Protocol of the Session on January 27, 2011

(Zurufe von Heinz Müller, SPD, und Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE)

… dieses Landes Einfluss auf eine zukünftige positive Entwicklung der DB AG zu nehmen. Die SPD-Bundestagsfraktion, ich habe es eben zitiert, ist längst in der Spur,

(Birgit Schwebs, DIE LINKE: Dann sollten Sie ihr mal folgen.)

um die Bundesregierung zu einer Korrektur der fehlgeleiteten Verkehrspolitik betreffend die DB AG zu bewegen.

(Zuruf von Barbara Borchardt, DIE LINKE)

Und, sehr geehrte Frau Kollegin Borchardt, um die Worte Ihres Kollegen Bluhm

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ja?)

vom frühen Nachmittag aufzugreifen: Ihr Antrag stellt aus Sicht meiner Fraktion sowohl ein Misstrauensvotum gegenüber unserer Landesregierung

(Unruhe bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Barbara Borchardt, DIE LINKE: Oh!)

als auch gegenüber Kolleginnen und Kollegen in der Bundestagsfraktion dar.

(Irene Müller, DIE LINKE: Da können Sie mal sehen, wie die Interpretationsfreiheiten sind.)

Dass wir das nicht mittragen werden, das kann Sie nicht verwundern. Wir lehnen deshalb Ihren Antrag ab. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der SPD)

Vielen Dank, Herr Schulte.

Das Wort hat jetzt der Fraktionsvorsitzende der NPDFraktion Herr Pastörs.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der LINKEN wird natürlich unsere Zustimmung finden. Das ist ganz klar. Er ist sehr wohl begründet, wenn man sieht, was wir in den

letzten sechs, acht Monaten bei der Bahn erlebt haben. Und es ist das Ergebnis genau dessen, was die FDP ja immer will. Herr Roolf ist ja leider nicht da.

(Michael Roolf, FDP: Doch, hier! – Stefan Köster, NPD: Dahinten.)

Ich hatte mich so ein bisschen eingeschossen auf seine Argumentationskette, die dann überhaupt keiner mehr versteht, Herr Roolf.

Sie sind es gewesen – die FDP –, die ganz massiv auch im Bund darauf gedrungen hat, dass das Eigenkapital zukünftig durch die Privatisierung eingesammelt werden soll, also das Umwandeln von einem Staatsbetrieb in einen Privatbetrieb, in eine Aktiengesellschaft. Und Sie stellen sich hier eben hin und verlangen trotz Kenntnis der maroden Verhältnisse in der gesamten Bahn, dass doch bitte schön der Staat, also der Steuerzahler, ein Anrecht darauf habe, jetzt diese 500 Millionen auch ausgeschüttet zu bekommen. Gleichzeitig sagen Sie und beklagen, wo sind wir eigentlich hingekommen, um Sie fast wörtlich zu zitieren, dass jetzt die Bahn Global Player spielt und im eigenen Land die Schienenanlagen verrotten und die ganze Infrastruktur zusammenbricht.

Schauen Sie, das ist so, als wenn man sich international ausrichten will und dabei die Hausaufgaben vergisst. Denn wenn Sie etwas privatisieren wollen, inter nationalisieren wollen, dem Kapitalmarkt im internationalen Finanzmarkt zur Verfügung stellen wollen, dann können Sie das nur tun, wenn Sie eine hässliche Braut vorher schmücken. Das heißt also, dass Sie den Istzustand der Bahn auf Teufel komm raus erst mal so attraktiv machen, dass die Aktionäre überhaupt angeregt werden, die Aktien zu kaufen. Denn die kaufen nur Aktien, wenn sie mit Anspruch auf Gewinn oder wenn sie zumindest mit der Chance, dass die Aktie sich positiv entwickelt, an den Markt gehen und ihr Geld dafür hinlegen. Das ist das Grundsätzliche.

Und dann hat die Bahn gesagt: Das kriegen wir natürlich nicht fertig, wenn wir also die Schwerlasten auf der Schiene lassen. Dann sind wir hergegangen und haben von der Schiene das Ganze auf die Straße verlagert, auch hier in der Bundesrepublik Deutschland. Und das hat viel Geld gekostet und dieses Geld hat natürlich dann da im Schienennetz gefehlt.

Und die zweite Sache ist, was man dann auch noch berücksichtigen muss, wenn Sie die 500 Millionen jetzt in den Bundeshaushalt zurückführen wollen, dann ignorieren Sie ganz einfach, dass wir bei der Bahn 6 Milliarden Investitionsstau haben. Das sind nicht die Zahlen der NPD, sondern das sind die Zahlen, die hier bei den Fachleuten der Bahn genannt werden. Und wenn Sie dann auch noch sehen, dass seit 1994 schon die Vorbereitungen liefen, hier an die Börse gehen zu können, indem man auf Teufel komm raus die Bilanzen in Ordnung bringen will und dabei dann auch fast 50 Prozent jeder Weiche entfernt hat, das heißt also, sich ganz einfach verabschiedet hat aus dem Bedienen der Fläche und nur noch die Nord-Süd-Achse hoch attraktiv gestalten wollte, um da nach außen hin dann auch zu zeigen, dass auf dieser Strecke Geld zu verdienen ist.

Die Bahn ist eine, wie ich meine, soziale Einrichtung, die die Verpflichtung hat, weil sie auch sehr viel Steuergeld frisst, in der Fläche allen Menschen die Möglichkeit zu geben, zu vernünftigen Preisen von A nach B reisen zu können. Der SPD-Bundeskanzler, der Kanzler der Bosse, übrigens sehr treffend, hat sich seinerzeit ganz klar für

eine Privatisierung der Bahn ausgesprochen. Sie sei unumgänglich, um modern und leistungsfähig zu werden. Was wir nun haben, ist, dass selbst auf dem Weg zur Privatisierung die Züge stocken. Kein Mensch wird eine Aktie kaufen, wenn sie damit in ein oder zwei Jahren an den internationalen Börsen dieses Papier anbieten, weil sie noch nicht mal in der Lage sind, diese Bahn auch nur mit einem bisschen Perspektive für Privatinvestoren fit zu machen.

Ein anderer Punkt: Große Teile der Bahntechnik sind modernisiert worden. Und in diesem Winter haben wir dann gesehen, dass die funktionierenden technischen Einrichtungen der Bahn oft noch in Schuss und bewährt, was die Witterungsverhältnisse angeht, getauscht worden sind durch Hightechanlagen, die dann absolut nicht mehr leistungsfähig waren und zusammengebrochen sind. Also man kann auch in der Technologie zu früh kommen und nicht unbedingt immer zu spät.

Die Bahn ist ein Politikum erster Rangordnung und die Bahn hat wie viele andere Säulenfunktionen in einem Staat nicht in Privathänden zu sein. Und wenn die FDP sich dann hier hinstellt und so eine Zwitterbahn will, also so eine Halb-und-halb-Geschichte …

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ich komme zum Ende. Meine letzten Worte, Frau Präsidentin.

Ja, aber das geht nicht, dass Sie jedes Mal hier Ihre Redezeit überziehen, Herr Pastörs.

Ich bitte, das zu entschuldigen.

Die zwei Worte vielleicht noch: Wir unterstützen diesen Antrag, weil er vernünftig ist und die Bahn heraushält aus dem Global-Player-Wahnsinn, dem Internationalismus, der uns in anderen Gebieten ja zeigt, wo das letztendlich hinführt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion der NPD – Heinz Müller, SPD: Danke, das reicht.)

Das Wort hat jetzt die Abgeordnete Frau Schwebs für die Fraktion DIE LINKE.

(Dr. Wolfgang Methling, DIE LINKE: Birgit, du kannst sagen, du bist auch in der Spur. – Heinz Müller, SPD: Und schwer unter Dampf.)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf der Bahnstrecke Güstrow–Neubrandenburg–Pasewalk mussten im Dezember zahlreiche Züge ausfallen, zwischen Wismar und Rostock gab es keine Zugverbindung, die Autobahnen und die Bundesstraßen waren verweht. Kreuzungsgleise wurden erst nach Tagen von Schnee geräumt. Und deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass zu Heiligabend auf der Regionalexpresslinie Hamburg–Rostock nur knapp 17 Prozent der Züge pünktlich waren,

(Michael Andrejewski, NPD: Der Winter kam eben überraschend.)

und im Güterverkehr waren es gar nur 50 Prozent. Dazu kamen schlecht oder gar nicht geräumte Bahnhöfe und Haltepunkte, vereiste Einstiege in die Wagen der S-Bahnen und des Nah- und Fernverkehrs, völlig unzureichende Information der wartenden und der sich in Zügen befindenden Bahnkunden.

Und wieder einmal schob Bahnchef Grube das andauernde Bahnchaos auf den massiven Kälteeinbruch, eine Wiederauflage von 2009, ein Wintermärchen 2.0 sozusagen. Zwischendurch leistete die Bahn sogar den Offenbarungseid, als sie am 19. Dezember ihre Kunden aufforderte, auf das Bahnfahren zu verzichten. Im Jahr 2010 wohlgemerkt, meine Damen und Herren! Da bleibt Mensch bei Kälte und Schnee zu Hause, denn die öffentliche Daseinsvorsorge ist auf den Winter nicht eingerichtet.

Nach den unerträglichen Saunazuständen in den ICEZügen in den Sommermonaten, der andauernden Misere bei der Berliner S-Bahn und dem Chaos bei der Bahn im vorigen Winter scheint es aber Bahnchef Grube und der Politik langsam zu dämmern: Es läuft grundsätzlich etwas falsch bei der Deutschen Bahn AG. Für mich waren da völlig neue Töne zu hören. Nicht nur Herr Schlotmann und einige seiner Länderkollegen kritisierten die verfehlte Privatisierungspolitik der Bahn, auch Bundesverkehrsminister Ramsauer sprach davon. Die SPDBundestagsfraktion fordert die Aussetzung der Dividende. Auch das war neu für mich.

Herr Roolf, wenn dann auch noch der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Patrick Döring, zu der Erkenntnis kommt, dass der Gewinn der Bahn wieder in die Schiene reinvestiert werden muss, dann, ja dann, meine Damen und Herren,

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Recht hat der Mann.)

hab ich schon angesichts Ihrer verbalen Pirouetten an dieser Stelle den Eindruck,

(Zuruf von Udo Pastörs, NPD)

mit denen Sie unseren Antrag ablehnen, dass ich irgendwo doch im falschen Film bin.

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Zuruf von Irene Müller, DIE LINKE)

Herr Liskow, Ihre Logik kann ich nicht nachvollziehen. Die 500 Millionen, die der Staat, die die Regierung aus der Bahn herauszieht, gehen doch nicht in die Infrastruktur der Bahn. Und es geht nicht um den Erfolg der Bahn und um den finanziellen Erfolg oder um den Profit, sondern es geht darum, dass der Bund als Eigentümer …

(Egbert Liskow, CDU: Ja, liebe Frau Schwebs, aber das Parlament hat doch die Budgethoheit. Das kann es doch machen. – Zuruf von Michael Andrejewski, NPD)

… das Geld herauszieht, um Einsparungen an anderer Stelle zu finanzieren, nämlich mit den Stimmen Ihrer Bundestagsfraktion. Die haben dem nämlich zugestimmt, die 500 Millionen Euro da rauszuziehen. Das muss man nämlich auch mal sagen.

(Egbert Liskow, CDU: Das Parlament hat mehrheitlich zugestimmt.)