Und man könnte von außen betrachtet sagen, in Sachsen-Anhalt ist die Unterrichtsqualität schlecht und dort sind die Kandidaten viel miserabler. Das ist aber nicht der Fall, weil ich beides kenne.
(Heiterkeit bei einzelnen Abgeordneten der Linkspartei.PDS – Zurufe von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS, und Irene Müller, Die Linkspartei.PDS)
In Sachsen-Anhalt sind die Kandidaten gleich in der Qualität und dort sind die Anforderungen auch nicht höher, sondern es gibt dort die Ideologie, eine besonders harte Benotung anzuschlagen, um sich damit zu brüsten, dass dort alles besonders hart abgestraft wird. Die Folgen sind nicht, dass die Kandidaten motiviert oder herausgefordert werden, die Folgen sind Protest. Sie bestehen darin, dass dort kaum noch einer ein voll befriedigendes Examen schafft. Kaum noch einer, der dort Examen macht, kann in Sachsen-Anhalt Richter werden. Also kommen die Leute aus Hamburg, wo wesentlich besser benotet wird. Das sind zwei Probleme: auf der einen Seite die Defi zite bei den Schülern und auf der anderen Seite die Ideologie, durch einen maßlos überhöhten Notenstandard die Leute noch zusätzlich zu entmutigen.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass – wie der Bildungsminister gesagt hat – Unterschiede bei Noten von 1,9 Prozent zwischen zwei Realschulen in einer Region bestehen und dass das wirklich daran liegt, dass die Schüler in der einen Schule so viel dümmer sind oder die Lehrer so viel unfähiger, sondern es mag an einem falsch angesetzten Benotungsmaßstab liegen. Darüber sollte man auch einmal nachdenken. Nachdenken sollte man auch darüber, dass man, wenn man schon Bayern und Baden-Württemberg nachahmen will, die da in der Tat vorbildlich sind, dann auch nicht abgehen sollte vom verbeamteten Lehrerstand und stattdessen so eine Art pädagogisches Tagelöhnertum einführt.
Der Trend geht dorthin. Es gibt genug Unterrichtskräfte, die müssen sich von Stunde zu Stunde hangeln. Die sind froh, wenn sie mal wieder hier eine Vertretung haben und dort eine Vertretung. Sie haben immer Verträge und wissen nicht, wie es weitergeht. So ein pädagogisches Prekariat hilft keinem weiter. Wenn man schon Bayern anstrebt, dann nicht nur die Benotungsmaßstäbe, die dort völlig in Ordnung sind, weil dort auch der Unterricht hervorragend ist, sondern dann muss man es auch im Großen und Ganzen, auch was das verbeamtete Lehrertum angeht und die Qualität des Unterrichts, nachahmen.
(Hans Kreher, FDP: Ach so! – Zurufe von Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS, und Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)
Das halte ich schon für einen Fehler. Ich halte es auch für einen großen Fehler, dass viele Lehrer noch nicht einmal geregelte Arbeitsstunden oder eine sichere Perspektive haben, sondern so eine Art ewige Aushilfslehrer sind. Der Trend geht jedenfalls dahin.
Es gibt genug Einzelfälle, die mir bekannt sind. Diese Gedanken wollte ich auch mal beisteuern. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo die politische Grundsatzdebatte beendet werden kann. Der Bildungsminister hat sehr umfänglich ausgeführt. Frau Polzin hat es ergänzt und hat ihre Sicht auf Grundsätze deutlich gemacht. Herr Reinhardt hat in der Einführung unsere Position klargemacht. Ich glaube, da gibt es jetzt nichts mehr hinzuzufügen.
Ich kann ungesehen, was die Einhaltung der Redezeit anbelangt, jetzt schon sagen, ich spare gleich vorneweg schon mal fünf Minuten meiner Redezeit,
(Angelika Gramkow, Die Linkspartei.PDS: Das ist aber schwach. Was ist denn mit der CDU-Fraktion los? – Zuruf von Dr. Wolfgang Methling, Die Linkspartei.PDS)
Es ist vielleicht mal ganz interessant, dieses Thema etwas tiefgründiger zu betrachten. Es steht die Abschaffung der Prüfung in Klasse 10 am Gymnasium in der Diskussion.
aber immerhin werden da Überlegungen angestellt. Diese Überlegungen, glaube ich, sind auch ein Beweis dafür, dass nicht jede Gesetzesnovelle Unruhe, Störung von Verlässlichkeit und Kontinuität einer Schule mit sich bringen muss.
Im Koalitionsvertrag steht: „156. Schule in MecklenburgVorpommern benötigt auf Grundlage des geltenden Schulgesetzes eine Phase der Ruhe, der konzentrierten Arbeit und der Konsolidierung. Diese Phase muss durch Maßnahmen gekennzeichnet sein, die der Verbesserung der Bildungs- und Erziehungsqualität in der einzelnen Schule absolute Priorität einräumt.“
Und genau das ist es: keine Kaffeehausatmosphäre, sondern aus einer ruhigen, geordneten Position heraus Schulentwicklung in Gang zu setzen und weiterzubetreiben.
Vielleicht, bevor ich jetzt ins Einzelne gehe, vorneweg noch einmal: Es handelt sich hier um meine ganz persönliche Auffassung, meine Meinung. Diese Meinung ist unabgestimmt, weder abgestimmt mit dem Koalitionspartner, noch abgestimmt mit dem Bildungsministerium.
Was ist eigentlich mit dem Status dieser Prüfung in Klasse 10 am Gymnasium? Viele Lehrer, vor allem Regionalschullehrer, aber auch gymnasiale, meinen, dass das Anforderungsniveau der Prüfung in Klasse 10 am Gymnasium geringer ist als die regulären Realschulprüfungen.
Die letzte Klassenarbeit in Klasse 10 fällt zugunsten dieser Prüfung weg. Auch das muss man erst einmal zur Kenntnis nehmen. Und weil zugunsten dieser Pseudoprüfung eine Klassenarbeit wegfällt, kommt aus meiner Sicht mehr Unruhe in das Tagesgeschehen, in das normale Unterrichtsgeschehen, in den Schulalltag hinein, als wenn sie nicht da wäre.
Als Letztes vielleicht noch: Die Vornoten haben in den drei Prüfungsfächern einen höheren Stellenwert als die Prüfungsnoten selbst. Das heißt, die Prüfungskommission kann entscheiden, dass die Vornoten entscheidend sind. Einer hat Vornote 2, schreibt mit 3, Endnote 2. Auch das ist, glaube ich, zumindest sehr, sehr fragwürdig.
Warum – und das ist jetzt eine ganze wichtige Stelle – ist die sogenannte Prüfung pädagogisch nicht tragbar? Weil sich die Schüler in Klasse 10 am Gymnasium in der Einführungsphase befi nden. Klasse 10 stellt eine Brückenfunktion dar zwischen Einführungsphase und Qualifi zierungsphase. Genau deshalb sind die Lehrer ganz
besonders darauf ausgerichtet, die Schüler mit komplexen Lernmethoden vertraut zu machen. Dazu gehören auch Projektarbeit, Freiarbeit, Gruppenarbeit, solche Dinge, wo die Schüler sich selbstständig unter Zuhilfenahme von Nachschlagewerken, wissenschaftlichen Abhandlungen und Literatur selbst Probleme erschließen müssen.