Ja, in dem Bericht wird über die „Neue Dorfmitte M-V“ als ein neues Modellprojekt berichtet, geschrieben. Das ist gut gemeint. Das wird aber nur dort fruchten, wo auch engagierte Akteure vor Ort wirken und die gemeindlichen Finanzen dies zulassen. Und deswegen ist es richtig und notwendig, darüber nachzudenken, wie diese Fragen zusammengebracht werden und wie man auf der einen Seite sicherlich konzentriert, aber auf der anderen Seite auch Angebote, und wir werden sicherlich zu größeren Gemeindestrukturen in Mecklenburg-Vorpommern kommen, mit der Idee der zentralen Orte flexibel ausgestaltet und zusammenbringt.
Auch die Aussagen zur Stadtentwicklung und zum Wohnungsbau greifen zu kurz. Hier haben wir veränderte Bedarfe. Und wie wir alle wissen, werden die Fördertöpfe für die Städtebauförderung immer wieder zusammengestrichen. Hier geht es tatsächlich darum, die Erfahrungen, die in jetzigen kreisfreien Städten gemacht werden, bei dem Programm „Soziale Stadt“ auch tatsächlich umzusetzen. Dazu finden wir in diesem Bericht keine Antwort.
Bildung: Wir haben gestern, meine Damen und Herren, sehr ausführlich über zwei Gesetze gesprochen, die notwendig sind, um die Herausforderungen in der schulischen Bildung zu beherrschen, das Schulreformgesetz und das Lehrerbildungsgesetz. Wir unterstützen diesen Schwerpunkt, das versteht sich von selbst. Ich glaube, das ist der Schwerpunkt, den wir alle formulieren. Jedoch machen Sie aus unserer Sicht einen Fehler, denn auch hier gehen Sie rein quantitativ von den Zahlen aus. Sie beschreiben den Rückgang der Schülerzahlen, der Auszubildendenzahlen und so weiter, aber neue qualitative Ansprüche formulieren Sie eben nicht. Und Sie haben in Ihrer Koalitionsvereinbarung ja formuliert, dass Sie die Anzahl der Schülerinnen und Schüler, die ohne Schulabschluss die Schule verlassen, reduzieren wollen. Das ist nicht nur eine Frage der Fachkräftesicherung, das ist auch eine Frage der Menschlichkeit.
Aber die spannende Frage ist doch: Was ist konkret passiert? Sie haben in diesen fünf Jahren auf diesem Gebiet versagt. Sie haben nicht die individuelle Förderung auf den Weg gebracht, von der der Ministerpräsident gesprochen hat, weil die erforderliche Anzahl der Förderstunden nicht zur Verfügung steht. Sie müssten nämlich von dem Pool der schülerbezogenen Stundenzuweisung etwas abknapsen, um diese individuelle Förderung tatsächlich zu ermöglichen.
Ja, es ist richtig, die Ganztagsschulen auszubauen, aber ich kann nicht die Ganztagsschulen ausbauen, ohne den Lehrerinnen und Lehrern zu ermöglichen, ihren Auftrag auch zu erfüllen. Und hier auf der Demonstration am 8. März ist es richtig gesagt worden: Wenn ein Lehrer auch 40 Stunden Arbeitszeit hat und davon 27 Pflichtstunden, dann bleiben ihm 13 Stunden für Unterrichtsvorbereitungen und andere Dinge an der Schule übrig. Das ist doch einfach zu wenig. Und hier müssen wir doch ganz klar Schlussfolgerungen ziehen für die Zukunft.
Und genauso ist es mit der Vorbereitung der Kinder und Jugendlichen auf den Berufseinstieg. Berufsfrühorientierung, Praxislernen, Produktives Lernen und viele andere Projekte sind bekannt,
aber die reichen nicht aus, um genau diesen Weg zu gehen. Und es ist richtig, dass die Unternehmen die Kinder abholen müssen, die Jugendlichen abholen müssen. Aber diesen Verbund, den tatsächlich umzusetzen, da, glaube ich, müssen wir noch weite, weite Wege gehen und hier kann die Politik ganz klar Pflöcke einschlagen. Dazu brauchen wir gut ausgebildete und hoch motivierte Lehrerinnen und Lehrer. Das, was zurzeit läuft, ist das Gegenteil von dem, was tatsächlich hier erreicht werden muss. Gleiches trifft auf die Arbeitsbedingungen zu.
Ja, Herr Ministerpräsident, Sie sprechen von dem Auslaufen der jetzigen Förderperiode mit den europäischen Fonds, Sie sprechen auch davon, dass wir dann ab 2013 – das ist sicherlich klar – weniger Geld haben werden. Aber die Frage, wie denn zukünftig Schulsozialarbeit und Jugendsozialarbeit finanziert werden soll, beantworten Sie nicht.
Und es kommt auch hinzu – Sie haben das sicherlich alle in der Zeitung gelesen –, dass Kinder und Jugendliche ihren Jugendklub in die Buswartestelle verlegt haben,
um deutlich zu machen, wie es um ihre Zukunft und ihren Jugendklub deutlich bestellt ist. Diese Antwort lassen Sie offen und die müssen Sie beantworten.
Und genauso ist es mit den Projekten zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Gerade im Februar gab es diese eine Veranstaltung hier in Schwerin zu den Bundesprojekten. Auch hier steht die Frage: Wenn die ESF-Mittel nicht mehr zur Verfügung stehen, wie soll dann eine Verstetigung dieser guten Projekte erfolgen? Auch hier keine Antwort zu diesen Projekten.
Wir vermissen also diese Antworten und deswegen ist es nach meiner Auffassung notwendig, genau darüber zu reden.
Meine Damen und Herren, es wird in der Studie – und wir haben ja darauf aufmerksam gemacht – über die konkrete, besondere Situation von Frauen im ländlichen Raum gesprochen. Wir haben hier einen Antrag eingebracht. Wir wollten einen Bericht zum Stand der Gleichstellung im ländlichen Raum – durch Sie abgelehnt. Es ist ja nicht notwendig, sich damit zu befassen. Und gerade hier stellt sich doch die Frage, wie unter den sich verändernden Bedingungen und Entwicklungen der Infrastruktur tatsächlich auch junge Frauen auf dem Dorf, im länd
lichen Raum eine Zukunft erhalten können. Und das hat etwas mit der sinkenden Finanzausstattung zu tun.
Es ist im Übrigen interessant – darauf will ich nur aufmerksam machen, das kann ich jetzt nicht ausführen, die Zeit dafür habe ich nicht –, was Sie an Prognosen zum Finanzbedarf machen. Ich behaupte, weniger Menschen in Mecklenburg-Vorpommern bedeutet nicht automatisch eine Verringerung der Probleme.
Im Gegenteil, wir werden mit mehr Geld auch diese Probleme beantworten müssen. Ja, und diese Antworten sind hier nicht gegeben.
(Vincent Kokert, CDU: Die Frage, die Sie aufwerfen, steht schon im Vorwort. Schlagen Sie es mal auf und lesen Sie das!)
Und so ist es auch mit den Fragen, wie Verkehr, Schulen wohnortnah, die Kitas, die medizinische Versorgung und all die Dinge tatsächlich realisiert werden müssen.
Hier lassen Sie alle Antworten offen. Sie sagen, es müssen Lösungen gefunden werden. Wo sind Ihre Ideen? Wo sind Ihre Lösungen?
Und so ist es auch bei den Frauen. Wir wollen nicht, dass die Frauen als Lückenbüßer eingesetzt werden, im Gegenteil.
(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Wer will das, Herr Holter? Wer will das? Also, das ist ja! – Zuruf von Vincent Kokert, CDU)
Im Bericht, Herr Ringguth, ist zu lesen, Zitat: „Der demografische Wandel wirft auch die Frage nach der Integration von Menschen aus anderen Ländern auf.“
Welche Erkenntnis! Welche Erkenntnis! Menschen kommen hierher, um tatsächlich ihre zweite, vielleicht auch ihre dritte Heimat hier zu finden. Sie sollen – und das, glaube ich, ist unser gemeinsames Verständnis, Herr Ministerpräsident – hier willkommen sein, sie sollen hier eine Zukunft finden. Wir wollen ein weltoffenes tolerantes Land. Es geht aber nicht um Außendarstellung, sondern es geht tatsächlich darum, dass diese Menschen mit ihren Erfahrungen, mit ihren Berufsabschlüssen sich einbringen und gleichberechtigt teilhaben können an der Entwicklung und an der Zukunft des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Deswegen bin ich der Überzeugung – das werden wir ja noch diskutieren –, dass unser
Antrag der richtige ist und beschleunigt, dass Bildungs- und Berufsabschlüsse von Ausländerinnen und Ausländern anerkannt werden, damit sie einen gleichwertigen Zugang zum Arbeitsmarkt bekommen können.
Meine Damen und Herren, eins ist mir aufgefallen – und das ist eben der Widerspruch zwischen den beiden Koalitionsfraktionen –: Der Ministerpräsident hat hier noch mal seine Forderung aufgemacht nach einem gesetzlichen Mindestlohn. In diesem Bericht finde ich diese Forderung eben nicht. Und das ist genau der Widerspruch, der zwischen Ihnen beiden, CDU und SPD, auch besteht.
Wenn Sie also diese Forderung aufmachen, so, wie Sie das auch jüngst in einem Interview gesagt haben, dann unterscheiden Sie bitte zwischen Parteitagen