Protocol of the Session on January 28, 2011

Und nun wird es ja ganz spannend. Wir hatten ja die Tage auch schon ein Stück weit die Diskussion, ob das nun mit der Europäischen Union alles noch so richtig sei. Die Bundesregierung, namentlich die Bundeskanzlerin Frau Merkel, hat die europäischen Staats- und Regierungschefs gedrängt, eine Verschärfung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes durchzusetzen. Und hier setzt genau unser Antrag an, weil es nämlich um die Veränderung des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union geht. Das ist ein sehr umfangreicher Vertrag. Ich gehe davon aus, dass Sie sich damit beschäftigt haben.

Diese Veränderung, und zwar im Gegensatz zu dem Solidarprinzip in Europa, soll im vereinfachten Verfahren erfolgen, damit noch mehr Druck auf die betroffenen Länder, die sowieso schon angeschlagenen Länder gemacht werden kann, damit noch die Stellschraube schärfer angezogen werden kann, damit also die Bedingungen für die Unterstützung der Geberländer tatsächlich verschärft werden können.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Herr Renz, solche Knebelmethoden halten wir für keine richtige Lösung. Wir reden von einem solidarischen Europa und einem Europa für alle Bürgerinnen und Bürger, für alle Menschen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das heißt doch nicht, dass einer immer nur bezahlt. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Doch, doch, doch, doch, doch.

Sie können nicht die Unterstützung an solche Bedingungen knüpfen, die dann, …

(Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Ich komme gleich auf die Wirkung.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion der CDU)

Ich komme gleich auf die Wirkung.

… die dann dazu führen, …

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das hat mit Solidarität auch nichts zu tun. – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Doch, doch, doch.

… dass selbst unsere Volkswirtschaft der Bundesrepublik Deutschland gefährdet ist.

Es wird also dazu führen, dass diese Maßnahmen zu großen Ungleichgewichten führen und dass mittel- und langfristig das Wirtschaftswachstum in der gesamten Eurozone geringer wird, und damit drohen Schuldenkrisen, die auch die stärkeren Länder gefährden. Und die Rosskuren für die krisengeschüttelten Länder verschlimmern die Probleme noch. Damit geht die Wettbewerbsfähigkeit den Bach herunter und eine Erholung der Wirtschaft rückt in weite Ferne und damit auch die Sanierung der Staatsfinanzen.

Wenn ich das jetzt mal aus der Sicht Deutschlands betrachte: Immer wieder betonen die FDP und die CDU, aber auch die SPD, dass wir eine exportorientierte Wirtschaft haben. In dem Moment, wo durch die Knebelmethoden die Kaufkraft und die Investitionskraft in den krisengeschüttelten Ländern gesenkt wird, wirkt sich das logischerweise auf den Absatz deutscher Produkte in diesen Ländern aus. Aber selbstverständlich!

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das ist nicht bestritten. – Regine Lück, DIE LINKE: Natürlich.)

Ja, eben. Und deswegen hat es doch Rückwirkungen auf die ganz konkrete wirtschaftliche Situation unserer Volkswirtschaft. Ich glaube, diesen Zusammenhang muss man mal nennen dürfen.

(Wolf-Dieter Ringguth, CDU: Das heißt aber nicht, dass wir sagen, macht da, was ihr wollt.)

Doch, das eine hat mit dem anderen ganz konkret zu tun.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Auf der einen Seite sinken die Staatseinnahmen in den Ländern, auf der anderen Seite sinken über diesen Weg die Steuereinnahmen in unserer Bundesrepublik, um das mal ganz klar ökonomisch hier zu formulieren.

(Zurufe von Torsten Renz, CDU, und Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Deswegen, die Solidarität kann nicht dazu führen, dass die betroffenen Länder so unter Druck gesetzt werden, dass möglicherweise wir dann einen Rückschlag auf unsere Volkswirtschaft erleben.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Die haben ja gar keine Chance rauszukommen.)

Das wollen wir nicht,

(Torsten Renz, CDU: Was wollen Sie denn?)

weil das wieder Auswirkungen auf die Volkswirtschaft, auf die Beschäftigungssituation in Deutschland hat. Deswegen reden wir über diese Frage, und deswegen sprechen wir auch ganz konkret mit unserem Antrag diese Probleme an. Also es ist mehr als die Vereinfachung dieses Vertrages, sondern es geht tatsächlich um Solidarität in Europa insgesamt. Und es geht nicht nur um Wirtschaft und Ökonomie, sondern es geht auch – und die Diskussion, die erleben wir ja in den Zeitungen – um die politische Integration in Europa, und es geht um das gedeihliche Zusammenwirken aller Länder, denn Solidarität hat nicht nur eine monetäre Seite, sondern ist auch, ich will mal sagen, ein Lebensgefühl. Und wenn über das, was ich gerade beschrieben habe, dieses Zusammengehörigkeitsgefühl infrage gestellt wird, dann muss man doch mal die Frage hier aufwerfen dürfen, ob das, was beabsichtigt ist auf Initiative von Frau Merkel, richtig ist, um das solidarische Europa weiter zu erhalten.

(Zuruf von Torsten Renz, CDU)

Wir, die Bundesrepublik Deutschland, die Geberländer, schützen ihre Banken. Wir haben ja heute und die vergangenen zwei Tage schon sehr viel über Geld gesprochen. Und wir wollen eben nicht – die Bundesrepublik will eben nicht –, dass der Finanzsektor diese Abschreibungen auch leisten muss, und die Akteure auf dem

Finanzmarkt, die die Krise maßgeblich verursacht haben, kommen wieder ungeschoren davon.

Ich bin der Überzeugung, wenn wir Europa stärken wollen und gerade das solidarische und das sozial gerechte Europa stärken wollen, dann müssen wir an die Ursachen heran, müssen Schlussfolgerungen gezogen werden. Und deswegen geht es nach unserer Auffassung darum, die Verträge zu ändern, aber nicht so, wie die Bundesregierung es vorgeschlagen hat, sondern wir wollen eine wirkliche Regulierung des Kapital- und Zahlungsverkehrs ermöglichen. Und deswegen fordern wir mit unserem Antrag, den Stabilitäts- und Wachstumspakt zu ersetzen durch einen Pakt für nachhaltige Entwicklung, Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit und Umweltschutz.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Ich habe ja versucht, den ganzheitlichen Ansatz der LINKEN zu beschreiben und nicht nur einen Ausschnitt zu wählen. Und darum geht es uns, wir wollen einen ganzheitlichen Ansatz. Und das hat etwas damit zu tun, dass die Währungsunion tatsächlich durch solche sozialen und solche ökologischen Kriterien eindeutig ersetzt wird.

Und wenn dann die Frage in den Zeitungen, aber auch unter der Bevölkerung diskutiert wird, das kennen Sie doch genauso wie ich, dass also gefragt wird: Wird es den Euro noch geben? Wollen wir wieder zurück zur D-Mark? Wollen wir zurück zu den nationalen Währungen, die vor Einführung des Euros bestanden haben? Da sage ich, das ist nicht der Weg der LINKEN. Wir stehen zum Euro und wir wollen, dass der Euro stabil ist, aber wir meinen, nicht auf Kosten von den krisengeschüttelten Ländern und der dort lebenden Bevölkerung, sondern es muss nach dem Solidaritätsprinzip und Sozialprinzip tatsächlich realisiert werden.

Und nun können Sie sagen, schönes Thema, wie Frau Reese das gesagt hat, das gehört ins Europaparlament. Richtig, da gehört es hin. Es gehört in den Bundestag. Es gehört hier in den Landtag, denn Europa geht uns alle an. Und die Sorgen, die die Menschen umtreiben, gehen uns erst recht an.

(Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

Und deswegen bin ich der Überzeugung, dass ein solches Thema hier in den Landtag gehört, weil immerhin 45 Prozent, so eine Forsa-Umfrage, der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger die Sorge haben über die Stabilität der Gemeinschaftswährung, und diese Ängste sollten wir ernst nehmen.

Und da ist die Politik in der Verantwortung, und deswegen geht es tatsächlich darum, dass wir den LissabonVertrag auf den Prüfstand stellen und tatsächlich dafür sorgen – und da können Initiativen von unten aus den Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich dazu beitragen –, für ein soziales Europa zu werben und nicht für ein Europa, das vorrangig auf Wettbewerb, Sozial- und Steuerdumping ausgerichtet ist.

Und deswegen, meine Damen und Herren, die Krise muss bewältigt werden, aber bitte schön sozial und solidarisch, nicht nur in Deutschland, sondern mit allen Mitgliedsstaaten und mit allen Menschen in Europa. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Holter.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 90 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre dazu keinen Widerspruch, dann ist das so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat zunächst der Abgeordnete Herr Detlef Müller für die Fraktion der SPD.

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU – Zurufe von der Fraktion der CDU: Oh!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren!

Herr Holter,

(Helmut Holter, DIE LINKE: Ja?)

in gewisser Weise haben Sie ja versucht, so eine Art Widerspruch schon in Ihrer Überschrift sozusagen zu erzeugen. Ich kann eigentlich diesen Widerspruch nicht so richtig erkennen. Sie haben ja auch versucht, das hier in Ihrer Rede so ein bisschen noch zu erläutern. So richtig konnte ich Ihren Argumenten nicht folgen und diesen Widerspruch auch nicht so richtig erkennen.

(Barbara Borchardt, DIE LINKE: Sind das Ihre Pirouetten?)