Protocol of the Session on April 5, 2011

Nun haben ja Herr Glawe und Herr Nieszery in den vergangenen Landtagssitzungen,

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

in den regulären Landtagssitzungen immer wieder über die Schuldenbremse diskutiert.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Ja. – Harry Glawe, CDU: Ja, kommt noch.)

Da ist ja nun ein Vorschlag da,

(Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

das wissen wir ja alles.

(Harry Glawe, CDU: Ja, ist ja gut. – Zuruf von Dr. Norbert Nieszery, SPD)

Aber dieser Gesetzentwurf, den wir heute hier in Erster Lesung beraten, wirft doch dunkle Schatten auf die Debatte, die wir zur Schuldenbremse geführt haben.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Warum?)

Dieser Gesetzentwurf macht doch sehr deutlich, dass die Schuldenbremse aus kommunaler Sicht eine Mogelpackung ist. Und da kann ich Ihnen, Herr Ministerpräsident, nur sagen, dass dieser FAG-Entwurf, der heute hier vorliegt, tatsächlich ein Warnschuss gegen die Schuldenbremse und gegen die Lobreden,

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das müssen Sie uns mal erklären, Herr Holter.)

die hier von Ihnen und von der Koalition für die Schuldenbremse gehalten wurden, ist.

(Dr. Norbert Nieszery, SPD: Das müssen Sie uns mal erklären.)

Meine Damen und Herren, in dem Artikel 43 Absatz 1 Landkreisneuordnungsgesetz steht der gesetzliche Auftrag – darauf bezieht sich ja dieses Gesetz und auch die Ausführungen des Innenministers –, das Finanzausgleichsgesetz mit Wirkung ab 1. Januar 2012 der neuen kommunalen Gebietsstruktur anzupassen. Das betrifft auch die damit einhergehenden neuen Aufgabenzuordnungen zwischen Landkreisen und großen kreisangehörigen Städten. So weit, so gut. Das ist in dem Gesetz geregelt. Das ist eine Folge aus den Strukturveränderungen.

Als dieser Paragraf 43 vor einem knappen Jahr diskutiert wurde, gab es eine Fraktion – diese, meine Fraktion, DIE LINKE –, die festgestellt hat, dass dieser Regelungsauftrag den tatsächlichen Regelungsbedarf im Lande weit verfehlt. Und das sagt heute übrigens nicht nur DIE LINKE, sondern das sagt das ganze Land. Wir haben damals beantragt, dass die FAG-Novelle neben den notwendigen Anpassungen an die neuen Gebietsstrukturen vor allem die grundsätzliche Zielstellung verfolgt, den Kommunen des Landes Finanzleistungen nach dem Zwei-Quellen-Modell – also aufgabengerecht – zu gewähren. Der Innenausschuss hat mit den Stimmen aller anderen Fraktionen unseren Änderungsantrag damals abgelehnt.

Das ist die Geschichte und die Geschichte holt uns heute auf dramatische Weise wieder ein. Die Ablehnung unseres damaligen Antrages war nämlich jetzt der Freibrief für Sie, Herr Innenminister, und die gesamte Regierung, diesen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen. In dem Sinne ist das vorliegende Gesetz, dieser vorliegende Gesetzentwurf in der Tat ein Wurmfortsatz des Landkreisneuordnungsgesetzes.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und wir alle, meine Damen und Herren, alle Fraktionen – davon gehe ich aus – bekommen doch von den Bürgermeistern, von den Amtsvorstehern, von kommunalen Vertreterinnen und Vertretern, von Gemeinderatsmitgliedern Appelle, Mahnungen, Hilferufe, Situationsbeschreibungen. Das passt irgendwie mit dem, was Sie hier uns dargestellt haben, nun wirklich nicht zusammen.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Das sind vielleicht die Einzigen, die die Briefe auch lesen.)

Und, meine Damen und Herren, nicht nur die ehrenamtlichen Bürgermeister, die kommunalen Vertreterinnen und Vertreter und viele andere, auch die kommunalen Spitzenverbände appellieren doch ständig an uns. Und auch in der Presse ist es zu lesen, dass die Finanzsituation der Kommunen dramatisch ist, dass die Selbstverwaltung zur Farce verkommt, das Ehrenamt ausgehöhlt wird.

Und die Forderung ist damit verbunden, die Landespolitik solle endlich handeln. Sie sagen aber, Herr Caffier, Sie wollen und können nicht handeln, Sie wollen nur eine Anpassung vornehmen im Zusammenhang mit der Kreisstrukturreform.

(Peter Ritter, DIE LINKE: Weil er sagt, es ist alles in Ordnung.)

Und deswegen ist doch die Forderung der kommunalen Ebene eine richtige – und sie wird von uns unterstützt –, dass die FAG-Novelle auch sichern muss, dass die Kommunen aufgabengerecht und verteilungsgerecht mit Finanzen ausgestattet werden. Und das ist keine Einzelmeinung, das ist eine Meinung, die man im ganzen Land finden kann. Und in der Tat, es schwelt nicht nur auf der kommunalen Ebene, ich bin schon der Überzeugung, dass wir auf dem besten Wege zu einem Flächenbrand sind.

Meine Damen und Herren, wenn man sich die Begründung des Gesetzentwurfes anschaut, dann ist dort, ich darf zitieren, Folgendes gesagt, Zitat, …

(Unruhe bei Harry Glawe, CDU, und Burkhard Lenz, CDU)

Ich habe Zeit.

… also ich zitiere, dass „derzeit … kein Handlungsbedarf“ besteht, „grundlegende Änderungen des kommunalen Finanzausgleichssystems in Mecklenburg-Vorpommern vorzunehmen“, Ende des Zitats. Das halte ich, gelinde gesagt, Herr Innenminister, für dreist, arrogant und kommunalfeindlich.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und diese Aussage ist nicht geeignet, den Flächenbrand zu löschen, sondern diese Aussage wirkt wie ein Brandbeschleuniger.

Und dieser Gesetzentwurf muss nicht abgelehnt werden dafür, was er regelt, sondern er muss abgelehnt werden dafür, was er nicht regeln will,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

was Sie als Koalition nicht regeln wollen, und das ist nämlich tatsächlich mutlos. Sie begrenzen sich ausdrücklich auf den horizontalen kommunalen Finanzausgleich. Dieser soll, so schreiben Sie es ja in der Begründung, fair, transparent und aufgabengerecht zugehen. Und hier sind nicht nur Zweifel angebracht, sondern das können wir nun beim besten Willen nicht erkennen.

Ob die Regelungen durchgehend fair sind, das bleibt abzuwarten. Und Transparenz, das kann ich nicht erkennen und das werden Sie belegen müssen. Und auch Ihre Aussagen zur Schülerbeförderung oder zur begrenzten Kreisumlage der großen kreisangehörigen Städte gehören dazu, weil hier ist nun mehr Spekulation angelegt worden als tatsächlich reale Daten. Und aufgabengerecht kann es nun schon gar nicht sein, weil – das haben Sie selber ausgeführt, Herr Caffier – Ihnen die notwendigen statistischen Daten fehlen. Und die Zeit hätten Sie auch nicht gehabt.

Wir fragen erneut: Was haben Sie in den vergangenen Monaten gemacht? Es war doch bekannt, dass diese Regelung notwendig ist. Wir brauchen also diesen Gesetzentwurf nicht, das Land braucht diesen Gesetzentwurf nicht, die Kommunen nicht und auch nicht der Landtag. Also legen Sie ihn zu den Akten, auch wenn in dem Zusammenhang der neue Landtag tatsächlich unter Druck gesetzt werden sollte.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sie haben viel, viel Ziel, Herr Renz, Sie haben Zeit verstreichen lassen.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Sie sind sich nicht einig geworden, wie Sie das regeln wollen. Sie haben Zeit verstreichen lassen und Sie verschieben,

(Zurufe von Dr. Norbert Nieszery, SPD, und Torsten Renz, CDU)

und das ist Ihre Feigheit, Sie verschieben, …

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Doch, das ist Ihre Feigheit.

(allgemeine Unruhe – Zurufe von Vincent Kokert, CDU, und Torsten Renz, CDU)

… Sie verschieben notwendige Entscheidungen für die kommunale Ebene in die neue Legislaturperiode. Sie haben einfach Angst.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Und das ist eben nicht fair. Und das ist auch nicht transparent.

(Zuruf von Harry Glawe, CDU)

Das ist durchsichtig und das ist mutlos.

Und da kann ich nur sagen, Herr Ministerpräsident, Sie haben in den letzten Wochen immer wieder ein Veto eingelegt gegen Aktionen und Vorhaben Ihrer Fachminister. Hier wäre das Veto notwendig gewesen,

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)