Protocol of the Session on April 13, 2011

Ich glaube, der Antragsteller wäre besser beraten gewesen, wenn er sich mit dem Landesbeirat für das Rettungswesen erst mal in Verbindung gesetzt hätte und sich da kompetent schlaugemacht hätte, wie denn die Fachleute den Veränderungsbedarf im Rettungsdienst sehen. Und dann wäre man dann an der Stelle wahrscheinlich auch in der Situation gewesen und hätte sich diesen Antrag im Landtag klemmen können und ich mir damit auch diese Rede. Und deswegen werden wir als SPD-Fraktion, als Koalition diesen Antrag auch ablehnen. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD – Zuruf von Ralf Grabow, FDP)

Danke schön, Herr Heydorn.

Es hat jetzt das Wort für die Landesregierung die Ministerin für Soziales und Gesundheit Frau Schwesig. Bitte schön, Frau Ministerin.

Das ist sozusagen ein Fehler, der sich hier vorne im Arbeitspräsidium auf der Rednerliste wiederfindet.

(Torsten Renz, CDU: Müssen wir die Sitzung wiederholen.)

Sie haben …

Nein, nein, jetzt hat die Ministerin das Wort. Bitte schön.

(Zuruf von Heinz Müller, SPD – Torsten Renz, CDU: Das steht aber nicht im Protokoll. – Vincent Kokert, CDU: Doch, doch.)

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Sehr geehrte Damen und Herren!

(Torsten Renz, CDU: Das war Strategie. Das war Strategie.)

Heinz Müller, bitte redet über Schnaps, wenn wir nicht zu Gesundheitsthemen sprechen! Dann kommen wir hier nicht in Bedrängnis.

(Vincent Kokert, CDU: Gerade während der Fastenzeit nicht.)

Ja, das stimmt.

Das Land Mecklenburg-Vorpommern verfügt über einen gut ausgebauten leistungsfähigen Rettungsdienst. Zurzeit haben wir im Land 106 Rettungswachen sowie 56 Notarztstandorte. Durchschnittlich werden von diesen Standorten pro Jahr etwa 150.000 Einsätze gefahren. Also 150.000 Menschen wird pro Jahr in gesundheitlichen Notsituationen geholfen.

Hinter diesen Zahlen steht ein engagierter Einsatz von über 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rettungsdienst und zahlreichen Notärzten. Dieses tolle Engagement haben wir am vergangenen Freitag erlebt. Herr Grabow hat es angesprochen. Unser Rettungsdienst hat in einem hervorragenden Zusammenspiel mit den Leitstellen und unseren Kliniken Fantastisches geleistet, um die Unfallopfer nach der Massenkarambolage auf der A19 zu versorgen.

Und, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, dieses Lob stammt aus berufenem Munde. Es stammt vom Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie. Auch der Leiter des Traumanetzwerks Mecklenburg-Vorpommern, Thomas Mittlmeier, hat sich diesem Lob angeschlossen. Und diesem Lob und Dank schließe ich mich als Ministerin gerne an.

Ich hatte mich in Güstrow vergangenen Freitag davon überzeugt, dass die dorthin gebrachten Verletzten in guten Händen sind. Mich haben persönlich zwei junge Frauen beeindruckt, die ehrenamtlich für das Deutsche Rote Kreuz im Einsatz waren, zwei junge Frauen, die im Hauptjob Altenpflegerinnen sind und in ihrer Freizeit sofort mit zum Einsatz gekommen sind, geholfen haben und lange Freitagabend unterwegs waren – die hatten so von 21.00 Uhr gesprochen – und mir gesagt haben, klar, morgen früh fängt wieder unser Dienst an im Pflegeheim, dazu stehen wir, da machen wir mit.

Wir sprechen ja zu Recht oft über Probleme auch von Kindern und Jugendlichen in unserem Land im Landtag und ich erzähle Ihnen dieses Beispiel, weil es auch zeigt, dass wir sehr viele gute junge Menschen haben im Land, die einen tollen Job machen, Altenpfleger, und in diesen Notsituationen für andere Menschen da sind. Und dafür bedanke ich mich ganz herzlich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, der Rettungsdienst steht am Anfang der Versorgungskette. Eine rasche, fachkompetente Hilfe bereits zu diesem Zeitpunkt legt die Grundlage für eine erfolgreiche weitere Behandlung und damit für die Gesundung der

Patienten. Die Tätigkeit im Rettungsdienst ist, das wird Sie nicht verwundern, für das Personal mit besonderen Herausforderungen verbunden. Sie werden in ihrem Dienst, das haben wir vergangenen Freitag gerade sehr deutlich erlebt, mit teilweise dramatischen Situationen konfrontiert, die für sie oft eine erhebliche psychische Belastung darstellen. Sie müssen sehr schnell handeln und sie müssen ihren Dienst unabhängig von der Jahreszeit Tag und Nacht bei Wind und Wetter versehen.

Wenn wir uns an die letzten beiden strengen Winter erinnern, dann kann, glaube ich, jeder nachvollziehen, dass die Tätigkeit im Rettungsdienst für die Einsatzkräfte auch mit einem nicht unerheblichen Risiko verbunden ist. Und deshalb möchte ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rettungsdienstes an dieser Stelle ganz herzlich danken und ihnen auch für die Zukunft für ihre verantwortungsvolle, aber auch sehr schöne Tätigkeit viel Erfolg wünschen.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete, Rechtsgrundlage unseres Rettungsdienstes ist das Gesetz über den Rettungsdienst für das Land Mecklenburg-Vorpommern vom 1. Juli 1993, das in den Jahren 1998, 2001 sowie 2003 in einzelnen Passagen geändert wurde. Eine wesentliche Änderung war der Übergang von der Finanzierung des Rettungsdienstes durch Gebühren zur Festsetzung von Entgelten, die zwischen den Trägern des Rettungsdienstes und den Krankenkassen als Kostenträgern auszuhandeln sind. Diese Regelung hat zur Kostendämpfung beigetragen. Ich möchte aber auch anmerken, dass gerade die Krankenkassen immer wieder bei mir anklopfen und sagen, sie sehen mit großer Sorge, wie ihnen die Kosten in diesem Bereich um die Ohren fliegen.

Inzwischen hat sich gezeigt, und das ist auch die Grundintention des FDP-Antrags, dass nun wiederum Bedarf besteht, dieses Gesetz aktuellen Entwicklungen anzupassen. Das Sozialministerium hat seit Langem diese Entwicklung erkannt und auch bereits mit dem Landesbeirat für das Rettungswesen über notwendige Änderungen beraten. Und es wird Sie nicht verwundern, in diesem Landesbeirat, Herr Grabow hat es auch angesprochen, gibt es natürlich widerstreitende Interessen: Interessen der Kostenträger, Interessen der unterschiedlichen medizinischen Versorger, Rettungsassistenten, Ärzte und so weiter. Hier zu einheitlichen Lösungen zu kommen, ist sehr schwierig, aber das darf uns nicht daran hindern, natürlich diesen Änderungsbedarf zu skizzieren und diese Änderungen auch anzugehen.

Einige Punkte, bei denen ein Änderungsbedarf identifiziert wurde, möchte ich Ihnen skizzieren: Der Ärztemangel schlägt natürlich auch im Rettungsdienst durch. Es erweist sich als zunehmend schwieriger, Ärzte für die Tätigkeit im Rettungsdienst zu gewinnen. Ein Ansatzpunkt, diesem Problem zu begegnen, ist, die Krankenhäuser gesetzlich zu verpflichten, sich durch das Bereitstellen von Notärzten am Rettungsdienst zu beteiligen, natürlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten und gegen Erstattung der dabei entstehenden Kosten.

Ein weiterer wichtiger Beitrag ist die Qualitätssicherung im Rettungsdienst. Dazu gehört die Aus- und Fortbildung der Disponenten in den Leitstellen, die Einführung eines landesweit einheitlichen standardisierten Systems zum Qualitätsmanagement, eine klare Regelung zum

Umfang und zur Struktur der Vorhaltung ärztlicher Leiter Rettungsdienst nach Fusion der Rettungsleitdienststellen. Im Rahmen der Novellierung dieses Gesetzes werden auch die Auswirkungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Anwendung des Vergaberechts innerhalb des Rettungsdienstes zu prüfen sein.

Und natürlich wird sich auch die Frage stellen, welche Maßnahmen ergriffen werden können, um die Kostenentwicklung im Rettungsdienst bei Wahrung der Qualität – und das will ich ausdrücklich sagen, die Qualitätsaspekte müssen die entscheidenden sein, das Rettungsdienstgesetz anzugehen, und nicht die Kostenaspekte –, aber natürlich wird auch ein Thema sein aus Sicht der Krankenkassen, wie kann man Kosten im Zaum halten.

Die Bundesregierung hat angekündigt, nun endlich in dieser Legislaturperiode die seit Jahren von den Ländern angemahnte Änderung des Rettungsassistentengesetzes vorzunehmen. Es ist zu erwarten, dass die Ausbildung von Rettungsassistenten wie in anderen Gesundheitsberufen auch zu einer dreijährigen Berufsausbildung ausgestaltet wird und dass im Ergebnis dieser umfassenderen Ausbildung die Regelkompetenzen der Rettungsassistenten und damit ihre Möglichkeit, im Rettungsdienst selbstständig tätig zu werden, ausgeweitet werden.

Ich will an dieser Stelle sagen, dass ich eine solche Regelung ausdrücklich begrüße, denn wir müssen neben den Notärzten, wo wir ja Mangel haben, eben qualitativ gute Rettungsassistenten haben, die dann auch mehr Möglichkeiten haben als jetzt. Aber dafür ist natürlich dieser qualitative Standard auf Bundesebene, der dort geschaffen werden kann, notwendig. Auch diese Änderungen werden wir dann bei einer Novellierung unseres Rettungsdienstgesetzes zu berücksichtigen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete, ich habe Ihnen einige Positionen dargestellt, in denen mein Haus Änderungsbedarf am Rettungsdienstgesetz sieht. Dies sollte im Rahmen eines geregelten Gesetzgebungsverfahrens durch den nächsten Landtag erfolgen. Die Diskussionen der im Landesbereich für das Rettungswesen vertretenen Experten der verschiedensten Institutionen und Akteure im Rettungsdienst haben gezeigt, dass hier eine sehr umfassende Prüfung erforderlich ist, um unser – und das sei nochmals betont – gutes Rettungsdienstgesetz weiter zu verbessern und aktuellen Entwicklungen anzupassen.

Aber dazu ist es notwendig, zwei für mich ganz entscheidende Entwicklungen wirklich zunächst zu vollziehen. Das ist zunächst die Verwaltungsstrukturreform in neuen Strukturen. Die neuen Strukturen werden für dieses Gesetz auch maßgeblich sein. Und der zweite Punkt, den habe ich angesprochen, die Frage: Wie ist die Qualität der Rettungsassistenten zukünftig beschrieben, gesichert? Und können sie mehr Befugnisse bekommen als bisher, damit wir sie noch besser in den Rettungsdienst einsetzen können? Ich halte das für erforderlich, denn wir können nicht Landstriche haben, wo Notärzte nicht mehr hinkommen. Da müssen wir die Rettungsassistenten stärker einsetzen, aber ich brauche diese Qualitätsvoraussetzungen, um diese zu berücksichtigen.

Sehr geehrter Herr Grabow, Sie haben darum gebeten, dass einzelne Punkte aus Ihrem Antrag geprüft werden und wir dazu Stellung beziehen. Ich meine, dass ich das hiermit getan habe, und deswegen bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und FDP)

Danke schön, Frau Ministerin.

Es hat jetzt das Wort für Fraktion DIE LINKE die Abgeordnete Frau Dr. Linke. Bitte schön, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Im Namen meiner Fraktion möchte ich mich von dieser Stelle aus sehr herzlich bei all denjenigen bedanken, die am vergangenen Freitag wirklich auf der A19 heldenhaft gekämpft haben und sich engagiert mit ihrem eigenen Leben eingesetzt haben, dass dort das Leben von vielen Menschen gerettet werden konnte.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Das Rettungsdienstgesetz, und Frau Ministerin hat dazu gesprochen, wurde das letzte Mal von einer Landesregierung im Jahr 2003 angefasst, also es gab Veränderungen mit Beginn des Jahres 2004. Damals ging es darum, die Rettungsdienstbereiche im Interesse einer besseren Notfallregelung bei lebensbedrohlich Verletzten oder Erkrankten zu optimieren. Nun hat Frau Ministerin eine Vielzahl von Erörterungen hier vorgetragen, die das Leben beim Rettungsdienst, so kann man sagen, aufwirft. Sie hat viel erörtert, aber keine Antworten gegeben.

Meine Fraktion fordert die Landesregierung seit Jahren auf, sich wesentlich intensiver als Vermittler in die Gestaltung des Gesundheitswesens des Landes einzubringen. Ich will nur kurz erinnern an das Geriatriekonzept, da haben wir ähnliche Debatten gehabt, an den Psychiatrieplan, will auch einfach nur sagen, dass die Landesregierung klammheimlich den seit 2005 geltenden Krankenhausplan zum 31.12.2011 fortgeschrieben hat, sich aber fortlaufend beklagt, dass bei der Krankenhausplanung schrecklich viel Bürokratie auflaufen würde, wobei unklar bleibt, woher diese Erfahrungen stammen, wenn man selbst keinen Krankenhausplan in irgendeiner Weise novelliert hat.

Ich erwähne den Krankenhausplan, weil natürlich mit der Krankenhausplanung, mit dem Landeskrankenhausgesetz auch die Frage des Rettungsdienstes sehr intensiv oder sehr eng verknüpft ist. Wir wissen, dass der Sicherstellungsauftrag für die Krankenhäuser ebenso bei den Landkreisen und kreisfreien Städten liegt wie auch der Sicherstellungsauftrag für den Rettungsdienst. Insofern gibt es also hier enge Verknüpfungen.

Der FDP-Antrag legt uns nun ein ganzes Sammelsurium von unterschiedlichen Fragen vor. Wir bedauern sehr, dass anders als üblich keine Begründung beigefügt wurde. Das erschwert natürlich den Umgang mit diesem Antrag. So müssen wir einfach feststellen als Fraktion, dass einige Forderungen aus Sicht unserer Fraktion, aus Sicht der Kenntnis der Gegebenheiten vor Ort unberechtigt sind, andere wiederum sind berechtigt. Lassen Sie mich da einige Beispiele nennen.

Nicht jeder Notfall ist ein Fall für den Rettungsdienst, das sollte auch weiterhin getrennt bleiben. Das berührt also die Punkte a) und b). Das Vorhalten von Notärzten im Krankenhaus ist im Krankenhausgesetz geregelt. Hier gibt es Probleme mit der Gewinnung des ärztlichen Nachwuchses, das wissen wir. Das berührt also den Punkt c) im Antrag.

Ich will noch einen anderen Punkt nennen, das ist der Punkt f). Da geht es um das dringende Problem, wie können Notdienst und Rettungsdienst – also der Notdienst, wo der Sicherstellungsauftrag ja bei der kassenärztlichen Versorgung liegt, also den ambulanten Bereich betrifft, und der Rettungsdienst, wo also der Sicherstellungsauftrag bei den Landkreisen und kreisfreien Städten liegt, auch dann letzten Endes die stationäre Versorgung berührt –, wie können Notdienst und Rettungsdienst so verschränkt werden, dass die medizinischen Potenziale des Landes im Interesse der Patientinnen und Patienten genutzt und optimiert werden, ohne die beteiligten ÄrztInnen und AssistentInnen dabei physisch zu überfordern. Das hat die Landesregierung bisher als Problem offensichtlich weder erkannt, jedenfalls nicht ausreichend thematisiert.

Nun möchte ich einfach sagen, allein um dieses Problem einer Lösung zuzuführen, macht es Sinn, über die Fragen des Rettungsdienstes intensiver zu sprechen. Meine Fraktion beantragt, den Antrag in den Sozialausschuss zu überweisen, damit hier also Landesregierung und die Spezialisten, nämlich die im Landesbeirat vertretenen Spezialisten, ihr Konzept vorlegen können und man gerade für die Lösung dringlicher Aufgaben doch ein schnellstmögliches, ein bestmögliches Ergebnis findet.

Also uns nun hier zu vertrösten, das wird alles, ist alles in Arbeit und wird dann in der nächsten Legislatur zu unserer vollsten Zufriedenheit behandelt und entschieden,

(Zuruf von Hans Kreher, FDP)

also ich sage mal, darauf sollten wir uns dann nicht einlassen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag auf Überweisung in den Sozialausschuss.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)