Meine sehr geehrten Damen und Herren, als Vorsitzender des Bildungsausschusses bitte ich Sie, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Beschlussempfehlung zu folgen und die Annahme des unveränderten Gesetzentwurfes zu beschließen. Damit ermöglichen Sie die kurzfristige Verkürzung des Referendariats. Über die weiteren Schritte zu einer Modernisierung der Lehrerbildung reden wir dann nachher, wie ich schon ausführlich beschrieben habe, im Tagesordnungspunkt 13. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die heutige Zweite Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfes ist Auslöser und Bestandteil der Geschichte eines Novums, eines negativen Novums in der Parlamentsgeschichte und dieses Landes.
Wir sollen heute ein Änderungsgesetz beschließen, das in die zweite Phase der Lehrerbildung des Referendariats eingreift. Es wurde von den Koalitionsfraktionen eingebracht und heute, am selben Tag – ebenfalls von den Koalitionsfraktionen eingebracht –, haben wir dann den Entwurf eines Lehrerbildungsgesetzes zur Ersten Lesung heute im Haus. Ich stelle damit zunächst fest: Die gesamte Neuordnung der Lehrerbildung wird in Mecklenburg-Vorpommern offensichtlich nicht durch das zuständige Bildungsministerium, sondern durch die Koalitionsfraktionen geregelt. Welch ein Armutszeugnis für diese Landesregierung und vor allem für den Bildungsminister!
Daran ändert auch die Beschwörung des Ministers in der Ersten Lesung am 26.01.2011 nichts, als er sagte, ich zitiere: „Es ist die Verpflichtung meines Hauses, hierfür jetzt die entscheidenden Weichen zu stellen. Das Ergebnis liegt Ihnen vor.“ Ende des Zitats.
Nun, Herr Minister, es stimmt nicht, es war der Entwurf der Koalitionsfraktionen. Nun könnte man meinen, dass dieser Murks nicht mehr zu toppen wäre, doch weit gefehlt, meine Damen und Herren, er ist noch zu toppen. Das Referendariat, auch als Vorbereitungsdienst bezeichnet, ist bekanntermaßen die zweite Säule der Lehrerbildung. Damit ist es ein wesentlicher Bestandteil des heute ebenfalls zu behandelnden Entwurfs eines Lehrerbildungsgesetzes.
Nun mag sich mancher hier im Saal und auch außerhalb dieses Saales fragen: Was soll das Ganze? Warum wird das nicht in einem Guss, in einem Rutsch geregelt? Die Antwort lautet: Dies sind die Folgen und Ergebnisse einer unabgestimmten und unkoordinierten Gesetzgebung, die letztendlich auf dem Rücken der Betroffenen und auch auf dem Rücken dieses Parlaments ausgetragen wird.
Das Agieren des Bildungsministeriums setzt nur noch auf kurzatmige Lösungen und lässt jede Kontinuität vermissen, zumal der Bildungsminister den Anschein gegenüber der Schulverwaltung und den Interessenverbänden vertuschen will, zu lesen im Schreiben zur Dritten Verordnung zur Änderung der Lehrervorbereitungsdienstverordnung vom 8. Februar dieses Jahres. Als schon klar war, wir behandeln hier einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen, ist zu lesen, Zitat: „Da das Lehrerbildungsgesetz, das sich aktuell in der Ressortabstimmung befindet, zum 01.04.2011 noch nicht verabschiedet sein wird, müssen andere Rechtsgrundlagen für die Verkürzung des Referendariats geschaffen werden.“ Ende des Zitats.
Also der offensichtlich andere Gesetzentwurf der Landesregierung hat dann das Licht des Parlaments nicht mehr erblickt, sondern die Koalitionsfraktionen waren wohl schneller.
Nun soll der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Schulreformgesetzes die Möglichkeit dafür schaffen, die Referendariatszeit zu verkürzen mit dem Streichen der entsprechenden Passage, die der Vorsitzende hier ausgeführt hat. Inzwischen ist also auch ein Verordnungsentwurf im Umlauf und in diesem werden auch noch gleich verschiedene – eigentlich drei – Zeiträume für das Referendariat ausgewiesen. Für die Jahre 2011 und 2012 sind es 16 Monate, ab 2013 dauert das Referendariat dann wieder 18 Monate oder auch wieder 24 Monate wie bisher, je nach Beginn des Referendariats und der entsprechenden Ausbildungsrichtung. Was für ein gesetzgeberisches Kuddelmuddel, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Es wäre überhaupt nichts passiert, wenn man die bisherigen 24 Monate bis zur Verabschiedung des heute zur Ersten Lesung vorliegenden Lehrerbildungsgesetzes beibehalten und dann neue zeitliche Regelungen eingeführt hätte. Dies wäre schon deshalb besser gewesen, weil sich am Referendariat mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, meine sehr verehrten Damen und Herren, gar nichts, überhaupt nichts ändert.
Im Rahmen der Beratungen zum Gesetzentwurf ist erklärt worden, dass man beabsichtige, das Grundstudium um ein Semester zu verlängern. Dies soll es ermöglichen, zum Beispiel frühere Praxisanteile einzuführen, den Anteil der Berufswissenschaften, Didaktik und Methodik zu erhöhen und Fragen der Diagnostik stärker zu berücksichtigen. Richtig, das sind seit Jahren Forderungen der Bildungswissenschaftler und auch der Lehrerinnen und Lehrer. Aber genau das passiert eben nicht. Es wird lediglich die Zeit verkürzt. Und wie beschrieb Herr Reinhardt in der Einbringung den Hintergrund für die Eile aus seiner Rede: „Weil wir schnell Lehrer brauchen“, Protokollseite 22, 113. Sitzung – man soll ja immer gut die Quellen nachweisen.
Also das Ziel besteht einzig und allein darin, Möglichkeiten zu schaffen, neu ausgebildete Lehrkräfte so schnell wie irgend möglich an die Schulen zu bringen, um die Unterrichtsversorgung zu sichern. Dabei bleibt die Frage ungeklärt, woher die Koalitionsfraktionen die Hoffnung nehmen, dass die jungen Lehrkräfte nach dem Referendariat dann auch in den Schulen des Landes bleiben wollen. Bei den herrschenden Arbeitsbedingungen und der schlechten Bezahlung wird das wohl seltener der Fall sein als angenommen.
Und das Junglehrerprogramm, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat sich bisher weitgehend nur als teurer Rohrkrepierer erwiesen.
Und jetzt zu dem Märchen von der Dringlichkeit, weil diese Dringlichkeit hier wie ein Popanz vor sich her getragen wird. Was passiert bei Umsetzung des Schulreformänderungsgesetzes und dem sich daraus dann ableitenden Erlass? Am 1. April dieses Jahres sollen die Referendarinnen und Referendare ihren 16-monatigen Vorbereitungsdienst beginnen. Sie beenden ihn am 31.07.2012. Damit stehen sie am 01.08.2012 für den Schuldienst zur Verfügung. Also diese Zahl der Referen
dare stünde 2012 tatsächlich zusätzlich zur Verfügung, weil sie eben nicht 24 Monate in der Ausbildung sind.
Aber wie wollen Sie das denn jetzt haushaltstechnisch machen? Man kann das nur lösen, indem man den Einstellungskorridor ändert. Der ist nach wie vor fix. Von daher ist, selbst wenn Sie die ganzen Referendare in den 16 Monaten ausbilden, das nur möglich, sie einzustellen, wenn der Korridor geändert wird. Mit dem jetzt zu verändernden Gesetz, das nachher auf der Tagesordnung steht, findet im Jahr 2012 das Gleiche statt, genau das Gleiche, weil erst ab 2013 dann der tatsächliche erste Beschäftigungstag der Referendare der 01.02. wird, also in 2012 noch einmal Beginn der Referendariatsausbildung 1. April.
Da ändert sich aber an den zur Verfügung stehenden Stellen und Zahlen erst einmal nichts. Eine Einstellung, meine sehr verehrten Damen und Herren, von Referendaren in den Vorbereitungsdienst kann es, Frau Finanzministerin, doch nur im Rahmen der im Landeshaushalt zur Verfügung stehenden Stellen geben, oder nicht? Und da stehen seit 2004 493 Stellen. Ich habe extra noch einmal nachgeguckt – seit 2004!
Jetzt ist die Frage, was hier so gefeiert wird, die Erhöhung der tatsächlich zu besetzenden Stellen in diesem Bereich von 350 auf 493, wie denn das tatsächlich umsetzbar ist vor dem Hintergrund dessen, was Sie hier mit Ihrer Verkürzung und einem höheren Einsatz oder einem höheren Einstellungsvolumen machen wollen. Also Sie haben eine Obergrenze von 493. Das ist eine haushaltsrechtliche Frage. Wenn Sie das ändern wollen, dann müssen Sie sozusagen mehr Referendarstellen in den Haushalt einbringen.
Der eigentliche Skandal aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, der eigentliche Skandal bei der Verkürzung der Referendariatszeit besteht darin, dass sie zulasten der Ausbildungsqualität geht.
Das wird vom Bildungsministerium und den Koalitionsfraktionen billigend in Kauf genommen. Das Motto heißt: Hauptsache Lehrer. Wie sie ausgebildet sind, ist völlig nebensächlich, Hauptsache schnell und gut, kurz, kurz.
Die Anhörung vor dem Bildungsausschuss hat dann auch, wie zu erwarten war, zu einer einhelligen, meine sehr verehrten Damen und Herren, Ablehnung des Gesetzentwurfes geführt. Selbst die Referendarinnen und Referendare haben sich ablehnend verhalten, obwohl sie formal davon profitieren würden. Aber das hat die Koalitionsfraktionen bis heute nicht beeindruckt, im Gegenteil.
Der führende Bildungsexperte der CDU-Fraktion Herr Reinhardt sah in seiner Presseerklärung nach der Anhörung, dass, so wörtlich, die „Weichen für“ einen „attraktiven Bildungsstandort gestellt (werden)“. Und er war voller Zuversicht,
dass nach den Anhörungen zum vorliegenden Gesetzentwurf und zur zweiten Phase der Lehrerbildung „der Bildungsstandort Mecklenburg-Vorpommern deutlich gestärkt werden kann“. Ende des Zitats.
Ich würde das nicht Zuversicht, sondern Realitätsverlust nennen. Im Übrigen gibt es eben auch Weichenstellungen, die auf ein Abstellgleis führen.
Nun wird in der Beschlussempfehlung des Ausschusses der Eindruck vermittelt, die Anzuhörenden hätten die Verkürzung der Referendariatszeit begrüßt. Genau das haben sie nicht.
Unisono wurde hingegen festgestellt, dass eine Verkürzung der Referendariatszeit nur denkbar und möglich ist, wenn das Studium vorher entsprechend ausgestaltet wurde. Nur damit wäre ein fachlich-inhaltlicher Ausgleich gegeben und eine Verkürzung der Referendariatszeit begründbar. Das bedeutet praktisch, dass eine Verkürzung der Referendariatszeit erst dann möglich ist, wenn die ersten Studierenden mit einer verlängerten Studienzeit ihr Referendariat auch beginnen können, das heißt also erst in vier oder fünf Jahren.
Der VBE, meine sehr verehrten Damen und Herren, formulierte seine Ablehnung so, Zitat: „Die geplante Verkürzung der Referendariatszeit von bisher zwei Schuljahren auf 18 Monate zum jetzigen Zeitpunkt ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht nachvollziehbar. Die Referendare dürfen nicht für Fehlplanungen der künftigen Lehrerbedarfe herhalten. Bevor man eine Verkürzung der Referendariatszeit in Betracht zieht, muss erst das Lehramtsstudium reformiert werden.“
Ich kann hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, beim besten Willen keine Zustimmung der Angehörten feststellen. Der Gesetzentwurf gehört abgelehnt und meine Fraktion beantragt gemäß Paragraf 91 eine namentliche Abstimmung.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich stelle fest, dass in der Anhörung zweifelsfrei geklärt werden konnte, dass dieser Gesetzentwurf weder Unrecht ist, auf Unrecht basiert oder gar Unrecht nach sich zieht. Das war, wenn ich mich richtig erinnere, auch schon beim letzten Mal Ihr Vorwurf,