Im Bereich des Haushaltsrechts beabsichtigt die Landesregierung, die Verbindlichkeiten von Haushaltssicherungskonzepten zu erhöhen. Als Rahmenplan für eine Haushaltskonsolidierung über einen mehrjährigen Zeitraum muss ein Haushaltssicherungskonzept mehr sein als nur eine unverbindliche Richtschnur. Zwar müssen auch Änderungen und Abweichungen möglich sein, um Kommunalpolitik handlungsfähig zu halten, dies jedoch nur, wenn die selbst vorgegebenen Einsparvorgaben in ihrer Summe auch erhalten bleiben.
Ebenfalls ein Beitrag zur Haushaltskonsolidierung ist die geplante qualifizierte Anzeigepflicht bei solchen Rechtsgeschäften, mit denen Kommunen langfristig finanzielle Verträge eingehen. Damit wird eine Schwachstelle beseitigt, die in der Vergangenheit mit dazu beigetragen hat, dass einige Kommunen finanziell in schwieriges Fahrwasser geraten sind. So wird damit beispielsweise ausgeschlossen, dass verschuldete Städte ihren rechtlich selbstständigen Einrichtungen mehrjährige Zuschüsse garantieren und die entsprechenden Beträge auf diese Weise jeglichen Einsparvorgaben entziehen können.
Im Bereich der wirtschaftlichen Betätigung sind ebenfalls Änderungen vorgesehen, zu denen in den letzten Mona
ten bereits vieles gesagt und noch viel mehr geschrieben worden ist. Ich bedauere außerordentlich, dass Herr Wilken nicht hier im Raum ist, der gerade in der Frage der kommunalen Betätigung exorbitante Diskussionen führt.
Aber vielleicht finden sie sich im Rahmen der Redner, die hier noch nach mir reden, wieder ein. Nicht alles davon, was gesagt worden ist, war richtig.
Ich möchte daher ausdrücklich klarstellen, dass die Gesetzesnovelle keine Unruhe in das bestehende ordnungspolitische Gleichgewicht zwischen Kommunen und Privatwirtschaft bringen wird. Ob sich eine Kommune wirtschaftlich betätigt oder eine vorhandene Betätigung ausweitet, ist verfassungsrechtlich vorrangig ihre eigene Entscheidung. Die hierbei zu beachtenden rechtlichen Schranken bleiben durch die Novelle unangetastet. Wenn die wirtschaftliche Betätigung aber rechtlich möglich ist, dann sollen die Kommunen künftig neben Eigenbetrieben und GmbHs mit der Anstalt des öffentlichen Rechts eine zusätzliche Ausgestaltungsmöglichkeit zum bisher vorhandenen Instrumentarium erhalten. Diese Alternative gibt es im Übrigen schon seit Langem auch in anderen Bundesländern und dort existieren sowohl die öffentlichen Einrichtungen als auch Handwerk, Mittelstand und Industrie nebeneinander.
Und wenn jetzt einige die Chance sehen, den Kommunen die wirtschaftliche Betätigung am besten ganz zu verbieten, dann sind sie auf dem Holzweg. Umgekehrt wollen wir ja auch die Unternehmen nicht verpflichten, unwirtschaftliche und nicht profitable, aber notwendige Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu betreiben. Das wäre genauso unsinnig, wie den Kommunen das Recht auf wirtschaftliche Betätigung abzusprechen.
Zum Schutz der Betriebe vor Ort sieht der Gesetzentwurf für die Kommunen die neue Pflicht vor, sich vor der Entscheidung über die Aufnahme oder Erweiterung wirtschaftlicher Betätigung mit den Auswirkungen auf den Mittelstand und auf das Handwerk auseinanderzusetzen. Schließlich soll es künftig einfacher werden, Theater, Krankenhäuser oder ähnliche Einrichtungen in Privatrechtsform ohne die Beteiligung Dritter zu betreiben.
Sie sehen, der Gesetzentwurf wahrt die Balance zwischen wirtschaftlicher Betätigung der Kommunen und privater Wirtschaft. Und ich bin auch ganz gespannt auf die Diskussionen in den Ausschüssen, insbesondere im Innenausschuss, in den nächsten Wochen zu dem Thema.
Man kann sicherlich über eine Clearingstelle reden, das sollen die Abgeordneten entscheiden. Aber die beste Clearingstelle sind die Gemeindevertretungen in den jeweiligen Ebenen, denn sie entscheiden, ob sie das machen oder ob sie das nicht machen.
Insofern sind alle Bürgerinnen und Bürger und auch der Mittelstand eingeladen, sich in diese Verwaltungsebene mit einzubringen, denn dann bestimmen sie in Zukunft mit, ob man eine solche Einrichtung betreibt oder nicht. Es ist ein Trugschluss zu sagen, das entscheidet der Bürgermeister oder der Landrat, ob wir uns so betätigen, denn das ist immer eine kommunale Entscheidung, also keine einzelne Entscheidung. Und deswegen sind alle bei der Frage, wie übernehme ich diese Verantwor
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! So weit zur Vorstellung der wichtigsten Änderungen in der Kommunalverfassung. Aus Sicht der Landesregierung und insbesondere des Innenministeriums gibt die Novelle Antwort auf alle Fragen, die den Gemeinden, Landkreisen und Ämtern unter den Nägeln brennen. Die Kommunen warten auf die neue Kommunalverfassung.
Aus diesem Grund wünsche ich mir im Sinne der Zukunftsfähigkeit der Kommunen, dass Sie, meine Damen und Herren Abgeordnete, in den nächsten Monaten intensive Auseinandersetzungen mit diesem Werk, mit dieser Kommunalverfassung vornehmen, um am Ende des Beratungsergebnisses den Parlamentariern im Land eine lesbare und zukunftsfähige Kommunalverfassung an die Hand zu geben. – Recht herzlichen Dank und gute Beratungen in den Ausschüssen.
Im Ältestenrat ist eine Aussprache mit einer Dauer von bis zu 90 Minuten vereinbart worden. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.
Als Erster erhält das Wort für die Fraktion DIE LINKE der Abgeordnete Herr Ritter. Bitte schön, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Reform der Kommunalverfassung durch das vorliegende und eben eingebrachte Ablösegesetz hat es sich die Landesregierung offensichtlich sehr, sehr schwer gemacht. Das betrifft Inhalt und Fahrplan gleichermaßen.
Ich darf den von mir geschätzten Herrn Innenminister zitieren aus einem Grußwort der Landesregierung anlässlich der Mitgliederversammlung des Städte- und Gemeindetages vom 11. Juni 2008 in Güstrow.
Dort sagte der Minister, ich zitiere: „Derzeit wird die Novelle der Kommunalverfassung im Innenministerium endabgestimmt und soll rechtzeitig zu den Kommunalwahlen 2009 in Kraft treten.“ Zitatende. Hört, hört, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kommunalwahl 2009 ist mittlerweile Geschichte
und jetzt sollen wir ganz schnell die zwischendurch eingeschobene Kommunalwahl in diesem Jahr erreichen. Das Innenministerium hat für die Endabstimmung, die 2008 vom Innenminister angekündigt worden ist, drei Jahre lang gebraucht. Das ist auch für den Landtag gewöhnungsbedürftig, um es höflich auszudrücken. Und diese Zeitspanne, liebe Kolleginnen und Kollegen, steht in keinem Verhältnis zu der für uns jetzt verbleibenden Zeit für die parlamentarische Beratung.
Diese deutliche Kritik muss ich an die Landesregierung richten und auch an die Koalitionsfraktionen, die es hingenommen haben, dass wir uns wieder einmal einem solchen Zeitdruck aussetzen müssen.
Sie werden sich dann am Ende der Behandlung dieses Gesetzentwurfes wieder von der Koalition anhören müssen, dass sie dieses Gesetz natürlich überhaupt nicht durchgepeitscht hat.
Wie aber in der verbleibenden Zeit eine ordnungsgemäße Debatte dieses wichtigen Gesetzesvorhabens möglich sein soll, lieber Kollege Renz, das werden Sie mir als Erklärbär der CDU-Fraktion nachher sicherlich auch hier wieder erklären.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dennoch wird meine Fraktion der Überweisung des Gesetzentwurfes zustimmen.
Meine Fraktion wird sich wie bei anderen kommunalpolitischen Vorhaben auch hier kritisch und konstruktiv in die Beratung einbringen.
In der heutigen Ersten Lesung, also der Grundsatzberatung, möchte ich mich deshalb auf drei Schwerpunkte des Gesetzentwurfes konzentrieren: wirtschaftliche Betätigung, bei der es nicht darum geht, den Sozialismus auszurufen, rechtsaufsichtliche Maßnahmen und Förderung von Strukturveränderungen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zielsetzung des Gesetzentwurfes, für eine kommunale wirtschaftliche Betätigung die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen zu erweitern, wird von meiner Fraktion grundsätzlich begrüßt. Ich habe allerdings selten, lieber Kollege Schnur, einen Gesetzentwurf gelesen, der so konsequent bemüht war, seine eigene Zielstellung zu verbergen. Ich habe auch bis jetzt noch keinen Gesetzentwurf gelesen, der am ausführlichsten das begründet, was er nicht geregelt hat. Das trifft vor allen Dingen bei der wirtschaftlichen Betätigung zu.
Und, Herr Innenminister, die Kritik von der Vereinigung der Unternehmensverbände muss man sicher immer ernst nehmen. Sie darf aber einem Kommunalminister nicht derart in die Knochen fahren, wie es der Gesetzentwurf im Abgleich mit dem vorangegangenen Referentenentwurf erahnen lässt.
Wir sollten also gemeinsam im Innenausschuss, im Wirtschaftsausschuss und auch in anderen Ausschüssen des Landtages dem Innenminister bei seinem Vorhaben, eine wirtschaftliche Betätigung der Kommunen zu ermöglichen oder zu erweitern, den Rücken stärken und dabei vor allem sein kommunalpolitisches Jackett wieder geraderücken.
Erstens ist es nicht überzeugend, wenn der Gesetzentwurf im Unterschied zum Referentenentwurf auf eine gesetzliche Normierung von sogenannten Annextätigkeiten verzichtet. Warum, Herr Innenminister, sollen freie Kapazitäten nicht vorübergehend für Nebengeschäfte genutzt werden?
Zweitens ist aus kommunalpolitischer Sicht kaum nachvollziehbar, dass der Gesetzentwurf auch hier wiederum im Unterschied zum Referentenentwurf auf eine Regelung zur überörtlichen wirtschaftlichen Betätigung gänzlich verzichtet. Und, Herr Minister, ist vor dem Hintergrund europarechtlicher Deregulierungsmaßnahmen nicht vielmehr eine Modifizierung des Örtlichkeitsgrundsatzes auch durch unseren Landesgesetzgeber das Gebot der Stunde?
Drittens. Schließlich wird kritisch zu hinterfragen sein, welche praktischen Folgen sich daraus ergeben, dass die Zulässigkeitsvoraussetzungen des Paragrafen 68 Absatz 2 künftig auch auf mittelbarer beziehungsweise Minderheitsbeteiligungen Anwendung finden sollen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, gewissermaßen im Schatten der öffentlichen und auch emotionalen Diskussionen zur wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen, die ja nur ein Bestandteil dieser Novelle sind, be inhaltet der Gesetzentwurf weitere Regelungen, die bei einer Einzelbetrachtung durchaus Sinn machen können. In der Gesamtbetrachtung der Vorschläge aber erfolgt eine beängstigende Machtverschiebung im Interesse der Rechtsaufsichtsbehörden beziehungsweise zulasten der kommunalen Selbstverwaltung, wie sie dieses Bundesland noch nie erlebt hat. Stichwort: