Protocol of the Session on March 18, 2011

Frau Linke, Sie haben das Wort.

Danke, Herr Präsident.

Also, meine sehr verehrten Damen und Herren, das Thema muss Ihnen ja gewaltig in die Glieder fahren,

(Marc Reinhardt, CDU: Oh ja!)

dass Sie hier alle so aufgeschreckt reagieren.

(Torsten Renz, CDU: Überhaupt nicht.)

Ich kann das auch verstehen, weil es hier um Gesetze geht,

(Torsten Renz, CDU: Ihr Redebeitrag fährt uns in die Glieder.)

die wirklich langfristig diese Bundesrepublik Deutschland verändern werden. Und deshalb und mit dieser Vehemenz setzt sich also meine Fraktion immer wieder dafür ein, dass wir die Themen auf die Tagesordnung setzen und dass wir die Fakten und die einzelnen Auswirkungen thematisieren.

Nach Aussagen der Bundesministerin nach einer Stellungnahme der Bundes-SPD und gemäß eines Schreibens der Landessozialministerin Frau Schwesig an die Landräte und Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister ist also davon auszugehen, dass mit der Novellierung der hier in Rede stehenden Gesetze für Kinder in den Kitas, Schulen und Horten ein kostenloses Mittagessen ausgereicht wird. Das sagte Herr Grabow bereits und wir wissen, für Kinder, deren Eltern Hartz-IV-Leistungsbezieher beziehungsweise Geringverdiener sind, also Wohngeldempfänger, soll diese Leistung dann wirksam werden.

Für das Mittagessen der 2,5 Millionen betroffenen Kinder und für den Einsatz von 3.000 Schulsozialarbeitern werden – und ich bitte Sie, schreiben Sie die Zahl einfach mal mit –,

(Torsten Renz, CDU: Ja.)

werden vom Bund 400 Millionen Euro bereitgestellt,

(Marc Reinhardt, CDU: 400 waren das, Frau Linke? 400, ja? – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

wobei Eltern mit 1 Euro je Mittagessen an der Finanzierung beteiligt sind.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

So viel übrigens zum angekündigten kostenlosen Mittagessen.

Frau Ministerin hat heute sehr weit und nicht zum Thema hier ausgeholt.

(Detlef Müller, SPD: Na, na, na! Das war schon zum Thema.)

Das veranlasst mich, auf das Problem dieses Maßnahmenpaketes noch einmal einzugehen.

(Dr. Ulrich Born, CDU: Nein, nein, nein, das geht nun nicht.)

Die finanziellen Wohltaten des Bundes

(Marc Reinhardt, CDU: Einführung des Bildungs- und Teilhabepakets.)

für dieses Bildungspaket in Höhe von 400...

(Michael Andrejewski, NPD: Sind eine Mogelpackung.)

Ich weise noch mal darauf hin, Herr...

Wenn Abgeordnete mit mir …

Herr Reinhardt!

... in den Dialog treten wollen, können sie das gerne in der Pause draußen tun.

Ich weise noch mal darauf hin, Frau Dr. Linke hat hier das Wort und wir müssen es hier oben verstehen.

(Gino Leonhard, FDP: Alle anderen auch.)

Frau Dr. Linke, Sie haben das Wort.

Also ich wiederhole noch mal: Wer gern mit mir persönlich ins Gespräch kommen möchte, kann das draußen in der Lobby gern tun oder zu jeder anderen Zeit. Jetzt wäre es schön, Sie würden einfach mal zuhören und die Zahlen, die hinter dem Maßnahmenpaket stehen, sich vergegenwärtigen.

(Marc Reinhardt, CDU: Und mitschreiben.)

Also die finanziellen Wohltaten des Bundes für das Bildungspaket in Höhe von, also hier sind 400 Millionen Euro jetzt in Rede stehend, speisen sich vorrangig aus den 30 Milliarden Euro Kürzungen bei den sozial Benachteiligten in dieser Gesellschaft, die im Rahmen des Sparpakets der Bundesregierung bis zu 2014 vorgenommen werden. So stehen der Schaffung von 3.000 Stellen für Schulsozialarbeiter, Frau Sozialministerin, 10.000 Stellenstreichungen im öffentlichen Dienst gegenüber.

(Torsten Renz, CDU: Vergleichen Sie denn jetzt nicht Äpfel mit Birnen?)

Die Kürzungen im SGB II und SGB III, also für arbeitslose und langzeitarbeitslose Frauen und Männer,

(Torsten Renz, CDU: Das ist doch ein Vergleich von Äpfeln und Birnen.)

betragen bis zum Jahr 2014 allein 16 Milliarden Euro.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Arme Kinder, liebe Abgeordnete, haben arme Eltern.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Und ich rufe diese Zahlen in Erinnerung,

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

weil sie Auswirkungen auf den Alltag dieser Kinder haben. Bis zum Jahr 2014 werden für Langzeitarbeitslose 7,2 Milliarden Euro weniger an die Rentenkasse überwiesen.

(Michael Andrejewski, NPD: Ja.)

Die Streichung des Elterngeldes,

(Zuruf von Regine Lück, DIE LINKE)

das Eltern im Hartz-IV-Leistungsbezug bisher erhalten haben, liegt bei etwa 400 Millionen Euro, also in der Größenordnung der für Mittagessen und Schulsozialarbeiter hier von Ihnen so gepriesenen Mittel.

(Michael Andrejewski, NPD: Etikettenschwindel.)

Also allein die Größenordnung von Streichungen im Sozialbereich und die nun gepriesenen vermeintlichen Wohltaten beschreiben tatsächlich den Charakter dieses seit der Agenda 2010 gewandelten Sozialstaates bildhaft.