbar werden lässt.

(Michael Andrejewski, NPD: Die gehen sowieso bankrott.)

Gerade das Beispiel Griechenland macht dies deutlich. Das heißt, hier werden jetzt die Anstrengungen nicht nur schlicht gefordert, sondern sie werden nachdrücklich eingefordert, damit der Rettungsschirm dann überhaupt auch eingesetzt werden kann.

Die Staats- und Regierungschefs der Eurostaaten haben sich am 11. März auf ein abgestimmtes Maßnahmenpaket zur Sicherung der Finanzstabilität verständigt. Hierzu zählt eine Stärkung des Stabilitäts- und Wachstumspakts, ein Pakt für den Euro und des Europäischen Stabilisierungsmechanismus. Hiermit soll erreicht werden, dass künftig Krisen im Euroraum wesentlich unwahrscheinlicher werden. Dieser Pakt ergänzt das Regelwerk für den Fall einer künftigen Staatsschuldenkrise

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

als klares Regelwerk für die Gewährung von UltimaRatio-Hilfen.

Mit dem Pakt für den Euro und dem Europäischen Stabilisierungsmechanismus wird ein entscheidendes Element eines Gesamtkonzepts geschaffen, um die Stabilität der Eurozone auf Dauer zu festigen. Insgesamt wirken die Maßnahmen darauf hin, dass die Eurozone nachhaltig stabilisiert wird. Mit diesen Maßnahmen wird der Euro und wird Europa zukunftsfähig gemacht. Die politische und wirtschaftliche Glaubwürdigkeit der Wirtschafts- und Währungsunion wird gestärkt, damit ein stabiles und wettbewerbsstarkes Europa in der Welt Gewicht behält.

Man kann es gar nicht oft genug wiederholen: Dass Deutschland so erfolgreich aus der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise herausgekommen ist, hängt nicht nur mit den richtigen politischen Maßnahmen zusammen, die in Deutschland getroffen worden sind, sondern selbstverständlich auch mit den Maßnahmen, die Deutschland im Verbund mit den anderen europäischen Staaten ergriffen hat, und hängt auch damit zusammen, dass der Euro rechtzeitig eingeführt worden ist und sich bewährt hat.

Man kann nicht einerseits sagen, wir sind stolz darauf, wie erfolgreich Deutschland gerade im Export ist. Unser Wirtschaftsminister hat uns gestern sehr eindrucksvoll, wie ich finde, die Zahlen noch einmal ins Bewusstsein gerufen, welche positive wirtschaftliche Entwicklung Deutschland, aber auch gerade das Land MecklenburgVorpommern in den letzten fünf Jahren gemacht hat. Aber eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass ein Land wie Deutschland Exportweltmeister sein kann, ist natürlich, dass man eine entsprechende, weit über das

eigene Land hinaus greifende Währung hat, einen Währungsverbund, sonst wären unsere Exportleistungen in dieser Form bei Weitem gar nicht möglich gewesen.

(Zurufe von Michael Andrejewski, NPD, und Stefan Köster, NPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist außerordentlich wichtig, dass der Bundesrat die von ihm gefassten Beschlüsse in dieser Form auch gefasst hat. Schon deshalb ist es völlig unsinnig, hier noch irgendwelche Aufforderungen an den Bundesrat zu richten, das zu tun, was er schon längst gemacht hat. Und das ist der erste Teil des Antrags, das habe ich dargestellt.

Und der zweite Teil des Antrags ist diametral dem entgegengesetzt, was alle, die politisch wirklich verantwortlich handeln, für erforderlich halten, nämlich dass der Bundesrat die geplante Änderung des Artikels 136 AEUV begrüßt, ihr seine Zustimmung gibt. Nur das ermöglicht uns, dass wir auch weiterhin die Wirtschafts- und Finanzkrise erfolgreich meistern können. Und deshalb sage ich Ihnen, dass die Fraktion der SPD, der CDU, die Fraktion DIE LINKE und die Fraktion der FDP diesen Antrag, der einmal mehr zeigt, wes Geistes Kind die NPD ist, geschlossen ablehnen wollen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU, DIE LINKE und FDP)

Danke, Herr Dr. Born.