Protocol of the Session on January 27, 2011

Allerdings stieß ich im Internet sehr schnell auf Beiträge von Internetnutzern, die die gleichen Erfahrungen gemacht hatten, aber schon bezahlt hatten und nun nachträglich versuchten, wieder an ihr Geld zu kommen. Ein aussichtloses Unterfangen, war die allgemeine Auffassung. Ich setzte mich dann mit der Verbraucherzentrale in Rostock in Verbindung, der ich an dieser Stelle ausdrücklich danken möchte. Auch dort war die Seite bekannt und zahlreiche Beschwerden waren eingegangen. Mir wurde geraten, auf alle Fälle zu widersprechen, auf alle Schreiben zu reagieren und auf die fehlenden beziehungsweise unzureichenden Hinweise auf einen Vertragsabschluss zu verweisen.

Dies habe ich dann auch getan und zusätzlich darauf hingewiesen, dass ich im Falle der Zustellung eines gerichtlichen Mahnbescheides Widerspruch einlegen würde, sodass die vermeintlichen Ansprüche eingeklagt werden müssten, was bei der Faktenlage keine Aussicht auf Erfolg hätte. Damit, so dachte ich, hätte sich die Angelegenheit erledigt. Aber ich hatte falsch gedacht. Der Ton der nachfolgenden Schreiben wurde schärfer und die geforderten Summen höher. Als dann ein Schreiben einer Rechtsanwältin aus München einging, wollte mein Sohn unbedingt bezahlen und gab erst Ruhe, als ich versprach, alle eventuell anfallenden Kosten zu übernehmen.

(Udo Pastörs, NPD: Wie großzügig!)

Ich habe dann nochmals mitgeteilt, dass die Firma nur über ein gewonnenes Gerichtsverfahren Geld bekommen würde, und dann war nach einem Dreivierteljahr Ruhe.

Ich habe einige Zeit später einen Beitrag im Fernsehen gesehen, in dem von einem Prozess berichtet wurde, den die oben erwähnte Münchener Anwältin gegen eine Sparkasse geführt hatte, weil diese sich weigerte, für derartige Forderungseinzüge ein Konto zu führen. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir sicher, dass wir auch in Anbetracht der Vielzahl der Fälle in Mecklenburg-Vorpommern etwas tun müssen. Verstärkt wurde dies auch durch den Jahresbericht der neuen Verbraucherzentrale, in dem das Thema Internetkriminalität als ein zentrales Thema auch bei uns in Mecklenburg-Vorpommern benannt wurde.

Von daher bitte ich darum, diesen Antrag nicht als überflüssig oder als Schaufensterantrag oder das Landesparlament als nicht zuständig zu behandeln. Das Problem betrifft uns alle und kann jeden von uns treffen. Bitte stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD und CDU)

Danke, Frau Schlupp.

Im Ältestenrat wurde eine Aussprache mit einer Dauer von 60 Minuten vereinbart. Ich sehe und höre keinen Widerspruch, dann ist es so beschlossen. Ich eröffne die Aussprache.

Das Wort hat der Vizepräsident und Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE Herr Bluhm.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Ja, Frau Abgeordnete Schlupp, das ist nach diesem emotionalen Vortrag schon schwierig,

(Heinz Müller, SPD, und Dr. Armin Jäger, CDU: Ja.)

jetzt das so zu sehen, wie ich das hier eigentlich reden wollte,

(Dr. Armin Jäger, CDU: Seien Sie mal nett!)

aber ich versuche es mal auf die Nette.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktion der FDP)

Gegen den ersten Satz des Antrages, den Sie hier heute zur Beratung eingebracht haben, kann man ja gar nichts sagen: „Der Landtag spricht sich für einen umfassenden Verbraucherschutz bei der Internetnutzung aus.“ Der ist sicherlich,

(Udo Pastörs, NPD: Universell in Ordnung.)

mal abgesehen von dem Wort „umfassend“, unstrittig, glaube ich, hier bei allen im Haus. Natürlich muss es um einen entsprechend guten Verbraucherschutz bei der Internetnutzung gehen.

(Heinz Müller, SPD: Umfassend.)

Umfassend, das ist sozusagen die Frage von Kriminalität. Wir haben ja mehrfach in diesem Hause auch über Kriminalitätsentwicklung und -vorbeugung, Prävention und wie auch immer geredet und eine absolute Sicherheit gibt es nicht. Aber dann hört es eigentlich auch schon auf mit dem positiven Bewerten dieses Antrages, weil das, was dann kommt, eher etwas ist, wozu ich dann am Schluss meiner Rede noch eine Bemerkung mache, weil so ein bisschen die Formulierung des Satzes 2 eine Aussage beinhaltet, die wir so nicht tragen können.

Ohne Frage – und da bin ich bei den Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen –, die Gewährleistung des Daten- und Verbraucherschutzes insbesondere auch im Internet ist ein zentrales Thema. Und die Nutzung des Internets nimmt weiter zu und die Gefährdungen, die damit verbunden sind, auch, nicht nur, was sozusagen kriminelle Handlungen betrifft eines solchen konkreten Beispiels, wie Sie es angeführt haben, sondern ganz einfach auch legal, weil bestimmte Regelungen, die sich im Internet sozusagen technologisch darstellen, einfach nicht für den Nutzer durchschaubar machen, was pas

siert denn eigentlich mit dem, was er da im Internet alles so anstellt.

Und wenn zum Beispiel Cookies eine Verfalldauer von bis zu 30 Jahren haben, dann ist doch die Frage, ob dieses Ausspionieren des Nutzerverhaltens durch Betreiber tatsächlich so gewollt sein kann. Und von daher versucht die Bundesregierung, weil sie sozusagen vor dem Hintergrund der Verhandlungsmaterie vordergründig zuständig ist, diesem mit dem am 1. Dezember vom Bundesinnenminister de Maizière vorgelegten Gesetzentwurf gerecht zu werden, der allerdings von Experten als deutlich zu kurz gesprungen bezeichnet wird. Gut ist – und auch das findet meine Unterstützung –, dass eine rechtliche Klarstellung zum Umgang mit Persönlichkeitsrechten erfolgen soll. Allerdings erwarten die Experten in diesem Bereich eine umfassende Modernisierung des Datenschutzes und Verbraucherschutzes im Internet generell.

Auch auf dem nationalen IT-Gipfel am 7. Dezember – und ich glaube, vielleicht hat der ja Pate gestanden, jetzt sozusagen einen solchen Antrag vorzulegen – kamen die Fragen der Gewährleistung des Daten- und Verbraucherschutzes eher zu kurz. Da ging es vor allen Dingen um die Frage der Umsetzung technologischer Prozesse, aber die Gewährleistung des Daten- und Verbraucherschutzes war da nicht so stark ausgeprägt und auch der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sowie die Verbraucherzentrale Bundesverband warnen davor, dass der Verbraucher- und Datenschutz im Internet zunehmend unter die Räder kommt. Sie fordern, dass diese Fragen originäres Anliegen aller IT-Projekte werden müssten. Dazu gilt es ja auch, einen von der Internetwirtschaft selbst vorgelegten Datenschutzkodex umzusetzen. Dieser zum Beispiel stellt eine zentrale Anlaufstelle in Aussicht, die Widersprüche von Betroffenen unbürokratisch regeln soll.

Allerdings wird man mit einer solchen Selbstverwaltungsstelle der Internetwirtschaft selbst die rechtlichen Probleme, die ja zum Beispiel Frau Schlupp in ihrer Einbringungsrede hier aufgeführt hat, so nicht lösen können. Deshalb ist aus Sicht meiner Fraktion vor allen Dingen in folgenden Punkten eine Weiterentwicklung rechtlicher und damit gesetzlicher Rahmenbedingungen erforderlich:

Erstens. Der gesetzliche Rahmen ist zu verbessern, also eine klare Verankerung der wesentlichen Verbraucher- und Datenschutzrechte in den entsprechenden Gesetzen. Dazu gehört das Widerspruchsrecht der Betroffenen gegen die Veröffentlichung ihrer Daten im Internet sowie das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt der Zusammenführung und Verknüpfung personenbezogener Daten. Das ist vor allen Dingen vor dem Hintergrund der Zunahme der uns allen so bekannten und von vielen geliebten sozialen Netzwerke wie Facebook und studiVZ wohl angesagt.

Zweitens geht es um die Einheit einerseits der von der Internetwirtschaft selbst apostrophierten freiwilligen Selbstverpflichtung und den konkreten Kontrollen und Sanktionen bei Nichteinhaltung dieser. Also nur allein die Selbstverpflichtung macht es da nicht. Das, was da dann an Selbstverpflichtung niedergeschrieben und veröffentlicht wird, gilt es auch zu kontrollieren und zu sanktionieren.

Drittens. Internet ist international. Deshalb ist das Abkommen zwischen der Europäischen Union und den USA über die Einhaltung des Datenschutzes weiter zu

verbessern und vor allen Dingen effektiver durchzusetzen, denn meistens sind ja bestimmte Betreiber von Internetangeboten gar nicht auf dem Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland zu finden. Die Internetdienste, die unter Safe Harbor fallen, also dieses entsprechende Abkommen, müssen sich an nationales und europäisches Recht halten und dies aus unserer Sicht auch gegenüber den Nutzern deutlich machen.

Viertens. Der technologische Datenschutz ist zu stärken. Schon bei der Entwicklung von Technologien müssen aus unserer Sicht die Erfordernisse des Daten- und Verbraucherschutzes viel stärker berücksichtigt werden. Meistens werden diese Fragen erst im Nachgang zur Entwicklung von Technologien überhaupt auf die Tagesordnung gesetzt, dann mit einem erheblichen Mehraufwand und den damit verbundenen Problemen. Schon bei sozialen Netzwerken oder Browsern ist standardmäßig ein hohes Verbraucherschutz- und Datenschutzniveau zu sichern. Das ist nämlich im Moment nicht so. Da sind sozusagen von den Nutzern, wenn sie denn diese Netzwerke nutzen, erst einmal selbst die Datenschutzregelungen auf ein entsprechend hohes Niveau zu heben, ansonsten würde nämlich die Persönlichkeit, also würden die persönlichen Daten für die meisten Nutzer öffentlich zugänglich und damit verknüpfbar und nutzbar sein. Von daher ist hier aus unserer Sicht eine entsprechende Umkehrung und eine standardmäßig andere Einordnung des Datenschutzes und damit auch des Verbraucherschutzes zu sichern.

Fünftens geht es natürlich um eine transparente Datenerhebung und Datenverarbeitung.

Nun habe ich etwas überrascht geguckt, dass sozusagen unser Verbraucherschutzminister zu diesem Thema nicht gleich nach der Einbringung in die Bütt geht.

(Helmut Holter, DIE LINKE: Er surft gerade.)

Nein, ich gehe mal davon aus, er wird jetzt in seiner beliebten Art und Weise hier darstellen, wie gut die Landesregierung auf diesem Gebiet unterwegs ist.

(Udo Pastörs, NPD: Die Sprechkärtchen legt er.)

Von daher scheint mir der Antrag – und da komme ich zum Satz 2 – ein Misstrauensantrag an die eigene Landesregierung zu sein.

(Heinz Müller, SPD: Na, na! – Egbert Liskow, CDU: Na, na, na, na, na!)

Sie wollen doch nicht Ihre eigene Regierung mit diesem Antrag zum Jagen tragen. Sie machen das doch alles schon, das wird Ihnen der Minister jetzt gleich eindrucksvoll erklären.

(allgemeine Unruhe – Zuruf von Egbert Liskow, CDU)

Diesen Eindruck, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Landesregierung würde nicht in dem von Ihnen beabsichtigten Sinne tätig sein, haben wir nicht und deswegen lehnen wir diesen Antrag, weil er für uns ein Misstrauensantrag gegen diese Landesregierung ist, ab.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der Fraktionen der SPD, CDU und DIE LINKE – Beifall bei Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE – Helmut Holter, DIE LINKE: Toll!)

Danke schön, Herr Bluhm.

Das Wort hat jetzt der Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz Herr Dr. Backhaus.

(Dr. Armin Jäger, CDU: Jetzt aber!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Herr Bluhm, ich will Ihnen gleich mal entgegnen, ich nehme Sie sehr ernst und ich glaube auch, dass die Inhalte, die Frau Schlupp oder auch Sie angesprochen haben, natürlich die Öffentlichkeit in Mecklenburg-Vorpommern interessieren.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Aber da hätte man doch einen Antrag machen können.)

Auf der anderen Seite freue ich mich im Übrigen, dass der Datenschutzbeauftragte unter uns weilt, der sich dieses Themas schon in der Vergangenheit sehr intensiv angenommen hat, und dass wir, glaube ich auch, in der Zukunft von ihm einiges hören werden.

(Andreas Bluhm, DIE LINKE: Ebenso.)