Aber inhaltlich werden wir gar nicht so weit auseinander sein. Es ist ja eigentlich auch nur ein Prüfauftrag, und der kann und sollte nicht schädlich sein.
Mit Umsetzung der europäischen Beschleunigungsrichtlinien für Strom und Gas für mehr Wettbewerb im Energiemarkt wurde das Energiewirtschaftsgesetz novelliert. Dabei wurde der Bundesnetzagentur ab 2006 – der Herr Minister hat es ja auch ausgeführt – auch die Aufsicht über die Energiewirtschaft in Deutschland für die Strom- und Gasmärkte übertragen. Ihre wesentliche Aufgabe ist dabei die Kontrolle und die Genehmigung der Nutzungsentgelte für die einzelnen Netze. Sie soll letztlich einen diskriminierungsfreien Zugang zu Stromversorgungs- und Gasnetzen sichern.
Diese Aufgaben teilt sich die Bundesnetzagentur mit den einzelnen Bundesländern. Unternehmen mit weniger als 100.000 Kunden und mit entsprechenden Versorgungsnetzen innerhalb der Landesgrenzen können von den Landesregierungen und Landesbehörden durchaus reguliert werden. Mecklenburg-Vorpommern macht bis dato davon keinen Gebrauch, sondern überlässt es mittels einer Organleihe – der Minister hat das ebenfalls ausgeführt – der Bundesnetzagentur.
Der FDP-Antrag möchte das unter Umständen ändern und eine eigene Behörde aufbauen. Als Begründung dienen die schnell wachsenden erneuerbaren Energien. Da ist natürlich auch was dran. Wir sind ja der Meinung,
Ob es aber einer Landesregulierungsbehörde bedarf, um das sicherzustellen, wagen wir doch ein wenig zu bezweifeln. Es wäre, wenn überhaupt – und da pflichte ich Herrn Dr. Timm bei –, der dritte Schritt vor dem ersten. Ehe wir Netzentgelte und Netzzugangsbedingungen kontrollieren können, Herr Kollege Roolf, brauchen wir dringend einen Ausbau der Netze, und zwar nicht nur zur Ableitung des Offshorewindstroms, sondern auch im Mittel- und Niedrigspannungsbereich, also im nahen Umfeld der Verbraucher in unserem Land.
Ich wiederhole, was ich bereits im Dezember in der Debatte zum Antrag der Koalitionsfraktionen zum Netzausbau gesagt habe: Die von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie zur Netzintegration der erneuerbaren Energien hat Hausaufgaben erteilt, die noch nicht einmal in Ansätzen erledigt sind. Dafür gibt es eine Verantwortung des Landes, ohne Frage.
Wenn Sie die Forderung aufmachen würden, eine Behörde zu schaffen, die die Koordinierung der notwendigen Netzausbaumaßnahmen übernimmt, auch um Mittelverschwendung zu vermeiden, die Pläne für ein notwendiges Landesinvestitionsprogramm erarbeitet, öffentliche Gelder in öffentliche Netze fließen lässt, die die Mehrerlösabschöpfung reguliert, die Forschungsschwerpunkte koordiniert, zum Beispiel für virtuelle und Hybridkraftwerke sowie für die für meine Begriffe ganz, ganz wichtige Energiespeicherung, die gemeinsam mit den Kommunen berät, wie die Bürgerinnen und Bürger einbezogen und die Akzeptanz erneuerbarer Energien und der damit verbundenen Infrastrukturmaßnahmen erhöht werden könnte, das wäre aus unserer Sicht eine sinnvolle Koordinierungsstelle beziehungsweise Landesbehörde. Dazu würden wir sofort Ja sagen.
Die von Ihnen aber, Herr Roolf, ins Auge gefasste Regulierungsbehörde soll wie die Bundesnetzagentur die Hüterin des freien Wettbewerbs sein. Gemessen an diesem Auftrag sind wir der Meinung, dass die Bundesnetzagentur eigentlich in diesem Bereich komplett versagt hat. Von Wettbewerb kann auf dem Strom- und Gasmarkt so lange keine Rede sein, solange die vier großen Energiekonzerne das alleinige Sagen haben. Angesichts der Konzentration der Bundesregierung und leider auch der Landesregierung auf Großprojekte wie Offshoreanlagen soll sich an der Macht der vier nichts ändern und das Geschwafel von freiem Wettbewerb bleibt dann eben auch nur Geschwafel.
Natürlich wollen wir, dass auch die vielen kleinen dezentralen Erzeuger regenerativer Energien, die sich immer mehr entwickeln werden, ihren Strom einspeisen können. Dafür brauchen wir in erster Linie Netze, die ihn auch entsprechend aufnehmen können. Und wenn es dann auch noch öffentliche Netze sind, so, wie wir das wollen, dann ist der Zugang gesichert und die Preise können demokratisch gewählte Gremien entsprechend mitbestimmen.
Natürlich habe ich auch die Stellungnahme gelesen, die die Landesgruppe Norddeutschland des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft zu einer Landesregulierungsbehörde abgegeben hat. Eigentlich nimmt diese Stellungnahme zumindest große Teile des Prüfauftrages, den Sie heute erteilen wollen, vorweg.
Wie bereits gesagt hält sich unsere Begeisterung für die Praktiken der Bundesnetzagentur stark in Grenzen. Wenn aber die Organleihe tatsächlich dazu führt, dass insbesondere die Stadtwerke große Nachteile haben, dann muss das auf den Tisch. Denn wenn wir Energieland sein wollen, müssen auch wir die Möglichkeit haben, energiepolitisch gestalten zu können.
Deshalb werden wir Ihren Antrag, Herr Roolf, nicht ablehnen. Es ist ein Prüfungsauftrag. Und ich teile da die Auffassung meines Kollegen Herrn Dr. Timm, der gesagt hat, dass in dieser Legislatur das sicherlich nicht mehr umsetzbar ist. Das geht auch aus dieser Stellungnahme hervor. So sollten wir doch versuchen, dieses anhand der von Ihnen geforderten Analyse noch einmal auf den Tisch zu bringen, um dann klar entscheiden zu können. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der CDU der Abgeordnete Herr Waldmüller. Bitte, Herr Abgeordneter.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie wir bereits gehört haben, bestanden seinerzeit sehr gute Gründe für die Errichtung der Organleihe bei der Bundesnetzagentur zur Regulierung der Strom- und Gasnetze. Die Einheitlichkeit der Entscheidung sowie die wirtschaftliche Wahrnehmung der Regulierungsaufgabe können auch nach wie vor – und das haben Sie gehört – besser durch die Bundesnetzagentur erfüllt werden. Und es wurde vom Wirtschaftsminister Herrn Seidel ausführlich dargelegt, dass seitdem sogar noch eine Aufgabenausweitung stattgefunden hat. Die Effizienzvergleiche und die Kontrolle der Entflechtungsvorschriften sind mit höherem Personaleinsatz ohne entsprechende Gebühreneinnahme, wir haben das gehört, verbunden.
Auch die europäischen Vorschriften zur Unabhängigkeit der Regulierungsbehörde verkomplizieren die Einrichtung einer solchen eigenen Landesbehörde. Und wir haben auch gehört, dass dazu der Personalbedarf und die Organisationsstrukturen in erheblichem Maße eben ausgebaut werden müssen. Auch die Entwicklung der Netzentgelte in Mecklenburg-Vorpommern spricht für die Effektivität der Bundesnetzagentur. Also es gibt viele Gründe, die für eine Beibehaltung der Organleihe einer Bundesnetzagentur sprechen. Und es erschließt sich demnach der Prüfauftrag nicht, weil wir auch gehört haben – und es ist ja in der Tat so –, dass ja permanent überprüft wurde, ob diese Entscheidungsgründe, die damals geherrscht haben, heute noch genauso vorhalten.
Und insofern will ich mal eingehen auf die wenigen im Antrag genannten Gründe für die Überprüfung. In Ihrem Antrag stellen Sie auf die Schaffung von Voraussetzungen für einen fairen Wettbewerb ab. Wie bereits gesagt hat sich aber hier die Wahrnehmung durch die Bundesnetzagentur bewährt. Dies gilt sowohl für die Einheitlichkeit der Wettbewerbsbedingungen als auch für die Preisentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern. Die berechtigten Interessen von Landesunternehmen wurden in der Vergangenheit stets mit Erfolg von der Landesregierung bei der Bundesnetzagentur vertreten.
Außerdem wird in Ihrer Begründung auf die energiepolitischen Interessen Mecklenburg-Vorpommerns eingegangen. Bei dem Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie, geht es aber insbesondere um den Ausbau von überregionalen Netzen zum Abtransport der Energie in die südlichen und westlichen Industrieballungszentren, wie auch in dem zitierten Antrag „Ausbau von Netzen und … Speicherkapazitäten“ der Koalitionsfraktionen dargestellt. Diese überregionalen Netze würden ohnehin nicht von einer einzelnen Landesregulierungsbehörde betreut, da diese nur für die nationalen Netze im Land zuständig ist und nicht für die überregionalen.
Des Weiteren zitieren Sie die Forderung des Energielandes 2020 nach dezentralem und regionalem Netzmanagement. Die Bundesnetzagentur befasst sich aber mit der Aufsicht über die Netzbetreiber sowie mit Unternehmensentflechtungen und Zugangsmodalitäten. Die Entscheidung über die Investition in dezentrale Netzstrukturen bleibt natürlich dem jeweiligen Netzeigentümer vorbehalten.
Insgesamt ist also festzuhalten, dass eine Überprüfung aufgrund der energiepolitischen Notwendigkeiten nicht notwendig erscheint, da erfolgt. Angesichts der deutlichen Vorteile, die eine Wahrnehmung durch die Bundesnetzagentur bringt, sehe ich daher zum jetzigen Zeitpunkt keinen Anlass, von der Organleihe Abstand zu nehmen. Deswegen werden wir den Antrag ablehnen. – Vielen Dank.
Es hat jetzt das Wort für die Fraktion der NPD der Fraktionsvorsitzende Herr Pastörs. Bitte, Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Roolf von der FDP hat sich angehört, was denn so der eine oder andere regionale Anbieter sich so vorstellt und wünscht. Und da es ja in den nächsten Monaten hier eine Landtagswahl gibt, glaubt er dann, mit so einem Antrag hier gut Wetter machen zu können. Substanz in Ihrem Antrag gleich null, den kann jeder aufschreiben, Herr Roolf. Da schreibt man denn hin, wir prüfen mal dies und jenes, weil wir haben da gehört, dass der und der den Wunsch hat, dass so etwas eventuell sinnvoll sein könnte. Substanz, wie immer in Ihren Anträgen in erster Linie gerichtet nach dem Haschen von Wählerstimmen aus dem Bereich der Wirtschaft. Dieser Antrag zeigt ganz genau, dass die Wirtschaft das so gar nicht will. Ihr Ansatz ist ein hoch bürokratischer Ansatz, der verkompliziert und das Gegenteil bewirkt von dem, was Sie immer sagen: nämlich freien Wettbewerb.
Die Netzagenturen, die wir auch haben, die Landesnetzagenturen, die wir haben, die verkomplizieren und behindern sich gegenseitig. Das ist in der einschlägigen Literatur nachzulesen. Es gibt nur dann einen relativ freien Wettbewerb, wenn er in Deutschland, ja, in Europa zu gleichen Bedingungen auch den Zugang dann zu diesen Netzen gewährleistet, und das tun die Landesnetzagenturen nicht. Das können sie nicht garantieren. Sie haben nicht den zentralen Überblick, sie haben nicht das juristische Fachwissen, was in diesem Marktbereich ganz, ganz komplex ist, weil ja auch da die europäische Gesetzgebung ganz massiv mit eingreift.
Wir haben gehört, dass wir hier die Organleihe haben, die uns 210.000 Euro im Jahr kostet, und das kann man sehr gut kalkulieren. Da weiß man, was auf den Landeshaushalt zukommt. Wir haben auch gehört, dass mittlerweile 15 Klagen anhängig sind allein hier in MecklenburgVorpommern, mit einem Risiko, das in die Millionen geht. So etwas sich selber aufzuladen und mit fünf Mitarbeitern, wie der Herr Wirtschaftsminister gesagt hat, dann abarbeiten zu können, das scheint mir, selbst bei der Ausstattung mit fünf Mitarbeitern – also drei ursprünglich und jetzt sagt man fünf – sehr zweifelhaft. Da wird man dann in speziellen Fällen auch Sachverstand ganz massiv von außen noch dazu einkaufen müssen. Und was so Beratungen kosten, das wissen Sie ja als Marktliberaler ganz bestimmt besser als ich.
Wir haben in Mecklenburg-Vorpommern das Prinzip oder das Ziel Energieland 2020. Und dieses Konzept bedeutet, dass die erneuerbaren Energien sich bis dahin versechsfachen sollen. Und wenn sich dann das Angebot versechsfacht, dann muss es natürlich auch abfließen, wie wir eben gehört haben, dann braucht man Leitungen. Das kann man nicht mit Telepathie machen. Und das wird wiederum dazu führen, dass natürlich der Strom auch teurer wird für die kleinen Verbraucher, die die großen neuen Trassen mitfinanzieren müssen, die wir brauchen. Ganz massiv zahlt der kleine Verbraucher in Mecklenburg-Vorpommern mit an den Kosten der Netze, die gebaut werden müssen, damit wir Exportland – so ein Wahnsinn, Exportland! –, was die Energie angeht, hier werden können.
Und noch eins: Mecklenburg-Vorpommern hat einen überproportionalen Vorteil dadurch bisher schon erreicht, dass wir schon sehr viele erneuerbare Energien haben. Das heißt also, die Subventionen, die hier in Mecklenburg-Vorpommern dadurch schon fließen, dass wir hier die erneuerbaren schon relativ weit nach vorne gebracht haben, ist eine Sache. Die andere Sache ist aber auch, dass gerade dieser Punkt zur massiven Verteuerung des Stroms beigetragen hat, die auch heute schon die kleinen Verbraucher in Mecklenburg-Vorpommern mitfinanzieren.
Prospektiv ist zu sehen, dass wir schon im nächsten Jahr eine Teuerung der Energiepreise – wenn das richtig ist, was in den Wirtschaftsblättern geschrieben wird – von sieben bis zehn Prozent zu erwarten haben. Und Tatsache ist auch, was der Herr Wirtschaftsminister gesagt hat, dass wir ohne Landesagentur im Schnitt noch besser dastehen als viele Länder, die so eine Agentur haben. Es gibt überhaupt gar keinen Grund, hier einen Prüfauftrag zu erteilen, denn so komplex ist es nicht. Es ist hier sehr gut detailliert dargestellt worden, dass das vollkommen überflüssig ist, was Sie hier wollen.
Man muss deutlich sagen, damit die Menschen draußen wissen, wo es langgeht, es muss auch irgendwann mal Schluss gemacht werden mit dem Solarstromschwindel, mit der Subvention auf diesem Gebiet. Nicht alles, was „öko“ heißt, ist auch ökonomisch und ökologisch vernünftig, meine sehr verehrten Damen und Herren.
In diesem Sinne kann ich Ihnen nur sagen, Herr Roolf, dieses Wahlplakat, das können Sie mit nach Hause nehmen. Wir stimmen dem selbstverständlich nicht zu. Das ist vollkommen am Ziel vorbei. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Das Wort hat jetzt noch einmal für die Fraktion der FDP der Fraktionsvorsitzende Herr Roolf. Bitte schön, Herr Abgeordneter.
Herr Pastörs, es ist immer praktisch, wenn man fast zum Ende reden kann, so, wie es bei Ihnen eben gewesen ist,
dann können Sie ein paar Brocken von irgendjemandem mit aufnehmen und ohne jeglichen Sachverstand sich hier hinstellen und irgendwelches dummes Zeug reden. Schön.
Ich will einfach noch mal, dass wir die Dinge zusammenfassen, in welcher Situation wir uns befinden: Der Wirtschaftsminister hat gesagt, über die Bundesnetzagentur haben wir eine zentrale Ausrichtung dieser Aufgabe. Eine zentrale Ausrichtung? Wenn von 16 Bundesländern zehn nicht dabei sind, ist eine Ausrichtung mit nur sechs Beteiligten an der Bundesnetzagentur wirklich eine zentrale Ausrichtung? Da habe ich doch sehr, sehr große Zweifel.
Die neuen Richtlinien, die neuen Verpflichtungen, um wirklich eine unabhängige Landesregulierungsbehörde nach höchstem Standard aufzubauen, vor dem sollten wir uns dem Grunde nach doch gar nicht scheuen dürfen, denn dass wir ernsthaft das Argument hier in den Raum führen, dass es sich um hochkomplexe Vorgänge handelt,
dass wir Fachleute und Experten brauchen, um dieses auch wirklich vernünftig zu bearbeiten, das Argument lasse ich nun überhaupt nicht im Raum stehen.
Wer für sich in Anspruch nimmt, Energieland 2020 zu entwickeln, wer für sich in Anspruch nimmt, die erneuerbaren Energien in der Art und Weise positiv nach vorne zu bringen, der kann doch nicht allen Ernstes sich hier hinstellen und sagen: Uns fehlt es aber womöglich an geeignetem Fachpersonal, um so eine Behörde begleiten zu können. Das ist ein Armutszeugnis.